Weitere Ergebnisse. Beispiel Sei G = (E, K) mit E = { 1,, 5 } und K = { 12, 13, 14, 23, 24, 34, 35, 45 }. Das Haus vom Nikolaus
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- Annika Hochberg
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1 4. Euler-Züge und Hamilton-Kreise 161 Weitere Ergebnisse Die Analyse des Problems Durchlaufe alle Kanten ist mit den obigen Ergebnissen keineswegs abgeschlossen. Eine Frage ist zum Beispiel: Was gilt, wenn auf die Forderung geschlossen verzichtet wird? Wir definieren hierzu: Definition (offener Euler-Zug) Sei G = (E, K) ein Graph. Ein offener Euler-Zug in G ist ein einfacher Kantenzug Z = a 0,, a n mit a 0 a n, der jede Kante von G genau einmal besucht. Ein bekanntes Beispiel ist: Beispiel Sei G = (E, K) mit E = { 1,, 5 } und K = { 12, 13, 14, 23, 24, 34, 35, 45 }. Der Kantenzug Z = 1, 2, 3, 4, 1, 3, 5, 4, 2 Das Haus vom Nikolaus ist ein offener Euler-Zug von 1 nach 2 in G. Ohne große Schwierigkeiten erhalten wir: Satz (Existenz offener Euler-Züge) Sei G = (E, K) zusammenhängend, und seien a,b zwei verschiedene Ecken von G. Dann sind äquivalent: (1) Es gibt einen offenen Euler-Zug von a nach b. (2) a und b sind die einzigen Ecken von G mit einem ungeraden Grad. Oliver Deiser Einführung in die Mathematik 2
2 Abschnitt Graphentheorie Beweis Wir führen eine neue Ecke e und zwei neue Kanten ae* und be* ein. Der so entstehende Graph G hat gerade Grade und ist weiterhin zusammenhängend. Nun folgt die Äquivalenz der beiden Bedingungen aus den bisherigen Resultaten, denn ein geschlossener Euler-Zug in G führt zu einem offenen Euler-Zug von a nach b in G und umgekehrt. Der Beweis zeigt, dass ein offener Euler-Zug mit Hilfe des Algorithmus von Hierholzer gefunden werden kann, falls die Grad-Bedingung (2) des Satzes erfüllt ist. Alternativ können wir den Algorithmus modifizieren, sodass der Übergang zu G unnötig wird: Starten wir bei a und durchlaufen wir solange möglich unbesuchte Kanten, so endet der entstehende einfache Kantenzug irgendwann bei b (Rein-Rauslaufen-Argument). Der Rest ist wie zuvor. Eine weitere natürliche Frage lautet: Mehrfacher Kantenbesuch Was können wir ohne Grad-Forderung erreichen? Ein Resultat im Umfeld der obigen Ergebnisse ist folgender Satz: Satz (zweifacher Kantenbesuch) Sei G = (E, K) ein zusammenhängender Graph. Dann gibt es einen geschlossenen Kantenzug Z in G, der jede Kante genau zweimal besucht. Weiter kann erreicht werden, dass in Z jede Kante in beiden Richtungen durchlaufen wird. Wir diskutieren Beweise dieses bemerkenswert allgemeinen Ergebnisses in den Übungen. Neben einer Version des Hierholzer-Algorithmus existiert ein Algorithmus, der den gesuchten Kantenzug mit Hilfe von an den Kanten angebrachten Markierungspfeilen in einem Durchlauf ohne späteres Einfügen von geschlossenen Kantenzügen findet. Schließlich erwähnen wir noch ein offenes Problem im Umfeld des Satzes von Veblen: Vermutung von Szekeres und Seymour Sei G = (E, K) ein Graph ohne Brücke. Dann lässt sich G so durch Kreise C 1,, C k überdecken, dass jede Kante genau zweimal besucht wird. Brücken spielen bei der Kreisbildung in einem Graphen eine wichtige Rolle: Ist ab eine Brücke von G, so gibt es gar keinen Kreis in G, der ab besucht. Damit ist die Brückenfreiheit notwendig für jede Form der Kreisüberdeckung. Die Vermutung besagt, dass bei Brückenfreiheit eine relativ einfache Überdeckung von G durch Kreise möglich ist. Für eine einfache Kreiszerlegung reicht diese Voraussetzung nicht, wie der Satz von Veblen zeigt: Die Existenz einer einzigen Ecke mit einem ungeraden Grad schließt eine einfache Kreiszerlegung aus. Einführung in die Mathematik 2 Oliver Deiser
3 4. Euler-Züge und Hamilton-Kreise 163 Beispiele (1) Sei G = (E, K) mit E = { 1,, 8 } und K = { 12, 14, 23, 34, 35, 56, 58, 67, 78 }. Die Brücke 35 verhindert die Zerlegung von G in Kreise. (2) Sei G = (E, K) mit E = { 1,, 7 } und K = { 12, 14, 16, 23, 27, 34, 45, 56, 67 }. Der Graph G besitzt keine Brücke. Die Gradfolge ist 2, 2, 2, 3, 3, 3, 3. Die vier Kreise C 1 = 1, 2, 3, 4, 1 C 2 = 1, 4, 5, 6, 1 C 3 = 1, 6, 7, 2, 1 C 4 = 2, 3, 4, 5, 6, 7, 2 bilden eine Überdeckung von G, bei der jede Kante genau zweimal besucht wird. Der geschlossene Kantenzug Z = 1, 4, 3, 2, 1, 6, 5, 4, 1, 2, 7, 6, 1 besucht die inneren Kanten genau zweimal und die äußeren genau einmal. Der Kantenzug Z + C 4 durchläuft jede Kante genau zweimal mit unterschiedlichen Durchlaufrichtungen. Oliver Deiser Einführung in die Mathematik 2
4 Abschnitt Graphentheorie Hamilton-Kreise Bisher haben beim Durchlaufen eines Graphen bislang nur die Kanten betrachtet. Ein Durchlauf-Problem lässt sich auch für die Ecken formulieren: Definition (Hamilton-Kreis) Sei G = (E, K) ein Graph. Ein Kreis in G heißt ein Hamilton-Kreis, wenn er alle Ecken von G besucht. Der Graph G heißt Hamiltonsch, falls ein Hamilton-Kreis in G existiert. Ein Kreis C = a 1,, a n, a 1 in G ist genau dann ein Hamilton-Kreis, wenn er E Ecken besitzt, d.h. wenn n = E. Ebenfalls äquivalent ist, dass C jede Ecke von E mit Ausnahme der Startecke a 1 genau einmal besucht; die Startecke wird genau zweimal besucht. Ein Hamilton-Kreis wird in der Regel viele Kanten von G unbesucht lassen. Für jede Ecke a besucht ein Hamilton-Kreis genau zwei Kanten mit a als Ecke. Damit bleiben d(a) 2 Kanten mit a als Ecke unbesucht. Beispiele Die Graphen der Platonischen Körper sind Hamiltonsch. Der Dodekaeder- Graph besitzt zum Beispiel den folgenden rot markierten Hamilton-Kreis: Einführung in die Mathematik 2 Oliver Deiser
5 4. Euler-Züge und Hamilton-Kreise 165 Notwendige Bedingungen für Hamiltonsch sind nur spärlich vorhanden: G muss zusammenhängend sein und alle Ecken müssen mindestens den Grad 2 besitzen. Spezielle hinreichende Bedingungen sind gefunden worden. So gilt etwa folgender Satz, den wir in den Übungen diskutieren: Satz (Satz von Dirac) Sei G = (E, K) ein Graph mit mindestens drei Ecken. Es gelte (+) d(a) E /2 für alle a E. Dann ist G Hamiltonsch. Die geforderte Reichhaltigkeitsbedingung (+) ist sehr stark, und sie wird in der Regel von Hamiltonschen Graphen nicht erfüllt. Als triviales Beispiel betrachte der Leser einen Kreis mit 100 Ecken. Wie jeder Kreis ist dieser Graph Hamiltonsch. Es gilt aber d(a) = 2 < 50 für alle Ecken a. Auch der Dodekaeder-Graph hat mit 20 Ecken und der konstanten Gradfolge 3 relativ kleine Grade. Im Gegensatz zu Euler-Zügen scheint es kein einfaches allgemeines Kriterium und auch keinen effizienten Algorithmus zu geben, mit dem wir entscheiden könnten, ob ein Graph Hamiltonsch ist oder nicht. Hierzu diskutieren wir allgemein: Entscheidungsprobleme und Komplexitätsklassen Wir betrachten Fragen des folgenden Typs: Sind die Graphen G 1 und G 2 isomorph? Hat G eine Komponente mit genau 5 Ecken? Besitzt G eine Brücke? Ist G Eulersch? Ist G Hamiltonsch? Diese Fragen gehören als ja-nein-fragen zur Klasse der sog. Entscheidungsprobleme (die auch Fragen anderer mathematischer Gebiete umfasst). Wie wir im Fall der Existenz einen Isomorphismus, eine Komponente der Ordnung 5, eine Brücke, einen Euler-Zug oder einen Hamilton-Kreis finden, ist eine andere Frage, ein sog. Konstruktionsproblem. Beide Probleme hängen, wie wir am Beispiel der Euler-Züge gesehen haben, eng zusammen. Im Folgenden betrachten wir nur Entscheidungsprobleme. Formal ist ein Entscheidungsproblem eine Funktion D : I { 0, 1 }. Dabei ist I eine Menge von sog. Inputs und die Funktionswerte 1 und 0 der Funktion D stehen für ja bzw. nein. Die Frage, ob zwei Graphen mit Ecken in isomorph sind, wird Entscheidungsproblem D : I { 0, 1 } mit I = { (G 1, G 2 ) G 1, G 2 sind Graphen mit Ecken in }, D(G 1, G 2 ) = 1 genau dann, wenn G 1 G 2 formalisiert. Oliver Deiser Einführung in die Mathematik 2
6 Abschnitt Graphentheorie Für ein Entscheidungsproblem D : I { 0, 1 } stellt sich die Frage nach der algorithmischen Berechenbarkeit: Gibt es ein Computer-Programm, das für jeden Input i I den Wert D(i) in endlich vielen Schritten korrekt berechnet? Wenn ja: Welche Komplexität (Anzahl der Rechenschritte in Abhängigkeit des Inputs) hat eine solche Berechnung? Ein berechenbares Entscheidungsproblem nennen wir (algorithmisch) lösbar. Viele Probleme können durch ein brute force Verfahren gelöst werden. Wir können zum Beispiel alle möglichen Kantenzüge der Länge E + 1 eines Graphen G = (E, K) auflisten und jeden Kantenzug überprüfen, oder er ein Hamilton-Kreis ist oder nicht. Finden wir einen Hamilton-Kreis, so geben wir 1 aus, andernfalls 0. Derartige Verfahren sind theoretisch uninteressant und aufgrund ihres Rechenaufwands in der Praxis zumeist gar nicht durchführbar. Es stellt sich also die Frage nach der Existenz von Algorithmen einer in einem bestimmten Sinne guten Komplexität. Drei prominente Klassen von Entscheidungsproblemen mit einer guten Komplexität sind die Komplexitätsklassen P, NP und co-np: Die Klasse P besteht aus allen Entscheidungsproblemen, die sich, gemessen an der Länge des Inputs, in polynomieller Laufzeit lösen lassen. Für ein Problem D : I { 0, 1 } mit einem Graphen G = (E, K) als Input ist zum Beispiel die natürliche Zahl (G) = E + K ein gutes Maß für die Länge eines Inputs. Das Problem D liegt nun in der Klasse P, wenn es einen Algorithmus und ein Polynom p : gibt, sodass der Algorithmus für alle Inputs G I die korrekte Antwort D(G) { 0, 1 } in höchstens p( (G)) vielen Rechenschritten findet. Je geringer der Grad des Polynoms p ist, desto effizienter ist der Algorithmus. Hat p den Grad k, so sagen wir auch, dass der Algorithmus die Laufzeit O(n k ) besitzt. So hat zum Beispiel der Algorithmus von Hierholzer bei geeigneter Implementierung eine lineare Laufzeit (Grad 1). Die Klasse P ist damit unterteilt in lineare Probleme, quadratische Probleme, Probleme in O(n 3 ) usw. Darüber hinaus sind auch noch Laufzeiten wie O(nlog(n)) von Interesse, die zwischen O(n) und O(n 2 ) liegen: Für jeden Input i wird hier das Ergebnis in höchstens cnlog(n) + c 0 vielen Schritten gefunden, mit gewissen Konstanten c und c 0. Für die Frage, ob ein Problem in P liegt, spielen diese für die Praxis sehr wichtigen Unterteilungen keine Rolle. Es genügt, wenn irgendein polynomieller Algorithmus existiert. Die Klasse NP besteht aus all denjenigen Entscheidungsproblemen, für die im Fall der Existenz eine Lösung in polynomieller Zeit auf ihre Richtigkeit hin überprüft werden kann. Griffiger formuliert: Geratene Lösungen können polynomiell verifiziert werden. Formaler liegt ein Problem D : I { 0, 1 } genau dann in der Klasse NP, wenn es ein Problem D : I J { 0, 1 } gibt mit: (a) D ist polynomiell in i I lösbar, (b) Für alle i I gilt: D(i) = 1 genau dann, wenn es gibt ein j J mit D (i, j) = 1. Das Hamilton-Problem die Frage, ob ein gegebener Graph G Hamiltonsch ist oder nicht gehört zum Beispiel der Klasse NP an. Denn ist der Graph G Einführung in die Mathematik 2 Oliver Deiser
7 4. Euler-Züge und Hamilton-Kreise 167 Hamiltonsch und C ein Hamilton-Kreis in G, so können wir C polynomiell und genauer sogar linear als Hamilton-Kreis verifizieren (mit Hilfe eines Algorithmus mit Input (G, C)). Analog besteht die Klasse co-np aus denjenigen Entscheidungsproblemen, für die eine negative Lösung in polynomieller Zeit verifiziert werden kann. Anders formuliert: Ein Problem D : I { 0, 1 } ist genau dann in co-np, wenn das komplementäre Problem D c : I { 0, 1 } mit D c (i) = 1 D(i) für alle i I in NP liegt. Beispielsweise liegt das Problem Ist der Graph nicht Hamiltonsch? in co-np. Die Abkürzung NP steht nicht etwa für nicht-polynomiell, sondern für nondeterministic polynomial. Diese Bezeichnung geht auf eine äquivalente Definition der Klasse NP zurück, bei der nichtdeterministische Algorithmen zur Problemlösung verwendet werden. Es gilt P NP. Die Umkehrung ist ein offenes Problem: P ungleich NP-Problem Sind die Klassen P und NP verschieden? Das P NP-Problem gehört zu den sieben Millenniums-Problemen der Mathematik, die mit Ruhm und Ehre und zudem einem hohen Preisgeld verbunden sind. Ebenso offen ist: NP ungleich co-np-problem Sind die Klassen NP und co-np verschieden? Viele Mathematiker nehmen an, dass P NP und NP co-np. Es gilt NP co-np impliziert P NP sodass eine Lösung des zweiten Problems auch das erste Problem löst. Dagegen ist P NP und NP = co-np nach dem jetzigen Wissensstand nicht auszuschließen. Es gilt P NP co-np. Ob die Inklusion echt ist, ist offen. Das Hamilton-Problem und NP-Vollständigkeit Das Hamilton-Problem liegt wahrscheinlich nicht in P. Wie können wir diese Aussage, die zum Typ Expertenvermutung gehört, rechtfertigen? Zum einen ist kein polynomieller Algorithmus für das Hamilton-Problem bekannt. Das ist keine wirklich gute Begründung. Wesentlich gehaltvoller ist eine ganz andersartige Argumentation, die eine weitere Komplexitätsklasse ins Spiel bringt: Ein Entscheidungsproblem D* : I* { 0, 1 } in NP heißt NP-vollständig, wenn sich jedes Problem D : I { 0, 1 } in NP in polynomieller Zeit auf das Problem D* reduzieren lässt. Dies bedeutet genauer, dass wir für jedes D : I { 0, 1 } in NP in polynomieller Zeit jedem Input i I einen Input i* I* zuordnen können derart, dass D(i) = D*(i*) für alle i I. Jedes Problem D in NP kann also in das Problem D* übersetzt werden (mit polynomiellem Aufwand). Anschaulich sind die NP-vollständigen Probleme die schwierigsten Probleme in NP. Nach Definition gilt: Oliver Deiser Einführung in die Mathematik 2
8 Abschnitt Graphentheorie (+) Können wir von einem einzigen NP-vollständigen Problem zeigen, dass es in polynomieller Zeit lösbar ist, so ist P = NP. Solange die Frage P NP offen ist, ist der Nachweis der NP-Vollständigkeit eines Problems das beste Mittel, um zu begründen, dass ein Entscheidungsproblem wahrscheinlich nicht in P liegt. Für das Hamilton-Problem und zahlreiche weitere Probleme ist ein solcher Nachweis möglich. Richard Karp hat 1972 bewiesen, dass das Hamilton-Problem NP-vollständig ist. Damit würde ein polynomieller Algorithmus, der einen beliebigen Graphen korrekt auf die Eigenschaft Hamiltonsch überprüft, P = NP implizieren. Wahrscheinlich gibt es also keinen solchen Algorithmus. Das Isomorphie-Problem Eine besondere Stellung nimmt das Isomorphie-Problem ein, das die Frage stellt, ob zwei gegebene Graphen isomorph sind oder nicht. Dieses Problem liegt in NP, denn für zwei isomorphe Graphen G 1 und G 2 können wir einen Isomorphismus f : E 1 E 2 in polynomieller Zeit als solchen erkennen. Im Gegensatz zum Hamilton-Problem und vielen anderen NP-Problemen, für die kein polynomieller Algorithmus gefunden werden konnte, ist es nicht gelungen zu zeigen, dass das Isomorphie-Problem NP-vollständig ist. Zudem hat die Hypothese, dass das Isomorphie-Problem in P liegt, ungewöhnliche komplexitätstheoretische Konsequenzen. Vermutlich ist das Isomorphie-Problem also ein Problem in NP, das weder in P liegt noch NP-vollständig ist. Das Halte-Problem Zum Abschluss möchten wir noch kurz ein Entscheidungsproblem ansprechen, das für die Geschichte der Mathematik und die Entwicklung der Computer eine fundamentale Rolle gespielt hat. Eine Formulierung ist: Halte-Problem Gibt es ein Computerprogramm P, das beliebige andere Computerprogramme Q und zugehörige Inputs q daraufhin überprüft, ob Q bei Input q terminiert oder nicht? Das Halte-Problem ist ein Entscheidungsproblem D : I { 0, 1 }, wobei die Inputs i I Paare der Form (Q, q) sind, mit einem Programm Q und einem zugehörigen Input q. Alan Turing zeigte 1936 mit Hilfe der heute nach ihm benannten Turing-Maschinen, dass das Halte-Problem unlösbar ist. Insbesondere ist das Halteproblem nicht in NP. Es gehört der Klasse der NP-schweren Probleme an, also der Probleme D*, auf die sich alle Probleme in NP in polynomieller Zeit reduzieren lassen. Die NP-vollständigen Probleme sind genau die Probleme, die NP-schwer sind und zudem in NP liegen. Insgesamt ergibt sich folgendes Bild: Einführung in die Mathematik 2 Oliver Deiser
9 4. Euler-Züge und Hamilton-Kreise 169 NP-schwer co-np-schwer NPvollständig co-npvollständig NP P co-np Komplexitätsklassen unter Annahme von P NP, NP co-np und NP co-np P Oliver Deiser Einführung in die Mathematik 2
10 Abschnitt Graphentheorie Übungen Übung 1 Wir betrachten den folgenden Graphen: Konstruieren Sie mit Hilfe des Algorithmus von Hierholzer einen Euler- Zug für diesen Graphen. Übung 2 Wir betrachten die 21 Steine eines Dominospiels, die jeweils zwei verschiedene Werte 0,, 6 besitzen. Das Dominoproblem lautet: Lassen sich die Steine in einer geschlossenen Kette anordnen, sodass Berührungen nur bei gleicher Zahl erlaubt sind? Modellieren und untersuchen Sie dieses Problem graphentheoretisch. Geben Sie im Falle der Existenz eine konkrete Lösung an. Für welche n gibt es eine Lösung, wenn allgemeiner die Werte 0, 1,, n statt 0,, 6 zugelassen sind? Übung 3 Konstruieren Sie einen Graphen G = (E, K) und einen geschlossenen einfachen Kantenzug in Z = a 0,, a n, a 0 in G derart, dass für alle i,j der Kantenzug a j,, a n, a 0,, a i kein Kreis ist. (Dieser Graph zeigt, dass aus einem geschlossenen einfachen Kantenzug im Allgemeinen kein Kreis in einem Schritt herausgeschnitten werden kann, der eine gegebene Ecke besucht.) Übung 4 Wie ändern sich die Ergebnisse und Algorithmen über Euler-Züge, wenn wir Mehrfach-Verbindungen zwischen den Ecken zulassen? Einführung in die Mathematik 2 Oliver Deiser
11 4. Euler-Züge und Hamilton-Kreise 171 Übung 5 Wir betrachten nun gerichtete Graphen, bei denen eine Kante ab von ba zu unterscheiden ist (in Diagrammen durch einen Pfeil dargestellt). Alle graphentheoretischen Grundbegriffe sind in natürlicher Weise definiert. Beim Grad einer Ecke unterschieden wir nun den Ausgangsgrad d + (a) und den Eingangsgrad d (a) einer Ecke a: d + (a) = { b E ab K }, d (a) = { b E ba K }. Sei nun G = (E, K) ein zusammenhängender gerichteter Graph, d.h. für alle Ecken a, b gibt es einen gerichten Kantenzug von a nach b und einen gerichteten Kantenzug von b nach a. Zudem gelte d + (a) = d (a) für alle Ecken a (Eingangsgrad gleich Ausgangsgrad). Zeigen Sie, dass der für gerichtete Graphen angepasste Algorithmus von Hierholzer einen Euler- Zug produziert. Übung 6 Beweisen Sie den Satz über den zweifachen Kantenbesuch mit Hilfe der vorangehenden Übung durch Übergang zu einem gerichteten Graphen. Übung 7 Beweisen Sie den Satz über den zweifachen Kantenbesuch, indem Sie zeigen, dass der folgende Labyrinth-Algorithmus einen geschlossenen Kantenzug produziert, der jede Kante genau zweimal in unterschiedlichen Richtungen durchläuft. Vorbemerkung: Bei der Durchführung des Verfahrens sind Kanten ab entweder gar nicht oder mit einem gelben oder mit einem roten Pfeil von a nach b markiert (sodass für die Markierung ab von ba zu unterscheiden ist). Rot bedeutet: Die Kante darf in Pfeilrichtung nicht durchlaufen werden. Gelb bedeutet: Durchlaufe die Kante in Pfeilrichtung erst dann, wenn es keine unmarkierten Optionen mehr gibt. Wir starten mit einer beliebigen Kante a 0 a 1 und dem Kantenzug a 0, a 1. Weiter markieren wir die Kante a 0 a 1 rot. Ist ein Kantenzug a 0,, a n konstruiert und wird dabei a n zum ersten Mal besucht, so markieren wir die Kante a n a n 1 gelb. Gibt es eine unmarkierte Kante mit a n als Ausgangsecke, so gehen wir eine solche Kante. Andernfalls gehen wir von a n entlang der gelb markierten Kante. Dieser Schritt liefert die nächste Ecke a n + 1. Schließlich markieren wir wir a n a n + 1 nun rot. Wir wiederholen nun das Verfahren solange, bis alle Kanten rot markiert sind. Übung 8 Überprüfen Sie die Vermutung von Szekeres und Seymour an einigen selbstgewählten Beispielen. Informieren Sie sich in der Fachliteratur oder im Internet über den Stand der Vermutung (engl. cycle double cover conjecture). Oliver Deiser Einführung in die Mathematik 2
12 Abschnitt Graphentheorie Übung 9 Beweisen Sie den Satz von Dirac wie folgt: Betrachten Sie einen nach links und rechts nicht mehr verlängerbaren Weg W = a 0,, a n in G. Zeigen Sie, dass es ein i < n gibt derart, dass C = a 0,, a i, a n, a n 1,, a i + 1, a 0 ein Kreis in G ist. Zeigen Sie nun mit Hilfe der Reichhaltigkeitsbedingung: Ist a E eine auf C nicht besuchte Ecke, so gibt es ein j derart, dass aa j eine Kante von G ist. Gewinnen Sie hieraus einen Weg, der länger ist als W und vollständigen Sie den Beweis durch Wiederholung des Verfahrens. Einführung in die Mathematik 2 Oliver Deiser
13 5. Bäume Im Umfeld des Erreichbarkeitsbegriffs lassen sich sich viele algorithmische Probleme formulieren. Einige davon sind: Wie können wir feststellen, ob ein Graph zusammenhängend ist? Wie können wir die Zusammenhangskomponente einer Ecke bestimmen? Wie können wir den Abstand zwei Ecken berechnen? Wie können wir einen kürzesten Weg zwischen zwei Ecken finden? Wie können wir feststellen, ob eine Kante eine Brücke ist? Diesen Fragen gehen wir in diesem Kapitel nach. Dabei sind wir nur an effizienten Lösungen d. h. schnellen Algorithmen interessiert, sodass zum Beispiel eine Auflistung aller möglichen Wege (brute force Methode) ausscheidet. Entscheidendes Hilfsmittel sind Bäume. Sie bilden einen für sich interessanten Graphentyp und eignen sich bestens, um Abstandsfragen in einem beliebigen Graphen zu untersuchen. Oliver Deiser Einführung in die Mathematik 2
14 Abschnitt Graphentheorie Bäume und Wälder Definition (Baum, Wald) Ein Graph G heißt ein Wald, falls G keine Kreise besitzt. Ein Wald heißt ein (graphentheoretischer) Baum, wenn er zusammenhängend ist. Ein Baum ist also ein zusammenhängender kreisfreier Graph. Jeder Baum lässt sich baumartig organisieren, indem wir eine Ecke als Wurzel auszeichnen und dann die Nachbarecken stufenweise anordnen: Beispiel Sei G = (E, K) mit E = { 1,, 14 } und K = { 12, 13, 16, 17, 18, 19, 34, 35, 9-10, 10-11, 11-12, 11-13, }. Der Graph ist ein Baum. Wir wählen die Ecke 9 als Wurzel und erhalten: Stufe 0 { 9 } Stufe 1 { 1, 10 } Stufe 2 { 2, 3, 6, 7, 8, 11 } Stufe 3 { 4, 5, 12, 13, 14 } Einführung in die Mathematik 2 Oliver Deiser
15 5. Bäume 175 Wählen wir dagegen die 1 als Wurzel, so erhalten wir eine Stufe mehr: Ein graphentheoretischer Baum hat keine feste Wurzel. Wir können jede Ecke als Wurzel auszeichnen und den Baum entsprechend anordnen und zeichnen, wahlweise nach unten, oben, links oder rechts wachsend. Die Auszeichnung einer Wurzel führt zu einer eindeutigen Stufung des Baumes. Ein Wald ist eine Ansammlung von Bäumen, und diese Bäume sind genau die Zusammenhangskomponenten des Waldes. Zeichnen wir in jeder Komponente eine Wurzel aus, so ergibt sich eine Stufung des Waldes. Beispiel Durch Entfernen der Kante 9-10 aus obigem Baum entsteht ein Wald mit zwei Teilbäumen. Mit den Wurzeln 1 und 11 ergibt sich die Darstellung: Oliver Deiser Einführung in die Mathematik 2
16 Abschnitt Graphentheorie Wir betrachten noch weitere Beispiele für Bäume, wobei wir die Ecken unbenannt lassen. Vollständig binär verzweigter Baum mit vier Stufen Vollständig binär verzweigter Baum mit fünf Stufen Vollständig vierfach verzweigter Baum mit drei Stufen Sterngraph mit 18 Ecken Einführung in die Mathematik 2 Oliver Deiser
17 5. Bäume 177 Charakterisierungen Bäume lassen sich durch verschiedene Äquivalenzen beschreiben. Eine derartige Charakterisierung ist: Satz (Wegkriterium) Sei G = (E, K) ein Graph. Dann sind äquivalent: (1) G ist ein Baum. (2) Für alle a,b E gibt es genau einen Weg von a nach b in G. Beweis (1) impliziert (2): Sei G ein Baum, und seien a,b E. Da G zusammenhängend ist, gibt es mindestens einen Weg von a nach b. Zum Beweis der Eindeutigkeit seien W 1 = a 0,, a n, W 2 = b 0,, b m zwei Wege von a 0 = b 0 = a nach a n = b m = b. Annahme W 1 W 2. Dann existiert eine Stelle i, an der sich die beiden Wege trennen, d.h. a i = b i und a i + 1 b i + 1. Weiter gibt es eine erste Stelle j > i auf W 1, an der sich die Wege wieder treffen, sodass also a j = b k für ein eindeutig bestimmtes k > i. Dann ist aber C = a i,, a j, b k 1,, b i ein Kreis in G, im Widerspruch zu G Baum. (2) impliziert (1): Sei G derart, dass es für alle Ecken a,b E genau einen Weg von a nach b gibt. Dann ist G zusammenhängend. Weiter kann G keinen Kreis besitzen, denn ist C = a 0,, a n, a 0 ein Kreis, so sind a 0,, a n und a n, a 0 zwei verschiedene Wege von a 0 nach a n in G. Ein weiteres nützliches Kriterium ist: Satz (Kantenkriterium) Sei G = (E, K) ein zusammenhängender Graph. Dann sind äquivalent: (1) G ist ein Baum. (2) Es gilt K = E 1. Allgemeiner ist ein Graph mit genau c Komponenten genau dann ein Wald, wenn K = E c. Der Beweis dieser Äquivalenzen sei dem Leser zur Übung überlassen. Oliver Deiser Einführung in die Mathematik 2
18 Abschnitt Graphentheorie Aufspannende Bäume und Breitensuche Bäume sind nützliche Hilfsmittel zur algorithmischen Analyse von beliebigen Graphen. Entscheidend hierzu ist folgender Begriff: Definition (aufspannender Baum) Sei G = (E, K) ein zusammenhängender Graph. Ein Teilgraph G = (E, K ) von G, heißt ein aufspannender Baum von G, falls gilt: (a) E = E. (b) G ist ein Baum. Ein aufspannender Baum G eines Graphen G besitzt also alle Ecken und gewisse (möglicherweise alle) Kanten von G. Als Baum ist G wie G zusammenhängend. Wir können einen aufspannenden Baum als eine so weit als möglich reduzierte Version des ursprünglichen Graphen ansehen. Diese Sicht verwenden wir im Beweis des folgenden Existenzsatzes: Satz (Existenz eines aufspannenden Baumes) Sei G = (E, K) ein zusammenhängender Graph. Dann existiert ein aufspannender Baum von G. Beweis Wir entfernen aus G solange möglich Kanten, die auf einem Kreis liegen. Da der Zusammenhang durch das Streichen einer Kreiskante gewahrt bleibt, erreichen wir nach endlich vielen Schritten einen zusammenhängenden kreisfreien Graphen G der Form (E, K ) mit K K. Dieser Graph ist ein aufspannender Baum von G. Beispiel Der rot markierte Teilgraph des folgenden Graphen ist ein aufspannender Baum. Er entsteht durch wiederholtes Entfernen von Kreiskanten. Einführung in die Mathematik 2 Oliver Deiser
Eulerweg, Eulerkreis. Das Königsberger Brückenproblem. Definition 3.1. Ein Weg, der jede Kante von G genau einmal
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