Tierschutz Schwein Aktuelle Brennpunkte
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- Götz Flater
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1 Tierschutz Schwein Aktuelle Brennpunkte Brandenburger Tierärztetag, Seddiner See, 1
2 Tierschutz Schwein Aktuelle Brennpunkte Gliederung 1. Kastenstände 2. Verbot der betäubungslosen Kastration 3. Ausstieg aus dem Schwanzkupieren 2
3 Tierschutz Schwein Aktuelle Brennpunkte Kastenstände Definition Kastenstand: Ein Kastenstandist ein Bestandteil eines Schweinestalls, welcher in der Schweineproduktion genutzt wird, um Zuchtsauen während der Trächtigkeit und Säugezeitzu halten. In der Abferkelbucht soll der Kastenstand verhindern, dass Ferkel durch die Sauen erdrückt werden. ( 3
4 Tierschutz Schwein Aktuelle Brennpunkte Kastenstände 18. Jahrhundert Schweine tagsüber von Hirten auf Weiden oder abgeernteten Getreidefeldern gehütet Ca starb der Beruf des Schweinehirten aus Ab 19. Jahrhundert Stallhaltung üblich allerdings mit täglichem Auslauf und der Möglichkeit in Erdreich zu wühlen Intensivierung der Schweinehaltung seit 60er/70er Jahren mit Haltung auf Vollspaltenböden, Kupieren der Schwänze und der permanenten Kastenstandhaltung (bis 2013) 1988 Verordnung zum Schutz von Schweinen bei Stallhaltung (Schweinehaltungsverordnung)! 5
5 Tierschutz Schwein Aktuelle Brennpunkte Kastenstände Noch um 1840 hatte die Schweineproduktion in Deutschland nur einen geringen Anteil an der gesamten landwirtschaftlichen Produktion. Dies wurde vorzugsweise durch Schweineimporte aus Ländern Osteuropas ausgeglichen, wo nach alter Tradition Schweinemast noch durch Weidehaltung betrieben wurde. Tiere aus diesen Ländern wurden dann entweder als Jungschweine oder als Schlachtschweine teilweise über weite Strecken nach Deutschland gebracht und verkauft. Es wird zudem beklagt, dass die jährlich ins Ausland fließenden ungeheuren Summen für importierte Schlachtschweine besser in Deutschland bleiben sollten, indem man hier mit diesem Geld die Schweinezucht intensivieren konnte. Analog zu den in dieser Zeit entstandenen Stutereien und Schäfereien mit großen Tierbestanden wurde empfohlen, man sollte deshalb in Deutschland Sauereyen oder Schweinereyen mit großen Schweinebestanden einrichten. (Lenz, 1842). Lenz, H. O. (1842) : Schwein. In: Gemeinnützige Naturgeschichte. Bd. I, Beckersche Buchhandlung, Gotha,
6 Tierschutz Schwein Aktuelle Brennpunkte Kastenstände Richtlinie 91/630/EWG des Rates vom 19. November 1991 über Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen (ABl.EG Nr. L 340 S. 33), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 806/2003 des Rates vom 14. April 2003 (ABl.EU Nr. L 122 S. 1) TierschutzNutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) Gruppenhaltungspflicht von Sauen 4 Wochen nach dem Decken am bis eine Woche vor der Abferkelung-> Übergangszeit (2006 Ende 2012 => 4 Wochen freie Bewegung ) (bedeutete 6 Jahre Übergangsfrist bzw. 9 Jahre nach EU VO) 7
7 Tierschutz Schwein Aktuelle Brennpunkte Kastenstände Produktionszyklus Sau 140/147 d (20/21 Wochen) Deckzentrum 4 Wo. (Kastenstände) Wartebereich 12 Wochen (Gruppenhaltung) Abferkelstall 4/5 Wochen Besamung Termin/Dul dung? Tag 28? Umstallen 1 Woche vor Abferkelung Absetzen und dann? Deckzentrum 5 Wo. Kastenstände Wartebereich 11 Wochen (Gruppenhaltung) Abferkelstall 4/5 Wochen 8
8 Tierschutz Schwein Aktuelle Brennpunkte Kastenstände 24 (4) Tierschutznutztierhaltungsverordnung Kastenstände müssen so beschaffen sein dass 1. Die Schweine sich nicht verletzten können und 2. Jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann. 7 Anbinde und Kastenstandhaltung (Verordnung zum Schutz von Schweinen bei Stallhaltung (30. Mai 1988) (1) Schweine dürfen in Anbindehaltungoder in Kastenständen nur gehalten werden, wenn 1. die Vorrichtungen so beschaffen sind, dass die Schweine sich nicht verletzen können 2. Jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen und den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann und 3. Nicht offensichtlich erkennbar ist, dass diese Haltungsformen zu nachteiliger Erregung führen. (findet sich in 30 mit dem Hinweis auf Beschäftigungsmaterial) 13
9 Tierschutz Schwein Aktuelle Brennpunkte Kastenstände Ausführungshinweise zu 24 Absatz 4 Nr. 2: Von der Erfüllung der Anforderungen kann für Neu-und Umbauten im Allgemeinen davon ausgegangen werden, wenn Kastenstände im Deckzentrum mindestenswie folgt beschaffen sind: - für Jungsauen und kleinere Sauen (1,3 m² (200 cm x 65 cm lichtes Maß) - Für Sauen 1,4 m² (200 cm x 70 cm lichtes Maß) - Länge gemessen ab Hinterkante Trog = mindestens 200 cm. Bei hochgelegtem Trog kann die Länge ab Hinterkante Trog auf bis zu 180 cm reduziert werden, sofern die Sau ihre Schnauze ungehindert unter den Trog schieben und trotzdem ungehindert Futter aufnehmen kann - Mindestens 50 % der Kastenstände müssen für Sauen ausgelegt sein - Kastenstände müssen eine lichte, für die Schweine nutzbare Höhe von mindestens 110 cm aufweisen, empfohlen werden 115 cm - Kastenstände in Abferkelbuchten sind entsprechend zu gestalten, es sei denn, sie sind in Breite und Länge verstellbar und werden der jeweiligen Größe der Sau angepasst. 14
10 Tierschutz Schwein Aktuelle Brennpunkte Kastenstände VG Magdeburg 1 A 230/14 MD -Urteil vom 03. März 2014 OVG Magdeburg 3 L 386/14 -Urteil vom 24. November 2015 BverwG3 B Beschluss vom 08. November 2016 Urteil OVG Sachsen-Anhalt Laut dem Urteil des OVG Magdeburg vom muss einer im Kastenstand gehaltenen (Jung)Sau die Möglichkeit eröffnet sein jederzeit in dem Kastenstand eine Liegeposition in beiden Seitenlagen einzunehmen, bei der ihre Gliedmaßen auch an dem vom Körper entferntesten Punkt nicht an Hindernisse stoßen. Diese Vorgaben erfüllen nur Kastenstände deren Breite mindestens dem Stockmaß (Widerristhöhe) des darin untergebrachten Schweins entspricht oder Kastenstände, welche dem Tier die Möglichkeit eröffnen, die Gliedmaßen ohne Behinderung in die beiden benachbarten leeren Kastenstände oder beidseitige (unbelegte) Lücken durchzustecken. 15
11 Tierschutz Schwein Aktuelle Brennpunkte Kastenstände Das bedeutet eine ad hoc? Änderung mit erhöhtem Platzbedarf von ca. 1m² pro Sau ( Bspl. Gruppenhaltung 9 Jahre Übergangsfrist ) Da bereits seit 1988 gefordert kein Einräumen von Übergangsfristen? -> Abstockung der Herde um ca. 30 % -> Rentabilitätsgrenze? Laut Nationalem Bewertungsrahmen Tierhaltungsverfahren (KTBL-Schrift 446) werden Sauen in Kastenständen nahezu in allen ihren Verhaltensweisen mit Ausnahme der Nahrungs-und Wasseraufnahme stark eingeschränkt bzw. können bestimmte Verhaltensweisen nicht ausgeführt werden. Weiterhin sieht der nationale Bewertungsrahmen ein verfahrensspezifisch erhöhtes Risiko für eine Vielzahl von Erkrankungen (z. B. Klauenkrankheiten, reduzierte Knochendichte und Herz-Kreislaufstörungen) die sich kaum oder nur mit einem erheblichen Managementaufwand beheben lassen und ein erhöhtes Risiko für Verhaltensstörungen (z. B. Leerkauen und Stangenbeißen). -> Verstöße gegen 1,2 TierSchG? 16
12 Tierschutz Schwein Aktuelle Brennpunkte Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration 6 Tierschutzgesetz (1) Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entnehmen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres. (2) Das Verbot gilt nicht, wenn. 2a. unter acht Tage alte männliche Schweine kastriert werden, Eingriffe nach Satz 2 Nummer 1 und 5 sind durch einen Tierarzt vorzunehmen; im Falle eines Eingriffs nach Satz 2 Nummer 2a gilt dies auch, sofern ein von der normalen anatomischen Beschaffenheit abweichender Befund vorliegt. Eingriffe nach 1. Satz 2 Nummer 1a, 1b, 2 und 3 und Nummer 2a, die nicht durch einen Tierarzt vorzunehmen sind, dürfen auch durch eine andere Person vorgenommen werden, die die dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat. Im Anschluss an die Kastration eines über sieben Tage alten Schweines sind schmerzstillende Arzneimittel einschließlich Betäubungsmittel bei dem Tier anzuwenden. 21 Tierschutzgesetz (1) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2018 ist abweichend von 5 Absatz 1 Satz 1 eine Betäubung nicht erforderlich für das Kastrieren von unter acht Tage alten männlichen Schweinen, sofern kein von der normalen anatomischen Beschaffenheit abweichender Befund vorliegt. Die Bundesregierung erstattet dem Deutschen Bundestag spätestens bis zum 31. Dezember 2016 einen Bericht über den Stand der Entwicklung alternativer Verfahren und Methoden zur betäubungslosen Ferkelkastration. 17
13 Tierschutz Schwein Aktuelle Brennpunkte Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration Millionen männlicher Ferkel werden jährlich betäubungslos in Deutschland kastriert. Ca. 75% der Menschen können Ebergeruch warnehmen Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration ab 2019 Lösungsansätze: 1. Kastration unter Betäubung 2. Immunokastration(Impfung gegen Ebergeruch) 3. Ebermast 18
14 Tierschutz Schwein Aktuelle Brennpunkte Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration 1. Kastration unter Betäubung Injektionsnarkose (Azaperon/Ketamin) Inhalation von Gasen (Isofluran/CO2) Lokalanästhesie (intratestikulär/intrafunikulär) 19
15 1. Kastration unter Betäubung Nachteile: Tierschutz Schwein Aktuelle Brennpunkte Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration Dosierungsungenauigkeit bei Saugferkeln Narkoserisiko Unterkühlung in der Aufwachphase Infektionsrisiko besteht weiterhin Alle Methoden erfordern derzeit die Anwesenheit des Tierarztes 20
16 Tierschutz Schwein Aktuelle Brennpunkte Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration 2. Immunokastration mit GnRF Analogon (Improvac ) Bei Improvac handelt es sich um ein immunologisches Arzneimittel, das eine ähnliche Wirkungsweise wie ein Impfstoff hat (regt das Immunsystem an, Antikörper zu produzieren). Der im Arzneimittel enthaltene Wirkstoff ist ein Analogon des Gonadotropin releasing factor (GnRF), der an ein Trägerprotein aus dem Bakterium Corynebacteriumdiphtheriaegebunden ist. GnRF ist verantwortlich dafür, dass die Hodenfunktion bei männlichen Tieren aufrechterhalten wird. Wenn ein Eber Improvacerhält, erkennt sein Immunsystem den künstlichen GnRFals fremd und produziert Antikörper dagegen. Diese Antikörper binden sich auch an den natürlichen GnRF, so dass dieser nicht mehr wirken kann. Auf diese Weise bewirkt das Arzneimittel eine Abnahme der Bildung von Geschlechtshormonen (einschließlich Androstenon) im Hoden. 21
17 Tierschutz Schwein Aktuelle Brennpunkte Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration Vorteile: Verringerung des Infektionsrisikos durch chirurgischen Eingriff Durch den Landwirt durchführbar Bessere Mastleistung gegenüber Kastraten Nachteile: Zweimalige Injektion im Mastbereich im Abstand von 4 6 Wochen, 2. Impfung spätestens 4-6 Wochen vor der Schlachtung Verbraucherakzeptanz? Eigeninjektion? 22
18 Tierschutz Schwein Aktuelle Brennpunkte Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration 3. Ebermast Vorteile: bessere Futterverwertung Keine Eingriffe, keine Impfung notwendig Nachteile: Ebermasterfordert eine intensivere Tierbeobachtung und deutlich mehr Möglichkeiten nicht gruppenfähige Tiere zu vereinzeln (mehr Platzbedarf) kann schnell zum Tierschutzproblem werden (Penisbeissen, Aufreitversuche) Verbraucherakzeptanz von nicht detektierten Stinkern und Verarbeitung von detektierten Stinkern 23
19 RL2008/120/EG Anh.1Kap.1Nr.8 Ein Kupieren der Schwänze dürfen nicht routinemäßig durchgeführt werden,... Bevor solche Eingriffe vorgenommen werden, sind andere Maßnahmen zu treffen, um Schwanzbeißen und andere Verhaltensstörungen zu vermeiden, wobei die Unterbringung und Bestandsdichte zu berücksichtigen sind. Aus diesem Grund müssen ungeeignete Unterbringungsbedingungen oder Haltungsformen geändert werden TierSchG 6 Tierschutz Schwein Aktuelle Brennpunkte Ausstieg aus dem Schwanzkupieren Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen Das Verbot gilt nicht, ( 5 Abs. 3 Nr. 3 für das Kürzen des Schwanzes von unter vier Tage alten Ferkeln) wenn der Eingriff im Einzelfall für die vorgesehene Nutzung des Tieres zu dessen Schutz unerlässlich ist
20 Beratungsprotokoll Niedersachsen 25
21 Ausstieg aus dem Schwanzkupieren Ist - Zustand Kupieren der Schwänze seit 70iger Jahren Standard (ca. zeitgleich wird meist auf Auslauf verzichtet) Hochintelligente, zwangsvegetarische, (evtl. restriktiv gefütterte) Hochleistungstiere ohne ausreichende der Art entsprechende Beschäftigung Wühlen, Benagen, Beißen, Kauen und Erkunden sind hochmotivierte Verhaltensweisen die mit der Futteraufnahme im Zusammenhang stehen (lassen sich nicht wegzüchten) 26
22 Futtersuche ( foraging ) Bereits in den ersten Lebenstagen beginnen Schweine mit dem Futtersuchverhalten (Petersen, 1994) (belly nosing) Wildschweine verbringen 85 % ihrer Tagesaktivität mit Futtersuche und Fressen (Briedermann, 1971). Domestizierte Schweine, die in freier Wildbahn leben, verbringen immer noch 75 % ihrer Aktivitätszeit mit Futtersuche und Fressen sogar wenn sie einmal pro Tag satt gefüttert werden (StolbaandWoodgush, 1989). 27
23 Schwanzkupieren 28
24 Ausstieg aus dem Schwanzkupieren Ethische und Moralische Erwägungen Hat der Mensch das Recht, das Tier seiner Unversehrtheit zu berauben, um es an Haltungsbedingungen anzupassen? Vielzahl von Forschungsergebnissen belegen, dass Stereotypien auf Leiden und beeinträchtigtes Wohlbefinden hinweisen ( 1 TierSchG?) Stereotypien und Verhaltensauffälligkeiten können vermieden bzw. verringert werden, dadurch dass die Haltungsumwelt durch adäquate Umweltanreicherung erhöht wird (langer, unversehrter Schwanz Indikator?) 29
25 Ausstieg aus dem Schwanzkupieren Ausstiegsvoraussetzungen Krankenbuchten, Separationsbuchten Kein Schwanzbeissen bei kupierten Tieren Tierarzt der kurzfristige Besuche anbietet Notfallplan und Material bereits im Betrieb vorhanden Geschultes und informiertes Personal Absolut überzeugter Betriebsleiter 32
26 Ausstieg aus dem Schwanzkupieren Projekte Deutschlandweit über 30 Projekte (Konsortialprojekt soll die Projekte jetzt koordinieren) FLI M-SchwIP und A-SchwIP Sachsen-Anhalt KISS Sachsen-Anhalt AG Ausstieg aus dem Schwänze kupieren unter Leitung von Herrn Dr. König Ansprechpartner für Tierschutz seit
Ausstieg aus nicht kurativen Eingriffen bei Schweinen. Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt Dr. Sandra Wehmeier-Graf 8.12.
Ausstieg aus nicht kurativen Eingriffen bei Schweinen 1 1. Schwanzkupieren 2. Kastration 3. Zähne schleifen Ausstieg aus dem Schwanzkupieren Allgemeines Nicht kurativ versus präventiv? curare = heilen
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