Europarecht. B. Rechtsquellen des Unionsrechts
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- Hertha Adenauer
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1 Seite 1 von 20 Europarecht A. Klausurkonstellationen Europarecht hat in der Klausur im ersten Staatsexamen auch weiterhin untergeordnete Bedeutung vorstellbar sind insbesondere folgende Konstellationen: o europarechtliche Problematik als Zusatzfrage o europarecht als Einstieg o Beeinflussung der Anwendung des nationalen Rechts durch europarechtliche Regelungen o selten: rein europarechtliche Fragestellung B. Rechtsquellen des Unionsrechts I. Primäres Unionsrecht dazu gehören EUV, AEUV (ex-egv), EAGV samt Anhängen und Protokollen regelt grds. überwiegend die Rechte und Pflichten der Mitgliedsstaaten untereinander und gegenüber der Union, so wie die Rechte und Pflichten der Unionsorgane Primäres Recht entfaltet nur ausnahmsweise unmittelbar gegenüber Privaten Wirkung o ausdrückliche Regelungen Wettbewerbsregelungen der Art 101 ff. AEUV (ex-art 81 ff EGV) Regelungen zur Unionsbürgerschaft, Art 20 ff. AEUV (ex- Art 17 ff. EGV)
2 Seite 2 von 20 o Voraussetzungen für sonstige Fälle der unmittelbaren Anwendbarkeit auf vertikaler Ebene (Verhältnis Mitgliedstaat Bürger primäres Recht muss rechtlich vollkommen, inhaltlich unbedingt, hinreichend klar und vollständig sein primäres Recht muss den Mitgliedsstaaten konkrete Handlungs- und Unterlassungspflichten auferlegen, die keine weiteren Vollzugsmaßnahmen benötigen (S) self executing und primäres Recht muss der Verbesserung der Rechtsstellung des Einzelnen dienen nach Rspr. des EuGH gilt dies jedenfalls für die Grundfreiheiten, Art 30 32, 34-37, 49 ff, 56 ff. AEUV(ex- Art 25-27, 28-31, 43 ff., 49 ff. EGV) o Unmittelbare Wirkung des Primärrechts auf horizontaler Ebene (Verhältnis zwischen Privaten) im Wettbewerbsrecht zwischen Unternehmen, Art 101, 102 AEUV (ex- Art 81, 82 EGV) Lohngleichheit zwischen Frau und Mann, Art 157 AEUV (ex- Art 141 EGV) II. Sekundäres Unionsrecht Sekundäres Unionsrecht ist das Recht, das die durch das primäre Unionsrecht geschaffenen Organe der Europäischen Union erlassen geregelt in Art 288 AEUV (ex-art 249 EGV) Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse, Empfehlungen, Stellungnahmen
3 Seite 3 von 20 Verordnungen o erfordern keine Umsetzungsakte o sie entfalten unmittelbar Wirkung gegenüber allen Adressaten o abstrakt- generelle Regelung Richtlinie o entfaltet gerade keine unmittelbare Wirkung o grds. nur Regelungsauftrag an Mitgliedsstaat Pflicht zur Umsetzung regelmäßig mit Gestaltungsspielraum o besonders Art 4 III EUV (ex-art 10 EGV) ist zu beachten (S) effet utile o ausnahmsweise unmittelbar Anwendbarkeit einer Richtlinie, wenn Umsetzungsfrist abgelaufen und Richtlinie nicht oder nicht hinreichend umgesetzt Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau ist (S) self executing Verbesserung der Rechtsstellung des Einzelnen o aber keine unmittelbare Anwendung auf horizontaler Ebene Beschlüsse (früher: Entscheidung) o Einzelfallregelung o sind sie an bestimmte Adressaten gerichtet, so sind sie nur für diese verbindlich (Mitgliedsstaat oder bestimmte Einzelperson) Empfehlung/ Stellungnahme o unverbindlicher Rechtsakt o kann bei Auslegung relevant werden III. Ungeschriebenes Unionsrecht
4 Seite 4 von 20 muss grds. dem Primärrecht zuzuordnen sein allgemeine Rechtsgrundsätze Vertrauensschutz, Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, Rückwirkungsverbote, Staatshaftung Gewohnheitsrecht C. Grundfreiheiten I. Übersicht über die klausurrelevanten Grundfreiheiten: Warenverkehrsfreiheit, Art AEUV (ex-art EGV) Arbeitnehmerfreizügigkeit, Art 45 ff. AEUV (ex-art 39 ff EGV) Niederlassungsfreiheit, Art 49 ff. AEUV (ex-art 43 ff EGV) Dienstleistungsfreiheit, Art 56 ff. AEUV (ex-art 49 ff EGV) Kapitalverkehrsfreiheit, Art AEUV, 75 AEUV (ex- Art 56 I, 57 ff EGV) II. Allgemeines zur Prüfung: alle Grundfreiheiten sind grds. unmittelbar anwendbar Grundfreiheiten stellen regelmäßig besondere Ausformungen des allg. Diskriminierungsverbotes, Art 18 AEUV (ex-art 12 EGV) dar umfasst sind auch versteckte Diskriminierungen allerdings stellen die Grundfreiheiten nicht nur ein Diskriminierungsverbot, sondern auch ein allgemeines Beschränkungsverbot dar o Prüfungsaufbau in der Klausur kann daher ähnlich wie eine Prüfung der Freiheitsgrundrechte des GG vorgenommen werden Anwendungsbereich Beschränkung Rechtfertigung erforderlich ist in jedem Falle ein grenzüberschreitender Sachverhalt
5 Seite 5 von 20 Inländerdiskriminierung ist denkbar, wenn gerade kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt III. Warenverkehrsfreiheit im Besonderen: 1. Anwendungsbereich Ware: alle Gegenstände, die einen Geldwert haben und Gegenstand von Handelsgeschäften sein können auch Müll staatliche Maßnahme, Art 34, 35 AEUV (ex-art 28, 29 EGV) o umfasst ist aktives staatliches Handeln o aber auch Unterlassen, zb. Nichteinschreiten gegen Boykotthandlungen der Bürger Verbot einer mengenmäßigen Beschränkung für Ein- oder Ausfuhr oder einer Maßnahme mit gleicher Wirkung o Dassonville- Formel (EuGH NJW 1975, 515): ausreichend ist auch jede sonstige tatsächliche, potentielle, unmittelbare oder mittelbare Ein- oder Ausfuhrbeschränkung Rspr. führte zu einer erheblichen Ausweitung des Anwendungsbereichs der Warenverkehrsfreiheit Beschränkung durch Keck- Formel (EuGH, Urteil v , C- 267/ 91) o Art 34 AEUV (ex-art 28 EGV) findet auf Regelungen über bloße Verkaufsmodalitäten keine Anwendung, wenn
6 Seite 6 von 20 Regelung für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gilt und die Regelungen den Absatz von inländischen und mitgliedstaatlichen Wirtschaftsgütern in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in gleicher Weise berühren keine Beschränkung durch Ladenschlussregelung, Werbeverbot für Tabakwaren oder alkoholische Getränke o als Beschränkung anzusehen sind dagegen Vorschriften hinsichtlich der Bezeichnung, der Form, der Abmessung, des Gewichts, der Zusammensetzung, der Aufmachung, der Etikettierung oder der Verpackung (S) produktbezogene Regelungen 2. Immanente Schranken des Art 34 AEUV (ex-art 28 EGV) Cassis- Formel des EuGH (Urteil vom , 120/ 78) o Hemmnisse für den Binnenhandel isd. Art 28 EG müssen hingenommen werden, soweit die Bestimmungen notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen gerecht zu werden anerkannte zwingende Erfordernisse: o wirksame steuerliche Kontrolle o Verbraucherschutz o Lauterkeit des Handelsverkehrs o Umweltschutz o Aufrechterhaltung der Medienvielfalt o Verkehrssicherheit
7 Seite 7 von 20 o Zunächst auch Schutz der Gesundheit anerkannt, allerdings mittlerweile durch EuGH ausschließlich in Art 36 AEUV (ex- Art 30 EGV) verortet (EuGH Slg 1989, 1295) zu beachten ist allerdings, dass hier eine VHM- Prüfung vorzunehmen ist EuGH sieht diese Formel zwar als immanente Schranke des Anwendungsbereichs des Art 34 AEUV (ex- Art 28 EGV), prüft diese aber mittlerweile wohl subsidiär zu Art 36 AEUV (ex-art 30 EGV) 3. Rechtfertigung richtet sich maßgeblich nach den Regelungen des Art 36 AEUV (ex- Art 30 EGV) es darf jedoch gem. Art 36 S. 2 AEUV keine willkürliche Diskriminierung oder verschleierte Beschränkung erfolgen in jedem Fall muss auch hier eine VHM- Prüfung vorgenommen werden D. Verhältnis des Unionsrechts zum Recht der Mitgliedstaaten differenziere: Anwendungsvorrang Geltungsvorrang o Anwendungsvorrang: Einer Rechtsnorm kommt gegenüber einer anderen Rechtsnorm Anwendungsvorrang zu, wenn die erstgenannte Norm vor der letztgenannten Rechtsnorm Anwendung findet
8 Seite 8 von 20 bei Widerspruch zwischen den beiden Normen führt der Anwendungsvorrang nur dazu, dass die letztgenannte Norm keine Anwendung findet letztgenannt Norm bleibt zwar wirksam, aber im konkreten Fall unangewendet o Geltungsvorrang: Einer Rechtsnorm kommt gegenüber eine anderen Rechtsnorm Geltungsvorrang zu, wenn im Falle eines Widerspruchs zwischen den beiden Rechtsnormen, der letztgenannten Norm keine Geltung zukommt. letztgenannte Norm ist also unwirksam Verhältnis Unionsrecht zur nationalem Recht o EuGH: Es gilt uneingeschränkter Anwendungsvorrang zu Gunsten des Unionsrechts Arg.: Eigenständigkeit des Unionsrechts, da Kompetenzübertragung durch Mitgliedsstaaten Zur Erreichung der europäischen Einigung ist einheitliche Anwendung des Unionsrechts unerlässlich Funktionsfähigkeit der Union kann nur so wirkungsvoll erreicht werden o BVerfG: Es ist im Ergebnis zwar von einem Anwendungsvorrang auszugehen, allerdings muss differenziert werden:
9 Seite 9 von 20 Kollision zwischen Unionsrecht gleich welcher Art und einfachen nationalen Gesetzen o Unionsrecht genießt uneingeschränkten Anwendungsvorrang o Primäres Unionsrecht enthält ungeschriebene Kollisionsnorm o durch Zustimmungsgesetz des BT zum EGV bzw. EU- Vertrag (Art 59 II GG) besteht innerstaatlicher (S) Rechtsanwendungsbefehl gilt für alle Formen des Unionsrechts (P) Kollision mit Verfassungsrecht o Kollision von unmittelbar anwendbarem Sekundärrecht mit dem GG: Solange- Rspr. des BVerfG/ Maastricht- Urteil BVerfG prüft lediglich die Gewährleistung eines (S) unabdingbaren Grundrechtsmindeststandards EuGH garantiert derzeit Grundrechtsschutz in jedem Fall für das Gebiet der EG o Kollision von Primärrecht mit dem GG Prüfungsgegenstand: Zustimmungsgesetz zum EUV (bzw. EGV) Prüfungsmaßstab: Art 23 I 3 GG, Art 79 III GG Rechtsschutzmöglichkeiten für den Bürger konkrete Normenkontrolle Vb
10 Seite 10 von 20 o Verfassungswidrige nationale Ausführungsgesetze grds. keine Überprüfung von sekundärem Unionsrecht durch BVerfG aber Überprüfung von Transformationsgesetz möglich? Bestehen von Gestaltungsspielraum bei Umsetzung volle Bindung des deutschen Gesetzgebers an das GG (zuletzt BVerfG, Urt. v zur Vorratsdatenspreicherung) Transformationsgesetz muss vollumfänglich dem GG entsprechen konkrete Normenkontrolle und Vb möglich Kein Gestaltungsspielraum bei Umsetzung Solange- Rspr. ist zu berücksichtigen hinsichtlich der Umsetzung ist der deutsche Gesetzgeber von der Bindung ans GG in den Grenzen dieser Rspr. befreit Unanwendbarkeit von sekundärem Unionsrecht wegen Kompetenzüberschreitung o hat die Union bei Erlass von sekundärem Unionsrecht ihre Kompetenzen gegenüber den Mitgliedsstaaten überschritten, findet das sekundäre Unionsrecht keine Anwendung
11 Seite 11 von 20 o (P) Wer entscheidet über Anwendbarkeit? EuGH Verwerfungsmonopol für Unionsrecht liegt allein beim EuGH Arg.: o Regelungen der Art 19 EUV, Art 263, 267 AEUV (ex- Art 220, 230, 234 EGV) o Kontrollrechte insoweit gem. Art 23 I, 79 III GG auf Union übertragen BVerfG Kontrollrechte, ob die Union ihre Kompetenzen überschritten hat, liegt beim BVerfG Arg.: o es gilt Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung o erforderlich ist Rechtsanwendungsbefehl o Prüfungsmaßstab ist Art 23 GG zu prüfen ist, ob BRD die jeweilige Kompetenz tatsächlich übertragen hat. o differenziere: zulässige Auslegung des EUV, AEUV unzulässige Überschreitung klausurrelevant: Möglichkeit der verfassungsrechtlichen Überprüfung durch das BVerfG o Anknüpfungspunkt dürfte vor allem Art 100 I GG sein o (P) BVerfG prüft bei konkreter Normenkontrolle nur Verletzung des GG durch Bundesrecht Prüfungsgegenstand:
12 Seite 12 von 20 nur formelles, nachkonstitutionelles Bundesrecht Verstoß von primärem Unionsrecht gegen GG? Zustimmungsgesetz des BT gem. Art 59 II GG ist Prüfungsgegenstand Verstoß von sekundärem Unionsrecht gegen GG? sekundäres Unionsrecht wird dem nationalen Bundesrecht gleichgestellt ea.: Art 100 GG direkt, aa: Art 100 GG analog Vorlagebefugnis Primäres Unionsrecht o verfassungsrechtliche Grenze für das Zustimmungsgesetz ist Art 23 I 3, 79 III, 20 GG Verletzung wesentlicher Verfassungsprinzipien Sekundäres Unionsrecht o Verletzung von Gemeinschaftsgrundrechten wenn Verstoß denkbar Vorlageentscheidung an EuGH, Art 267 AEUV (ex-art 234 EGV) Verstoß (+) VO ungültig Verstoß (-) VO gültig, Gerichte müssen Regelung anwenden o Verletzung von Grundrechten aus dem GG Solange II- Rspr./ Maastricht- Urteil ist zu berücksichtigen Kompetenzüberschreitung
13 Seite 13 von 20 o Prüfungsmaßstab ist Art 23 GG und das Zustimmungsgesetz E. Vollzug des Unionsrechts: differenziere: unionseigener Vollzug mitgliedstaatlicher Vollzug Unionseigener Vollzug o interner Vollzug Personalangelegenheiten, Haushalt o externer Vollzug Wettbewerbsangelegenheiten o zuständig ist regelmäßig die Kommission Mitgliedstaatlicher Vollzug: o unmittelbarer Vollzug unmittelbar anwendbares Unionsrecht wird vollzogen zb. VA aufgrund einer Verordnung Zuständigkeit: Art 30, 83 ff. GG analog o mittelbarer Vollzug nicht unmittelbar anwendbares Unionsrecht (zb. Richtlinie) wird umgesetzt Unionsrecht muss zunächst durch Mitgliedsstaat umgesetzt werden Gesetzgebungskompetenz/ Verwaltungskompetenz richten sich nach den allgemeinen Vorschriften Vollzug richtet sich dann nach den einschlägigen nationalen Vorschriften klausurrelevante Probleme
14 Seite 14 von 20 o (P) 48, 49 VwVfG und Europarecht o (P) aufschiebende Wirkung/ einstweiliger Rechtsschutz kein Ermessen bezüglich der AO der sof. Vollz., wenn durch Suspensiveffekt die optimale Geltung des Unionsrechts vereitelt wird Behörde muss AO der sof. Vollz. treffen Entscheidung des Gerichts über Antrag gem. 80 V VwGO aufschiebende Wirkung muss wiederhergestellt werden, o Gericht erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Gemeinschaftsaktes hat (S) Notwendigkeit o die AO zur Abwehr schwerer, irreversibler Schäden dringend erforderlich ist o effet utile wird im Rahmen der Abwägung in vollem Umfang berücksichtigt o Vorlageentscheidung gem. Art 267 AEUV (Art 234 EGV) und Befristung der Aussetzung der Vollziehung bis zur Entscheidung des EuGH F. Überblick über die Rechtsschutzmöglichkeiten I. Rechtsschutzsystem: Das Gerichtssystem der Europäischen Union besteht gem. Art 19 EUV aus folgenden eigenständigen Gerichten: o Gerichtshof (EuGH) o Gericht (früher EuG erster Instanz) o Fachgerichte bislang nur das Fachgericht für den öffentlichen Dienst der EU geschaffen
15 Seite 15 von 20 EuGH/ Gericht der EU, sowie Fachgerichte sind gem. Art 19 EUV (ex- Art 220 EGV) für die Auslegung des Vertrages und der Wahrung des Rechts bei Anwendung des Vertrages zuständig Zuständigkeiten des EuG sind in Art 256 AEUV (ex-art 225 EGV) und der Satzung des Gerichtshofs der EU abschließend aufgezählt. II. Klagearten im Überblick: Direkte Klagen o Vertragsverletzungsverfahren, Art 258 AEUV (ex- Art 226, 227 EGV) o Nichtigkeitsklage, Art 263 AEUV (Art 230 EGV) o Untätigkeitsklage, Art 265 AEUV (ex-art 232 EGV) o Schadensersatzklage, Art 268 AEUV (ex- Art 235 EGV) EuGH EuGH/ EuG EuGH/ EuG EuG sonstige Verfahren o Vorabentscheidung, Art 267 AEUV (ex- Art 234 EGV) o einstweiliger Rechtsschutz, Art 279 AEUV (ex- Art 243 EGV) EuGH EuGH/ EuG Rechtsmittelverfahren o gegen Urteile und Beschlüsse des EuG EuGH
16 Seite 16 von 20 III. Einzelne Klagearten im speziellen: 1. Vorabentscheidung: a) Prüfungsschema b) (P) Folge der Nichtvorlage trotz Vorlagepflicht? in BRD ist VB wegen Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter, Art 101 I 2 GG, möglich allerdings Voraussetzung: Nichtvorlage durch letztinstanzliches Gericht muss willkürlich gewesen sein Willkür wenn das Gericht eine Vorlage an den EuGH nicht in Betracht zieht das Gericht von der Rspr. des EuGH abweichen will oder das Gericht strittige Fragen des Europarechts trotz fehlender gefestigter Rspr. selbst entscheidet, obwohl Gegenauffassungen durchaus vertretbar sind 2. Nichtigkeitsklage: 3. Vertragsverletzungsklage: G. Haftung bei Verstößen gegen Gemeinschaftsrecht Staatshaftung nach Ansicht des EuGH auch im Unionsrecht als allgemeiner Rechtsgrundsatz verankert insbesondere Art 4 III EUV (ex-art 10 EGV) (effet utile) begründet Pflicht der Mitgliedstaaten, die Folgen ihres gemeinschaftswidrigen Verhaltens zu beseitigen
17 Seite 17 von 20 Voraussetzungen für Amtshaftung nach EuGH o Verstoß eines Organs oder Amtsträgers gegen primäre oder sekundäre Norm des Unionsrechts ohne Belang, durch welche Gewalt des Mitgliedstaates die unionsrechtwidrige Handlung durchgeführt wird (P) Haftung für legislatives Handeln o Verstoß muss hinreichend qualifiziert sein (+) wenn Grenzen des dem Mitgliedstaat eingeräumten Ermessens beim Vollzug/ bei der Umsetzung offenkundig und erheblich überschritten sind Nichtumsetzung innerhalb der gesetzten Frist ist immer erheblich, da gesetzte Frist nicht im Ermessen der nationalen Staaten o unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen Verstoß und Schaden Folge ist ein SchE- Anspruch nach nationalem Recht, der o jedenfalls mindestens so ausgestaltet sein muss, wie ein nationaler vergleichbarer Anspruch o Arg.: Diskriminierungsverbot und Effizienzgebot 839 BGB, Art 34 GG sind bei legislativem Unrecht unter Beachtung obiger Rspr. ausnahmsweise anwendbar und führen zu einem Anspruch
18 Seite 18 von 20 H. Aufbau der EU/ Gemeinschaftsorgane I. Struktur der EU EU besitzt nun eigene Rechtspersönlichkeit, Art 47 EUV Aus dem ursprünglichen 3- Säulen- Modell unter dem verbindenden Dach der EU ist nunmehr weitestgehend ein 2 Säulen-Modell geworden o 1. Säule: Europäische Union EUV, AEUV, EAGV Sog. Unionsrecht (S) Supranationalität Staatenverbindung eigener Art Übertragung von Hoheitsrechten durch die Mitgliedsstaaten BVerfG: Gemeinschaftsrecht gilt in BRD durch Rechtsanwendungsbefehl des Zustimmungsgesetzes zum EUV/ EGV Wesentliche Teile der früheren 2. Säule, der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen wurden in den supranationalen Bereich überführt o 2. Säule: Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) seit 1992, Vertrag von Maastricht bislang lediglich intergouvernementale Zusammenarbeit auf Regierungsebene Ziele waren zunächst in Art 11 EUV (Vertrag von Maastricht) kodifiziert und finden sich nunmehr in den Regelungen der Art 23 ff. EUV (Fassung von Lissabon) Nunmehr weitergehende Regelungen in Art 18, 27 EUV
19 Seite 19 von 20 vertreten wird die EU hier gem. Art 27 II EUV durch den den Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik II. Organe der Gemeinschaft, Art 13 EUV (früher Art 7 EGV): Europäischer Rat (Art 15 EUV) o Besteht aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten, dem Präsidenten des Europäischen Rates und dem Präsidenten der Kommission o Der Hohe Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik nimmt an der Arbeit teil, Art 15 II 2 EUV o Der Europäische Rat gibt der Union die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und legt die allgemeinen politischen Zielvorstellungen und Prioritäten hierfür fest Rat der europäischen Union (Art 16 II EUV) o abzugrenzen vom Europäischen Rat o besteht aus je einem Vertreter der Mitgliedsstaaten auf Ministerebene o wird gemeinsam mit dem Europäischen Parlament als Gesetzgeber tätig und übt gemeinsam mit ihm die Haushaltsbefugnisse aus. Zu seinen Aufgaben gehört die Festlegung der Politik und die Koordinierung nach Maßgabe der Verträge o Hauptrechtssetzungsorgan Kommission (Art 17 EUV) o Besteht bis zum aus dem Präsidenten, dem Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik und je einem Angehörigen der Mitgliedsstaaten (derzeit 25 Kommissare)
20 Seite 20 von 20 o Ab dem besteht sie aus dem Präsidenten, dem Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik und einer Anzahl von Kommissaren, die 2/3 der Zahl der Mitgliedsstaaten entspricht o vor allem Exekutivorgan, Art 105, 106, 288, 290, 291 AEUV, Art 17 EUV Europäisches Parlament (Art 14 EUV) o derzeit 736 Abgeordnete (Deutschland hat 99 Sitze) o nach dem EU- Vertrag in der Fassung von Lissabon Erhöhung auf höchstens 750 Sitze, kein Mitgliedsstaat mehr als 96 Sitze o bisher keine Rechtssetzungsbefugnis nunmehr Beteiligung am sog. Ordentlichen Gesetzgebungsverfahren gem. Art 294 AEUV o es fehlt aber weiterhin das Initiativrecht o Mitspracherechte bestehen dagegen bislang kaum in den Bereichen Wettbewerbspolitik, Gemeinsame Handelspolitik, Gemeinsame Sicherheits- und Außenpolitik o Des weiteren ist das Parlament gemeinsam mit Rat die Haushaltsbehörde, Art 314 AEUV EuGH (Art 19 EUV) o 25 Richter, Art 19 II EUV o 8 Generalanwälte, Art 252 Abs. 1 AEUV o Sicherung/ Wahrung des Gemeinschaftsrechts o Verwerfungsmonopol, Art 263, 264 AEUV (ex-art 230, 231 EGV) EZB, Art 282 ff. AEUV Rechnungshof, Art 285 ff. AEUV (ex-art 246 ff. EGV)
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