Bericht zur sozialen Lage > 2011

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1 Bericht zur sozialen Lage > 2011 Schwerpunkt: Armut von Frauen in Bremen Arbeitnehmerkammer Bremen

2 Bericht zur sozialen Lage > 2011 Schwerpunkt: Armut von Frauen in Bremen Arbeitnehmerkammer Bremen

3 Bericht zur sozialen Lage Herausgeber Verfasser/innen Redaktion Gestaltung Fotos Druck Arbeitnehmerkammer Bremen Bürgerstraße Bremen Telefon Telefax info@arbeitnehmerkammer.de Petra Buhr, Elke Heyduck, Ralf Lorenzen, Barbara Rinken, Paul M. Schröder, Thomas Schwarzer Elke Heyduck, Martina Kedenburg, Hanna Mollenhauer, Nathalie Sander, Thomas Schwarzer Designbüro Möhlenkamp, Marlis Schuldt, Jörg Möhlenkamp Kay Michalak müllerditzen, Bremerhaven Abgeschlossen im Mai 2011

4 Inhaltsverzeichnis Elke Heyduck / Arbeitnehmerkammer Bremen 1 Einleitung Thomas Schwarzer / Arbeitnehmerkammer Bremen 2 Armut von Frauen durch Bildungsarmut und prekäre Positionen im Arbeitsmarkt 2.1 Vertieft sich die Spaltung in privilegierte und unterprivilegierte Frauen? 2.2 Exkurs: Bildungsarmut von jungen Frauen in Deutschland und Bremen 2.3 Armutsrisiken von jungen Frauen in der Berufsfindungsphase 2.4 Teilzeitarbeit und Minijobs Erwerbstätigkeit schützt nicht vor Einkommensarmut 2.5 Die Niedriglohnentwicklung und der Lohnabstand zwischen Männern und Frauen als Armutsursache 2.6 Beziehen Frauen Sozialleistungen im Sinne staatlicher Armutsbekämpfung, verbleiben viele in Einkommensarmut 2.7 Fazit Interview mit Dr. Petra Buhr / Universität Bremen 3 Der Blick der Armutsforschung Dr. Barbara Rinken / Hochschule Bremen 4 Armut und Alleinerziehen Ralf Lorenzen / Soziologe, freier Journalist 5 Alltägliche Armut junge Frauen, Alleinerziehende, Ältere Paul M. Schröder / Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe 6 Zahlen, Daten, Fakten zur Armut im Land Bremen Arbeitslosengeld II (SGB II) nach Geschlecht, Altersgruppen, in Bedarfsgemeinschaften, im Verhältnis zur Arbeitslosenquote und im Städtevergleich Kinder und andere nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige und SGB-II-Bedarfsgemeinschaften Arbeitslosengeld-II- und Sozialgeld-Empfänger/innen nach Stadt- und Ortsteilen SGB-II-Bedarfsgemeinschaften: Bewilligte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Bund und Kommunen) pro Monat Grundsicherung im Alter

5 4 x Susanne Klingbeil hilft ihrer Tochter Anna-Lena bei der Suche nach einem Praktikumsplatz

6 5 Wir bedanken uns herzlich bei Familie Klingbeil für den Einblick ins Familienleben. Susanne Klingbeil, 41, lebt mit ihren beiden Töchtern in Bremen- Nord verlor sie völlig unerwartet ihren Mann, der nur 54 Jahre alt wurde. Mutter und Töchter zogen daraufhin in eine Dreizimmerwohnung. Da Susanne Klingbeil keine Berufsausbildung hat, war die Familie zunächst auf die Finanzierung durch Sozialhilfe angewiesen. Das Sozialamt hat in unserem Fall anstandslos geholfen, da kann ich mich nicht beklagen, sagt die alleinerziehende Mutter. Trotzdem fiel sie in ein tiefes Loch, bis sie 2005 aus eigener Initiative beim Haus der Zukunft Hilfe suchte. Dort fand sie ein offenes Ohr für ihre Situation und relativ schnell einen Ein-Euro Job. Heute arbeitet sie für eine Aufwandsentschädigung als Küchenleiterin im (Verbundprojekt) Mehrgenerationenhaus. Das Haus der Zukunft stand ihr mit Rat und Tat zur Seite und die Menschen haben ihr wieder eine Aufgabe gegeben. Die Arbeit ist Ablenkung vom Alltag, man wird gebraucht. Das ist ein gutes Gefühl, sagt sie. Sonst wäre ich wohl eine Stubenhockerin geworden. Und Tochter Anna-Lena ergänzt: Als es dir besser ging, ging es auch uns besser. Die 15-jährige Anna-Lena macht den Realschulabschluss und möchte gerne Zahntechnikerin werden. Ihre Schwester Lysa- Marie ist 20, hat das Fachabitur für Gestaltung und macht eine Ausbildung zur gestaltungstechnischen Assistentin. Finanziell kommt die Familie mit Witwen- und Halbwaisenrente plus Hartz IV über die Runden, allerdings wird das Schülerbafög von Lysa-Marie mit der staatlichen Unterstützung verrechnet. Im nächsten Jahr möchte Susanne Klingbeil gerne eine Weiterbildung absolvieren, mit der sie den Bremer Dienstleistungspass erhält. Mit ihm hätte sie eine Grundlage für Bewerbungen auf dem ersten Arbeitsmarkt.

7 6 Einleitung x Das Zimmer von Tochter Lysa-Marie ist Schlafraum, Fernsehraum und Malatelier

8 7 Elke Heyduck x Arbeitnehmerkammer Bremen 1 Einleitung Beginnen wir mit der guten Nachricht: Die Situation von Frauen in dieser Gesellschaft ist durchaus in Bewegung. Mittlerweile wissen alle, dass die Bildungsabschlüsse der Frauen überwiegend besser sind als die der Männer, mehr Frauen sind heute erwerbstätig und die Diskussion um eine Frauenquote in Aufsichtsräten oder Führungspositionen zeigt, dass auch hier die politische Einsicht in die strukturelle Benachteiligung von Frauen und in deren Beseitigung wächst. Soweit, so schön. Warum wir dennoch unseren Bericht zur sozialen Lage dem Thema Frauenarmut widmen? Zum Beispiel, weil zwar mehr Frauen erwerbstätig sind als noch vor Jahren, ihr Arbeitsvolumen insgesamt aber gleich geblieben ist. Was bedeutet, dass mehr Frauen sich die gleich gebliebene Menge Arbeit teilen. Oder auch weil Frauen noch immer deutlich weniger verdienen als Männer. Und auch, weil die politisch herausgeforderte Ausweitung der Minijobs dafür gesorgt hat, dass sehr viele Frauen in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten und keine existenzsichernden Löhne erzielen. Der Artikel von Thomas Schwarzer, Referent für kommunale Sozialpolitik bei der Arbeitnehmerkammer, berichtet von diesen und weiteren Sollbruchstellen in der weiblichen Erwerbsbiografie. Die Situation von Frauen in dieser Gesellschaft ist durchaus in Bewegung. Nach wie vor sind familienbedingte Erwerbsunterbrechungen bei Frauen deutlich häufiger als bei Männern. Auch wenn beide Elternteile berufstätig sind, wird die Familienarbeit im Wesentlichen von Frauen geleistet. Zugleich sind gut dotierte Teilzeitstellen oder gar Führungspositionen in Teilzeit nach wie vor äußerst selten. Der gespaltene Arbeitsmarkt schlägt bei Frauen besonders zu Buche. Zwar steigt der Anteil der Akademikerinnen an allen Berufstätigen zugleich aber finden sich insbesondere Frauen in den atypischen Arbeitsverhältnissen wieder: Nur knapp die Hälfte der berufstätigen Bremer Frauen hat ein klassisches Vollzeit- Arbeitsverhältnis. Über 50 Prozent sind in Teilzeit, befristet oder in Minijobs beschäftigt. Von atypischen Arbeitsverhältnissen kann aus Sicht der Frauen also gar nicht mehr gesprochen werden. Nicht zuletzt, dies zeigen regionale und bundesweite Studien, ist der sogenannte Gender Pay Gap, also der Lohnabstand zwischen Frauenverdiensten und denen der Männer, mit über 20 Prozent hoch in Bremen mit über 25 Prozent im Großstadtvergleich sogar noch höher. Dies betrifft auch gut qualifizierte Frauen. Fakt ist also: Wiewohl Frauen bei den Bildungsabschlüssen aufgeholt und die Männer inzwischen überholt haben, können sie ihre Bildungsvorteile auf dem Arbeitsmarkt nicht angemessen umsetzen. Politisch wäre eine Vielzahl von Maßnahmen zu ergreifen, die dazu beitragen würden, die Leitplanken weiblicher Berufsbiografien gefahrloser zu gestalten. Hierzu zählen zu allererst ein Mindestlohn und die Eindämmung der Minijobs. Hierzu zählen aber auch ausreichende Betreuungsmöglichkeiten für Kinder, Frauenquoten auf den Führungsetagen und die Möglichkeit für Frauen und Männer, in Teilzeit zu arbeiten, aber auch beizeiten wieder aufzustocken. Den Gewerkschaften kommt insbesondere bei der Beseitigung des Gender Pay

9 8 Einleitung Gap eine herausragende Rolle zu. Nach wie vor ist Männerarbeit tariflich besser gesichert als Arbeit in typischen Frauenberufen. Den Bildungsinstanzen von der Steuerung bis zum einzelnen Kita-Betrieb kommt die Aufgabe zu, junge Mädchen und Frauen aus der Geschlechterfalle zu holen und sie früh für Wissenschaft und Technik zu begeistern, um das frauentypische Berufswahlverhalten zu verändern. Im Interview mit Petra Buhr, Soziologin an der Universität Bremen und Mitarbeiterin des Deutschen Beziehungs- und Familienpanels, werfen wir im Anschluss einen Blick auf die Armutsforschung. Hier zeigen sich zwei parallele Entwicklungen: Zum einen zeigt die dynamische Armutsforschung, dass es einen vergleichsweise hohen Anteil von Personen gibt, die innerhalb eines Jahres aus dem Arbeitslosengeld-II-Bezug wieder herauskommen. Ursächlich für diese Armutsphasen ist bei Frauen oft eine Scheidung, die Geburt eines Kindes, aber natürlich auch der Verlust des Arbeitsplatzes. Allerdings ist es in den letzten Jahren eindeutig schwieriger geworden, Armutslagen wieder zu überwinden. Verfestigte Armut findet sich bei bestimmten Gruppen wie zum Beispiel Alleinerziehenden. Ihre Armutsquote ist rund dreimal so hoch wie im Durchschnitt, hingegen liegen die Quoten zwischen Frauen und Männern, die nicht in Familien leben, dicht beieinander. Offenbar sind also zusätzliche Faktoren, wie die Versorgung von Kindern und eingeschränkte Möglichkeiten der Kinderbetreuung, ursächlich für einen Teil der Armut. Den Alleinerziehenden haben wir aus diesem Grund ein eigenes Kapitel dieses Berichts gewidmet. Barbara Rinken, Familiensoziologin aus Bremen, beschreibt deren Situation. In den beiden Städten Bremen und Bremerhaven sind 34 Prozent aller Familienhaushalte Haushalte von Alleinerziehenden. Etwa 90 Prozent der Alleinerziehenden sind Frauen, zehn Prozent Männer. Erfordert Familie bereits von Paaren ein höheres Maß an Energie und Geduld, so müssen Alleinerziehende diese Anforderungen ausschließlich aus eigener Kraft bewältigen. Soziale Netzwerke und Erwerbstätigkeit sind hier materiell, aber auch soziokulturell von entscheidender Bedeutung. Als alleinige Ernährerinnen leiden Alleinerziehende unter verstärkten Existenzängsten und sind häufiger überlastet und/oder krank. Sind sie arbeitslos, stehen sie in besonders hohem Maße unter dem Verdacht, nicht arbeiten zu wollen. Um Qualifikationsdefizite auszugleichen, sind jedoch Ausbildungen oder Weiterqualifizierungen oft nicht möglich, weil die Angebote üblicherweise ganztägig absolviert werden müssen. Hüten muss man sich jedoch davor, die Gruppe der Alleinerziehenden insgesamt als problematisch einzustufen. Dies würde lediglich ein gesellschaftliches Vorurteil reproduzieren. Trotz der erschwerten Bedingungen sind zwei Drittel aller alleinerziehenden Frauen mit Kindern unter 18 Jahren erwerbstätig. Das sind zwei Prozent mehr als Mütter aus Paarfamilien. Alleinerziehende Frauen arbeiten mit 42 Prozent auch häufiger in Vollzeit als Mütter aus Paarfamilien (27 Prozent). In ihrer Selbstwahrnehmung bezeichnet sich kaum eine der Frauen als arm. Willkommen im normalen Leben heißt nicht nur deshalb der Beitrag des Hamburger Journalisten und Sozialwissenschaftlers Ralf Lorenzen. Die hohe Zahl der Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger in manchen Bremer Stadtteilen sorgt darüber hinaus für eine gewisse Normalität der Armut. Viele der von Armut Betroffenen geben sich selbst die Schuld für ihre schwierige Lebenssituation. Und alle wünschen sich ein Leben, das doch noch ein bisschen normaler ist. Zu dem eine vernünftige Wohnung gehört, Geld, das man sparen kann, Urlaub und die Mittel, um kaputte Dinge zu ersetzen. Dabei finden junge Frauen mit Kindern, die in Armut leben, durchaus Unterstützung bei Behörden und Initiativen. Die besonderen Einschränkungen, schon in jungen Jahren alleinerziehend und ohne eigenes Einkommen ein Kind großzuziehen, sind für diese Frauen zwar nur schwer zu bewältigen. Die

10 9 Verantwortung ist oft aber auch ein Ansporn, das eigene Leben in die Hand zu nehmen was gelingen kann, wenn es passende Unterstützungsangebote gibt. Dazu gehören vor allem zeitlich abgestimmte (Nach-) Qualifizierungen und Fortbildungen, die mit der Betreuung von Kindern abgestimmt werden können. Erschwerend ist häufig die Zersplitterung der öffentlichen Hilfen. So erhält eine junge Frau aus Bremen zum Beispiel Unterstützungsleistungen aus fünf verschiedenen Quellen: Kindergeld für den Sohn, ein kleines Ausbildungsgehalt, eine Ausbildungsbeihilfe, einen Unterhaltsvorschuss vom Amt und eine Aufstockung von der BAgIS (heute Jobcenter). Regelmäßig bereichern Interviews die Schwerpunkte unserer Sozialberichterstattung. Denn Statistik ist nicht alles. Jede/r empfindet Benachteiligung und Armut anders und stößt an andere Grenzen beim Versuch, an dieser Gesellschaft teilzuhaben. Dennoch verzichten wir nicht auf Statistik. Der neue deutsche Aufschwung, der derzeit (fast) überall gelobt und beschrieben wird, ist keiner, der allen zugutekommt. Dies belegen insbesondere die Bremer Daten zur armen Bevölkerung, die Paul Schröder vom Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe für uns gesammelt und aufbereitet hat. Im Gegensatz zur Entwicklung der Arbeitslosenzahlen, die für Deutschland insgesamt und auch in Bremen rückläufig sind, gibt es bei den Arbeitslosengeld-II-Empfängerinnen und -Empfängern (SGB II) relativ wenig Bewegung. deutschen Großstädten, dass sich die Seestadt in der mit Abstand schwierigsten sozialen Lage befindet. Der Anteil der Arbeitslosengeld-II-Empfängerinnen und -Empfänger pro Einwohner/innen liegt mit 202 Menschen weit höher als in Rostock, Wilhelmshaven oder Offenbach am Main. Übrigens: Von Armut (im Sinne der Hartz- Gesetze) betroffen waren in Bremen im Dezember 2010 kaum mehr Frauen (26.707) als Männer (26.091). In Bremerhaven waren es zum gleichen Zeitpunkt kaum mehr Männer (7.517) als Frauen (7.413). Womit wir wieder bei unserem Schwerpunkt angelangt wären. Dass Frauen zwar nicht im Hartz-IV-Bezug, wohl aber wie der folgende einleitende Beitrag zeigt insgesamt in größerem Umfang von Armut betroffen sind, dass ihre Armutsgefährdungsquote um einiges höher ist als die der Männer, hat in erster Linie mit Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten auf dem Arbeitsmarkt und bei der Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zu tun. Immer noch, kein Grund also, die Hände in den Schoß zu legen und darauf zu warten, dass sich diese Ungleichheiten quasi von allein erledigen. Die Forderung nach gleicher Teilhabe für Frauen klingt ja in den 2010er Jahren beinahe grotesk altertümlich, sie bleibt aber leider! aktuell. Insofern möchten wir mit diesem Bericht, mit seinen Argumenten, seinem Blick auf den Alltag und auf Zahlen, alle unterstützen, die den fortbestehenden Ungleichheiten entgegenwirken. Seit der Finanz- und Wirtschaftskrise stieg ihre Zahl in Bremen von November 2008 bis April 2010 um nahezu auf über an. Bis Dezember 2010 gab es dann aber einen leichten Rückgang um knapp Menschen. In Bremerhaven schwankt die Zahl der Arbeitslosengeld-II-Empfänger/innen zwischen (2009) und (2010). Ein Vergleich der Entwicklung mit anderen deutschen Großstädten (über Einwohner) zeigt Bremen in einer insgesamt stabilen mittleren Position. Dagegen zeigt ein Vergleich der Entwicklung in Bremerhaven mit ähnlichen

11 10 Armut von Frauen x Susanne Klingbeil bei der Essenausgabe im Haus der Zukunft

12 11 Thomas Schwarzer x Arbeitnehmerkammer Bremen 2 Armut von Frauen durch Bildungsarmut und prekäre Positionen im Arbeitsmarkt In den Medien und auch in der Politik sind erfolgreiche Frauen in den letzten Jahren zunehmend sichtbarer. Angela Merkel als Bundeskanzlerin ist für diese Entwicklung ein besonders deutliches Beispiel. Solche Vorbilder können durch Kompetenz und selbstbewusstes Auftreten viele Frauen bei eigenen, ehrgeizigen Zielen bestärken im Sinne von Frauen können mehr erreichen. Tatsächlich nimmt die Existenz und auch die Sichtbarkeit von Frauen in Führungspositionen in den letzten Jahren teilweise deutlich zu. Diese Dynamik beschreibt die Sozialwissenschaftlerin Jutta Allmendinger als Frauen auf dem Sprung. 1 Diese erfreulichen Fortschritte werden manchmal aber auch politisch missbraucht: Wenn weitergehende Gleichstellungsforderungen abgewehrt werden, mit dem Hinweis, seht her, es geht doch, Frauen müssen es nur richtig anstellen. Ein solcher Blick allein auf den einzelnen Menschen und seinen Erfolg wird dann auch für weniger erfolgreiche Frauen zum Maßstab. Sie haben scheinbar irgendetwas falsch gemacht und kommen deshalb nicht voran oder geraten sogar in Armut. Thema sind dann nicht die weiterhin massiv ungleichen Verwirklichungschancen von Frauen und Männern, sondern richtiges beziehungsweise falsches Verhalten. Tatsächlich aber entwickeln sich ungleiche Verwirklichungschancen aufgrund gesellschaftlicher Rahmenbedingungen und persönlicher Erfahrungen in den aufeinander aufbauenden Lebensphasen. Bedingungen und Erfahrungen früher Lebensphasen entfalten quasi lebenslängliche Wirkungen. Prägend sind vor allem die frühen Erfahrungen in den Familien sowie in den Betreuungs- und Bildungseinrichtungen. Insofern ist es ein besonderer historischer Fortschritt, dass die jungen Frauen in Deutschland am Ende der Schulphase im Durchschnitt bessere Abschlüsse erreichen als die jungen Männer. Dieser Bildungsvorsprung geht durch zentrale Weichenstellungen in den nachfolgenden Lebensphasen bei vielen Frauen aber wieder verloren. Dazu zählt vor allem die Übergangsphase in Ausbildung und Beruf, die Phase einer möglichen Elternschaft sowie die Bedingungen, trotz Mutterschaft erwerbstätig sein zu können. An diesen Knotenpunkten im Lebenslauf kann und muss durch politische Eingriffe für eine gerechte Politik der Gleichstellung von Männern und Frauen gesorgt werden. Denn die Lebens- und Erwerbsverläufe werden in einem erheblichen Maße von den politisch gesetzten Rahmenbedingungen und den gesellschaftlichen Institutionen (Familie, Kita, Schule, Ausbildungssystem, Regelungen des Arbeitsmarktes, Recht) mitgesteuert. Sie bilden Leitplanken, die der Verwirklichung persönlicher Ziele förderlich sein können oder auch im Wege stehen. Damit Frauen ihre persönlichen Ziele in den aktuellen Auseinandersetzungen über eine gerechtere Verteilung von Macht, Geld und Arbeit auch erreichen können, ist der Blick auf die Situation der Männer erforderlich, aber nicht hinreichend. Gerade der berufliche Erfolg von Frauen (und von Männern) ist unter den gegenwärtigen Bedingungen ebenfalls von der Umverteilung von Macht, Geld und Arbeit zwischen Frauen abhängig. Eine notwendige Voraussetzung für den beruflichen Erfolg von Frauen (und von Männern) ist die alltägliche Entlastung von unbezahlten, schlecht bezahlten oder abgewerteten Tätigkeiten. Diese werden noch immer fast durchgängig von Frauen erledigt: Putzen, Kochen und Einkaufen sowie die Betreuung und Pflege der Kinder, der Kranken und der Älteren. Frauenforscherinnen verweisen auf die noch immer zumeist privat und unentgeltlich durch Frauen erbrachte Haus-, Familienund Sorgearbeit, von der auch viele (Ehe-) Männer profitieren. Durch ihre zeitlichen und emotionalen Bindungen verbleiben den Frauen erheblich weniger Zeit und Energie, sich der Konkurrenz auf den Arbeitsmärkten zu stellen. 1 Vgl. Allmendinger 2008.

13 12 Armut von Frauen Die ungleiche Verteilung von unbezahlter und bezahlter Arbeit zwischen Frauen und Männern wird zusätzlich durch die geringer bewertete und schlechter bezahlte Erwerbsarbeit in typischen Frauenberufen verstärkt. Ursächlich für eine Armutsgefährdung sind aber nicht alleine kürzere Erwerbsarbeitszeiten und frauentypische Qualifikationen, sondern auch diskriminierende Mechanismen bei der Rollenzuweisung, auf dem Arbeitsmarkt und bei der sozialstaatlichen Sicherung. Bei dieser Erklärung ist anzumerken, dass sie zwar für Mütter in der Familienphase zutrifft, weniger jedoch für Frauen, die keine Kinder beziehungsweise keine Familienpflichten haben. Warum aber verrichten immer noch gerade Frauen diese unbezahlten oder schlecht bezahlten Jobs, selbst in einer relativ modernen westeuropäischen Gesellschaft wie der deutschen oder in einer Großstadt wie Bremen? Was zwingt oder veranlasst sie dazu? Immerhin herrscht Schulpflicht und immer mehr Frauen sind erwerbstätig und erzielen ein eigenes Einkommen. Bei den Bildungsabschlüssen und auch bei den Berufsausbildungen haben die jungen Frauen ihre traditionelle Benachteiligung gegenüber den jungen Männern weitgehend überwunden. Bei den höheren Bildungsabschlüssen haben sie die Männer inzwischen überholt. Müssten diese Bildungsgewinne nicht zumindest die jüngeren Frauen besser vor der Gefährdung durch prekäre Jobs und Armut schützen? 2.1 Vertieft sich die Spaltung in privilegierte und unterprivilegierte Frauen? Die Arbeitsmarktforschung erklärt das Armutsrisiko von Frauen mit dem Verweis auf einen zweigeteilten, gespaltenen oder in verschiedene Segmente aufgeteilten Arbeitsmarkt. 2 Neben den traditionell geringer entlohnten weiblichen Dienstleistungsberufen sind verstärkt sogenannte Randbelegschaften in Unternehmen und Betrieben entstanden (Frauen, Migranten, Ältere und leistungsgeminderte Personen). Sie tragen ein höheres Armutsrisiko, weil sie keine vollzeitnahen, kontinuierlichen Arbeitsverträge erhalten und häufig zu Niedriglöhnen arbeiten (Leiharbeit, Teilzeit bzw. Minijobs). Zusätzlich zu dieser ohnehin prekären Erwerbsposition erwerben sie geringere oder überhaupt keine Ansprüche auf soziale Sicherungsleistungen. Seitdem es in Deutschland zu einer starken Ausweitung des Niedriglohnsektors durch die Unternehmen gekommen ist (forciert von der Politik), gewinnt diese Erklärung an Bedeutung. Die vergleichsweise niedrigen Löhne vieler Frauen sind jedoch nicht allein mit der Entstehung eines breiten Niedriglohnsektors zu erklären. Über alle Qualifikationsstufen hinweg beträgt der Lohnabstand zwischen Frauen und Männern im Durchschnitt 23 Prozent. Lediglich die Hälfte dieses Unterschiedes lässt sich durch verschiedene soziale und berufliche Merkmale erklären, die andere Hälfte durch Lohndiskriminierung. Mit 23 Prozent Lohnabstand zwischen Frauen und Männern gehört Deutschland in der Europäischen Union zu den Schlusslichtern. So führt die Frage nach den Ursachen eines erhöhten Armutsrisikos von Frauen zu einer Kette beziehungsweise zu einem Geflecht von Einflüssen. Verursacht wird ihre Armut nicht durch einen zentralen oder mehrere genau berechenbare Faktoren. Ausschlaggebend ist das spezifische Zusammenspiel der oben genannten verschiedenen Einflüsse an spezifischen Knotenpunkten im Lebensund Erwerbsverlauf. Ausgangspunkt kann ein fehlender Schul- oder Ausbildungsabschluss sein, spätere Arbeitslosigkeit oder nicht (mehr) nachgefragte Qualifikationen, die Verantwortung für Kinder, fehlende Sprachkenntnisse, eine Krankheit oder eine Krisensituation. Kommen mehrere dieser Einflüsse zusammen, steigt das Armutsrisiko massiv. Solche verknüpften Informationen zu einzelnen Personen oder Haushalten liegen aufgrund umfassender repräsentativer Befragungen lediglich für die Armuts- und Reichtumsberichte der Bundesregierung vor. Die amtliche Statistik in Bremen oder in vergleichbaren Großstädten bietet diese Informationen nicht. Für das Land Bremen sind deshalb weder die genaue Zahl der einkommensarmen Frauen bekannt noch 2 Vgl. Dingeldey 2010: 18.

14 13 die Zahl derjenigen von ihnen, die dauerhaft den Anschluss an den durchschnittlichen Lebensstandard verlieren. In den folgenden Kapiteln dieses Berichtes erfolgt deshalb eine Annäherung an die spezifischen Lebenssituationen von Frauen in Bremen, die sich in Armut oder in prekären Lebenslagen befinden. Diese Annäherung ist orientiert an den zentralen Knotenpunkten von Frauen entlang ihres Lebenslaufs. 2.2 Exkurs: Bildungsarmut von jungen Frauen in Deutschland und Bremen Frauen, insbesondere die jüngeren Altersgruppen, werden häufig als Gewinnerinnen der Entwicklungen im deutschen Bildungssystem der letzten 20 Jahre bezeichnet. Sie haben bei den Bildungsabschlüssen und auch bei den Berufsausbildungen ihre traditionelle Benachteiligung gegenüber den jungen Männern weitgehend überwunden. Bei den höheren Bildungsabschlüssen haben sie die Männer inzwischen überholt. Diese positive Gesamtsicht überdeckt aber meistens die weiterhin bestehende Bildungsarmut auch von jungen Frauen. Dass es trotz der durchschnittlich besseren Bildungsabschlüsse weiterhin Bildungsarmut in Deutschland gibt, wird seit Anfang des neuen Jahrtausends öffentlich diskutiert. 3 Unter Bildungsarmut wird zweierlei verstanden: wenig Erfolg versprechende Abschlüsse und vergleichsweise geringe Kompetenzen im Leseverständnis, in Mathematik und in den Naturwissenschaften. Seit den regelmäßigen und international vergleichenden PISA-Studien werden die Unterschiede bei den verschiedenen Kompetenzen hitzig diskutiert. Im Ausbildungssystem und auf dem Arbeitsmarkt wird in Deutschland aber weiterhin ein möglichst erfolgreicher Abschluss belohnt. Das Fehlen eines Hauptschulabschlusses oder eines beruflichen Bildungsabschlusses gilt als ein hartes Merkmal für eine Unterversorgung mit schulischer Bildung. Ist das der Fall, wird von Bildungsarmut gesprochen. Dann ist der Zugang zum Ausbildungssystem infrage gestellt, das in Deutschland auf eine möglichst breite, allgemeine Durchschnittsqualifikation zielt. Erst in den letzten Jahren hat zudem eine öffentliche Diskussion darüber begonnen, dass in Deutschland, im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, zu wenige Hochschulabsolventen ausgebildet werden. Ein Blick auf die Entwicklung der Schulabschlüsse zwischen 1993 und 2009 in Deutschland (siehe Abbildung 1, S. 14) verdeutlicht die Beharrlichkeit der Grundstrukturen, die durch das dreigliedrige Schulsystem geprägt sind. Erst in den letzten Jahren kommt etwas Bewegung in die Verteilung der Schulabschlüsse. Am Beginn der hier betrachteten Entwicklung (1993) dominierte bei den jungen Männern noch diejenige Gruppe (41 Prozent), die keinen Schulabschluss (11 Prozent) oder einen Hauptschulabschluss erreichten (30 Prozent). Fast gleichauf mit ihnen erlangten 37 Prozent den in Deutschland mittlerweile dominierenden Realschulabschluss. Lediglich 22 Prozent der jungen Männer erreichten 1993 die (Fach-) Hochschulreife. Bei den jungen Männern erhöhte sich bis 2001 sogar die Anzahl und auch der Anteil derjenigen, die als bildungsarm ohne Hauptschulabschluss die Schule verlassen haben, auf zwölf Prozent. Seitdem verringerte sich ihr Anteil auf acht Prozent im Jahr Ganz ähnlich zu diesem Verlauf hat sich auch der Anteil der jungen Männer mit einem Hauptschulabschluss von 30 Prozent (1993) auf 24 Prozent (2009) reduziert. Dennoch beendet auch im Jahr 2009 etwa ein Drittel der jungen Männer ihre Schulzeit ohne einen Schulabschluss oder mit einem Hauptschulabschluss (32 Prozent) und lediglich 28 Prozent mit der (Fach-) Hochschulreife. Es dominiert der Realschulabschluss, den 40 Prozent der jungen Männer erreichen. 3 Vgl. Allmendinger 1999; Allmendinger/Leibfried 2003.

15 14 Armut von Frauen Abbildung 1: Verteilung der Schulabschlüsse , Frauen und Männer in Deutschland % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % Männer % Frauen % Männer % Frauen % Männer % Frauen % Männer % Frauen % Männer % Frauen ohne Hauptschulabschluss mit Hauptschulabschluss mit Realschulabschluss mit allgemeiner (Fach-) Hochschulreife Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Schulstatistik Regional Die jungen Frauen hatten bereits 1993 eine Verteilung der Schulabschlüsse erreicht, welche die jungen Männer erst 2009 erlangen konnten. Ein Drittel von ihnen (32 Prozent) erreichte damals keinen Schulabschluss (7 Prozent) oder einen Hauptschulabschluss (25 Prozent). 42 Prozent verließen schon 1993 die Schule mit einem Realschulabschluss und 27 Prozent der jungen Frauen erlangten die (Fach-) Hochschulreife. Über die dargestellten Jahre hinweg verbesserten sich die jungen Frauen auf fast allen Stufen ihrer Abschlüsse, ausgehend von einer nahezu konstanten Mitte von 41 bis 43 Prozent mit Realschulabschlüssen. Der Anteil mit einem (Fach-) Hochschulabschluss stieg von 27 Prozent (1993) auf 35 Prozent im Jahr Gleichzeitig reduzierte sich der Anteil bildungsarmer junger Frauen ohne einen Hauptschulabschluss von sieben auf fünf Prozent. Bei den jungen Frauen mit einem Hauptschulabschluss sank ihr Anteil von 25 Prozent 1993 auf 18 Prozent Zusätzlich zu den beschriebenen Entwicklungen zeigt sich noch ein weiterer Trend für Deutschland insgesamt. Die Zahl der Schulabgänger/innen stieg seit 1993, mit einem Höhepunkt im Jahr Seitdem sind die Zahlen der Absolventen und Absolventinnen rückläufig, mit einer erheblichen Entlastung bei den Ausbildungsplätzen und auf dem Arbeitsmarkt. Ein vergleichender Blick auf die Entwicklung der Schulabschlüsse im Bundesland Bremen zeigt gleich einen gravierenden Unterschied. Von 1993 an steigt in Bremen die Gesamtzahl der Schulabgänger/innen nicht unerheblich von auf im Jahr Die für Deutschland geltende Entlastung bei den Ausbildungsplätzen und auf dem Arbeitsmarkt gilt für die regionalen Arbeitsmärkte in Bremen und Bremerhaven nicht, im Gegenteil. Gelten aber ansonsten die zentralen Trends in Deutschland auch für das Bundesland Bremen? Oder ist die Verteilung der Schulabschlüsse in den beiden Großstädten Bremen und Bremerhaven durch spezifische regionale Entwicklungen geprägt? Gerade die Bundesländer verfügen auf dem Gebiet der Bildungspolitik ja über weitreichende eigene Gestaltungsmöglichkeiten.

16 15 Abbildung 2: Verteilung der Schulabschlüsse , Frauen und Männer im Land Bremen % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % 18 % 0 Männer % Frauen % Männer % Frauen % Männer % Frauen % Männer % Frauen % Männer % Frauen % ohne Hauptschulabschluss mit Hauptschulabschluss mit Realschulabschluss mit allgemeiner (Fach-) Hochschulreife Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Schulstatistik Regional Im Land Bremen ist die Ausgangssituation im Jahr 1993 anders als im Bund. Vor allem, weil die Gruppe der Schülerinnen und der Schüler mit einer (Fach-) Hochschulreife deutlich größer war. Bei den jungen Männern erreichten 30 Prozent eine (Fach-) Hochschulreife, bei den jungen Frauen 35 Prozent. Auffällig ist, dass diese Anteile über den gesamten Zeitraum bis 2009 kaum gesteigert werden konnten und zwischenzeitlich sogar rückläufig waren. Dennoch erlangt eine größere Gruppe von jungen Frauen und jungen Männern in Bremen die (Fach-) Hochschulreife, weil insgesamt die Zahl der Schülerinnen und der Schüler gestiegen ist, nicht jedoch ihr Anteil dominierte auch in Bremen bei den jungen Männern noch diejenige Gruppe (38 Prozent), die keinen Schulabschluss (11 Prozent) oder einen Hauptschulabschluss erreichten (27 Prozent). 33 Prozent der jungen Männer beendeten die Schule mit einem Realschulabschluss und 30 Prozent mit der (Fach-) Hochschulreife. Bei den jungen Männern entwickelte sich der Anteil der bildungsarmen Schüler bis 2005 nahezu konstant (11 Prozent), ihre Zahl stieg bis zu diesem Jahr sogar an. Seit 2005 hat sich jedoch der Anteil der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss auf sieben Prozent verringert. Bis 2005 stieg auch die Zahl der jungen Männer mit einem Hauptschulabschluss, obwohl ihr Anteil an allen Schülern von 27 Prozent auf 21 Prozent im Jahr 2009 zurückging. Trotz der rückläufigen Bedeutung der Hauptschulabschlüsse, haben im Jahr 2009 fast genauso viele junge Männer die Schule mit diesem Abschluss verlassen (856) wie 1993 (876).

17 16 Armut von Frauen Bei den jungen Frauen in Bremen sind zwischen 1993 und 2009 die Anteile mit einem Hauptschulabschluss von 22 Prozent auf 18 Prozent zurückgegangen. Ebenfalls rückläufig entwickelte sich bei ihnen der Anteil ohne Hauptschulabschluss von acht Prozent (1993) auf fünf Prozent (2009). Dennoch stieg die Zahl der Hauptschülerinnen in diesem Zeitraum von 684 auf 697, während die Zahl der Schülerinnen ohne Hauptschulabschluss von 237 auf 192 zurückging. Deutlich angestiegen ist bei den jungen Frauen bis 2009 hingegen der Anteil der Absolventinnen mit einem Realschulabschluss (von 35 auf 41 Prozent). Zusammenfassend zeigt sich, dass im Land Bremen jedes Jahr 270 junge Männer (7 Prozent) und fast 200 junge Frauen (5 Prozent) die Schule ohne einen Abschluss verlassen und damit als bildungsarm gelten. Mittlerweile müssen aber auch viele Hauptschüler/innen als sogenannte Risikoschüler/innen betrachtet werden. Das sind im Land Bremen weitere 21 Prozent der jungen Männer (856) und 18 Prozent der jungen Frauen (697). Insgesamt umfasste 2009 die Gruppe der bildungsarmen Schüler/innen und der Risikoschüler/innen 28 Prozent der jungen Männer (1.127) und 23 Prozent der jungen Frauen (889). Trotz dieser etwas geringeren Zahl bei den jungen Frauen steht fast ein Viertel vor massiven Schwierigkeiten, einen Ausbildungsplatz zu finden und sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Der Armutsbericht der Arbeitnehmerkammer 2008 hat detailliert den weiteren Weg der sogenannten Risikoschüler/innen für Deutschland dargestellt. Danach durchliefen 2006 über 80 Prozent derjenigen ohne einen Schulabschluss, 50 Prozent mit einem Hauptschulabschluss und sogar über 25 Prozent mit einem Realschulabschluss das sogenannte Übergangssystem (904 Frauen, Männer) 4. Für fast zwei Drittel dieser Absolventinnen und Absolventen eröffnen die dortigen Maßnahmen kaum gesicherte berufliche Perspektiven. Sie starten mit hohen Armutsrisiken in die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt. 5 In dieser wichtigen Phase des Berufseinstiegs verkehrt sich der beschriebene Bildungsvorsprung aus der Schulzeit, zumindest für viele junge Risikoschülerinnen, bereits in sein Gegenteil. Im Dezember 2010 gab es in der Stadt Bremen erwerbsfähige Hilfebedürftige (Hartz IV) im Alter von 15 bis unter 25 Jahren: junge Frauen (53 Prozent) und junge Männer (47 Prozent). 6 Von denjenigen jungen Erwachsenen, die einen Ausbildungsplatz finden, entscheiden sich vor allem viele junge Frauen auch in Bremen für typisch weibliche Dienstleistungsberufe. Dazu gehören vor allem die kaufmännischen Berufe (Büro-/Einzelhandels-/ Großhandelskauffrau usw.) sowie personenbezogene Dienstleistungen (Arzt-/Zahnarzthelferin, Friseurin, Krankenschwester, Altenpflegerin). Gerade viele personenbezogene Dienstleistungen (Sozial-, Erziehungs-, Gesundheitsberufe) führen einen Großteil der jungen Frauen nicht in das duale System, sondern in eine Berufsfachschule. Sie liegen als schulische Ausbildungen in der Hoheit der Bundesländer und sind entsprechend uneinheitlich geregelt. 7 Die Kosten der Ausbildung müssen zum Teil von den (überwiegend weiblichen) Auszubildenden getragen werden, die dort im Status von Schülerinnen verbleiben. Nach dem Abschluss der Ausbildungsphase sind die weiteren Berufswege nicht durch geregelte Aufstiegsund Karrierewege gekennzeichnet. 2.3 Armutsrisiken von jungen Frauen in der Berufsfindungsphase 4 Nach eigener Modellrechnung. 5 Vgl. Arbeitnehmerkammer Bremen 2008: Siehe Kapitel 6 dieses Berichts, Tabelle Vgl. Gottschall 2008: 14.

18 17 Abbildung 3: Anteile an der Erziehung und Familienarbeit Angaben in % Frage: Wenn Sie einmal an die Erziehung und Betreuung Ihrer Kinder denken: Wie haben Sie sich das mit Ihrem Partner/Ihrer Partnerin aufgeteilt: Wie viel machen Sie selbst bei der Familienarbeit? Würden Sie sagen... Väter von Kindern unter 18 Jahren Mütter von Kindern unter 18 Jahren Vollzeit berufstätige Mütter keine Angabe kaum etwas, nichts etwa die Hälfte das meiste alles alles den kleineren Teil keine Angabe kaum etwas, nichts 1 1 alles etwa die Hälfte den kleineren Teil das meiste das meiste Quelle: Institut für Demoskopie Allensbach (2010): Monitor Familienleben Einstellungen und Lebensverhältnisse von Familien. Ergebnisse einer Repräsentativbefragung, Allensbach. Die meisten der jungen Männer entscheiden sich hingegen für typisch männliche Technikberufe oder ebenfalls für kaufmännische Berufe, auch in Bremen: (Kfz-) Mechatroniker, Industriemechaniker, Elektroniker usw.). Diese Berufe führen viele Männer in das duale System. Im dualen System werden sie auf bundeseinheitlich geregelte Facharbeiterberufe vorbereitet, es bietet eine tarifliche Entlohnung, betriebliche Mitbestimmung und meistens geregelte Übergänge von der Ausbildung in Beschäftigung. Dementsprechend ist nicht allein die Berufswahl von jungen Frauen mit dafür verantwortlich, dass viele von ihnen in weniger gut bezahlten Berufen erwerbstätig werden. Mitverantwortlich ist auch die Ausgestaltung des Ausbildungssystems, dass derzeit in kleinen Schritten umgebaut wird. Ein weiterer ganz zentraler Aspekt für die unterschiedlichen Berufswege von Männern und Frauen ist die Aufteilung der bezahlten Erwerbsarbeit und der unbezahlten Versorgungsarbeit (Haus- und Sorgearbeit). Das wird deutlich, wenn die bezahlte Erwerbsarbeit und die unbezahlte Versorgungsarbeit zusammen betrachtet werden. Dann erreichen Frauen im Durchschnitt mit 43 Stunden pro Woche eine etwas höhere Gesamtarbeitszeit als Männer mit 42 Stunden. 8 Lediglich in der Altersgruppe der 30- bis 44-Jährigen, in der klassischen Familienphase, arbeiten die Männer mit rund 8,2 Stunden pro Tag etwas länger als die Frauen mit circa 7,5 Stunden bezahlter und unbezahlter Arbeit. Vor allem, wenn Kinder im Haushalt leben, nimmt die unbezahlte Arbeitszeit der Frauen überdurchschnittlich zu. Und unabhängig davon, ob erwerbstätige Mütter viel verdienen oder wenig, ob sie einen hohen oder einen weniger hohen Bildungsabschluss 8 Vgl. BMFSFJ/Statistisches Bundesamt 2003: 9.

19 18 Armut von Frauen haben immer erledigen sie den weit überwiegenden Teil der Familienarbeit. Das gilt selbst dann, wenn sie 40 Stunden pro Woche und länger erwerbstätig sind. Die berufstätigen Mütter versuchen in erster Linie, sich durch andere Frauen aus der Verwandtschaft und der Nachbarschaft oder durch Haushaltshilfen und Kindermädchen zu entlasten. Nur wenige Mütter verlassen sich auf verlässliche Alltagsregelungen mit ihren Partnern. 9 Selbst diejenigen Frauen, die sich in der Rolle der Familienernährerin befinden (fast 10 Prozent aller Paarhaushalte in Westdeutschland, 15 Prozent in Ostdeutschland), bleiben im Regelfall Hauptzuständige für den Haushalt und die Kindererziehung Teilzeitarbeit und Minijobs Erwerbstätigkeit schützt nicht vor Einkommensarmut Eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern im Erwerbsleben entspricht in immer stärkerem Maße den Wünschen und Lebensplanungen vieler Frauen, vor allem aber ökonomischen Notwendigkeiten. Obwohl Frauen bei den Bildungsabschlüssen aufgeholt und die Männer inzwischen überholt haben (vgl. Punkt 2.2), können sie ihre Bildungsvorteile auf dem Arbeitsmarkt nicht dementsprechend umsetzen. Die Erwerbstätigkeit von Frauen, insbesondere von Müttern, ist zwar in den letzten Jahren in Deutschland und in Bremen gestiegen. Dieser Anstieg beruht jedoch vor allem auf Teilzeitbeschäftigungen, häufig mit geringem Stundenumfang sowie niedrigen Löhnen. Diese Kombination ist für viele Frauen nicht existenzsichernd. Die Quote erwerbstätiger Frauen liegt in Deutschland bei mittlerweile 66 Prozent, 11 sieben Prozentpunkte über dem Durchschnitt in den 27 EU-Ländern. Im Land Bremen 12 ist sie von 54,4 Prozent (2005) auf 60 Prozent im Jahr 2008 gestiegen. Das ist ein vergleichsweise niedriger Wert, da mit Bremen und Bremerhaven zwei Großstädte betrachtet werden. Der 66-Prozent-Wert für Deutschland beruht hingegen auf dem Durchschnitt von ländlichen, kleinstädtischen und großstädtischen Arbeitsmärkten. In Bremen ist in Bezug auf die Frauenerwerbstätigkeit noch Luft nach oben. Bemerkenswert ist weniger der Anstieg der Erwerbsquote von Frauen, da sie auch in anderen EU-Ländern steigt. Bemerkenswert sind zwei Sonderentwicklungen. Trotz der höheren Erwerbsquote hat sich das von Frauen geleistete Volumen der Erwerbsarbeit nicht vergrößert, es stagniert. Werden alle Arbeitsverhältnisse und Arbeitsstunden von Frauen zu Vollzeitbeschäftigungen zusammengerechnet, leisten sie aktuell nicht mehr bezahlte Erwerbsarbeit als schon vor Jahren. Die Erwerbsarbeitsstunden aller Frauen verteilen sich heute lediglich auf mehr Schultern. Diese Entwicklung geht mit der starken Ausweitung von Teilzeitarbeit einher sowie dem zweiten deutschen Sonderweg, den Minijobs. Die starke Zunahme der Minijobs beruht auf Strategien vieler Unternehmen, die seit den Gesetzen für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (ab 2003) vermehrt mit Minijobbern und vor allem mit Minijobberinnen arbeiten. Niedriglöhne und Arbeitsrechtsverletzungen sind dabei leider weit verbreitet. 9 Vgl. Sachverständigenkommission 2011: Vgl. Klenner/Klammer Vgl. Sachverständigenkommission 2011: Bei den Männern stieg sie ebenfalls von 64 Prozent (2005) auf 68,7 Prozent im Jahr 2008 (vgl. Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales 2010: 7).

20 19 Abbildung 4: Teilzeitbeschäftigte mit dem Wunsch nach einer Vollzeittätigkeit in Prozent Quelle: Statistisches Bundesamt, Qualität der Arbeit, Nachgewiesen ist ein Rückgang der Vollzeitarbeitsplätze in Deutschland zwischen 2000 und 2009 von über 1,7 Millionen davon Frauenarbeitsplätze. Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl ausschließlich geringfügig Beschäftigter (Teilzeit, Minijobs) um fast 1,3 Millionen Menschen, darunter Frauen. Das Resultat dieser Entwicklung zeigt sich in einer Teilzeitbeschäftigung von 46 Prozent bei den Frauen (2008) und lediglich neun Prozent bei den Männern. Selbst bei Frauen ohne Kinder ist die Teilzeitquote mit 28 Prozent relativ hoch. 13 Tatsächlich entspricht eine Erwerbstätigkeit in Teilzeit den Wünschen von einem Teil der Frauen, insbesondere wenn sie (kleine) Kinder betreuen. Gleichzeitig ist in den letzten Jahren aber auch der Anteil unfreiwilliger Teilzeitarbeit erheblich angestiegen. Das heißt, dass viele Frauen länger arbeiten wollen oder müssen, was ihnen aber nicht möglich ist. Auch im Land Bremen zeigt sich eine vergleichbare Entwicklung zwischen Männern und Frauen. Die Erwerbstätigkeit erhöhte sich wie im Bund zwischen 2000 und 2009 (+2,9 Prozent), aber lediglich um 0,9 Prozentpunkte. Gleichzeitig erfolgte ein Rückgang der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung (Vollzeit) um immerhin fünf Prozent. Neue Beschäftigungsverhältnisse entstanden vor allem als sozialversicherungspflichtige Teilzeitarbeit (+24,5 Prozent) und als ausschließlich geringfügig entlohnte Beschäftigung (+21,7 Prozent). Diese beiden Erwerbsbereiche sind nicht nur im Land Bremen stark weiblich geprägt. Sozialversicherungspflichtige Teilzeitarbeit ist lediglich bei 7,5 Prozent der Männer verbreitet. Im Gegensatz dazu dominieren die Frauen insgesamt zwar auch bei der geringfügigen Beschäftigung (60 Prozent), aber fast 40 Prozent dieser prekären Jobs führen Männer aus. 13 Vgl. BMAS 2008: 96.

21 20 Armut von Frauen Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 2010*: insg./land Bremen Frauen / Vollzeit ,6% Männer / Vollzeit ,5% Frauen / Teilzeit ,4% Männer / Teilzeit ,5% Frauen insgesamt ,0% Männer insgesamt ,0% Geringfügig Beschäftigte 2010*: insgesamt Frauen insgesamt ,2% Männer insgesamt ,8% Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Arbeitsmarkt in Zahlen. Beschäftigungsstatistik. *Stichtag: 30. September Insgesamt zeigt sich, dass im Land Bremen das klassische Normalarbeitsverhältnis weiterhin stark dominiert, zumindest aus der Sicht der Männer, die Vollzeit arbeiten. Ihnen stehen Männer (7,5 Prozent) in einer atypischen, aber sozialversicherungspflichtig gesicherten Teilzeitbeschäftigung gegenüber sowie geringfügig beschäftigte Männer. Atypisch beschäftigt ist demnach eine stattliche Minderheit von rund Männern (21 Prozent). Von den Frauen im Land Bremen arbeiten etwa halb so viele (79.886) im Vergleich zur Anzahl der Männer in einem klassischen Normalarbeitsverhältnis (Vollzeit). Ihnen stehen Frauen (37,4 Prozent) in einer atypischen, aber sozialversicherungspflichtig gesicherten Teilzeitbeschäftigung gegenüber sowie geringfügig beschäftigte Frauen. Das sind insgesamt Frauen. Aus ihrer Sicht kann eigentlich nicht von einem atypischen Beschäftigungsverhältnis gesprochen werden, da es sich um etwas mehr als die Hälfte aller Frauen handelt (53 Prozent). Für die Frage, wer Teilzeit- oder geringfügig beschäftigt ist, ist neben den Unterschieden zwischen Männern und Frauen auch deren Qualifikation relevant. Bundesweite Untersuchungen zeigen, dass bei gering qualifizierten Frauen der Teilzeitanteil am höchsten ist und bei hoch qualifizierten Frauen am niedrigsten. Dieser Zusammenhang hat sich in den letzten Jahren in Deutschland nicht abgemildert, sondern weiter verstärkt. Mit dem Resultat, dass in keinem europäischen Land gering qualifizierte und teilzeitbeschäftigte Frauen so kurze Arbeitszeiten haben wie in (West-) Deutschland Vgl. Kümmerling et al. 2008: 7.

22 21 Abbildung 5: Tarifbindung 2009 in Prozent/Deutschland früheres Bundesgebiet neue Länder Branchentarifvertrag Firmentarifvertrag kein Tarifvertrag Quelle: Statistisches Bundesamt, Qualität der Arbeit, Diese wachsende Kluft vertieft sich zusätzlich durch Entwicklungen im Bereich der sozialversicherungspflichtig gesicherten Beschäftigung. Anschaulich wird das durch die Veränderungen innerhalb dieses Beschäftigungsbereiches im Land Bremen. 15 Dort verringerte sich der Anteil der Beschäftigten zwischen 2000 und 2009 ohne Berufsausbildung um 21,5 Prozent, derjenigen mit einer Berufsausbildung um 9,6 Prozent. Der Anteil der Beschäftigten mit einem Fach- oder Hochschulabschuss erhöhte sich hingegen um 24,2 Prozent. Exemplarisch zeigt sich diese Auseinanderentwicklung am Beispiel von Bremerhaven. Dort hat sich die Zahl der Arbeitsplätze für Frauen mit einem Hochschulabschluss seit 1998 um fast 80 Prozent erhöht. 16 Bei den gleich qualifizierten Männern liegt der Zuwachs lediglich bei rund 40 Prozent. Weniger gut qualifizierte Arbeitskräfte sind demnach in besonderem Maße auf prekäre Beschäftigungsverhältnisse mit einem geringen Stundenumfang verwiesen. Noch ein weiterer Schritt in Richtung eines steigenden Armutsrisikos erfolgt für diese weniger gut qualifizierten Frauen in einem prekären Beschäftigungsverhältnis mit geringem Stundenumfang, wenn die (Niedrig-) Lohnentwicklung einbezogen wird. 2.5 Die Niedriglohnentwicklung und der Lohnabstand zwischen Männern und Frauen als Armutsursache In der aktuellen Debatte um einen allgemein verbindlichen gesetzlichen Mindestlohn verweisen Kritiker immer wieder auf die dafür zuständigen Tarifvertragsparteien. In Deutschland lege nicht die Politik Lohnuntergrenzen fest, sondern Arbeitgeber und Gewerkschaften. Sie regeln in Tarifverträgen Bezahlung, Arbeitszeiten und weitere Arbeitsbedingungen. Werden Tarifverträge für Firmen oder Branchen ausgehandelt, gelten für die Beschäftigten Mindeststandards. Die Reichweite von Tarifverträgen ist seit 1998 jedoch von 68 Prozent auf 56 Prozent der Beschäftigten im Jahr 2009 gesunken (Westdeutschland). 36 Prozent der Beschäftigten in Westdeutschland und 49 Prozent der Beschäftigten in Ostdeutschland arbeiten in Firmen und Betrieben ohne Tarifvertrag (vgl. Abbildung 5). Für sie sind keine Mindeststandards festgelegt. Solche fehlenden Untergrenzen wirken sich insbesondere zulasten von Frauen aus. Erhielten im Jahr Prozent der beschäftigten Frauen Niedriglöhne, waren es 2007 bereits 29 Prozent, im Vergleich zu 14 Prozent der Männer. Zwei Drittel aller Niedriglöhner/innen in Deutschland sind Frauen Vgl. Arbeitnehmerkammer 2010: Vgl. Arbeitnehmerkammer Bremen 2011: 22. Einen erheblichen Effekt für diese Entwicklung hat das dortige Alfred-Wegener- Institut mit allein rund 800 Beschäftigten. 17 Vgl. Bosch et al

23 22 Armut von Frauen Denn auch die vielen teilzeitbeschäftigten Frauen erhalten in Deutschland durchschnittlich vier Euro weniger Stundenlohn als Vollzeitbeschäftigte, quasi eine Lohnstrafe für (weibliche) Teilzeitarbeit. Aber nicht allein im Niedriglohnbereich ist der Verdienstabstand zwischen Frauen und Männern ein Ausdruck mangelnder Gleichbehandlung. Insgesamt ist der (Brutto-) Verdienst pro Stunde von Frauen in Deutschland um 23 Prozent niedriger als der von Männern. Konkret verdienten im Jahr 2009 Frauen im Durchschnitt 14,90 Euro und damit 4,50 Euro weniger als Männer (19,40 Euro). In Westdeutschland ist dieser Lohnabstand mit 25 Prozent sogar noch höher, in Ostdeutschland ist er mit sechs Prozent erheblich niedriger. Innerhalb der Europäischen Union gehört Deutschland bezogen auf den Lohnabstand zu den Schlusslichtern. Denn auf dem Arbeitsmarkt halten sich in Deutschland besonders hartnäckige Ungleichheiten zum Nachteil von Frauen. Obwohl mehrere Bundesregierungen den Verdienstabstand zwischen Frauen und Männern bis zum Jahr 2010 auf 15 Prozent senken wollten, ist er über die Jahre nahezu gleich geblieben. In den beiden Großstädten Bremen und Bremerhaven ist der Lohnabstand zwischen Frauen und Männern mit 26 Prozent noch größer als im Durchschnitt in Deutschland insgesamt. Dafür gibt es einerseits eine einleuchtende Erklärung. Sind Frauen vor allem in schlechter bezahlten Frauenberufen tätig und Männer in besser bezahlten Männerberufen, und ist auch noch die regionale Arbeitslosigkeit hoch, dann drückt diese schwierige Verhandlungsposition der Frauen ihre Löhne noch stärker. Zum anderen ist der Lohnabstand in den deutschen Großstädten mit durchschnittlich zwölf Prozent deutlich geringer als in den beiden Großstädten Bremen und Bremerhaven. Dieser geringere Wert für die Großstädte entsteht durch den erheblich höheren Anteil von erwerbstätigen Frauen mit hohen Qualifikationen. Dass in Bremen und Bremerhaven der Lohnabstand trotz der hoch qualifizierten erwerbstätigen Frauen 26 Prozent beträgt, legt folgende Erklärung nahe: Sowohl die hoch qualifizierten Frauen wie auch die prekär beschäftigten Frauen, beziehen vergleichsweise noch geringere Löhne als Frauen in anderen deutschen Großstädten im Vergleich zu den in Bremen vergleichsweise höher bezahlten Männern. Bestätigt wird diese Erklärung auch durch den oben bereits ausgeführten, vergleichsweise hohen Anteil von erwerbstätigen Frauen in Teilzeit- und in geringfügig entlohnter Beschäftigung. Bei den geringfügig Beschäftigten, insbesondere bei den Minijobs, hat Bremen im Vergleich aller Bundesländer sogar die höchsten Anteile insgesamt. Die prekäre Lage gerade der überdurchschnittlich vielen Frauen in Teilzeit- und in geringfügig entlohnter Beschäftigung in Bremen wird noch deutlicher, wenn auch die Lohnregelungen für jene Branchen betrachtet werden, die über einen Tarifvertrag verfügen. Denn selbst gültige Tarifverträge schützen weder im Bundesland Bremen noch in anderen Bundesländern vor Niedriglöhnen. Im Land Bremen werden mindestens 26 Tarifverträge (vgl. Abbildung 6, S. 23) angewendet, die für untere Lohngruppen Lohnsätze von weniger als dem geforderten Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde zugrunde legen: 6,00 bis 7,50 Euro je Stunde = bis Euro je Monat in 14 Branchen; 7,51 bis 8,48 Euro je Stunde = bis Euro je Monat in 12 Branchen). Und selbst in Branchen, in denen es einen allgemein verbindlichen Mindestlohn gibt, liegen die Löhne teilweise unter dem existenzsichernden Stundensatz von 8,50 Euro. Zum Beispiel bei den Wäschereidienstleistungen (7,65 Euro), in der Abfallwirtschaft (8,24 Euro) und in der Pflege (8,50 Euro). Selbst der Pflegemindestlohn liegt noch in der Armutsrisikozone. Es ist außerdem gleichstellungspolitisch bedenklich, wenn etwa Fachkräfte in der ambulanten und stationären Altenpflege 8,50 Euro verdienen, im Baugewerbe aber selbst Ungelernte mindestens 9,25 Euro erhalten.

24 23 Abbildung 6: Branchen mit Tarifvergütungen unter 8,50 Euro/Stunde im Land Bremen 2010 Branche Beschäftigungsform Tarifvergütung (EUR) je Stunde Tarifvergütung (EUR) je Monat gültig ab Garten-, Landschafts- und Angestellter 6,25 8, /2011 Sportplatzbau Fleischerhandwerk Arbeiter 6, /1995 Fleischerhandwerk Angestellter 6, /1995 Friseurhandwerk Arbeitnehmer 6,34 6, /2007 (Stadt Bremen) 04/2008 Sanitär-, Heizung-, Klima- Arbeiter 6, /1992 handwerk (in Bremerhaven) Bewachungsgewerbe Arbeiter 6,00 6, /2007 Separatwachdienst 03/2008 Maler- und Lackiererhandwerk Angestellter 6, /2003 Bewachungsgewerbe Arbeiter 6,10 6, /2007 Revierwachdienst 03/2008 Hotel- und Gaststättengewerbe Arbeitnehmer 6,69 6, /2008, 07/2009 Bekleidungsindustrie Angestellter 6, /2010 Systemgastronomie Arbeitnehmer 7,05 7, /2007, 12/2008, 12/2009, 12/2010 Einzelhandel Angestellter 7,16 7, /2009, 09/2010, 01/2011 Erwerbsgartenbau Arbeiter 7, /2008 Erwerbsgartenbau Angestellter 7, /2008 Zeitarbeit (West), 7,38 8, /2007, 07/2010, Tarif BZA 05/2011, 11/2011, 11/2012 Zeitarbeit (West), Arbeitnehmer 7,51 8, /2008, 07/2010, Tarif igz 05/2011, 11/2011, 11/2012 Dachdeckerhandwerk West Angestellter 7, /2010 feinkeramische Industrie Angestellter 7, /2010 Kfz-Handwerk Angestellter 7, /2008 Floristik Arbeitnehmer 7,73 8, /2009, 09/2010, 09/2011 Gebäudereinigung Angestellter 8, /2003 Versicherungsgewerbe Arbeitnehmer 8, /2009 Briefdienstleistungen (West) 8, /2008 sonstige Tätigkeiten öffentlicher Dienst Bund Arbeitnehmer 8, /2010 öffentlicher Dienst West Arbeitnehmer 8, /2010 Gemeinden öffentlicher Dienst Länder Arbeitnehmer /2009, (West) 03/2010 Quelle: WSI-Tarifarchiv

25 24 Armut von Frauen 2.6 Beziehen Frauen Sozialleistungen im Sinne staatlicher Armutsbekämpfung, verbleiben viele in Einkommensarmut Seit den Arbeitsmarktreformen (Hartz-Gesetze) ist vielfach dargestellt worden, dass sie eher zur Stärkung der traditionellen Rollen von Frauen und Männern beigetragen haben. 18 Zwar wurde das Ziel der Gleichstellung der Geschlechter in der aktivierenden Arbeitsmarktpolitik festgeschrieben. Und auch im Bereich des SGB II (Hartz IV) wird der Anspruch erhoben, nicht mehr die männliche Ernährerfamilie als Leitbild zu betrachten. Dennoch werden Frauen in der Praxis, durch die Zubilligung ihrer eingeschränkten Verfügbarkeit aufgrund der Betreuung kleiner Kinder ( 10 SGB II) beziehungsweise fehlender Kinderbetreuungsangebote, weiterhin auf ihre traditionelle Rolle verwiesen. Den Fachkräften in den Jobcentern fehlen außerdem entsprechende Instrumente, mit denen sie die Aufgabenteilung zwischen Mann und Frau in einer Bedarfsgemeinschaft beeinflussen könnten. Faktisch kam es deshalb eher zu einer Stärkung der traditionellen Rollenverteilung. Frauen wurden und werden verstärkt in den Bereich prekärer Beschäftigung verwiesen und verbleiben angesichts der dort verbreiteten Niedrig- und Armutslöhne in Abhängigkeit von Partnern und/oder staatlichen Sozialleistungen. 19 Gleichzeitig hat sich in der letzten Finanzund Wirtschaftskrise (2008/2009) gezeigt, dass Frauen weniger stark unter Arbeitsplatzverlusten zu leiden hatten als ein Teil der Männer. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass die Frauenbeschäftigung wegen des hohen Dienstleistungsanteils weniger stark konjunkturell schwankt. In Bremen und Bremerhaven betraf der Beschäftigungsrückgang infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise vor allem männerdominierte Bereiche wie die Leiharbeit, die Hafenwirtschaft und das verarbeitende Gewerbe. Ausdruck dieser Entwicklung ist auch die offizielle Arbeitslosenquote. Sie lag im Dezember 2010 bei den Männern in der Stadt Bremen bei 11 Prozent und bei den Frauen bei 9,8 Prozent. Auch in Bremerhaven sind die Männer mit 17,1 Prozent stärker betroffen als die Frauen mit 16,2 Prozent. Aktuell ist jedoch die Zahl der Arbeitslosen und die Quote der Arbeitslosigkeit kein wirklich guter Maßstab mehr, um die Entwicklungen bei den prekär Beschäftigten und den Armen zu beurteilen. Obwohl dem so ist, stellen die meisten Politiker das erfreuliche aktuelle Wirtschaftswachstum und die rückläufigen Arbeitslosenzahlen weiterhin als die wichtigsten Kennzahlen dar. Tatsächlich jedoch wurden durch die Arbeitsmarktreformen im Zuge der Agenda 2010 zwei Gruppen von arbeitslosen Männern und Frauen geschaffen, die bei der Präsentation der Arbeitsmarkzahlen nicht deutlich zu unterscheiden sind. Offiziell heißen sie auch nicht mehr Arbeitslose, sondern Arbeitsuchende. Eine Minderheit von 18 Prozent (6.559) gehört in der Stadt Bremen zu den Arbeitsuchenden, die Arbeitslosengeld I beziehen. Sie haben auch weiterhin Anspruch auf statussichernde Leistungen durch die Arbeitslosenversicherung. Sie müssen als Arbeitsuchende in den ersten sechs Monaten einer Arbeitslosigkeit eine angemessene Beschäftigung akzeptieren. Selbst danach müssen sie nur solche Beschäftigungen annehmen, die mindestens ein Einkommen in Höhe des Arbeitslosengeldes garantieren. 20 Lediglich diese Minderheit hat noch Zugang zum Sozialversicherungssystem und den dort gewährten privilegierten sozialen Rechten. Die große Mehrheit hingegen, 82 Prozent der Arbeitsuchenden (30.635) in der Stadt Bremen, muss von dem neu eingeführten Arbeitslosengeld II (Hartz IV) leben. Ihre Leistungen sind ausschließlich steuerfinanziert und nicht existenzsichernd, um die Bezieher/innen zur Aufnahme von Erwerbsarbeit zu bewegen. Dieses Arbeitslosengeld II beträgt seit dem Euro pro 18 Vgl. Jaehrling/Rudolph Vgl. Lenhart Vgl. Dingeldey 2010: 21.

26 25 Monat plus Wohn- und Heizkosten. Bei der Beantragung dieser Hartz-IV-Leistungen erfolgt eine genaue Prüfung der Bedürftigkeit und wenn weitere Personen dem Haushalt angehören, werden anteilige Zuschläge gewährt. Wird eine Bedürftigkeit zuerkannt, werden neben der als arbeitslos registrierten Person weitere Personen im Haushalt zu einer Bedarfsgemeinschaft zusammengefasst. Dazu zählen auch nicht am Arbeitsmarkt verfügbare Gruppen wie etwa Mütter mit Kindern unter drei Jahren, Erwerbstätige mit einem Haushaltseinkommen unterhalb der Armutsgrenze ( Erwerbsaufstocker ) oder Teilnehmer/innen von Beschäftigungsmaßnahmen. Weil die Gesamtzahl der Leistungsempfänger nicht allein die Arbeitslosen, sondern auch die gerade genannten Gruppen umfasst, ist es wirklich kompliziert, die Arbeitslosen zu identifizieren. Das wäre nicht weiter tragisch, wenn nicht in der Öffentlichkeit und im politischen Alltagsgeschäft in einer kaum noch zu verantwortenden Art und Weise Vorurteile geschürt würden: Vorurteile über eine angeblich bedrohlich große Gruppe von Hartz-IV-Empfängern, die auf Kosten der Steuerzahler/innen nichts tun. Abbildung 7: Erwerbsfähige Leistungsempfänger/innen Stadt Bremen Dezember 2010 Erwerbsfähige Leistungsempfänger/innen (15 65 Jahre): Frauen: (50,6%) Männer: (49,4%) Arbeitsuchende (Arbeitslose, Maßnahmeteilnehmer) und erwerbstätige Aufstocker : (76,0%) nicht Arbeitsuchende: (24,0%) Maßnahmeteilnehmer und Aufstocker : (43,5%) Frauen: (47,8%) Männer: (52,2%) arbeitslose Arbeitsuchende: (56,5%) Frauen: (44,0%) Männer: (56,0%) Maßnahmeteilnehmer: (45,1%) Frauen: (44,4%) Männer: (55,6%) Erwerbsaufstocker: (54,9%) Frauen: (50,5%) Männer: (49,5%) nicht Erwerbsfähige (Sozialgeld): Kinder unter 15 Jahren: (95.5%) im Alter von 15 bis 65 Jahren: 926 (4,5%) SGB XII GSiAE: Frauen: (63,3%) Männer: (36,7%) Quellen: 1 Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2010): Statistik der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Report für Kreise und kreisfreie Städte. Bremen, Stadt, Berichtsmonat Dezember Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2010): Arbeitsmarkt in Zahlen. Frauen und Männer. Bremen, Stadt, Dezember Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2010): Arbeitsmarkt in Zahlen. Frauen und Männer. Bremen, Stadt, Dezember Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2010): Report für Kreise und kreisfreie Städte. Bremen, Stadt, Berichtsmonat Dezember Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales (Stadt Bremen: PROSOZ Bremen; Bremerhaven: Open PROSOZ Bremerhaven); Statistisches Landesamt (Bevölkerung); eigene Berechnungen.

27 26 Armut von Frauen Abbildung 8: Erwerbsfähige Leistungsempfänger/innen Stadt Bremerhaven Dezember 2010 Erwerbsfähige Leistungsempfänger/innen (15 65 Jahre): Frauen: (49,6%) Männer: (50,4%) Arbeitsuchende (Arbeitslose, Maßnahmeteilnehmer) und erwerbstätige Aufstocker : (83,0%) nicht Arbeitsuchende: (17,0%) Maßnahmeteilnehmer und Aufstocker : (35,7%) Frauen: (46,6%) Männer: (53,4%) arbeitslose Arbeitsuchende: (64,3%) Frauen: (44,5%) Männer: (55,5%) Maßnahmeteilnehmer: (45,8%) Frauen: 839 (41,3%) Männer: (58,7%) Erwerbsaufstocker: (54,2%) Frauen: (51,0%) Männer: (49,0%) nicht Erwerbsfähige (Sozialgeld): Kinder unter 15 Jahren: (96,7%) im Alter von 15 bis 65 Jahren: 189 (3,3%) SGB XII GSiAE: Frauen: 898 (65,8%) Männer: 466 (34,2%) Quellen: 1 Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2010): Statistik der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Report für Kreise und kreisfreie Städte. Bremerhaven, Stadt. Berichtsmonat Dezember Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2010): Arbeitsmarkt in Zahlen. Frauen und Männer. Bremerhaven, Stadt. Dezember Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2010): Arbeitsmarkt in Zahlen. Frauen und Männer. Bremerhaven, Stadt. Dezember Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2010): Statistik der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Report für Kreise und kreisfreie Städte. Bremerhaven, Stadt. Berichtsmonat Dezember Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales (Stadt Bremen: PROSOZ Bremen; Bremerhaven: Open PROSOZ Bremerhaven); Statistisches Landesamt (Bevölkerung); eigene Berechnungen. Die Aufteilung der einzelnen Gruppen und ihre Darstellung in Abbildung 7 (s. S.25) soll einen realistischen Blick auf die Leistungsempfänger/innen im erwerbsfähigen Alter ermöglichen. Sie soll hingegen ausdrücklich nicht dazu dienen, die weitverbreitete Problematik des Hartz-IV-Bezuges gerade für die Betroffenen kleinzurechnen. Die in den Medien und in der Politik gern zitierte Zahl von über Hartz-IV-Empfängern und -Empfängerinnen in der Stadt Bremen relativiert sich, wenn die nicht erwerbsfähigen Kinder unter 15 Jahren (19.823; Dezember 2010) gesondert ausgewiesen werden. Ihre Lebenssituationen, in materieller Armut aufwachsen zu müssen, müssen mit Nachdruck verändert werden. Ihnen kann jedenfalls nicht ernsthaft vorgeworfen werden, auf Kosten der Allgemeinheit zu leben. Dann verbleiben erwerbsfähige Leistungsbezieher, fast genau zur Hälfte Frauen und Männer. Ihre Gesamtzahl reduziert sich weiter, wenn Frauen, die kleine Kinder betreuen oder Personen, die Ältere pflegen, abgezogen werden (die nicht Arbeitsuchenden: ). Aber auch die verbleibenden rund Personen bilden nicht die Gruppe der arbeitslosen Leistungsempfänger. Fast von ihnen sind in keiner Weise arbeitslos oder arbeitsuchend, sondern erwerbstätig ( Aufstocker ). Manche von ihnen arbeiten sogar in Vollzeit, viele in Teilzeit oder in Minijobs, manche mit mehreren Minijobs und insgesamt auch rund als Selbstständige. Alle müssen aufgrund von Niedriglöhnen oder Armutslöhnen zusätzlich staatliche Leistungen beantragen,

28 27 um ihre Existenz zu sichern. Weitere circa Teilnehmer/innen in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sind zwar arbeitslos, aber sehr aktiv. Sie suchen aktiv und oft mit hohem Aufwand nach passenden Arbeitsstellen, schulen um, qualifizieren sich oder sind in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen tätig. Im Bereich dieser Maßnahmen werden insgesamt mehr Männer (ca ) als Frauen gefördert (ca ). Am Ende reduziert sich die Anzahl der tatsächlich arbeitslosen Arbeitsuchenden auf rund Personen. Auch in dieser Gruppe finden sich mehr Männer (12.703) als Frauen (9.969). Von ihnen ist wiederum rund die Hälfte langzeitarbeitslos (länger als ein Jahr). Das sind von den ursprünglich erwerbsfähigen Leistungsbeziehern lediglich 20 Prozent. Von der Grundstruktur ganz ähnlich stellt sich die Situation in der Stadt Bremerhaven dar. Hier fällt lediglich auf, dass die Gruppe der arbeitslosen Arbeitsuchenden vergleichsweise größer ist als in der Stadt Bremen. 2.7 Fazit Zusammenfassend wird deutlich, dass die Frauen, die von staatlicher Grundsicherung und Sozialleistungen leben müssen, kaum in größerer Zahl von Armut betroffen sind als Männer. Die insgesamt höhere Zahl von Frauen, die in Armut leben, ergibt sich in erster Linie aus ihrer prekären Position auf dem Arbeitsmarkt (niedrig entlohnte Teilzeitarbeit und Minijobs). Ein Großteil der Frauen ist trotz eigener Erwerbstätigkeit von einer eigenständigen Existenzsicherung noch weit entfernt. Tragen sie dann auch noch Verantwortung für die Versorgung und Betreuung von Kindern, steigt ihr Armutsrisiko enorm. Dazu tragen in den letzten Jahren auch viele der neu entstehenden Arbeitsplätze, gerade im wachsenden Segment der sozialen und personenbezogenen Dienstleistungen bei. Viele dieser zusätzlichen Arbeitsplätze werden als Helferinnen-, Assistentinnen- und Zuverdienerinnen-Stellen angeboten mit zum Teil schlechten Verdienstmöglichkeiten. Aus der Perspektive der Geschlechtergleichstellung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist die derzeitige Minijobstrategie, über den Lebenslauf betrachtet, besonders nachteilig. Durch die politischen und institutionellen Rahmenbedingungen sind geringfügige Beschäftigungsverhältnisse vor allem für verheiratete Frauen kurzfristig attraktiv. Mangels ihrer Durchlässigkeit zum Segment sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung erweisen sie sich langfristig jedoch häufig als Sackgasse. Individuelle Entwicklungsmöglichkeiten von Frauen werden dadurch beschnitten, durch die staatliche Subventionierung Kosten sozialisiert und in die Zukunft verlagert (Finanzierung niedriger Alterseinkommen). Sozialversicherungspflichtige Teilzeitarbeit muss weiterentwickelt werden. Frauen und Männer müssen leichter und ohne Nachteile ihre Arbeitszeiten verringern, aber auch wieder zu einer Vollzeitbeschäftigung zurückkehren können. Aufstiegswege müssen ihnen dennoch offenstehen. Neben entsprechenden betrieblichen Teilzeit- und Fördermodellen, bedarf es außerdem der gesellschaftlichen Wertschätzung und Anerkennung (auch finanziell) von Phasen der Sorgearbeit. Zum Ausgleich des Lohnabstands zwischen Männern und Frauen müssen die Tarifparteien (Arbeitgeber und Gewerkschaften) für gerechtere Lohnstrukturen sorgen. Die Arbeitgeber sind in der Pflicht, diskriminierende Arbeitsentgelte zu vermeiden, die Gewerkschaften müssen diese offensiv einfordern beziehungsweise gemeinsam mit den Beschäftigten durchsetzen. Hierzu besteht derzeit eine gute wirtschaftliche Ertragslage, die Raum für höhere und gerechte Löhne zwischen Frauen und Männern bietet. Die spezifische deutsche Niedriglohnstrategie der letzten Jahre, überwiegend getragen von vielen Frauen, muss jetzt beendet werden, um Armut abzubauen, die Binnennachfrage zu stärken und die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren.

29 28 Armut von Frauen Dazu ist aus der Perspektive der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der öffentlichen Hand die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns überfällig. Erst dann könnten auch private Haushalte ohne einen klassischen Familienlohn ihre Existenz sichern ohne aufstockende Grundsicherungsleistungen aus den öffentlichen Haushalten. Durch Mindestlöhne werden allerdings lediglich Lohnuntergrenzen gesetzt. Damit kann nicht gewährleistet werden, dass qualifizierte Frauen entsprechend ihrer Qualifikationen und Erfahrungen auch angemessen entlohnt werden. Ein erster Schritt in diese Richtung wäre es, Lohn- und Gehaltstarife für allgemein verbindlich zu erklären. In den sozialen/personenbezogenen Dienstleistungsberufen sind darüber hinaus grundlegendere Reformen erforderlich. Sie müssen die Ausbildung sowie die Finanzierung und Ausgestaltung von Arbeitsverhältnissen umfassen. Erforderlich ist eine Qualitäts- und Aufwertungsoffensive, insbesondere in den für die Zukunft zentralen Sozial-, Erziehungs- und Gesundheitsberufen. Literatur ALLMENDINGER, Jutta (1999): Bildungsarmut. Zur Verschränkung von Bildungs- und Sozialpolitik; in: Soziale Welt 50/1999, S ALLMENDINGER, Jutta/LEIBFRIED, Stephan (2003): Bildungsarmut; in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 21 22/2003. ALLMENDINGER, Jutta (2008): Frauen auf dem Sprung. Studie der Zeitschrift Brigitte, Hamburg ARBEITNEHMERKAMMER BREMEN (2008) (Hrsg.): Armutsbericht 2008, Schwerpunkt: Jugendliche zwischen Schule und Beruf, Bremen ARBEITNEHMERKAMMER BREMEN (2010) (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch 2010, Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialstatistik, Bremen ARBEITNEHMERKAMMER BREMEN (2011) (Hrsg.): Bericht zur Lage der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Lande Bremen, Bremen BMAS Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2008) (Hrsg.): Der 3. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, BMFSFJ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Statistisches Bundesamt (Hrsg.) (2003): Wo bleibt die Zeit? Die Zeitverwendung der Bevölkerung in Deutschland 2001/02. BOSCH, Gerhard/Weinkopf, Claudia/Kalina, Thorsten (2009): Mindestlöhne in Deutschland: Expertise im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung; in: WISO-Diskurs, Expertisen und Dokumentationen zur Wirtschafts- und Sozialpolitik, Dezember DINGELDEY, Irene (2010): Agenda 2010: Dualisierung der Arbeitsmarktpolitik; in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 48/2010, S GOTTSCHALL, Karin (2008): Trotz Abschluss arm? Professionalisierung als Strategie gegen Frauenarmut; in: Programmierte Frauenarmut? Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frauen (ZFG), 2008, S JAEHRLING, Karen/Rudolph, Clarissa (2010): Grundsicherung und Geschlecht. Gleichstellungspolitische Befunde zu den Wirkungen von Hartz IV, KLENNER, Christina/Klammer, Ute (2009): Weibliche Familienernährerinnen in West- und Ostdeutschland Wunschmodell oder neue Prekarität?; in: Rollenleitbilder und -realitäten in Europa: Rechtliche, ökonomische und kulturelle Dimensionen, Forschungsreihe Band 8 des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (Hrsg.), S KÜMMERLING, Angelika/Jansen, Andreas/Lehndorff, Steffen (2008): Immer mehr Frauen sind erwerbstätig aber mit kürzeren Wochenarbeitszeiten. IAQ-Report 04, LENHART, Karin (2009): Soziale Bürgerrechte unter Druck. Die Auswirkungen von Hartz IV auf Frauen, SACHVERSTÄNDIGENKOMMISSION (2011): Neue Wege Gleiche Chancen. Gleichstellung von Frauen und Männern im Lebensverlauf. Gutachten der Sachverständigenkommission zur Erstellung des Ersten Gleichstellungsberichtes der Bundesregierung, SENATORIN FÜR ARBEIT, FRAUEN, GESUNDHEIT, JUGEND UND SOZIALES (2010): Lebenslagen im Land Bremen. Datenreport des Senats der Freien Hansestadt Bremen, 2010.

30 29 x Ohne die Arbeit wäre ich wohl eine Stubenhockerin geworden

31 30 Der Blick der Armutsforschung x Susanne Klingbeil ist in dem Stadtteil geblieben, in dem sie geboren wurde: Gute Nachbarschaft ist mir sehr wichtig

32 31 Interview mit Dr. Petra Buhr x Universität Bremen, Institut für empirische und angewandte Soziologie (EMPAS) 3 Der Blick der Armutsforschung Dr. Petra Buhr forscht am Institut für empirische und angewandte Soziologie der Universität Bremen. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind dort Armut und soziale Grundsicherung sowie aktuell die Familienforschung. Seit Mitte der 1990er Jahre war sie an der Entwicklung der dynamischen Armutsforschung beteiligt, die Phasen von Armut im Lebenslauf untersucht. Neben dem typischen Muster eines Teufelskreises der Armut zeigt die dynamische Armutsforschung, dass ein erheblicher Teil der Betroffenen lediglich kurzzeitig oder in bestimmten Lebensphasen von Armut betroffen ist. Armut wird häufig durch Ereignisse wie der Verlust des Arbeitsplatzes, eine Scheidung oder die Geburt eines Kindes ausgelöst. Sie kann zu einem späteren Zeitpunkt aber auch wieder überwunden werden. Durch diese Sicht auf Armut zeigte sich außerdem, dass ein erheblich größerer Anteil der Bevölkerung zumindest vorübergehend in Armut und mit Abstiegsängsten lebt als die begrenzte Gruppe der dauerhaft Armen. THOMAS SCHWARZER: Welcher Armutsbegriff ist besonders geeignet, wenn speziell die Ungleichheit von Armutssituationen zwischen Frauen und Männern untersucht werden soll? PETRA BUHR: Zentrale Begriffe in der Armutsforschung sind Einkommensarmut, Lebenslage und Lebenschancen. Sie unterscheiden sich hauptsächlich dadurch, welche Aspekte von Armut betrachtet werden. Bei der Einkommensarmut wird lediglich ein Aspekt betrachtet, das Einkommen. Wer ein hinreichendes Einkommen besitzt, kann sich einen angemessenen Lebensstandard leisten und sich auch bestimmte Lebenschancen eröffnen. Der Ansatz der Lebenslagen untersucht stärker die tatsächliche Lebenssituation, zu der immer mehrere Aspekte gehören: neben dem Einkommen zum Beispiel auch die Gesundheit, die Wohnung, die Bildung oder die Arbeitsbedingungen. Grundsätzlich ist so ein umfassendes Armutskonzept aussagekräftiger als das eindimensionale Konzept der Einkommensarmut. Das gilt für jede Art von Armutsuntersuchungen, ob es nun um Unterschiede zwischen Männern und Frauen geht, um Kinderarmut oder um Armut im Alter. Da die Einkommensarmut aber am einfachsten zu ermitteln ist, steht sie in der Armutsforschung und in der Öffentlichkeit oft im Mittelpunkt. Die Umsetzung des Ansatzes der Lebenslagen ist dagegen kompliziert und es gibt derzeit auch noch kein wirklich allgemein akzeptiertes Konzept der Umsetzung. THOMAS SCHWARZER: Werden aber Untersuchungen, die mehrere Aspekte von Armut betrachten, nicht auch diffuser? Wenn zum Beispiel ein Aspekt wie ein stabiles soziales Beziehungsnetz geringe finanzielle Mittel relativiert. PETRA BUHR: Werden mehrere Aspekte betrachtet, stellt sich tatsächlich die Frage, ob sie sich in irgendeiner Weise ausgleichen. Es gibt im Grunde zwei Möglichkeiten: Entweder die Armut verschärft sich, weil ein Mensch in mehreren Lebensbereichen benachteiligt ist, oder Aspekte aus einem der Lebensbereiche können andere Einschränkungen abmildern. Dann stellt sich aber die Frage, wie die einzelnen Aspekte gewichtet werden sollen. Ist die Gesundheit wichtiger als eine gute Vernetzung oder ist Bildung weniger wichtig als eine gute soziale Einbindung? Es ist ohne Frage ein Vorteil, wenn ein Mensch nicht in mehreren Bereichen benachteiligt ist. Er oder sie ist dann zwar arm hinsichtlich des Einkommens, aber trotzdem zum Beispiel sozial eingebunden und gesund. Dann gibt es gute Gründe anzunehmen, dass die Einkommensarmut nicht in absehbarer Zeit zu völliger Ausgrenzung führt. Wer ein hinreichendes Einkommen besitzt, kann sich einen angemessenen Lebensstandard leisten und sich auch bestimmte Lebenschancen eröffnen.

33 32 Der Blick der Armutsforschung Daran zeigt sich auch, wie wichtig es ist, mehrere Aspekte zu betrachten, weil sonst alle über einen Kamm geschoren werden. Die verschiedenen Aspekte in ihrem Zusammenhang zu betrachten, ist vor allem dann von zentraler Bedeutung, wenn positive Aspekte und Potenziale eines Menschen sichtbar werden, die für ein Überwinden von Einkommensarmut notwendig sind. THOMAS SCHWARZER: Zurück zur Armut, speziell von Frauen: Müssen bei einer Untersuchung besondere weibliche Aspekte einbezogen werden? PETRA BUHR: Es gibt frauenspezifische Ursachen von Armut. Allerdings muss ich an dieser Stelle auch vor einem weitverbreiteten Missverständnis warnen: Mit dem Begriff Frauenarmut ist häufig die Vorstellung verbunden, dass Armut vor allem ein Problem von Frauen ist, dass die Armut weiblich ist. Wir müssen aber zwei Dinge auseinanderhalten: die strukturelle Benachteiligung von Frauen in vielen gesellschaftlichen Bereichen und die tatsächliche Armutsbetroffenheit. Wird von Frauenarmut gesprochen, sind häufig die strukturellen Benachteiligungen von Frauen gemeint und weniger die tatsächliche Armutssituation. Bei alleinerziehenden Müttern sind die Armutsquoten etwa dreimal so hoch wie im Durchschnitt. Betrachtet man hingegen die Armutsquoten von Frauen und Männern, die nicht als Familien leben, liegt die Betroffenheit durch Armut nicht weit auseinander. Obwohl Frauen überwiegend niedrigere Löhne haben als Männer, führt das nicht direkt zu einem Leben dieser Frauen in Armut. Es kommen immer zusätzliche Faktoren hinzu, wie zum Beispiel häufig die Versorgung eines Kindes. Solange Frauen für sich alleine wirtschaften oder gemeinsam mit einem Partner, führen die bestehenden strukturellen Benachteiligungen nicht unbedingt in Armut. THOMAS SCHWARZER: Sollen wir also präziser von Mütterarmut reden? PETRA BUHR: Von Frauenarmut zu sprechen ist genauso richtig, wie auch von Männerarmut zu sprechen. Mit dem Begriff Frauenarmut wird aber häufig verbunden, dass Frauen besonders oft von Armut betroffen sind, aber so einfach ist das nicht. Ein Blick auf die verschiedenen sozialen Gruppen von Frauen zeigt, dass vor allem die Alleinerziehenden überdurchschnittlich häufig arm sind. Frauen sind ohne Frage in vielen gesellschaftlichen Bereichen benachteiligt, es gibt auch bestimmte weibliche Armutsrisiken, aber ich würde nicht sagen, dass Armut in erster Linie ein Frauenphänomen ist. THOMAS SCHWARZER: Spielen bei der Armut von Frauen also eher soziale Aspekte eine wichtige Rolle, wie zum Beispiel die Berufsqualifikation oder die Herkunft aus einem spezifischen sozialen Milieu? PETRA BUHR: Das ist auch ein Aspekt. Gerade bei den Alleinerziehenden muss stärker nach ihrer sozialen Position unterschieden werden. Eine Alleinerziehende, die zum Beispiel eine gut bezahlte Stelle im öffentlichen Dienst hat, ist sicherlich seltener von Armut betroffen, als jemand in einem typisch weiblichen Dienstleistungsjob mit einem Niedriglohn. Hinzu kommt die Frage, wie gut die institutionelle Kinderbetreuung ausgebaut ist oder ob es Familienangehörige oder Freundinnen gibt, die unterstützend tätig werden. Außerdem gibt es auch noch den Unterschied zwischen städtischen und ländlichen Regionen. Auf dem Land muss man weitere Wege zur Arbeit in Kauf nehmen und auch die Kinderbetreuungsmöglichkeiten sind häufig weniger gut ausgebaut. Das gilt auch für die beträchtlichen Unterschiede bei der Kinderbetreuung in Ost- und Westdeutschland. In Ostdeutschland ist die Infrastruktur der Kinderbetreuung nach wie vor erheblich umfangreicher und die meisten Frauen sind eher bereit, auch jüngere Kinder in institutionelle Betreuung zu geben. In Westdeutschland ist noch immer eine gewisse Zurückhaltung verbreitet, was die Betreuung von Kleinkindern durch öffentliche Einrichtun- Eine Alleinerziehende, die zum Beispiel eine gut bezahlte Stelle im öffentlichen Dienst hat, ist sicherlich seltener von Armut betroffen, als jemand in einem typisch weiblichen Dienstleistungsjob mit einem Niedriglohn.

34 33 gen angeht. Es ist zwar auch, aber nicht nur die fehlende Infrastruktur, die dazu führt, dass ein Teil der Frauen nach der Geburt eines Kindes keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgeht. Verbreitet ist vielmehr noch die verinnerlichte Haltung, dass ein Teil der Frauen, zumindest in den ersten Jahren, ihr Kind selbst betreuen möchte. THOMAS SCHWARZER: Wir sprachen jetzt über die verschiedenen Kombinationen von Aspekten, die zur Armut von Frauen führen können. Lassen sich unter den genannten Aspekten so etwas wie die hauptsächlichen Ursachen bestimmen, also auch im Hinblick auf die von Ihnen erwähnten strukturellen Benachteiligungen von Frauen? PETRA BUHR: Ein strukturelles Problem ist die Schwierigkeit, die Lebensbereiche Arbeit und Familie unter einen Hut zu bekommen. In den letzten Jahren hat sich zwar ein gewisser Wandel vollzogen. Grundsätzlich ist es aber in Deutschland nach wie vor schwieriger als in anderen europäischen Ländern, eine den beruflichen Erfordernissen und Wünschen entsprechende Kinderbetreuung zu finden. Das erschwert außerdem vielen Müttern, die eine Kinderpause machen oder machen müssen, wieder in den Beruf einzusteigen. Ein weiterer Aspekt ist das bundesdeutsche Steuersystem, das nach wie vor in weiten Teilen auf das traditionelle Modell des Alleinernährers ausgerichtet ist oder auf die Frau als Zuverdienerin. Das Ehegattensplitting untergräbt weiterhin eine Erwerbsorientierung von Frauen. Das strukturelle und klimatische Umfeld in Deutschland ist nach wie vor so, dass Frauen nicht unbedingt erwerbstätig sein müssen und wenn sie es wollen, wird es ihnen eher erschwert als dass sie unterstützt werden. Dieses Modell des Alleinernährers oder der Zuverdienerin funktioniert so lange, wie ein akzeptables Familienleben möglich ist. Kommt es jedoch zur Trennung oder zu einer Scheidung, fehlen entsprechende sozialstaatliche Sicherungen. Viele dieser Frauen müssen dann plötzlich finanziell nicht nur auf eigenen Beinen stehen, sondern häufig auch mit für die Kinder aufkommen. Aus diesen Gründen sehe ich als eines der zentralen strukturellen Probleme, die Schwierigkeiten Familie und Kommt es jedoch zur Trennung oder zu einer Scheidung, fehlen entsprechende sozialstaatliche Sicherungen. Beruf zu vereinbaren. In einer solchen schwierigen Lebenssituation dann wieder in den Beruf einzusteigen oder die Arbeitszeit auszuweiten, ist kurzfristig oft kaum möglich. Viele Frauen müssen dann erhebliche Abstriche machen, nicht allein beim Einkommen. In Zukunft könnte sich bei diesem Thema aber einiges ändern. Durch den schon jetzt sich zeigenden Facharbeitskräftemangel könnte der Wiedereinstieg von Frauen zukünftig stärker gefördert werden. Firmen bieten ja bereits Frauen, die vorübergehend aus dem Beruf aussteigen, Fortbildungen an. Ich könnte mir vorstellen, dass zumindest durch die Betriebe und vonseiten der Wirtschaftsverbände in Zukunft bessere Wiedereinstiegschancen eröffnet werden. Profitieren werden davon aber vor allem qualifizierte und hoch qualifizierte Frauen. Qualifikationsdefizite können außerdem durch lebenslanges Lernen beziehungsweise durch bessere Fort- und Weiterbildungsprogramme speziell für Frauen in der Kinderphase verbessert werden. Mittel- und langfristig muss aber viel stärker präventiv gearbeitet werden, für bessere Ausbildungsmöglichkeiten und hinreichende Schulabschlüsse. Aspekte der Persönlichkeit (Leistungsbereitschaft, Umgangsformen usw.), die in den letzten Jahren besonders in der Öffentlichkeit, in den Unternehmen und in der Politik stark betont werden, sind ohne Frage auch ein Aspekt unter anderen. Da sie sich aber kurz- und auch mittelfristig kaum beeinflussen lassen, sollten sie weniger im Vordergrund stehen.

35 34 Der Blick der Armutsforschung THOMAS SCHWARZER: In der Diskussion über Armutsverläufe wird vor allem auf die Übergangsphasen geschaut was passiert zwischen Schule, Ausbildung und Berufseinstieg oder wenn das erste Kind geboren wird. Soll präventiv gegen Armut angegangen werden, muss an diesen Übergangsphasen mit Maßnahmen angesetzt werden oder ist es dann eigentlich schon zu spät und alle Konzentration sollte auf die Kindergartenund Schulzeit gerichtet werden? PETRA BUHR: Grundsätzlich ist es immer besser, langfristig anzusetzen, also schon während der Kindergarten- und Schulzeit. Aber den Frauen, die jetzt betroffen sind, kann man nur durch aktuelle Maßnahmen helfen. Zum Beispiel, indem fehlende Ausbildungen nachgeholt oder zusätzliche Qualifikationen erworben werden. Langfristig ist es sinnvoll, dafür zu sorgen, dass Frauen von vornherein großen Wert auf eine gute Ausbildung legen. Doch vor diesem Problem steht eine Armutspolitik immer. Sie versucht Armut möglichst präventiv und langfristig zu verhindern, gerade auch durch bessere Bildung. Aber sie muss sich auch um die Menschen kümmern, die aktuell von Armut betroffen sind und auch dort mit gezielten Maßnahmen ansetzen. Als Beispiel dazu fällt mir ein Thema gerade hier in Bremen ein die Diskussion über ein gesundes Mittagessen in Kindergärten und Schulen. Häufig wird gesagt, das bringe irgendwie nichts, man müsse die Armut an der Wurzel packen. Aber für die Kinder, die gerade jetzt von Armut betroffen sind, bringt das selbstverständlich was. Und das gilt für andere Bereiche der Armutsdiskussion ganz genauso. Langfristig muss versucht werden, Armut zu verhindern, indem Armut möglichst gar nicht erst entsteht. Wenn die Armut aber da ist, muss gerade auch im Interesse der Kinder dafür gesorgt werden, dass die Folgen von Armut möglichst stark vermindert werden. Vorbeugend und ausgleichend muss eine sinnvolle Armutspolitik sein. Ein weiteres Problem ist durch die begleitenden Untersuchungen der Hartz-IV-Reformen deutlich geworden. Es gibt Indizien dafür, dass bei den Beratungen in den Arbeitsagenturen, bei Erfolg versprechenderen Fördermaßnahmen eher Männer bevorzugt werden. Weil ein Teil der Berater/innen scheinbar vor allem das traditionelle Ernährermodell im Hinterkopf hat, werden Frauen aussichtsreichere Maßnahmen oder Tätigkeiten zum Teil gar nicht erst angeboten. Das gilt besonders für Frauen mit (kleinen) Kindern, bei denen die Vorstellung besteht, dass sie ja eine wichtige Aufgabe haben und deshalb bei der Vergabe der knappen Angebote keine Priorität haben. Mögliche Ausstiege aus der Armut werden so verhindert und die Betroffenen werden quasi in der Armut festgehalten. Hier muss von sozialstaatlich produzierter Armut gesprochen werden. THOMAS SCHWARZER: Viele Frauen streben aus ganz unterschiedlichen Gründen in typische Frauenberufe, die meistens gesellschaftlich geringer bewertet und auch bezahlt werden. PETRA BUHR: Ja, das ist auf jeden Fall richtig, aber das führt nicht unbedingt in Armut. Es müssen immer noch andere Aspekte hinzukommen die Geburt eines Kindes oder Arbeitslosigkeit, damit durch eine gering bezahlte Tätigkeit Armut entsteht. Dienstleistungstätigkeiten, wie zum Beispiel die Kinder-, Kranken- und Altenpflege, die vor allem Frauen ausüben, sind zu gering bezahlt, was eine Abwertung dieser gesellschaftlich wichtigen Leistungen darstellt. Aber die zum Teil geringen Löhne führen nicht gradlinig zu einem Armutsrisiko. Es ist eher ein Mosaikstein unter anderen strukturellen Benachteiligungen von Frauen.

36 35 THOMAS SCHWARZER: Frauen ohne Schulabschluss oder ohne Berufsausbildung sind selten Thema in der Armutsdiskussion, weil die jungen Frauen eher als Bildungsgewinnerinnen der letzten Jahre betrachtet werden. Ist das Armutsrisiko von schlecht qualifizierten Frauen ein blinder Fleck? PETRA BUHR: Es ist richtig, dass sich die Debatte sehr stark auf die Alleinerziehenden konzentriert und junge Frauen, solange sie noch keine Kinder haben, in der Armutsforschung nicht so im Fokus stehen. Sie sind eher in der Bildungs- oder der Arbeitsmarktforschung ein Thema. Dort wird auch problematisiert, dass Frauen Berufsentscheidungen treffen, die nicht sehr zukunftsträchtig und Erfolg versprechend sind. Solange die jungen Frauen noch im Haushalt der Eltern leben, fallen sie als Einzelperson nicht auf und gelten dadurch auch nicht als arm. Erst wenn sie ausziehen und alleine leben oder in jungen Jahren bereits ein Kind bekommen, dann erscheinen sie in der Statistik. Wenn junge Frauen, speziell auch Frauen aus Migrantenfamilien, noch in der Familie leben, gibt es ebenfalls Formen von Benachteiligung, die ihre Autonomie einschränken. Die eigene Berufswahl wird zum Teil stark von den Schul- oder Berufsvorstellungen der Eltern beeinflusst, was in der Bildungsforschung auch thematisiert wird. Was die Berufsorientierung von jungen Frauen angeht, hat sich in den letzten Jahren relativ wenig an den traditionellen Mustern geändert. THOMAS SCHWARZER: Strittig ist in den letzten Jahren auch diskutiert worden, ob sich Armut bei bestimmten Gruppen eher verfestigt oder ob es für die meisten nur eine vorübergehende Lebensphase ist, wenn zum Beispiel die Kinder ganz klein und betreuungsintensiv sind. PETRA BUHR: Verschiedene Untersuchungen zeigen eindeutig (z.b. das Sozioökonomische Panel), dass es schwieriger geworden ist, aus Armutslagen auszusteigen oder aus unteren in mittlere Einkommensbereiche aufzusteigen. Bereits seit Ende der 1990er Jahre lässt sich beobachten, dass die Mobilität im unteren Bereich der Einkommensverteilung geringer geworden ist. Auch die Armutsquoten sind seit Ende der 1990er Jahre stark gestiegen, was hauptsächlich daran liegt, dass es schwieriger geworden ist, aus der Armut herauszukommen und nicht daran, dass deutlich mehr Leute in die Armut hineingekommen sind. Dennoch gibt es nach wie vor einen vergleichsweise hohen Anteil von Personen, die innerhalb von einem Jahr wieder aus dem Arbeitslosengeld-II-Bezug herauskommen. Aber es gibt auch Anzeichen für eine Verfestigung bei bestimmten Gruppen und speziell Alleinerziehende sind die Gruppe, die nach wie vor sehr große Schwierigkeiten hat, aus dem Arbeitslosengeld-II-Bezug wieder auszusteigen. THOMAS SCHWARZER: Die Alleinerziehenden sind also die zentrale Gruppe? PETRA BUHR: Für die ist es besonders schwierig. Sie müssen sowohl die Kinderbetreuung organisieren als auch einen angemessenen Job finden und von daher ist es schon eine richtige Beobachtung, dass Langzeitarmut in Deutschland zunimmt und dass es absolut schwieriger geworden ist, Armutsphasen zu überwinden. Wenn junge Frauen, speziell auch Frauen aus Migrantenfamilien, noch in der Familie leben, gibt es ebenfalls Formen von Benachteiligung, die ihre Autonomie einschränken.

37 36 Der Blick der Armutsforschung Bei den Renten wissen wir, dass wir ein Armutsproblem vor uns herschieben. Das wird nicht nur die Frauen betreffen. THOMAS SCHWARZER: Gibt es Analysen und Zahlen, so dass man ungefähr sagen kann: Zwei Drittel der Armut sind verfestigt und ein Drittel ist eher vorübergehend in Armut oder ist das umstritten? PETRA BUHR: Dazu gibt es Untersuchungen waren nach Daten des Sozioökonomischen Panels (SOEP) 35 Prozent der Einkommensarmen seit vier Jahren arm, 50 Prozent zwischen ein und drei Jahren und 15 Prozent erstmals arm, also in dem Jahr arm geworden. Bei einem Blick auf das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) sieht man, dass 55 Prozent der Neuzugänge im Februar/März 2007 nach einem Jahr wieder aus dem Bezug raus waren. Bei den Alleinerziehenden waren es nach zwölf Monaten noch 63 Prozent, die Arbeitslosengeld II bezogen haben. Wenn man Zahlen von 1985 bis 1988 im unteren Fünftel der Einkommensverteilung mit Zahlen von 2003 bis 2006 vergleicht, dann blieben zwischen 1985 und Prozent im unteren Fünftel und zwischen 2003 und 2006 schon 64 Prozent. Die Mobilität ist also geringer geworden, aber es gibt nach wie vor auch mobile Gruppen, denen es gelingt, aus der Armut herauszukommen. THOMAS SCHWARZER: Gibt es Untersuchungen darüber, in welchen Lebensphasen sich verschiedene Aspekte gegenseitig verstärken um dann Maßnahmen gezielt in diesen Situationen einzusetzen? PETRA BUHR: Untersuchungen zeigen, dass sich Unterbrechungen im Erwerbsleben negativ auf die Arbeitslosengeldansprüche und natürlich auch auf die späteren Rentenansprüche auswirken. Das ist ja das klassische Beispiel, wie sich im Lebenslauf an verschiedenen Stellen Benachteiligungen häufen, sich gegenseitig verstärken und nachhaltig wirken. Eine Entkoppelung dieser Effekte wäre lediglich dann möglich, wenn ein Teil der sozialen Sicherungsleistungen von der Erwerbsbiografie abgelöst würde. Dies ist ja bei den Arbeitslosengeldansprüchen im Rechtskreis des Arbeitslosengelds II bereits passiert, allerdings auf niedrigem Niveau. Es wurde festgesetzt, dass jetzt alle nach einem Jahr Arbeitslosigkeit lediglich noch das Arbeitslosengeld II bekommen, egal wie lange sie vorher erwerbstätig waren. Bei den Renten wissen wir, dass wir ein Armutsproblem vor uns herschieben. Das wird nicht nur die Frauen betreffen. Frauen werden aber aufgrund ihrer strukturellen Nachteile auf dem Arbeitsmarkt in größerer Zahl betroffen sein. Das Problem der zunehmenden Altersarmut könnte lediglich durch eine höhere Grundrente verhindert werden. Die Grundsicherung im Alter (SGB XII) ist zwar ein Reformversuch in diese Richtung. Da aber andere Leistungen, wie zum Beispiel die Riester-Rente darauf angerechnet werden, bin ich wirklich pessimistisch, wie man dieses Problem lösen könnte ohne einen völligen Systembruch. THOMAS SCHWARZER: Müsste wirklich ein anderes System eingeführt werden? PETRA BUHR: Eine armutsvermeidende Grundrente müsste deutlich über dem Sozialhilfeniveau beziehungsweise über dem Hartz-IV- Regelsatz liegen. Außerdem dürfte sich Teilzeitarbeit nicht mehr so negativ auf die Rentenansprüche auswirken. Dann würden sich vielleicht auch mehr Männer für Teilzeit entscheiden. In den Niederlanden oder in Schweden ist es in dieser Art geregelt. Aber durch die zunehmende Altersarmut wird noch einiges auf uns zukommen, da bin ich sehr sicher, das wird im Moment noch weitgehend verdrängt.

38 37 THOMAS SCHWARZER: Das Arbeitsleben vieler Menschen ist heute durch Erwerbsunterbrechungen, längere Phasen der Arbeitslosigkeit oder durch prekäre Beschäftigung charakterisiert. All dies führt zu verminderten Rentenansprüchen und speziell prekär Beschäftigte haben zudem nur wenig Spielraum, privat vorzusorgen. Wie kommt man aus diesem Dilemma raus? PETRA BUHR: Ich fürchte erst mal gar nicht. Die Rentenreform, wodurch stärker auf die private Komponente gesetzt und zugleich das Rentenniveau weiter abgesenkt wurde, ist von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Sie ist davon ausgegangen, dass die Menschen tatsächlich die Möglichkeit haben vorzusorgen. Aber es ist eben so, dass viele Menschen im unteren Einkommensbereich schlicht und ergreifend kein Geld über haben für die private Altersvorsorge. Hinzu kommen weitere Aspekte: Da die Riester-Rente auch auf die Grundsicherung im Alter angerechnet wird, kann ich mir vorstellen, dass das auch die Motivation, privat vorzusorgen, gerade bei Menschen im unteren Einkommensbereich, senkt. Für manche Gruppen ist es schwierig sich zu entscheiden, was für sie das angemessene Produkt für die private Alterssicherung ist und andere wieder denken: Ach, irgendwie wird es später dann schon gehen. Aber es wird mit Sicherheit nicht funktionieren, es werden viele Menschen im Alter eine Rente auf Grundsicherungsniveau haben, wenn nicht sogar darunter. Denn das alte Konzept, das besagt, der Lebensstandard wird auch nach dem Ende des Erwerbslebens ungefähr gesichert, wurde verabschiedet. Für manche Gruppen ist es schwierig sich zu entscheiden, was für sie das angemessene Produkt für die private Alterssicherung ist und andere wieder denken: Ach, irgendwie wird es später dann schon gehen. Fragen: Thomas Schwarzer x Referent für kommunale Sozialpolitik

39 38 Armut und Alleinerziehen x Großeinkauf zusammen mit den Töchtern

40 39 Dr. Barbara Rinken x Erziehungswissenschaftlerin, Frauenbeauftragte für den Wissenschaftsbereich der Hochschule Bremen 4 Armut und Alleinerziehen Das Thema Alleinerziehen wird in den Medien häufig im Zusammenhang mit Defiziten thematisiert. Die besonderen Leistungen von Alleinerziehenden sind dagegen selten im Blick. Neben den sozialstrukturellen Problemen, die zur Armut Alleinerziehender führen, sollen in diesem Artikel auch die Lebensleistungen von Alleinerziehenden beschrieben werden. Denn Kinder großzuziehen erfordert ja bereits von Paaren ein hohes Maß an Energie und Geduld sowie die Fähigkeit, eigene Bedürfnisse zurückzustellen. Alleinerziehende müssen diese Anforderungen ausschließlich aus eigener Kraft bewältigen und gleichzeitig ein verbindliches Beziehungsnetzwerk aufbauen. Soziale Kontakte und Erwerbstätigkeit sind für sie die wichtigsten Faktoren für Zufriedenheit mit dieser spezifischen Lebenssituation. 1 Da Alleinerziehende in der Regel auf ihren Wohnort und auf eingeschränkte Arbeitszeiten festgelegt sind, betreffen sie die Veränderungen des Arbeitsmarktes in besonderer Weise: der Rückgang unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse, die Ausweitung des Niedriglohnbereichs und die zunehmenden Flexibilitätsanforderungen. Erhebliche Einschränkungen ergeben sich außerdem durch die Beharrlichkeit des Modells der Halbtagsschulen und Halbtagskindergärten und der damit verbundenen Teilzeitarbeit vieler erwerbstätiger Frauen. Vor allem wegen dieser strukturellen Hemmnisse sind aktuell von den Millionen Alleinerziehenden in Deutschland insgesamt (2009) Alleinerziehende (40 Prozent) bundesweit auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV) angewiesen, 2 davon im Land Bremen Den schwierigen Bedingungen zum Trotz ist der Großteil der Alleinerziehenden erwerbstätig: Zwei Drittel der alleinerziehenden Frauen mit Kindern unter 18 Jahren sind erwerbstätig, das sind zwei Prozent mehr als unter den Müttern aus Paarfamilien. Alleinerziehende Frauen arbeiten auch deutlich häufiger Vollzeit als andere Mütter: 42 Prozent im Gegensatz zu 27 Prozent bei Müttern aus Paarfamilien. 4 Die mit den unterschiedlichen sozialstrukturellen Situationen einhergehenden Lebensgefühle Alleinerziehender werden in diesem Artikel anhand von Auszügen aus Interviews verdeutlicht. 5 1 Vgl. Rinken (2010). Aussagen in diesem Text, die nicht mit einer anders lautenden Literaturangabe versehen sind, beziehen sich auf diese Publikation. 2 Vgl. Familienreport 2010: Vgl. Statistik der Bundesagentur für Arbeit: SGB-II-Länderreport Juni Familienreport 2010: Hier kommen Alleinerziehende als Expertinnen und Experten ihrer Lebenssituationen zu Wort. Die im folgenden Text eingefügten Interviewpassagen sind einer qualitativen Forschungsarbeit entnommen (Rinken 2010). Die Befragung wurde mit der Methode des problemzentrierten Interviews (Witzel 2000) durchgeführt.

41 40 Armut und Alleinerziehen Zur Gruppe der Alleinerziehenden DIE Alleinerziehenden gibt es nicht. Diese Gruppe ist sehr heterogen, unter anderem in Bezug auf das Alter der Alleinerziehenden, die Anzahl und das Alter der Kinder, die Schulbildung, die Ausbildung und die Berufstätigkeit. Von den 8,4 Millionen Familien mit Kindern unter 18 Jahren in Deutschland sind 1,6 Millionen alleinerziehend. Das entspricht jeder fünften Familie. 6 Im Land Bremen machen Alleinerziehendenhaushalte mit 34 Prozent (27.500) mehr als ein Drittel aller Familien mit Kindern aus. 7 Ungefähr 90 Prozent der Alleinerziehenden sind Frauen, circa zehn Prozent Männer. Diese Zahlen sprechen für sich, was das Beharrungsvermögen traditioneller Geschlechterrollen in unserer Gesellschaft angeht. Es macht einen Unterschied, ob eine Mutter oder ein Vater alleine erzieht: Alleinerziehende Väter leben im Durchschnitt mit älteren Kindern zusammen und sind weniger häufig auf den Bezug von Arbeitslosengeld II angewiesen. Die Dauer des Alleinerziehens und die Entstehungsgeschichte machen große Unterschiede für das individuelle Erleben. Alleinerziehende in Ostdeutschland haben tendenziell positivere Einstellungen zur Ganztagsbetreuung von Kindern und damit eng zusammenhängend, positivere Einstellungen zur Müttererwerbstätigkeit. Das gilt insbesondere für die Phase, wenn die Kinder zwischen einem Jahr und drei Jahre alt sind. Die Gemeinsamkeit aller Alleinerziehenden besteht darin, allein verantwortlich für die Betreuung und Versorgung von Kindern und die materielle Absicherung der Familie zu sein: durch Erwerbstätigkeit, durch die Beantragung von staatlicher Unterstützung oder, wie bei den sogenannten Aufstockerinnen, durch beides, weil das Gehalt trotz Kindergeld und Unterhalt unter den Arbeitslosengeld-II- Regelsätzen liegt. Was ist Armut? Für eine menschenwürdige Existenz müssen Nahrung, Kleidung und Unterkunft sowie die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben gesichert sein. Ist dies nicht der Fall, so ist Armut gegeben. Vielen Alleinerziehenden fehlt es am Nötigsten. Ein erwerbsloser alleinerziehender Vater berichtet: Ich komme überhaupt nicht hin. Ich laviere mich wirklich durch bis zum Gehtnichtmehr, verschiebe oft Schulden von einer Ecke in die andere. (...) Und ich nutze unter anderem (...) auch die Bremer Tafel. Sonst würde ich gar nicht klarkommen. Dazu gezwungen zu sein, eine Tafel in Anspruch zu nehmen bedeutet, auf Almosen angewiesen zu sein. Das löst Schamgefühle aus und beschädigt das Selbstbewusstsein. Der hier zitierte Vater ist einer von etwa einer Million in diesem Land, die sich mithilfe der Tafeln ernähren, darunter ungefähr ein Viertel Kinder und Jugendliche. Durch die derzeit 833 Tafeln in Deutschland wird einerseits bedürftigen Menschen geholfen, andererseits wird Armut in der Wahrnehmung normalisiert. Die Pointe liegt darin, dass überflüssige Lebensmittel an Menschen weitergereicht werden, die scheinbar auch überflüssig sind, weil der Arbeitsmarkt keine Verwendung für sie hat: Die Überflüssigen essen das Überflüssige. 8 6 Familienreport 2010: Vgl. Statistisches Landesamt Bremen, Jahrbuch 2009: 28. Bei diesen Daten zählen zu den Alleinerziehenden auch Väter und Mütter mit volljährigen Kindern. 8 Selke; in: Laudenbach 2009: 2.

42 41 Für erwerbslose Alleinerziehende können die Tafeln eine Überlebenshilfe sein. Zu den einklagbaren Rechten von Erwerbslosen und Geringverdienern sollte jedoch das Recht auf gesunde Ernährung unabhängig vom Besuch karitativer Einrichtungen gehören. Gleiches gilt für die Versorgung mit Kleidung. Neben Ernährung und Kleidung ist auch Wohnen ein Aspekt, an dem sich Armut zeigt und Folgewirkungen entstehen. Durch die im Vergleich zu realen Mieten niedrigen Mietsätze im SGB II (Sozialgesetzbuch Zweites Buch) besteht die Gefahr, dass erwerbslose oder von Niedriglöhnen lebende Alleinerziehende in Quartiere abgedrängt werden, in denen bereits viele Menschen unter problematischen materiellen Bedingungen wohnen, was zur Kumulation sozialer Probleme führt. Ausbildung Eine besondere Problemgruppe stellen die Alleinerziehenden ohne Schulabschluss beziehungsweise ohne Berufsausbildung dar. Die Einschätzung einer Alleinerziehenden, die mit jungen Müttern arbeitet, lautet: Und ich denke, es ist viel wichtiger, Alleinerziehende zum Beispiel auszubilden, also das ist ein ganz großes Manko in diesem Staate, wenn eine Alleinerziehende versucht, eine Ausbildung zu machen, das ist so schwierig, wenn die mit 40 Stunden und mit einem kleinen Kind diese Ausbildung durchziehen soll. Also ich arbeite mit jugendlichen Müttern und teilweise fängt die Schule morgens um acht oder um halb acht an. Weil es lediglich eine berufliche Schule für die ganze Stadt gibt, müssen sie teilweise um sechs losfahren, um pünktlich zu sein. Wer nimmt ein einjähriges Kind ab sechs Uhr und dann kommen die Mütter spät nach Hause, wie lange soll man das durchhalten? Wo sind die Kräfte für so etwas? Ich finde, es müsste eine Teilzeitausbildung geben, für solche Personengruppen müsste es Teilzeitausbildungen geben, 30 Stunden maximal. Diese Forderung nach Teilzeitausbildungen ist eindeutig zu unterstützen. Auch in Bremen gibt es bereits erste Angebote der Arbeitsagentur. Gleichzeitig benötigen Alleinerziehende flexible Angebote der Kinderbetreuung auch in sogenannten Randzeiten am frühen Morgen und bis zum Abend. Dass dies möglich ist, zeigt sich in den ostdeutschen Städten, wo Ganztagsbetreuung und flexible Öffnungszeiten erheblich besser ausgebaut sind als in Westdeutschland. Die Erwerbstätigkeit von Alleinerziehenden wird dadurch erheblich erleichtert. Das bislang unzureichende Angebot in Westdeutschland und in ländlichen Regionen in Ostdeutschland ist eine entscheidende Ursache für die hohe Erwerbslosigkeit von Alleinerziehenden. Erwerbslosigkeit öffentliche Debatten Erwerbslosigkeit löst bei vielen Alleinerziehenden starke Existenzängste aus. Berufe, die flexible Arbeitszeiten beziehungsweise Schichtdienst erfordern, können aufgrund der familiären Alleinverantwortlichkeit nicht ausgeübt werden: Da hatte ich dann ein Vierteljahr gar keine Arbeit und wusste nicht, wie es weitergeht. Das war eigentlich das schwerste Vierteljahr überhaupt. Na ja, das war damals schon schwer als Köchin mit einem vier Jahre alten Kleinkind Arbeit zu finden, das Einzige war eben in Gaststätten, das konnte man nicht machen wegen der Schichtzeit.

43 42 Armut und Alleinerziehen Den gelernten Beruf aufgrund der mit Familienarbeit nicht zu vereinbarenden Arbeitszeiten nicht ausführen zu können, ist ein weiterer häufiger Grund für Erwerbslosigkeit bei Alleinerziehenden. Für das Lebensgefühl erwerbsloser Frauen spielen aber auch der Inhalt und der Ton der öffentlichen Debatten eine große Rolle: Anerkennungsverlust und Missachtung dieser Personengruppe gehören (...) nicht nur zur Erfahrung der Betroffenen, sondern auch und gerade zu den Routinen des Diskurses. In Politik, Medien und im Alltag stehen Arbeitslose im Verdacht, nicht arbeiten zu wollen oder zu können. 9 In vielen öffentlichen Armutsdebatten werden diejenigen, die (noch) Arbeit haben, gegen jene ausgespielt, die erwerbslos sind. Kürzlich konnte dies besonders deutlich an den Diskussionen zur Neuregelung der Arbeitslosengeld- II-Regelsätze (Hartz IV) beobachtet werden. Eltern wurden und werden in dieser Debatte häufig dem Generalverdacht ausgesetzt, das Geld, das sie für ihre Kinder erhalten, für Alkohol und Zigaretten auszugeben. Dazu werden in den Medien Extremfälle als typische Beispiele dargestellt. Derartige Stigmatisierungen verhindern gesellschaftliche Solidarität. Gleichzeitig wird die Selbstachtung der Betroffenen untergraben. In einem solchen gesellschaftlichen Klima ist es kaum möglich, erwerbslos und selbstbewusst zu sein. Die Stigmatisierung der Erwerbslosen basiert darauf, dass ihnen Misserfolge als Versagen zugerechnet werden und selbst der kompetente Umgang mit der Situation unter Missbrauchsverdacht gerät Uske 2000: Uske 2000: In Deutschland gibt es insgesamt Menschen, die neben ihrer Erwerbstätigkeit aufstockende Leistungen nach dem SGB II beziehen. Davon machen Frauen mit 56,2 Prozent mehr als die Hälfte aus. In Bremen beziehen Menschen zusätzlich zu ihrer Erwerbstätigkeit Hartz IV, davon sind 55,2 Prozent Frauen (Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Arbeitsmarkt in Zahlen: Erwerbstätige Arbeitslosengeld-II-Bezieher: Mai 2010). Working Poor Jene Alleinerziehende, die im vorhergehenden Abschnitt die Belastung durch Erwerbslosigkeit formuliert, findet schließlich Arbeit unterhalb ihrer Qualifikation in einer Wäscherei. Heute ist sie Geringverdienerin und somit eine der sogenannten working poor. Sie hat zwei Töchter und ihre größte Sorge ist, ihre Kinder nicht ausreichend bei deren Ausbildungen unterstützen zu können. Ihre größere Tochter strebt eine Ausbildung an, bei der Schulgeld gezahlt werden muss. Auch wenn wir BAföG kriegen würden, es reicht nicht. Da habe ich wirklich Angst. Da ist wirklich meine Angstgrenze, die sich dann extrem bis zur Panik steigert. Obwohl ich eigentlich weiß, ich kann mit wenig Geld auskommen, aber das kann ich nicht selber machen. Ich kann selber nähen, ich kann selber Handwerksarbeiten machen und ich kann auch wenig essen und es einteilen auf irgendeine Art und Weise. Aber wo es einfach fehlt, fehlt es, da kann man nicht mehr jonglieren. Deutlich zeigt diese Schilderung das große Engagement dieser Mutter, die Zurücknahme eigener Bedürfnisse bis hin zur eingeschränkten Nahrungsaufnahme und die Bedrohung, die in der Befürchtung liegt, ihren Kindern nicht die gewünschte Ausbildung finanzieren zu können. Erwerbslose Alleinerziehende, wie auch alleinerziehende Aufstockerinnen 11 fühlen sich häufig doppelt stigmatisiert, als Alleinerziehende und als Hartz-IV-Empfängerinnen. Diese Stigmatisierungen können zu Rechtfertigungsdruck gegenüber der sozialen Umgebung und zu einem schlechten Gewissen gegenüber den Kindern führen.

44 43 Erwerbstätigkeit mit einem auskömmlichen Einkommen Von vielen Alleinerziehenden ist eine Teilzeit von 30 Stunden die Arbeitszeit-Wunschoption. Ein alleinerziehender Vater schildert die Zufriedenheit mit seinem hoch qualifizierten Beruf und der dort möglichen Teilzeitarbeit: Ich gehe einer Tätigkeit nach, die mir Spaß macht, die mir liegt. Er vertritt seinem Chef gegenüber selbstbewusst, dass er nur in Grenzen Überstunden macht. Ich gehe nachmittags um 15 Uhr pünktlich aus dem Büro und zwar hocherhobenen Hauptes. (...) Diese Teilzeitgeschichte, reich wird man nicht, es reicht aber, wir kommen gut über die Runden. Es ist irrsinnig wichtig für, na ja, ich sage mal stabile Verhältnisse, für Zufriedenheit zu Hause, also mit der beruflichen Situation, von Kleinigkeiten mal abgesehen, aber Zeit und Geld, das passt wunderbar in unser familiäres Gefüge. Da stehe ich auf der Sonnenseite, ganz klar. Ja, damit bin ich zufrieden. (...) Die persönliche Erfüllung zu sehen, es gibt eine Expertise, die meine ist und die geschätzt wird von anderen, so dieses Feedback, also diese persönliche Wertschätzung darüber hinaus, dass ich ein toller Papi bin, das ist schon eine ganze Menge wert. Bei der Berechnung von Renten werden in Deutschland derzeit drei Lebensjahre eines Kindes als Kindererziehungszeiten angerechnet. 12 Um die Perspektiven aller Eltern und insbesondere Alleinerziehender zu verbessern, müsste die Anrechnung von Kindererziehungszeiten deutlich erhöht werden. Betreuung und Erziehung enden schließlich nicht nach dem dritten Lebensjahr eines Kindes. Die derzeitigen Rentenregelungen führen für Alleinerziehende häufig zu einer vorprogrammierten Altersarmut. Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben Am sozialen Leben teilnehmen und kulturelle Angebote wie Kino- oder Theaterbesuche wahrnehmen zu können, ist für viele Alleinerziehende, insbesondere jene mit kleinen Kindern, kaum möglich. Eine erwerbslose Mutter eines fünfjährigen Kindes erzählt: Und ich habe ja auch kein normales Leben. Unter einem normalen Leben stelle ich mir eigentlich vor, dass ich auch Freiräume habe. Wenn man einen Partner hat, kann man sich die Freiräume gegenseitig schaffen und die habe ich als alleinerziehende Mutter nicht. Ich kann sie mir auch nicht schaffen, weil das Geld fehlt. Die große Bedeutung von Anerkennung als Vater und im Beruf wird hier deutlich. Gleichzeitig beschreibt dieser alleinerziehende Vater, dass ihn die durch die Teilzeittätigkeit gegebene ungenügende Absicherung seiner Rente manchmal nervös macht: Wenn ich so an mein Alter denke und sehe, was ich bislang so in die Rentenkasse eingezahlt habe, dann werde ich schon bisweilen unruhig. 12 Vgl. Familienhandbuch 2010.

45 44 Armut und Alleinerziehen Die Finanzierung privater Kinderbetreuung in den Abendstunden ist für erwerbslose Alleinerziehende und Geringverdienerinnen kaum realisierbar. Erklärt sich niemand aus dem sozialen Umfeld bereit, ab und zu auf das Kind beziehungsweise die Kinder aufzupassen, sind die Bewegungsmöglichkeiten Alleinerziehender mit kleinen Kindern extrem eingeschränkt. Die problematische finanzielle Situation fördert soziale Isolation und kann in Resignation enden: Manchmal ist es so, dass ich denke, man, ist das ein Elend, das hast du dir nicht so vorgestellt. (...) Und ich habe so viel ausprobiert, auch mit mir selber und nachgedacht, was soll ich denn hier abends immer machen? Man hat ja kein Programm, also man sitzt rum und denkt immer an seinen eigenen Schaltkreis (...). Inzwischen denke ich, ich kann das nicht ändern, ich kann mich nicht zerfleischen, ich muss die Dinge so nehmen, wie sie sind und das Beste draus machen. (...) Ja, mehr ist nicht, ist einfach so. Trotz der beschriebenen Situation gelingt dieser Alleinerziehenden eine Erziehungsleistung, auf die sie stolz ist: Es ist einfach so, es ist mein Kind und das ist in Ordnung, ich fördere sie und ich bin sehr stolz auf sie, weil ich sie für ein sehr intelligentes Kind halte. Sie hat mit acht Monaten angefangen zu sprechen. Und in der Kita haben immer alle gesagt, als sie zwei Jahre war, oh, die spricht ja schon so gut, und ich hätte sie ja auch schon einschulen können. Ich sagte, nee, noch ein Jahr ist schon gut. Sie ist jetzt nicht ein kleiner Mozart oder so, aber ich bin einfach stolz, dass ich das schaffe, obwohl ich keinen Job habe und trotzdem ich ziemlich wenig Geld habe, artikuliert sich mein Kind im Verhältnis zu anderen außergewöhnlich gut und ist auch sehr selbstbewusst. 13 Vgl. zusammenfassend: Niepel 1994: 138 ff. Von großer Bedeutung ist auch hier die Anerkennung der Erziehungskompetenzen der Mutter durch das institutionelle Umfeld, in diesem Fall durch die Erzieherinnen der Kindertagesstätte. Von erwerbslosen Eltern wird häufig thematisiert, dass sie nicht über die Mittel verfügen, ihre Kinder kulturell zu fördern. Für Kinder bedeutet Armut, wie sie durch die Arbeitslosengeld-II-Regelsätze gegeben ist, die Verhinderung der Teilnahme an Musik-, Sport- und Kulturangeboten. Hier wird der Staat seiner Verantwortung nicht gerecht. Das derzeit in Umsetzung befindliche Bildungs- und Teilhabepaket, innerhalb dessen Zuschüsse zum Mittagessen und Bildungsangebote für Kinder beantragt werden können, stellt keine angemessene Lösung dar. Wenngleich es positive Ansätze gibt, wie die Übernahme der Kosten von schulischen Tagesausflügen, so ist doch zu kritisieren, dass eine Institutionalisierung zusätzlicher sozialer Kontrolle von Eltern und Kindern erfolgt und dass die Höhe der Zuschüsse den Bedarfen nicht entspricht. Auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales steht, dass Eltern sich beim Jobcenter über geeignete Angebote der schulischen Förderung informieren sollen, wenn es keine ausreichenden regulären schulischen Angebote gibt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Jobcentern sind jedoch nicht für eine solche Beratung qualifiziert. Einkommen und Erwerbsstatus dürfen keinen Einfluss auf die Entscheidungsfreiheit von Eltern über die Frage haben, welche Angebote für ihre Kinder die richtigen sind. Vollkommen unverständlich ist, wieso die Kosten für das Schulmittagessen, so vorhanden, nicht vollständig übernommen werden. Der verbleibende Eigenanteil des Kindes von einem Euro frisst fast die Hälfte des für Ernährung vorgesehenen Betrages der Regelsätze für Kinder auf. Gehen die Verantwortlichen davon aus, dass es ausreicht, einmal täglich satt zu werden? Für die Monatskarte werden nur dann die Kosten vollständig übernommen, wenn diese für die Fahrt zur nächstgelegenen Schule unabdingbar ist und nicht für private Zwecke genutzt wird. Hier fragt man sich: Soll das Kind umgeschult werden, wenn es, aus welchen Gründen auch immer, nicht zur nächstgelegenen Schule geht? Und wieso wird die private Nutzung der

46 45 Monatskarte untersagt? Was hat das mit Förderung von Teilhabe zu tun? Eine solche Maßnahme wie das Bildungs- und Teilhabepaket als tragfähige Verbesserung der Situation von Kindern Erwerbsloser darzustellen, stellt eine erneute Missachtung der Betroffenen dar. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass es von diesen kaum angenommen wird. Soziale Netzwerke Gesundheit In der Forschung zu Alleinerziehenden wird soziale Isolation teilweise im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zu einer unteren Sozialschicht gebracht, andere Untersuchungen zeigen ein Ansteigen sozialer Isolation in Verbindung mit einer längeren Dauer des Alleinerziehens. Die abweichenden Ergebnisse der unterschiedlichen Untersuchungen sind unter anderem darauf zurückzuführen, dass differierende Verständnisse vom Begriff Netzwerkmitglieder bestehen. 13 Fest steht jedoch, dass soziale Unterstützung und Vernetzung zentrale Aspekte des persönlichen Wohlbefindens von Alleinerziehenden sind. Eine erwerbstätige alleinerziehende Mutter erklärt zu diesem Thema: Und so ist es gut. Ich glaube dieses Lebensgefühl, das vermittelt sich dem Kind. Und das ist wichtig, um nicht selber zu denken, ja, ich verpasse was oder ich bin nicht so wie die anderen, weil ich halt so aufgewachsen bin. (...) Also, wenn ich so ein Lebensgefühl ausstrahle, glaube ich, dann ist das auch etwas, was ich ihm positiv vermittle. Wenn man nicht so zurückgezogen, vereinsamt irgendwo lebt, dann kann das Kind genauso viele Kontakte haben wie in einer Zweielternfamilie oder sogar noch mehr, weil ich viel mit Freunden unterwegs bin. Eine Untersuchung zur gesundheitlichen Situation von Alleinerziehenden zeigt, dass alleinerziehende Mütter im Vergleich zu verheirateten Müttern signifikant häufiger krank sind. 14 Zu differenzieren ist, welche Untergruppen bei den Alleinerziehenden besonders stark belastet sind und welche über ausreichend Ressourcen verfügen und kaum von sozialen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen betroffen sind. 15 Die größten gesundheitlichen Probleme treten auf, wenn Erwerbslosigkeit, finanzielle Probleme und soziale Belastungen zusammenkommen und sich gegenseitig verstärken. Ein zufriedenstellendes Einkommen fördert hingegen positive Einschätzungen der eigenen gesundheitlichen Situation. 16 Für Alleinerziehende mit gesundheitlichen Problemen sind Eltern-Kind-Kuren ein besonders wirksames Mittel, wieder zu Kräften zu kommen und die Familiensituation zu reflektieren. 17 Einige Krankenkassen lehnen Anträge auf Kuren zunächst jedoch standardmäßig ab, so dass auch bei starker Bedürftigkeit die Energie für ein Widerspruchsverfahren aufgebracht werden muss. Diskriminierungen / Geschlechter- und Familienbilder Kinder, die in Einelternfamilien aufwachsen, haben nicht per se schlechtere Startbedingungen als Kinder aus Zweielternfamilien. Hier wie dort unterscheiden sich die materiellen und sozialen Bedingungen. Allerdings werden in unserer Gesellschaft nach wie vor Zweielternfamilien idealisiert und Einelternfamilien skeptisch beäugt. Dies führt unter anderem zu Diskriminierungen von Alleinerziehenden auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt. Eine andere alleinerziehende Mutter berichtet: Das ist in diesem System ja so, wenn man außerhalb der bürgerlichen Ehe ein Kind bekommt, dann gibt es zwar Grundsicherung, aber ansonsten keine Existenzgrundlage, keine richtigen Möglichkeiten. (...) Ich hatte sehr viele Schwierigkeiten diese Wohnung zu kriegen, ich habe anderthalb Jahre auf diese Wohnung gewartet. Und als ich dann gesagt habe, ich habe einen Lebenspartner, da habe ich die Wohnung dann gekriegt. 14 Vgl. Helfferich/Hendel-Kramer/Klindworth 2003: Helfferich/Hendel-Kramer/Klindworth 2003: Vgl. Helfferich/Hendel-Kramer/Klindworth 2003: 18/ Vgl. Helfferich/Hendel-Kramer/Klindworth 2003: 20.

47 46 Armut und Alleinerziehen Diese Erzählung ist nur ein Beispiel von Benachteiligungen Alleinerziehender bei der Wohnungssuche. Es zeigt sich, dass sich gesellschaftliche Vorurteile, die in Teilen der Öffentlichkeit produziert und bestätigt werden, sich in Handlungen niederschlagen, die mit der Verteilung von Ressourcen verbunden sind. Ein weiteres Vorurteil lautet, Alleinerziehende hätten ihre Kinder weniger gut im Griff als andere Eltern. Diese Einstellung wird insbesondere gegenüber alleinerziehenden Müttern mit Söhnen geäußert und selbst von Teilen des pädagogischen Diskurses gestützt. Solche Abwertungen einer Familienform, insbesondere wenn sie durch pädagogisches Personal in Kinderbetreuungsinstitutionen beziehungsweise in Schulen transportiert werden, können zu einer ständigen Verteidigungshaltung bei Alleinerziehenden führen und das Gefühl auslösen, mit dem Rücken zur Wand zu stehen. Eine alleinerziehende Mutter berichtet über Reaktionen eines Familienmitglieds: Na ja, er ist ja nun sehr katholisch und ist der Meinung, dass eine Alleinerziehende keinen Wert hat. Also eine Frau muss einen Mann haben, sonst darf man keine Kinder kriegen. Und erst recht nicht noch ein zweites Kind. (...) Er hat mich am Anfang beschimpft, das kann man schon sagen. Also beschimpft und nicht für vollwertig gehalten. Erfreulicherweise konnte sich diese Alleinerziehende trotz der geschilderten Anfeindungen ihren positiven Blick auf ihre Kinder und auf ihre Erziehungskompetenzen bewahren: Wo ich auch wieder sage, da bin ich stolz drauf, dass ich meine Kinder allein erziehe und eigentlich doch besser klarkomme. Finanziell und auch erziehungsmäßig. Meine Kinder, die hören und die helfen auch im Haushalt mit. In der postmodernen deutschen Gesellschaft liegt die Hauptverantwortung für Kindererziehung und Familienleben nach wie vor bei den Frauen. Spiegelbildlich dazu ist die Vorstellung von männlicher Vollerwerbstätigkeit noch immer weit verbreitet und normativ aufgeladen. Das zeigt sich auch daran, dass lediglich rund sechs Prozent aller sozialversicherungspflichtig beschäftigten Männer in Deutschland in Teilzeit erwerbstätig sind gegenüber 34 Prozent der Frauen. 18 In Bremen arbeiten 37 Prozent aller sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen in Teilzeit gegenüber sieben Prozent der Männer. 19 Müttern gegenüber, vor allem wenn die Kinder noch klein sind, besteht weiterhin die Erwartung, dass sie ihre Erwerbstätigkeit reduzieren oder zumindest zeitweise unterbrechen, um die Kinder besser versorgen zu können. Ganz entgegengesetzt dazu ist die Erwartung an die Väter. Drei von fünf der interviewten erwerbslosen alleinerziehenden Väter berichten über Ratschläge, ihre Kinder zu Pflegeeltern oder ins Heim zu geben, um dem Arbeitsmarkt voll zur Verfügung zu stehen. Dass ich besser mehr Zeit zum Arbeiten aufwenden kann und dass ich eben auch schichtmäßig flexibler bin und die Kleine geht dann zu Pflegeeltern, dann ist mir diese Belastung doch genommen. Einer dieser Männer fühlt sich als alleinerziehender Vater diskriminiert: Nein, das kann ich mir nicht vorstellen, dass eine Mutter so was gefragt wird. Genau das ist das. Wenn man sagt, die Mutter arbeitet voll und das Kind ist bei mir, die Blicke, die ich dann teilweise ernte, sprechen für sich. 18 Vgl. Statistisches Bundesamt: portal/cms/sites/destatis/internet/de/content/statistiken/ Arbeitsmarkt/Sozialversicherungspflichtige/Tabellen/ Content100/Strukturdaten,templateId=renderPrint. 19 Vgl. Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Beschäftigung am Arbeitsort: Mai 2010.

48 47 Väter, die für sich die Familie an die erste Stelle setzen und die aus unterschiedlichen Gründen erwerbslos sind, zum Beispiel, weil die Arbeitszeiten als Handwerksmeister nicht mit der Familienverantwortung zu vereinbaren sind, werden häufig von ihrem privaten und institutionellen Umfeld unter Druck gesetzt, sich für die Erwerbstätigkeit und gegen die Familienarbeit zu entscheiden. In solchen Fällen wird vom sozialen Umfeld das Kindeswohl der männlichen Vollerwerbstätigkeit nachgeordnet. Ein Blick zurück auf die gesellschaftlichen Normen zu Väter- und Müttererwerbstätigkeit in der deutschen Geschichte seit dem Zweiten Weltkrieg zeigt folgendes Grundmuster: Die Vorstellungen zur Erwerbstätigkeit der Mütter in der Bundesrepublik und in der DDR, aber auch nach der Vereinigung, verändern sich mit der jeweiligen Arbeitsmarktlage. Die Vollerwerbstätigkeit der Väter hingegen ist das durchgehend dominierende Leitbild. Anerkennung / Umverteilung / Zufriedenheit Für das Wohlbefinden Alleinerziehender und die Entwicklung ihrer Kinder ist es von zentraler Bedeutung, dass die Eltern eine Zufriedenheit mit der Familienform der Einelternfamilie entwickeln. Hierfür ist neben materieller Umverteilung die Anerkennung der Leistungen ein wichtiger Aspekt. Anerkennung basiert auf der Unterlassung demütigender, diskriminierender oder ausschließender Praktiken. Darüber hinaus wird dieser Begriff auf Handlungen zur Herstellung beziehungsweise Beibehaltung von gesellschaftlichen Verhältnissen bezogen, welche allen Individuen und Gruppen Selbstachtung ermöglichen. 20 Eine alleinerziehende Mutter, die sich neben ihrer Erwerbstätigkeit für Alleinerziehende engagiert, nimmt Stellung: Also ich finds halt einfach nur ganz wichtig, anderen Leuten zu vermitteln, es ist nicht schrecklich, alleinerziehend zu sein. Es kommt einfach darauf an, wie man damit umgeht und ich glaube, dass es auch wichtig ist, eine Zufriedenheit und Gelassenheit mit der Situation zu entwickeln. Das ist umso schwieriger, je negativer das gesellschaftliche Bild ist. Deswegen finde ich es wichtig, dass das gesellschaftliche Bild positiver ist, einfach, um es den Menschen nicht noch zusätzlich schwerer zu machen. Wenn das irgendwie normaler ist oder einfach auch ja positiver gesehen und anerkannt wird, die Arbeit, die man leistet in einer Familie, speziell in einer Einelternfamilie, dass es dann nicht mehr dieses ganz Schreckliche ist, alleinerziehend zu sein. Oder generell nicht zu sagen, um Gottes willen, das ist eine Alleinerziehende (...), was kann aus der werden, was kann aus den Kindern werden? Auf die Frage nach gesellschaftlicher Anerkennung Alleinerziehender antwortet sie: Zu wenig. Wenn, dann im privaten Umfeld, aber gesellschaftlich nicht. Ich denke, generell wird in dieser Gesellschaft nicht die Arbeit in der Familie wertgeschätzt, die eine Familie an sich leistet. Das wird nicht wertgeschätzt und noch weniger, wenn es nur eine Person macht. Sorgearbeit als nach wie vor überwiegend weibliches Tätigkeitsfeld erfährt (zu) geringe gesellschaftliche Anerkennung. Dies zeigt sich unter anderem auch an den Gehältern der Berufe, in denen sorgende Tätigkeiten zentral sind, wie zum Beispiel Erzieherinnen sowie Kranken- und Altenpflegerinnen. Hier stellen sich grundsätzliche Fragen des Wertes der Menschen in dieser Gesellschaft. 20 Rinken 2005: 74/75.

49 48 Armut und Alleinerziehen Resümee Neben finanziellen und strukturellen Problemen tragen auch Aspekte wie mangelnde Wertschätzung und Diskriminierungen zu Armut und damit einhergehenden Einschränkungen bei der sozialen und kulturellen Teilhabe bei. Ein höherer beruflicher Status ermöglicht dagegen scheinbar einen besseren Schutz vor offen geäußerten Abwertungen. Wer aufgrund einer von der Norm abweichenden Familienform finanziell in Not ist und durch Erwerbslosigkeit oder prekäre Arbeitsverhältnisse unter existenziellen Ängsten leidet, hat es schwer, eine positive Einstellung zu eben dieser Familienform zu entwickeln. Die gesellschaftliche Anerkennung der Lebensleistungen Alleinerziehender ist ein wesentlicher Baustein für deren Wohlbefinden. Diese Anerkennung muss sich neben Veränderungen in der öffentlichen Debatte in Verbesserungen der materiellen Bedingungen und der Zugangsmöglichkeiten zum Arbeitsmarkt niederschlagen. Konkrete Möglichkeiten für die Verbesserung der sozialstrukturellen Situation bieten sich mannigfaltig, hier seien lediglich einige mögliche Beispiele genannt: eine Kindergrundsicherung in der Höhe von 500 Euro, wie sie zum Beispiel vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.v. (VAMV) gefordert wird; eine deutliche Anhebung der Arbeitslosengeld-II-Regel- und Mietsätze; gerechtere Rentenregelungen mit stärkerer Berücksichtigung von Phasen der Kindererziehung; Steuerregelungen, die nicht die Ehe subventionieren, wie es in Deutschland der Fall ist, sondern in denen Kinder stärker im Steuerrecht berücksichtigt werden, wie zum Beispiel in Frankreich; 21 der weitere Ausbau eines qualitativ hochwertigen Ganztagskinderbetreuungsangebots. Armut von Alleinerziehenden ist eine Frage des elterlichen Wohlbefindens wie des Kindeswohls. Eltern wie Kinder haben ein Recht auf ein menschenwürdiges Leben. Die Verantwortung des Staates liegt darin, die Bedingungen für dessen Verwirklichung bereitzustellen. Das hat nichts mit Almosen zu tun. Vielmehr ist es eine zentrale politische Aufgabe, den Boden für eine Gesellschaft zu bereiten, die allen Familienformen ein gutes Leben ermöglicht. Dies ist auch eine Frage der Geschlechtergerechtigkeit. In den letzten Jahren wurde von den Bundesministerien für Familie sowie für Arbeit und Soziales die Gruppe der Alleinerziehenden zunehmend in den Fokus des Interesses gerückt. Das ESF-Bundesprogramm Gute Arbeit für Alleinerziehende wird zurzeit auch in Bremen umgesetzt. Hier werden unter anderem ganzheitliche Beratung, Unterstützung bei der Suche nach passender Qualifizierung beziehungsweise Erwerbsarbeit und Hilfe bei der Beschaffung der erforderlichen Kinderbetreuung bereitgestellt. Es wird darauf zu achten sein, diese für Alleinerziehende existenziellen Angebote flächendeckend und nachhaltig zu sichern. Auch das Angebot von Kinderbetreuung für unter Dreijährige ist in Bremen momentan im Aufbau. Hier greifen mehrere Bausteine zusammen, die die Situation Alleinerziehender verbessern und Wege für den Ausstieg aus Armut unterstützen können. Allerdings sollten auch die Unternehmen in die Verantwortung genommen werden. Wo Arbeitsplätze fehlen, können Unterstützungsprogramme nur sehr begrenzt wirksam werden. Die Familienfreundlichkeit des Arbeitsmarktes bedarf der Verbesserung. Hier sind die zentralen Stichworte flexible Arbeitszeiten, Reduktion von Präsenzzeiten und betriebliche Kinderbetreuung mit flexiblen Öffnungszeiten. Die oben ansatzweise dargestellten unterschiedlichen Lebensgefühle Alleinerziehender zeigen, je nach strukturellen Bedingungen, persönlicher Geschichte und sozialen Netzwerken, dass das breite Spektrum von Resignation über Hoffnung bis hin zur Zufriedenheit reicht. Erstaunlich ist, wie viele Alleinerziehende ihren Kindern trotz problematischer Rahmenbedingungen unter großem Energieeinsatz ein Aufwachsen in einer Atmosphäre der Wertschätzung ermöglichen. Respekt und gesellschaftliche Anerkennung wären die angemessenen Reaktionen. 21 Vgl. Beckmann 2008: 125.

50 49 Literatur BECKMANN, Sabine (2008): Geteilte Arbeit? Männer und Care- Regime in Schweden, Frankreich und Deutschland. Münster: Westfälisches Dampfboot. Familienhandbuch 2010: Anrechnung/Berücksichtigung von Zeiten der Kindererziehung. Das Familienhandbuch des Staatsinstituts für Frühpädagogik (IFP). Abrufbar unter: _familien/s_562.html Letzter Zugriff: Familienreport Leistungen. Wirkungen. Trends. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. HELFFERICH, Cornelia/HENDEL-KRAMER, Anneliese/KLINDWORTH, Heike (2003): Gesundheit alleinerziehender Mütter und Väter. In: Robert Koch-Institut (Hrsg.): Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 14. LAUDENBACH, Peter (2009): Am Essen wird zuerst gespart. In: brand eins 05/2009, Schwerpunkt: Essen. Abrufbar unter: Letzter Zugriff: NIEPEL, Gabriele (1994): Alleinerziehende. Abschied von einem Klischee. Opladen, Leske und Budrich. RINKEN, Barbara (2005): Alleinerziehende wollen beides: Anerkennung und Umverteilung. In: Femina Politica, 14. Jg., 2/2005, RINKEN, Barbara (2010): Spielräume in der Konstruktion von Geschlecht und Familie? Alleinerziehende Mütter und Väter mit ost- und westdeutscher Herkunft. Wiesbaden, VS Verlag. USKE, Hans (2000): Sozialschmarotzer und Versager. Missachtung und Anerkennung in Diskursen über Massenarbeitslosigkeit. In: Holtgrewe, Ursula u.a. (Hrsg.): Anerkennung und Arbeit. Konstanz, Verband alleinerziehender Mütter und Väter Bundesverband e.v. (VAMV), Hasenheide 70, Berlin, Tel.: (030) , : Familienpolitisches Grundsatzprogramm. 2009: Dokumentation der Fachtagung: Klimawandel für Alleinerziehende Einelternfamilien als Seismographen für soziale Gerechtigkeit. 2010: Das ABC der Kinderarmut. WITZEL, Andreas (2000): Das problemzentrierte Interview. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Research (Online Journal), 1 (1) Abrufbar unter: Letzter Zugriff:

51 50 Willkommen im normalen Leben! x Das Küchenteam

52 51 Ralf Lorenzen x Soziologe, freier Journalist 5 Willkommen im normalen Leben! Auf den Spuren der Armut von Frauen in Bremen Ich vermisse das ganz normale Leben, sagt eine der Frauen in den knapp 20 Interviews, die für diesen Bericht über Frauenarmut in Bremen geführt wurden. Bei einer Begegnung auf der Straße würde niemand dieser Frau ansehen, dass sie arm ist. Und in der Tat, wenn man Armut über das Existenzminimum definiert und nicht erst dort verortet, wo Menschen betteln oder in Mülltonnen nach verwertbaren Dingen suchen, dann ist Armut in vielen Bremer Ortsteilen mit einem hohen Anteil von Hartz-IV-Empfängern bereits das ganz normale Leben. Aber das ist eine Sache der Statistiker, in diesem Kapitel geht es um den persönlichen Umgang mit Bedürftigkeit. Um die innere Mauer, die arme Menschen vom normalen Leben trennt, die aber jede Frau an einer anderen Stelle wahrnimmt. Fast niemand in diesen Interviews hat sich selbst als arm bezeichnet. Es ist eine Binsenweisheit, sie muss aber beim Thema Armut wiederholt werden: Armut hat unendlich viele Schattierungen, auch in objektiv gleichen Lebenslagen. Ein paar davon werden in diesem Kapitel gezeigt. Die Auswahl der Gesprächspartnerinnen verfolgte das Ziel, besonders drei Lebenslagen in den Blick zu bekommen: junge Frauen vor dem Start ins Berufsleben, alleinerziehende Mütter und ältere Frauen, die aus dem Arbeitsprozess herausgefallen sind. Der Zugang erfolgte meist über Mitarbeiterinnen in Beratungs-, Betreuungs- und Qualifizierungsprojekten für diese Frauen. Das hat den Vorteil, dass sie gezielt Frauen ansprechen konnten, von denen sie annahmen, dass sie zu einem ausführlichen Interview bereit wären. Denn es gibt kaum ein Thema, über das Menschen weniger gern sprechen, als über ihre eigene Armut. Bei dieser Vorauswahl besteht die Gefahr, dass ein geschöntes Bild der Wirklichkeit entsteht. Denn wer sich Hilfe holt und aktiv dabei ist, über seine Lebenssituation zu berichten, dem geht es meist schon besser als der Mehrzahl der anderen, die in ihrer Lage verharren. Es ist aber nicht das Ziel dieses Berichtes, besonders skandalöse Zustände aufzuzeigen, sondern den betroffenen Frauen auf den folgenden Seiten eine Stimme zu geben. Dazu gehören auch die Beraterinnen in den besuchten Projekten, die aufgrund ihrer Erfahrungen die persönlichen Blickwinkel der Frauen noch erweitern. Entstanden ist eine kleine Bremen-Reise aus dem äußersten Westen bis zum äußersten Osten von Bremen, mit kleinen Pausen in einem Café im Stadtzentrum. Der Ausgangspunkt liegt allerdings dort, wo sich bedürftige Menschen in großer Zahl versammeln: bei der Bremer Tafel. Der tägliche Treck ans Ende der Stadt Zu Besuch bei der Bremer Tafel Lang zieht sich der Schwarze Weg Richtung Norden. Wenige Autos fahren hier am frühen Nachmittag, Busse schon gar nicht. Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln von hier in die Innenstadt will, muss zum Straßenbahndepot in der Gröpelinger Heerstraße. Es sind andere Verkehrsmittel, die den Schwarzen Weg ab 14 Uhr bevölkern: Fahrräder mit Anhängern, kleine Bollerwagen und vor allem Einkaufsroller liebevoll Hackenporsche genannt. Kurz bevor die Stadt endet, biegt die Karawane nach links ab auf eine Stichstraße. An einer unscheinbaren Kellertür kommt der Treck zum Stillstand, darauf ein Schild: Bremer Tafel.

53 52 Willkommen im normalen Leben! Während sich draußen Männer und Frauen jeglichen Alters im Wartebereich sammeln, der aus zwei gegenüberstehenden Gartenbänken besteht, herrscht in den engen Kellerräumen emsiges Treiben. Aus den Vorratskammern und Lagerräumen schleppen die Helfer die Lebensmittel in den Ladenraum. Alle Sorten von Lebensmitteln werden hier ansprechend für die Abgabe an die Bedürftigen ausgestellt: von Grundnahrungsmitteln wie Kartoffeln, Nudeln und Brot über Gemüse, Milch und Joghurt bis zu Fleisch, Fertiggerichten und ein paar Genussmitteln wie Kaffee und Schokolade. Auch ein paar Schnittblumen sind heute im Angebot. Das Angebot unterscheidet sich täglich, je nachdem, was da ist, erzählt die Leiterin der Gröpelinger Tafel, Hannelore Vogel, an ihrem Schreibtisch. Die Kunden können vorher durchgehen, sich das Angebot angucken. Aussuchen dürfen sie allerdings nicht, die Mitarbeiter an der Ausgabe entscheiden je nach Angebot, was im Bollerwagen landet. Ausnahmen gibt es nur bei Menschen, die aufgrund von Diäten oder religiösen Einschränkungen nicht alles essen dürfen, Schweinefleisch zum Beispiel. Eine Vollversorgung gibt es hier für niemanden, lediglich Hilfe zum Lebensunterhalt. Wir haben Glück, dass es in Bremen so viel Nahrungsmittelindustrie gibt, sagt Hannelore Vogel und zählt einige Großspender auf, die eine zuverlässige Versorgungslage garantieren. Dennoch gibt es saisonale Engpässe, denen mit einer perfektionierten Vorratswirtschaft begegnet wird. Seit ihren Anfängen vor 15 Jahren sind die beiden Bremer Tafeln zu einem mittelständischen Betrieb gewachsen. Hier in Gröpelingen haben wir 22 Ein-Euro-Jobber und 15 Ehrenamtliche. In Hemelingen gibt es insgesamt fast 75 Mitarbeiter, meist Ehrenamtliche. Fahrteams, zwei Kühltransporter, dreimal die Woche Großmarkt, Aufbau ab sieben, Ausgabe ab drei, Feierabend um sechs. Frau Vogel erzählt die betriebswirtschaftlichen Kernzahlen so, dass ihre Vergangenheit als Betriebswirtin für Außenhandel unüberhörbar ist. Vor zehn Jahren hat sie eine Freundin hierhin begleitet, die die Lebensmittel nicht mehr allein tragen konnte. Da suchten sie Leute zum Fahren. Heute ist das ein Fulltime-Job für mich. Wer muss sich hier eigentlich schämen? Draußen sammeln sich immer mehr Kunden. Hartz-IV-Empfänger, Asylbewerber, Menschen mit niedrigem Arbeitslosengeld, Studenten das ist der Kreis der Berechtigten. Genauso viele Männer wie Frauen, auch Ehepaare, beileibe nicht nur ältere. Jeder Berechtigte hat einen festen Wochentag auf seiner Karte vermerkt. Man kennt sich also. Den Klönschnack gibt es hier für den einen Euro, den jeder bezahlen muss, wenn er seine Ausgabe-Nummer erhält, inklusive. Die Reihenfolge wechselt jedes Mal, so dass keiner benachteiligt wird. Ganz zum Schluss sind die Neuen dran. Die müssen viermal hintereinanderkommen, bevor sie in die Liste aufgenommen werden und Lebensmittel für die ganze Familie mitnehmen können. Ich habe heute Nummer 18, freut sich Mittwochskundin Anita K. in der Gröpelinger Nachmittagssonne. Ihr Mann, genauso arbeitslos wie sie, passt zu Hause auf die vier Kinder auf. Für die 35-Jährige ist der Tafelbesuch etwas wie eine willkommene Abwechslung geworden. Das ist hier fast schon wie eine verschworene Gemeinschaft. Das war nicht immer so. In den ersten Jahren, nachdem ihr Mann arbeitslos geworden war und sie mit dem Geld überhaupt nicht mehr hinkamen, scheute sie sich, zur Tafel zu gehen. Ich wusste, dass es das gab und wir hätten das dringend gebraucht, aber die Scham war größer. Irgendwann wurde die heimische Versorgungslage dann so katastrophal, dass sie sich einen Ruck gab. Aber ohne meine Freundin, die mich begleitet hat, hätte ich das nie geschafft. Inzwischen trifft sie im Alltag viele Menschen wieder, von denen sie nie gedacht hätte, dass sie auf die Tafel angewiesen sind. Und schämen tut sie sich nur noch für andere: Fünf Euro mehr Hartz IV? Ich würde mich als Politiker ja schämen, so was überhaupt auszusprechen. Über die Jahre hat auch Hannelore Vogel einen Wandel im Kreis der Bedürftigen festgestellt. Nach den Hartz-IV-Reformen ist der Anteil der Jüngeren stark angestiegen. Insgesamt beobachtet sie ein Absinken der Hemmschwelle, da immer mehr Leute sich hier in

54 53 der richtigen Gesellschaft sehen. Gesunken ist allerdings auch die Hemmschwelle der staatlichen Organe im Umgang mit der Tafel. War sie ursprünglich mal als Hilfe in der größten Not konzipiert, wird sie von manchem Politiker und Behördenvertreter heute fast als Regeleinrichtung missverstanden. Es kommen immer wieder Politiker, die wollen das Arbeitslosengeld II kürzen und sagen, die Empfänger können sich das Fehlende ja von der Tafel holen. In Bremen zum Glück nicht, aber auch hier hat die BAgIS die Leute schon mal zur Tafel geschickt, wenn ein Antrag noch nicht bearbeitet war. Dann stand hier schon um 10 Uhr, wenn es noch gar nichts gibt, eine Schlange vor der Tür. Wenn die Leute Pech hatten, kamen sie aus Findorff und hatten nur für einmal Straßenbahn-Geld und konnten nachmittags nicht noch mal herkommen. Während Hannelore Vogel bei dieser Schilderung noch ruhig bleibt, sträuben sich der ehrenamtlichen Mitarbeiterin Anne Bleyl bei diesem Thema die Haare. Es kommen hier Leute an, denen wurde von der BAgIS gesagt, sie würden kein Geld kriegen, hätten aber bei der Tafel einen Anspruch auf Lebensmittel, erzählt sie und holt kurz Luft. Nein, hier hat niemand einen Anspruch, das ist eine private, ehrenamtliche Organisation. Wir tun, was wir können, aber wir sind nicht verpflichtet, etwas zu tun. Wir können ja auch nur das ausgeben, was wir bekommen haben. Die Lebensmittel wachsen nicht in meiner Hosentasche. Und dass Ämter Leute herschicken, weil sie bei ihnen nichts bekommen, geht gar nicht. Ganz klar. Der Wagen von Anne Bleyl war der erste Privatwagen, der für die Gröpelinger Tafel fuhr. Die alleinerziehende Mutter von fünf Kindern arbeitet nicht nur im Schnitt acht Stunden in der Woche ehrenamtlich für die Tafel sie versorgt auch Grundschulen mit kostenlosen Computern. Weil der Senat das nicht tut. Auch sie hat über die Jahre Veränderungen bei den Bedürftigen festgestellt. Es sind mehr geworden und obwohl wir immer mehr wachsen, wird die Warteliste immer länger. Bei den Gründen dafür kommt sie nach Bildung und Hartz IV auf das Thema, das sie am meisten bewegt und erst so richtig zum Kochen bringt. Es fehlen die Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder der alleinerziehenden Frauen. Wenn ich nicht als selbstständige IT-Beraterin meine Server nachts hochfahren und meine Arbeitszeit frei einteilen könnte, würde ich das auch nicht hinkriegen, erzählt sie und analysiert die Hintergründe des Dilemmas. Kinder sind immer ein Handicap in der Gesellschaft. Das Armutsrisiko Kind ist größer geworden. Frauen sind standardmäßig die Betreuer der Kinder. Wie will man arbeiten, wenn die Kinder maximal von viertel nach acht bis dreizehn Uhr betreut sind? Wo will man da einen Job finden? Man muss das Kind ja auch noch hinbringen, zur Arbeit kommen und dann wieder einfangen, da bleibt ein Zeitfenster von drei bis vier Stunden. Wo will man da einen Job finden, der einen ernährt? So hoch kann keine Qualifikation sein, dass man da in den finanziell abgesicherten Bereich kommt. Schon über hundert Leute haben an diesem Nachmittag den Gang durch den engen Keller gemacht und ihre Hackenporsche mit Kartoffeln, Blumenkohl, Äpfeln, einem Stück Fleisch und einem Strauß Nelken beladen. Draußen warten immer noch 15 Menschen, die noch keine Berechtigungskarte haben. Der Rückweg über den Schwarzen Weg ist beladen noch mühseliger. Die Älteren schaffen manchmal den Weg nicht mehr, Bringedienst können wir uns nicht leisten, sagt Hannelore Vogel, kurz bevor sie für heute Feierabend macht. Immerhin einmal in der Woche kommen jetzt zwei Jugendliche aus einem Qualifizierungsprojekt

55 54 Willkommen im normalen Leben! in der Nähe, die den besonders Schwachen die Lebensmittel nach Hause bringen. NAHlos heißt das Projekt und seit einige der Teilnehmer für die Tafel arbeiten, ist die Hemmschwelle etwas kleiner geworden, hier auch mal als Kunde aufzukreuzen. Bei NAHlos machen junge Frauen erste Berufserfahrungen Wenn zum Ende des Geldes noch ganz viel Monat über ist und wir dann vorschlagen: Geh doch zur Tafel, heißt es fast immer. Nee, das mache ich nicht, berichtet NAHlos-Mitarbeiterin Anja Mayer. Und ihr Kollege Stefan Wörpel ergänzt: Das ist ja das Eingeständnis: Ich bin arm. Alle wollen sich ja als Teil der Wohlstandsgesellschaft fühlen, auch wenn sie es nicht sind. Bei NAHlos, in dessen Namen sich Heimat, Fremde und Aufbruch so geschickt verbinden, holen sich junge Erwachsene, die in ihrer beruflichen Entwicklung gestrandet sind, unter der Anleitung von drei Sozialpädagogen neue Orientierung und frisches Rüstzeug für einen neuen Anlauf. So wie Crissy, die im EDV-Bereich arbeitet. Auch bei ihr ist nach dem Ende des Geldes meist noch über die Hälfte des Monats übrig. Bei einer Tasse Kakao im Einkaufstempel Waterfront, der vom NAHlos-Projekt nur eine Fußgänger-Ampel entfernt liegt, erzählt Crissy, wie es dazu gekommen ist. Das Geld war schon früher immer knapp, meine Mutter hat von Hartz IV gelebt, wir waren sechs Geschwister, einen Vater gab es nie. Den Hauptschulabschluss macht sie an der Sonderschule. Mit 15 werden die familiären Probleme so massiv, dass sie in eine Jugend-Wohngemeinschaft kommt. Die weiterqualifizierenden Einrichtungen, die sie anschließend besucht, nennt sie Absteigen, Aufbewahrungsorte mit Beschäftigungstherapien. Ihren eigentlichen Berufswunsch nimmt niemand ernst. Mein Traumberuf ist Tierpflegerin, aber der Zuständige bei der Bundesagentur für Arbeit hat gesagt, im praktischen Bereich würde ich alles schaffen, aber im schulischen nicht. Das hat mir immer zugesetzt. Erst bei NAHlos unterstützen die Pädagogen sie dabei, ihre Ziele zu erreichen. Hier haben sie aber gesagt, ich soll weiterkämpfen. Deshalb habe ich jetzt auch eine Bewerbung für eine Ausbildung im Tierheim abgegeben. In der Bewerbung habe ich auch ein Praktikum angeboten, damit sie sich ein Bild machen können. Wenn das mit der Ausbildung nicht klappt, möchte ich den Realschulabschluss nachmachen. LORENZEN: Wie viel Geld haben Sie im Moment zum Leben? CRISSY: Von der BAgIS bekomme ich 205 Euro, dazu kommen 184 Euro Kindergeld und 80 Euro Aufwandsentschädigung von NAHlos. Die Miete wird von der BAgIS bezahlt, Strom muss ich selbst bezahlen. LORENZEN: Kommen Sie damit aus? CRISSY: Das Problem ist, dass ich noch nicht so mit Geld umgehen kann und meinen Freund im Augenblick unterstütze, da er drei Monate Sperre hatte. Das würde er auch für mich tun. Das Geld ist meist am Zehnten weg. Meistens pumpe ich mir dann etwas von einer Freundin, aber wenn ich ihr das zurückbezahle, fehlt das ja auch wieder. Das ist ein Kreislauf. LORENZEN: Wie groß ist Ihre Wohnung? CRISSY: Das ist eine Einzimmerwohnung am Bahnhof, 21 Quadratmeter groß. Mein Freund ist auch meistens da, dazu die Haustiere. LORENZEN: Welche? CRISSY: Sechs Hausratten. Die sind total sauber und pflegeleicht, wirken nur wegen der langen Schwänze für manche so eklig. LORENZEN: Wofür geben Sie Ihr Geld aus? CRISSY: Für Deko-Sachen wie Kerzenständer, Bücher, Lebensmittel, DVDs. Ich habe jetzt auch einen Computer, aber kein Internet. Außerdem zahle ich noch über Euro Schulden für einen Handy-Vertrag ab. Dabei hilft mir meine Betreuerin vom Jugendamt. LORENZEN: Und wofür reicht es nicht? CRISSY: Ich vermisse das vernünftige Essen, da sieht es mau aus. Wir essen viele Süßigkeiten und Fast Food. Wir kochen wenig, ich habe ja nicht mal einen Backofen, um mal was

56 55 aufzuwärmen, auch keine Mikrowelle. Nur eine Doppelplatte. Aber ich habe ja noch Anspruch auf Erstausstattung. LORENZEN: Vermissen Sie sonst noch etwas? CRISSY: Ich verzichte auch auf vernünftige Klamotten und den Friseur. Wir gehen zweimal im Monat auf die Discomeile, mehr ist nicht drin. Ich würde gern mal in eine Ausstellung gehen oder in den Bremerhavener Zoo. Verreist bin ich erst einmal in meinem Leben, als Kind nach Norderney. LORENZEN: Wo möchten Sie denn gern mal hin? CRISSY: Nach China. Mein Freund war schon mal da. Der kann auch Chinesisch, ist mit einem Chinesen aufgewachsen. Ich mag auch gern Kung-Fu-Filme. LORENZEN: Wie würden Sie Ihr augenblickliches Lebensgefühl beschreiben? CRISSY: Ich bin optimistisch. Was meine Vergangenheit angeht, habe ich das hingekriegt mit einem Therapeuten, das nagt nicht mehr an mir, da habe ich mich weiterentwickelt. Trotzdem leide ich ein bisschen unter meiner finanziellen Situation, dass ich mir nicht mehr leisten kann. LORENZEN: Worin sehen Sie die Ursachen für Ihre Situation? CRISSY: Klar würde ich am liebsten meine Schuld abgeben, aber das bringt mir ja auch nichts. Ich habe mich ja selbst in diese Situation gebracht. Ich mache einfach das Beste daraus. LORENZEN: Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft vor? CRISSY: Ich möchte eine größere Wohnung, in einer WG oder mit meinem Freund. Mit Haustieren. An erster Stelle kommt die Berufsausbildung, da habe ich lange geschlurt, aber jetzt gebe ich Vollgas. Zurück im NAHlos-Projekt, wo es jetzt nach dem Mittagessen duftet, das die Hauswirtschaftsgruppe wie jeden Tag für alle zubereitet. Im Gespräch mit den Sozialpädagogen zeigt sich, dass die Schilderungen von Crissy vieles von dem enthalten, was auch für andere der jungen Leute hier gilt. Nur wenige sind von zu Hause den Umgang mit Geld gewöhnt, kennen keine Prioritätenlisten oder einen realistischen Haushaltsplan. Zudem kommen viele hier schon mit einem Berg Schulden an, auch hier ist Crissys Handy-Vertrag ein typisches Beispiel. Vorschüsse sind deshalb ein ständiges Diskussionsthema die gibt es aber nur in Ausnahmefällen, für Bewerbungsfotos zum Beispiel. Erschwert wird die stabilisierende Arbeit von NAHlos zunehmend durch zwei gegenläufige Entwicklungen. Die Lebenslagen der Klienten werden immer problematischer auf der anderen Seite wächst der Erfolgsdruck durch die BAgIS. Es hat eine Verschärfung gegeben, erzählt Stefan Wörpel. Es wird nach Fehlzeiten geguckt und wenn ein Limit überschritten wird, fliegen die Leute halt raus. Die konkrete Situation wird nicht berücksichtigt, dass jemand vielleicht gerade von der Straße kommt und obdachlos war. Da kann ich nicht erwarten, dass der gleich funktioniert. Wir lassen uns auf diesen Prozess ein, das bedeutet dann eben auch mal aufsuchende Arbeit und zu den Leuten nach Hause zu gehen. Da braucht man oft mehrere Anläufe. Das muss man der BAgIS immer sehr explizit erörtern. Crissys Ehrgeiz, trotz schwieriger Ausgangsbedingungen für einen Ausbildungsplatz zu kämpfen, ist keine Selbstverständlichkeit. Nur ein kleiner Teil der Klienten wird von NAHlos in Ausbildung vermittelt, dafür bringen die meisten gar nicht die Voraussetzung mit, meist ist die Vermittlung in eine ungelernte Tätigkeit schon ein Erfolg. Und damit zumindest das öfter gelingt, ist es nach Ansicht der NAHlos-Mitarbeiter dringend nötig, Mindestlöhne zu bezahlen. Wenn von deinem sozialen Umfeld nicht die Werte vermittelt worden sind, dass es normal ist, wenn Papa und Mama arbeiten, dann fragst du dich: Warum soll ich mich für 20 Euro mehr anstrengen, wenn meine Bekannten sich noch mal im Bett umdrehen. Da kann man nur argumentieren, dass sie damit etwas für sich machen, mit jedem Tag die Chancen erhöhen, eine bessere Arbeit zu bekommen, sagt Anja Mayer und ihr Kollege ergänzt: Aber das bleibt abstrakt, für uns wäre es besser, wenn die Niedriglöhne angehoben werden, damit klar ist: Wenn ich mich bei Rossmann an die Kasse stelle, habe ich 200 Euro mehr.

57 56 Willkommen im normalen Leben! Die neugeborenen Mütter Eine Alternative zwischen Abhängen und Billigjob sehen junge Frauen hin und wieder in der Familiengründung. Das ist was Konkretes, damit ist man ja auch wieder in der Gesellschaft drin, vollzieht Stefan Wörpel entsprechende Gedankengänge nach. Nicht bei Crissy. Erst wenn ich meine Ziele erreicht habe, möchte ich auch ein Kind, sagt sie am Schluss des Gesprächs. Ein sehr vernünftiger Satz, der den Willen ausdrückt, sich das Heft des Handelns nicht mehr aus der Hand nehmen zu lassen. Ich möchte nicht von einem Kind aufgehalten werden. Es ist kein Widerspruch zu Crissys Erkenntnissen, dass es Frauen gibt, die noch jünger als sie sind, bereits ein Kind haben und trotzdem so hoffnungsvoll in ihre berufliche Zukunft gucken wie nie zuvor in ihrem Leben. Und es ist auch kein Widerspruch zu den Aussagen von Anne Bleyl über die Risiken alleinerziehender Mütter, dass diese jungen Frauen ihre Kinder im Moment ohne Partner aufziehen. Im Gegenteil, es ist ein Beweis dafür, wie Kinder und Ausbildung miteinander vereinbart werden können, wenn ein paar einfache Bedingungen stimmen. Diese jungen Mütter haben sich ein Café in der Innenstadt als Treffpunkt für das Interview gewünscht. Sie haben ihre Lehrerin aus dem Projekt BeLeM (Berufliche Lebensplanung für junge Mütter) mitgebracht. Bei BeLeM können junge Mütter ihren erweiterten Hauptschulabschluss machen, während ihre Kinder nebenan in die Kita gehen. Für Klara ist heute ein besonderer Tag. Sie wird 18. Einer der ersten Geburtstage, den sie wirklich genießen kann. Sich vielleicht sogar ein paar Leckereien leisten. Das war früher nicht drin. LORENZEN: Und wie ging es Ihrer Familie finanziell? Hatten Sie alles, was Sie brauchten? KLARA: Nein. Meine Mutter hat in der Gastronomie gearbeitet, dann hat sie ihre eigene Kneipe aufgemacht und ist in Schulden und Insolvenz geraten. Da ging es uns nicht so berauschend mit dem Geld. Ich habe nicht mehr so viel essen können und Klamotten habe ich kaum gekriegt. LORENZEN: Was heißt das, mussten Sie richtig hungern? KLARA: Mein Magen hat sich eben daran gewöhnt, nicht mehr so viel zu essen. Klar, Brot war da, aber irgendwann hatte ich auch keine Lust mehr, jeden Tag Brot zu essen. Dann ist mir der Hunger einfach vergangen. Das war so tageweise, manchmal gab es auch was Warmes. Wenn wir Einkaufen waren, hat mein Stiefvater die leckeren Sachen vor mir versteckt, dass ich die nicht essen kann. Dann ist mir alles vergangen, dann war ich einfach nur sauer und enttäuscht, dass meine Mutter sich nicht für mich eingesetzt hat. Und dann habe ich das auch gelassen. LORENZEN: Gab es denn so was wie regelmäßige Mahlzeiten? KLARA: In den letzten Jahren nicht. In meiner Kindheit hat meine Mutter darauf noch geachtet, aber seit mein Stiefvater da war, ist sie den Bach runtergegangen. LORENZEN: Konnten Sie sich denn sonst irgendetwas leisten, irgendwelche Freizeitvergnügen, mal ausgehen? KLARA: Nur Treffen mit Freunden. LORENZEN: Ging es denen ähnlich oder gab es auch Freunde, die mehr hatten als Sie? KLARA: Ja klar hatten einige mehr als ich, sogar oft. Aber das habe ich gar nicht so wahrgenommen. LORENZEN: Also haben Sie nicht besonders darunter gelitten? KLARA: Ich fand es schon traurig, aber ich habe den Stand damals akzeptiert, ich habe das so angenommen und mich dran gewöhnt. Eine Zeit lang hatte ich aber auch eine leichte Depression, glaube ich. Die Geschichten vom Stiefvater, der den Kindern nichts gönnt oder sogar gewalttätig wird, durchziehen diese Interviews genauso wie die von den Vätern, die sich absetzen und keinerlei Verantwortung übernehmen. Und wie die von den überforderten Müttern, die meist ebenfalls jung Kinder bekommen, früh heiraten, sich vom ersten Mann relativ schnell scheiden lassen, am zweiten zu lange kleben bleiben und in dem Bemühen, jedenfalls diese

58 57 Beziehung zu retten, das Wohl des Kindes völlig aus dem Blick verlieren. Diese Geschichte erzählt die 60-jährige Frau wie das 17-jährige Mädchen die Risiken für Kinder in prekären, benachteiligten Verhältnissen scheinen sich in den letzten 50 Jahren nicht wesentlich verändert zu haben. In den allermeisten Fällen wiederholt sich diese Geschichte immer noch in Abstufungen in der nächsten Generation. Relativ neu dürfte sein, dass ausgerechnet eine Schwangerschaft mit fünfzehn die Chance für einen Ausstieg aus diesem Teufelskreis bietet. Als Klara von ihrem Jugendfreund ungewollt schwanger wird, versucht sie in der ersten Zeit, den kleinen Sohn mithilfe der Mutter aufzuziehen. Das achte Schuljahr beendet sie noch mit dem Hauptschulabschluss, verlässt dann aber die Schule. LORENZEN: Wie habt Ihr das denn zu Hause hingekriegt? KLARA: Die erste Zeit war ich ziemlich kaputt wegen des Aufstehens und Flasche geben. Die Freizeit hat mir gefehlt. Mit diesen Einschränkungen und Herausforderungen bin ich erst gar nicht so klargekommen, da hat mir meine Mutter auch geholfen. Irgendwann meinte sie dann, es geht nicht, dass sie immer aufstehen muss und sich um den Kleinen kümmern soll. Aber ich war einfach fertig und hatte Augenränder bis zu meinem Mund runter. Mit meinem Stiefvater lief das immer schlechter. Er hat mich immer angeschrien und unter Druck gesetzt. Irgendwann habe ich gesagt, ich muss einen Schlussstrich ziehen und erwachsen werden. LORENZEN: Wie haben Sie denn einen Schlussstrich gezogen? Wo sind Sie hingegangen? KLARA: Als ich von zu Hause ausgezogen bin, habe ich meinen Sohn ja schon ein halbes Jahr gehabt. Ich habe zum Jugendamt gesagt, ich brauche eine Übergangspflegestelle, ich kann das so nicht weitermachen. Dann bin ich alleine in eine Wohngemeinschaft ins Steintor gegangen. Meinen Sohn habe ich natürlich wöchentlich in der Pflegefamilie besucht. Aber erst mal habe ich meine Freiheit wieder genossen. Nach einem halben Jahr bin ich dann in ein Mutter-Kind-Heim eingezogen und habe meinen Sohn wieder genommen. Ohne Probleme, ich hatte ihn ja freiwillig abgegeben. In dem Heim habe ich mich nach ein, zwei Monaten gefestigt gefühlt und mir ist ziemlich schnell klar geworden, wie es weitergehen soll. Ich muss für mich etwas tun, ich muss für meinen Sohn später ein Vorbild sein und für mich mehr erreichen, als nur Mutter zu sein und zu Hause zu hängen. Das ist nicht meine Lebensaufgabe, und dann habe ich für mich einfach beschlossen, dass ich die Schule weitermachen will. Ich hatte oft mal etwas von BeLeM gehört. Tolles Projekt dachte ich, da möchte ich mich auch gerne mal bewerben. Und dann habe ich das gemacht und wurde aufgenommen. Mit dem Vater des Kindes ist Klara schon länger nicht mehr zusammen. Finanziell sieht ihre Lage im Augenblick so aus: 520 Euro von der Jugendhilfe plus Kindergeld für sie und den Sohn. Macht insgesamt rund 800 Euro. Davon gehen Strom, Kindergruppenbeitrag und Windelgeld ab. Für Essen, Kosmetik, Duschgel, Waschmittel und anderen Kleinkram gibt sie insgesamt 400 Euro aus. Meistens schafft sie es, das ganze Kindergeld zurückzulegen: für Reparaturen oder auch mal einen Besuch bei der Schwester. LORENZEN: Gibt es auch etwas, das Sie vermissen? KLARA: Ich würde mir natürlich gern jeden Monat Klamotten kaufen, wie andere meiner Freundinnen. Ich habe auch viele Löcher in meinen Klamotten, ich kaufe mir meistens gar keine Klamotten. Für mich kaufe ich mir nur meine Cremes und Wimperntusche, vielleicht mal ein gutes Shampoo. LORENZEN: Sie selbst hatten als Kind ja nicht viel zu essen. Achten Sie bei Ihrem Sohn darauf? KLARA: Auf jeden Fall, ich fühle mich gar nicht wohl, wenn nichts zu essen da ist. Ich möchte auch meinen Gästen was anbieten können, es muss immer etwas da sein. LORENZEN: Wie würden Sie Ihr augenblickliches Lebensgefühl beschreiben? KLARA: Ich habe ein Gefühl von Vermissen in mir drin. Mein früheres Leben war nicht so strukturiert, ich hatte mehr Freiheiten, konnte mehr unternehmen. Ich bin viel mehr auf mich alleine gestellt, manchmal sehne ich mich

59 58 Willkommen im normalen Leben! nach meiner Vergangenheit und denke mir, was anders hätte laufen können. Insgesamt bin ich aber zufrieden, dass ich mein Leben auf die Reihe gekriegt habe. Ich habe jetzt auch die Möglichkeiten, mich selber und meinen Sohn zu verpflegen, wie ich das gerne möchte. Und eigentlich bin ich schon zufrieden. LORENZEN: Fühlen Sie sich ausreichend unterstützt? KLARA: Ja, im Moment bin ich in einem guten System. Wenn ich Fragen habe oder Unterstützung brauche, habe ich immer jemanden, den ich ansprechen kann. LORENZEN: Haben Sie denn schon den Raum, neue Ziele, Pläne und Wünsche zu entwickeln? KLARA: Ja!!! Auf jeden Fall. Ich bin auf Wohnungssuche. Ich würde gerne eine Dreizimmerwohnung haben, damit ich mehr Platz habe, auch für meinen Sohn. Dann möchte ich im Sommer meinen Realschulabschluss anfangen, damit ich den auch schon mal in der Tasche habe. Dann vielleicht eine Ausbildung, je nachdem, ob ich gut genug bin, mache ich auch vielleicht die Schule noch weiter. LORENZEN: Da fühlen Sie sich stark genug, das parallel mit Ihrem Kind hinzukriegen? KLARA: Auf jeden Fall. Ich stehe für mich jetzt mehr im Vordergrund. Es ist ja ein gutes Ziel, das ich mir vorgenommen habe. Das möchte ich auf jeden Fall durchsetzen, egal, was kommt. Mike und ich gehen unseren Weg. LORENZEN: Und möchten Sie noch mehr Kinder? KLARA: Jetzt erst mal nicht. Aber mit 26 oder 27 überlege ich mir das noch mal. LORENZEN: Falls sich demnächst eine neue Partnerschaft entwickelt, möchten Sie dann mit Ihrem Partner zusammenziehen? KLARA: Da bin ich nicht so ein Fan von. Ich möchte weiter alleine wohnen. Mit meinem Ex-Freund habe ich da schlechte Erfahrungen gemacht. Ich brauche mit meinem Sohn meinen Freiraum. Das möchte ich erst mal beibehalten. LORENZEN: Was wäre für Sie materieller Reichtum? Was möchten Sie sich mal leisten können? KLARA: Ein Auto, genug Geld zum Sparen, damit ich für meine Familie Urlaub buchen kann. Und dass ich immer was Neues kaufen kann, wenn was kaputtgeht. Und meinem Kind etwas bieten. LORENZEN: Haben Sie Angst davor, das nicht zu erreichen? KLARA: Natürlich würde ich das nicht schön finden, wenn ich nicht mehr mit meinem Geld klarkommen würde. Aber ich werde schon dafür sorgen, dass ich nicht in eine solche Lage komme. Helen hat ihrer Klassenkameradin bis jetzt aufmerksam zugehört. So ausführlich hat sie deren Geschichte noch nie gehört, sie haben sich ja auch erst seit Kurzem angefreundet. Jetzt ist sie erstaunt, wie viele Gemeinsamkeiten ihre bisherigen Lebenswege aufweisen. Der aggressive Stiefvater, die überforderte Mutter, Vernachlässigung der Schule, Kind mit 15 vom ersten Freund. Nur dass diesmal die Mutter den Auszug in die Wege leitete. Die wollten mich raushaben. Danach ähneln sich die Geschichten wieder: Mutter-Kind-Heim und das BeLeM-Projekt erleichtern den Weg in die Selbstständigkeit, trotz manchem Verzicht kommt sie finanziell einigermaßen klar. Anders als Klara, möchte Helen nicht weiter zur Schule gehen. Ich möchte nach dem Abschluss gleich die Ausbildung anfangen. Ich möchte auch nicht irgendwo beim Bäcker stehen, das muss schon finanziell gut geregelt sein. Demnächst mache ich ein Praktikum als zahnmedizinische Fachangestellte. Wenn mir das gefällt, könnte ich mir das als Beruf vorstellen. Oder beim Kinderarzt. Das wäre ein Traum, dann würde ich Luftsprünge machen. Wenn ich eine Ausbildungsstelle habe, würde ich mit 18 gern ausziehen. Ich möchte meinem Sohn ein schönes Umfeld bieten, vielleicht in einem Haus, Geld verdienen und einen Mann an meiner Seite haben.

60 59 Für Klara und Helen scheint die frühe Mutterschaft fast der Befreiungsschlag aus einem sehr ungesunden familiären Umfeld gewesen zu sein. In dem sie sowieso nicht richtig Kind sein konnten. Dann lieber in Turbogeschwindigkeit gleich richtig erwachsen werden. Vor dem Hintergrund von Berichten über junge Frauen in verzweifelten Lagen, die ihre Kinder weggeben oder verwahrlosen lassen, muten diese Geschichten fast paradiesisch an. Was hat das mit Armut zu tun? Zeigen sie nicht einen funktionierenden Sozialstaat, der auch in Ausnahmesituationen die richtigen Instrumente zur Verfügung hat? Sie zeigen vor allem glückliche Ausnahmen, die deutlich machen, wie gezielte Hilfen und ein funktionierendes professionelles Netzwerk einen Ausstieg aus dem Teufelskreis der Armut ermöglichen können. Erst wenn solche Angebote früh und flächendeckend zur Verfügung stehen, könnte man von einem funktionierenden Sozialstaat sprechen. Solange sollten gelungene Beispiele immer als das genommen werden, was sie sind: Spitzen eines Eisberges, unter dem sich Unmengen verzweifelter Lebenslagen türmen. Auch für Klara und Helen folgt die Nagelprobe noch, wenn sie tatsächlich auf sich allein gestellt sind. Welche Ausbildungsplätze, welche Arbeitsplätze, welche Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder hält dann diese Stadt für die tapferen jungen Frauen bereit, die sich aus Abgründen ins Leben zurückgekämpft haben? Steine im Weg Wenn Behörden ihren Job nicht richtig machen Nadia ist schon einen Schritt weiter. Auch sie hat zum Gespräch im Café Verstärkung mitgebracht. Ihre ehemalige Betreuerin aus dem Projekt Spagat, das junge Mütter nach dem Schulabschluss über Praktika dabei unterstützt, eine Ausbildungsstelle zu finden. Nadia hatte bis zum erweiterten Hauptschulabschluss eine relativ problemfreie Kindheit und Jugend. Doch dann musste sie feststellen, dass es für Mädchen, die nicht Floristin oder Friseurin werden wollen, sondern die es mit aller Macht ins Handwerk zieht, wenig Verständnis und noch weniger Ausbildungsplätze gibt. Ich habe viele Bewerbungen geschrieben, zum Beispiel als Tischler, auf die wurde entweder gar nicht reagiert oder die wurden sofort abgelehnt. Wenn man dann Absagen bekommt wie: Das ist ihrer Statur nicht zuzumuten, die aber nur das Gesicht vom Bewerbungsfoto kennen und einen nicht mal zum Vorstellungsgespräch einladen, dann ist das schon frustrierend. Zeitweise hatte ich dann auch aufgegeben. Den Dreh, wie sie es nennt, kriegt auch sie durch ihr Kind, ein Wunschkind vom ersten Freund. Mit 20. Erst geht alles schief, in der gemeinsamen Wohnung leben die jungen Eltern von Hartz IV und giften sich nur noch an. Das will Nadia ihrem Sohn irgendwann nicht mehr zumuten, trennt sich von ihrem Freund und nimmt das Leben in die eigenen Hände. Der Sinneswandel kam, weil ich dem Kind ein Vorbild sein wollte, dass man im Leben etwas erreichen muss. Das war der Knackpunkt, an dem ich auf den Dreh kam, etwas zu machen. Ich hatte vom Jugendamt eine Betreuerin, die hat mir eine Tagesmutter organisiert und danach den Kindergartenplatz. Dann nahm alles einen guten Lauf. Erst Realschulabschluss, danach das Spagat-Projekt, Praktika und jetzt der Ausbildungsplatz. Jetzt sind alle stolz auf mich, was ich als Alleinerziehende erreicht habe.

61 60 Willkommen im normalen Leben! Stolz ist Nadia auch selbst ein bisschen auf sich, vor allem weil sie jetzt in ihrem Traumberuf als Karosseriebauerin ausgebildet wird. Man hat jeden Tag etwas Neues, das ist nicht eintönig. Nach vier Wochen Praktikum habe ich mit dem Chef über einen Ausbildungsplatz geredet. Erst war das Kind der Knackpunkt, wegen der Fehlzeiten bei Krankheiten und so weiter. Bei den meisten Arbeitgebern fällt beim Thema Kind die Klappe ganz zu. Aber hier hatte ich den Rückhalt der Mitarbeiter. Die sind der Reihe nach zum Chef gegangen und haben gesagt: Das Mädel muss hierbleiben, die lassen wir nicht mehr gehen. Da war er überstimmt. Ich hätte die ganze Halle zusammenschreien können vor Freude. Finanziert wird Nadia im Augenblick aus fünf verschiedenen Quellen: Ausbildungsgehalt, Ausbildungsbeihilfe, Kindergeld für den Sohn, Unterhaltsvorschuss und ein bisschen von der BAgIS. Das macht insgesamt ungefähr Euro, der letzte Bescheid steht noch aus. Nach Abzug der festen Kosten bleiben für Lebensmittel und Kleidung 300 Euro übrig. Wer weiß, was ein Kind kostet, weiß auch, dass das nicht viel ist. Ich gucke ständig nach Angeboten und kaufe auch bei Klamotten nur das Günstigste vom Günstigsten. Das ist anstrengend. Es wird zur Gewohnheit, auf die teuren Sachen gar nicht zu achten. Oder das Kind fragt: Mama, bekomme ich das Auto? Und ich muss Nein sagen. Das tut mir dann im Herzen weh. Was ich mir wirklich gern mal leisten würde, ist ein schönes Wochenende mit meinem Sohn an der Nordsee, aber das ist finanziell überhaupt nicht möglich. Das letzte Mal ist es vier Jahre her, dass wir uns irgendwo einen schönen Tag gemacht haben. Sparen für den Führerschein ist auch nicht drin, so gern ich ihn machen würde und so sinnvoll er für meinen Beruf wäre. Noch mehr als über diese Einschränkungen, ärgert Nadia sich über die zusätzlichen Steine, die ihr die Ämter in den Weg rollen. Seit Anfang des Monats hat sie jede Woche einen neuen Brief von der BAgIS bekommen mit neuen Berechnungen. Zum Zeitpunkt des Gespräches, nach zwei Monaten in der Ausbildung, weiß sie immer noch nicht genau, was sie für sich und ihren Sohn bekommt. Der Grund dieses Wirrwarrs liegt nach Ansicht ihrer ehemaligen Spagat-Betreuerin Vanessa Jones in der unklaren Zuständigkeit bei der BAgIS, wo sich fünf bis sechs unterschiedliche Sachbearbeiter mit Nadia beschäftigen. Mein Wunsch ist, dass eine Stelle zuständig wäre. Dieser Übergang vom Spagat- Projekt in die Ausbildung hinein ist unglaublich kompliziert. Ich kann mich da an einige Krisen erinnern, wo völlig unklar war, was alles noch beantragt werden muss. Es kamen falsche Bescheide mit falschen Berechnungen. Diese Unsicherheit macht es vielen schwer, sich darauf einzulassen. Wenn Nadia nicht bei uns im Projekt gewesen wäre, hätte sie vielleicht schon damals alles hingeschmissen. Die Bescheide sind für Jugendliche nicht nachvollziehbar, die müssten einfacher sein. Und dann ist da noch die Sache mit den Unterhaltsvorschüssen. Die bekommen die Auszubildenden, wenn die Eltern den nach dem Berufsausbildungsbeihilfegesetz (BAB) errechneten Unterhalt nicht bezahlen können. Aber erst nach einer Anhörung der Eltern, die sich über Monate hinziehen kann. In dieser Zeit wird das Geld nicht ausgezahlt, in Nadias Fall waren das über 150 Euro. Da wird davon ausgegangen, dass sich die Jugendlichen das Geld schon irgendwo leihen können, aber das können gerade Benachteiligte eben nicht. Die müssen im schlimmsten Fall ihre Ausbildung abbrechen, weil sich die Verantwortlichen die Bälle zuspielen.

62 61 x Elvis the King

63 62 Willkommen im normalen Leben! Einmal in Fahrt, bemängelt die engagierte Pädagogin dann noch, dass es auch bei jungen Müttern in Ausbildung nur bis zum 25. Lebensjahr Kindergeld gibt. Für Mütter müsste das verlängert werden. Eine weitere Hürde für eine alleinerziehende Mutter in Ausbildung, die das Glück hat, dass ihr Kind auch nachmittags in der Kita bleiben kann, besteht in den Urlaubszeiten. Nadia hat einen gesetzlichen Urlaubsanspruch von 20 Tagen. Der ist schon mit den Schließungszeiten der Kita in den Sommerferien aufgebraucht. Dann kommen aber noch die Oster-, Herbst- und Weihnachtsferien sowie außerordentliche Schließungstage dazu. Doch dadurch verliert Nadia ihre Ziele nicht aus den Augen. Ich hoffe, dass ich vom Betrieb übernommen werde und dass es nahtlos weitergeht. Das Berufliche steht bei mir auf jeden Fall im Vordergrund. Ich bin beeindruckt, was man schaffen kann, wenn man will. Den letzten Satz sagt Nadia nicht so, wie ihn manche sagen, die ausdrücken wollen: Wer arbeiten will, der kriegt auch welche. Bei Nadia schwingt das freudige Erstaunen über sich selbst mit, die sich als 12-Jährige noch als kleine Floristin sah und heute nicht nur mit PS-starken Brummis hantiert, sondern sich auch noch liebe- und verantwortungsvoll um einen fünfjährigen Sohn kümmert. Risiko Kind Absturz aus der Mittelschicht Alleinerziehende Mütter werden in Hartz IV gezwungen Starkes Wollen reicht nicht immer aus, um seine Ziele zu erreichen. Die Erfahrung haben die meisten der Frauen gemacht, die sich einmal in der Woche zum gemeinsamen Frühstück in den Räumen des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) in Walle treffen. Im Bremer Landesverband sind 50 Frauen und drei Männer engagiert, was ungefähr dem Anteil von 90 Prozent Frauen unter allen Alleinerziehenden entspricht. Überwiegend sind es Hartz-IV-Empfängerinnen, die sich hier treffen, austauschen und ihre Interessen vertreten. Mehr als jede zweite alleinerziehende Frau in Bremen ist abhängig von Transferleistungen nach dem SGB II. Dies ist die zweithöchste Hilfequote unter allen Bundesländern, signifikant höher als in den beiden Stadtstaaten Hamburg und Berlin. (Armuts- und Reichtumsbericht des Senats der Freien Hansestadt Bremen 2009.) So bitter diese Zahl ist, dass sie überhaupt in einem eigenständigen Kapitel des Armuts- und Reichtumsberichts auftaucht, ist ein Erfolg des Verbandes. Die wollten uns mit anderen Randgruppen zusammenfassen. Erst als wir protestiert haben, haben wir Alleinerziehenden ein eigenes Kapitel bekommen, sagt Vorstandsmitglied Petra Gabriels. Die Stimmung unter den zehn Frauen und einem Mann, die sich hier heute treffen, ist aufgewühlt. Die Vorschläge der Bundesregierung zur Hartz-IV-Reform erregen die Gemüter. Besonders der Wegfall des Elterngeldes sorgt für regen Diskussionsstoff.

64 63 JENNIFER TRONNIER: Es ist schändlich, auf dem Rücken der Ärmsten zu sparen. KARIN GLADE: Wenn man dann bedenkt, dass im Regelsatz für Windeln 6,13 Euro im Monat veranschlagt sind, das ist unglaublich. Damit kommt keine Mutter aus. PETRA GABRIELS: Dann kannst du wie früher den Kochtopf auf den Herd stellen und die Windeln auskochen. KARIN GLADE: Was kostet das für Energie. Also muss man das wieder bei anderen Dingen, wie Nahrung, sparen. Meine Tochter brauchte spezielle Nahrung damals, die auch extrem teuer war. Ich weiß gar nicht, wie das laufen soll, wenn so etwas passiert. Ein anderes Beispiel: Für Kinder ist beim Mittagessen 1,77 Euro eingeplant. Da kann ich mein Kind nicht gesund und vollwertig ernähren. ANJA LEIBING: In der Schule kostet das Essen für mein Kind schon zum reduzierten Tarif 1,80 Euro bei Vorbestellung. Wenn meine Kinder spontan essen wollen, weil es etwas Leckeres gibt, dann zahlen sie 2,50 Euro. Und dann ist das Budget überschritten. PETRA GABRIELS: Das Elterngeld ist auch familienpolitisch ein starkes Instrument, Frauen an Männer zu binden. Die werden es sich zweimal überlegen, ob sie ihren Göttergatten verlassen, wenn sie wissen, dass sie nicht einmal Elterngeld bekommen. Ein weiterer Schritt hin zum gesellschaftlichen Stand von 1950: Die Frau gehört an den Herd. Die im VAMV zusammengeschlossenen Frauen haben zum großen Teil einen ökonomischen Abstieg hinter sich, sind oft aus einer gesicherten mittelschichts-orientierten Existenz als Arbeitslose in die Abhängigkeit von Transferleistungen abgestürzt. Durch den Status der Alleinerziehenden war die Chance von vornherein gleich null. Das hat sich nicht geändert: Jeder Arbeitgeber, der hört, sie haben Kinder und sind allein, zieht jemand anderen vor, berichtet Beate Rasch. Dazu kommt der Mangel an Hortplätzen, besonders in Zeiten, in denen auch gearbeitet wird. Für alleinerziehende Frauen, die zum Beispiel einen Job im Einzelhandel suchen, nutzen Betreuungszeiten bis 16 Uhr wenig. Da können sie tausendmal sagen, sie haben Großeltern und Freunde. Es stehen so viele Kinderlose Schlange, die eher eingestellt werden. Bis zur Einführung der Agenda 2010 bedeutete die Arbeitslosigkeit aber noch nicht automatisch den Absturz in die Armut. Dafür ist die Geschichte von Gudrun B. ein typisches Beispiel. Vorher war ich halbtags in der Marktforschung beschäftigt und konnte 280 Mark zur Arbeitslosenhilfe dazuverdienen, ohne Probleme. Dazu kam das Kindergeld, ich bin klargekommen und konnte mir sogar einen Wagen anschaffen. Und jetzt wird mir jeder Cent aus dem Maul gezogen. Mit der Anrechnung von allem Möglichen werden die Leute doch in die Insolvenz getrieben. Wie schizophren ist das denn? Es ist besser, sich richtig zu verschulden und fünf Jahre den Finger hochzuhalten, als zu versuchen, den Hintern im Machbaren zu behalten. Gudrun B. ist Akademikerin, Mutter einer 15- jährigen Tochter und seit elf Jahren alleinerziehend. Heute kann sie sich nur noch als Plasmaspenderin ein paar Euro hinzuverdienen, was nach den Reformplänen der Bundesregierung auch nicht mehr möglich sein soll. Der erste Knackpunkt kam mit dem Euro. Danach die Einführung von Hartz IV, die Erhöhung der Mehrwertsteuer und die hohen Energiekosten, die mir langsam das Genick brechen. Ich bin richtig krank geworden davon. Ich habe Rückenschmerzen, ich stand vor der OP. Mich hat das alles so belastet, das hat mich auch psychisch krank gemacht, ich habe Depressionen gekriegt. Ich strampele mich ab, um nicht in diese Asozialität abzurutschen, wo ich meiner Tochter zu Weihnachten nicht mehr eine Kleinigkeit kaufen kann oder eine Nordmann-Tanne für 15 Euro. Das Gefühl, darauf angewiesen zu sein, in so einer finanziellen Not zu sein, dass man sich selber nicht mehr helfen kann, das macht einen so passiv und so krank. Immerhin habe ich mich seit 27 Jahren Schritt für Schritt weiterqualifiziert.

65 64 Willkommen im normalen Leben! Es geht ja nicht nur darum, dass es so wenig ist. Man kommt ja auch aus der Kiste nicht mehr raus. Man wirtschaftet sich so runter. Angenommen, ich habe ein Vorstellungsgespräch: Ich kann nicht zum Friseur gehen, weil ich die Kohle nicht habe, ich kann mir keine adäquaten Klamotten kaufen, ich komme da abgewrackt mit uralten Schuhen an, mal drastisch ausgedrückt. Wer stellt mich dann noch ein? Dass ich jetzt 50 bin, dass die Arbeitsmarktsituation so ist, das ist nicht mein Verschulden. Und dass sich die Agentur für Arbeit einfach hinstellt und sagt: Ihr seid alle selbst verantwortlich, das macht mich so krank und ich bin so hilflos und ausgeliefert, das macht mich richtig zum Opfer. Wie die anderen Frauen hier kämpft Gudrun B. nicht nur um das ökonomische Überleben, sondern auch um ihr Selbstbewusstsein und ihre Würde, die durch die erzwungene Abhängigkeit von ignoranten Institutionen infrage gestellt werden. Eine Möglichkeit, erworbene Kompetenzen einzusetzen und sozialer Isolation zu entgehen ist für Gudrun B. die ehrenamtliche Arbeit, zum Beispiel in der Nachbarschaftshilfe. Als sie hört, dass Aufwandsentschädigungen für solche Tätigkeiten in Zukunft auch auf den Hartz-IV-Bezug angerechnet werden sollen, mag sie das kaum glauben. Dann muss ich meine Ämter niederlegen, das wird mir zu teuer. Als Hartz-IV-Empfängerin kann ich also demnächst noch nicht mal mehr ein Ehrenamt leisten. Ein weiteres Reizthema ist die geplante Einführung der sogenannten Bildungs-Chipkarte. Zum einen reichen die vorgesehenen 20 Euro nicht annähernd aus, da beispielsweise schon der ermäßigte Beitrag für die Musikschule 20 Euro betrage. Zum anderen wird die Bildungs-Chipkarte als weiterer Schritt in die Diskriminierung gesehen. Eine Frau berichtet: Es ist für die Kinder peinlich, mit so einem Kärtchen hinzugehen. Ich kenne das noch von früher, dass ich beim Arzt immer den Zettel vom Sozialamt vorlegen musste und alle anderen haben ihre Krankenkassenkarte hingelegt, ich weiß, wie sich das anfühlt. Die Inanspruchnahme von besonderen Unterstützungen für Kinder ist schon heute vielfach mit Diskriminierungen verbunden, wie Gudrun B. berichtet: Ich habe einen Zuschuss für die Klassenfahrt meiner Tochter beantragt, weil ich mir das nicht leisten kann. Dann wurde im Sekretariat gesagt, der Lehrer muss das ausfüllen und dann komme ich in die Klasse und überreiche das Ihrer Tochter. Ich habe gesagt: Nein, das möchte ich nicht. Sie können meine Tochter gern ins Sekretariat zitieren und es ihr da überreichen, aber nicht vor der ganzen Klasse, das möchte ich meiner Tochter nicht antun. Das ist so unsensibel. Mit Erfahrungen wie diesen werden alleinerziehende Mütter, die von Hartz IV abhängig sind, beinahe täglich konfrontiert. Und sie führen zu einem Gefühl, das Karin Glade so ausdrückt: Das macht einen fertig, wenn man seinem Kind nicht ermöglichen kann, was andere Kinder machen können. Man hat ein permanent schlechtes Gewissen und fühlt sich permanent als Versagerin. Das bekommt man auch von außen gespiegelt. Als alleinerziehende Mutter wird man sowieso genau beobachtet, ob man alles richtig macht. Aber es hilft keiner. Egal, welche Teile des Reformpakets der Bundesregierung noch vom Bundesrat oder vom Bundesverfassungsgericht gestoppt werden, die Forderungen der Frauen und Männer vom VAMV Bremen werden sich darin nicht wiederfinden: realistische Berechnung und Erhöhung der Hartz-IV-Bedarfssätze; 500 Euro Grundsicherung für jedes Kind (bei Zusammenführung der bestehenden Leistungen und in Verbindung mit einem einheitlichen Steuersystem ohne Ehegattensplitting) sowie die Abschaf-

66 65 fung des vollen Mehrwertsteuersatzes von 19 Prozent auf Kinderartikel wie Windeln, Kindernahrung und anderem. Über dem allen steht die Forderung nach Arbeitsplätzen, von denen man auch leben kann. Damit folgende Erfahrung von Beate Rasch nicht übermächtig wird. Die gesellschaftliche Einbindung, die für ein vernünftiges Leben nötig ist, bricht weg. Ich sitze zu Hause, gucke in eine wunderschöne grüne Umgebung und denke: Und was nun? Was jetzt noch? Wie geht es weiter? Wenn der Boden bröckelt Die Angst noch weiter abzurutschen, bestimmt auch das augenblickliche Leben der 40-jährigen Petra K. Die regelmäßigen Leser dieses Sozialberichtes kennen sie bereits aus dem vorigen Bericht, in dem es um die Politikverdrossenheit in benachteiligten Stadtteilen ging. Petra K. lebt seit 20 Jahren in Osterholz-Tenever. Sie ist in einem Kinderheim auf dem Land groß geworden, hat allein zwei Kinder aufgezogen und als Verkäuferin und Altenpflegerin gearbeitet. Ihren letzten regulären Job hatte sie bis zur Geburt ihrer Tochter Danach folgte eine Lebenskrise, aus der sie sich langsam wieder herausgekämpft hat. Zum Zeitpunkt des letzten Gesprächs war unklar, ob ihr Ein-Euro-Job in einem Treffpunkt für Bedürftige in Tenever verlängert wird. Umso größer ist die Freude des Interviewers, die freundliche Frau ein Jahr später in dem kleinen Café wieder anzutreffen. Das Gespräch mit ihr wird komplett wiedergegeben, weil es für sich selbst spricht und jede Zwischenbemerkung überflüssig macht. LORENZEN: Als wir uns vor einem Jahr unterhalten haben, war ja noch vollkommen unklar, ob Sie Ihren Ein-Euro-Job behalten können. Wie ist es danach weitergegangen? PETRA K.: Er wurde verlängert, dafür stehe ich im nächsten Monat auf der Straße. Der Ein- Euro-Vertrag kann nicht mehr verlängert werden, weil zwei Jahre rum sind und ich einen BEZ-Vertrag vom Träger nicht bekommen habe. Und somit bin ich nächsten Monat raus hier und muss so eine komische Schule machen. Frag mich nicht, was das ist. So ein Aufbewahrungsplatz vom Arbeitsamt. LORENZEN: Warum haben Sie keinen Vertrag bekommen? PETRA K.: Für diese BEZ-Verträge gibt es bei dieser Stelle ein Mindestalter von 55. Ich bin zu jung. Fürs Leben zu alt, für die Arbeit zu jung. Es hätte die Möglichkeit gegeben, aber es hat sich keiner darum gekümmert. Jedenfalls nicht die, die die Macht dazu gehabt hätten. LORENZEN: Wie sieht denn ab nächsten Monat Ihre soziale Situation aus? PETRA K.: Total bescheuert. Ich bin schon am Flechten eines Strickes, meine ich natürlich nicht so, aber so ungefähr geht es mir. Das Geld fehlt mir dann, es ist sowieso schon alles Mögliche gekürzt worden. Wenn ich die Schule nicht mache, wird noch mehr gekürzt, also bin ich gezwungen, die zu machen. Ich habe eigentlich dafür gekämpft, das hier weitermachen zu können. Und dann stehe ich wieder da und suche den Halt. LORENZEN: Was überwiegt, Wut, Trauer oder Enttäuschung? PETRA K.: Alles drei. Man fühlt sich in den Arsch getreten. Das können Sie vielleicht nicht nachvollziehen: Hier bin ich jetzt zwei Jahre, es ist wie eine Familie. Und jetzt: pomm, aus und weg. Das ist nicht leicht zu verkraften.

67 66 Willkommen im normalen Leben! LORENZEN: Was wiegt denn mehr, die finanzielle Einbuße oder der menschliche Verlust? PETRA K.: Es ist beides. Ich würde hier auch ohne Geld weiterhin arbeiten, wegen der Menschen. Aber das Geld brauche ich für meine Kinder. LORENZEN: Zwei Kinder haben Sie, wenn ich mich richtig erinnere. Ihr Sohn war gerade ausgezogen. PETRA K.: Richtig. Er hat jetzt seine Ausbildung fertig gemacht und hat einen Vertrag bei einer anderen Firma bekommen. Aber die sind jetzt mit seinen Leistungen nicht zufrieden, weil er sich an der Säge verletzt hat. Und jetzt überlegen sie, ob sie ihn nicht rausschmeißen. Meine Tochter ist in die dritte Klasse gekommen, sie kommt in der Schule gut zurecht. Bloß, es ist alles zu teuer geworden. Früher musste ich für den Hort sechs Euro bezahlen, jetzt 32 Euro. Das kann ich auch nicht mehr tragen. Und wenn ab nächsten Monat noch weniger da ist, weiß ich nicht, wie ich das noch machen soll. Dann kann ich den Hort nicht mehr finanzieren. Ich habe mir schon Hilfen geholt, aber es ist kaum noch tragbar. LORENZEN: Wie viel fällt denn weg, wenn der Ein-Euro-Job weg ist? PETRA K.: Über 100 Euro. LORENZEN: Woran müssen Sie denn sparen? PETRA K.: Essen tue ich selten. Ich weiß nicht, worauf ich noch verzichten soll. Ich kann mir nicht mal Schuhe leisten, ich laufe bei diesem Wetter mit Badelatschen rum. Ich weiß wirklich nicht, wie es weitergehen soll. Ich frage mich einfach, wie soll ich diesen Winter durchkommen. Meine Tochter braucht wieder Klamotten, ich kaufe mir schon gar keine mehr. Dieser Job hat mir noch ein bisschen Extra gegeben. Da hatte ich das Gefühl, ich kann mir ein bisschen erlauben und wenn es nur ein paar Socken sind. LORENZEN: Haben Sie ein Umfeld, das Sie noch etwas stützt? PETRA K.: Eigentlich nicht. Ich kämpfe ewig alleine, das habe ich Ihnen doch schon beim letzten Interview gesagt. Ich habe nur mich, meine kleine Familie, der Rest ist nur angedockt. Solange ich hier bin, habe ich noch das Gefühl, dass man sich hilft. Aber wenn man hier raus ist, ist man raus. Wer kommt denn freiwillig noch mal her? Dann ist man nicht mehr drinnen, dann ist man draußen. Dann gehört man nicht mehr in den Kreis, sondern steht davor. Das ist kein schönes Gefühl. LORENZEN: Jetzt gucken Sie erst mal, ob es andere Projekte gibt? PETRA K.: Klar, gucken, gucken, gucken. Und den Boden nicht verlieren. Nicht wieder in der Gosse landen. Das will ich nicht, dafür kämpfe ich. Du weißt, du wirst fallen, aber du willst nicht. Aber der Boden bröckelt jeden Tag mehr. Die Angst kommt näher. Und mit der Angst die alten Fehler. LORENZEN: Welche Fehler? PETRA K.: Dass man sich doch mal wieder was gönnt, mal ein Bierchen, nur für eine Minute mal für sich sein. Und davor habe ich Angst. Deswegen versuche ich zu kämpfen und zu kratzen. Ich will nicht in Bremen-Ost landen. Ich kämpfe um meine Existenz, um mein ganzes Leben. Und nicht nur um meine Kinder. Die kommen natürlich auch noch dazu. In der Nähe des Cafés, in dem Petra K. zum Zeitpunkt des Interviews jeden Morgen den Kaffee an Leute ausschenkt, die noch ärmer sind als sie selbst, liegt der Frauengesundheitstreff Tenever. Hier können sich bedürftige Frauen mit gesundheitlichen Problemen niedrigschwellig beraten lassen. Außerdem bietet die Einrichtung, die vor kurzem 20 Jahre alt wurde, kostengünstige Freizeitangebote an. Dazu kommen Alphabetisierungs- und weiterführende Deutschkurse. Die Leiterin Jutta Flerlage hat am Telefon erzählt, dass die meisten Besucherinnen Migrantinnen sind. Sie wüsste nicht, ob sie darunter Frauen finden würde, die bereit seien, über ihre Lebenssituation zu sprechen. Und dann noch mit einem Mann. Mit der Zusage, selbst bei den Gesprächen dabei zu sein, kann sie schließlich drei Frauen überreden. Zuerst kommt die 40-jährige Canan F., die in der Türkei aufgewachsen ist und seit 25 Jahren in Deutschland lebt. Zehn Kinder hat sie auf die Welt gebracht, die jetzt zwischen 6 und 21 Jahre alt sind und alle noch zu Hause leben. In einer Vierzimmerwohnung. Canan F. hatte weder in der Türkei noch in Deutschland Schulunterricht. Jetzt geht sie zweimal in der Woche zum Deutschkurs und kann sich fremden Interviewern verständlich machen.

68 67 Ihr ganzer Körper sei kaputt, erzählt sie. Nieren, Rücken und Kopf tun weh. Für das Rückentraining soll sie 25 Euro bezahlen. Das bezahlt ihr die AOK genauso wenig wie die Kur, die sie beantragt hat. Für die Kur reichen ihre Deutschkenntnisse angeblich noch nicht aus. Ihr Mann ist arbeitslos und der Älteste hat auch noch keine Arbeit. Das Geld reicht hinten und vorne nicht. Die Kleidung ist nur vom billigsten, Computer und Fahrrad für die Kinder Fehlanzeige. Die Frage danach, was sie sich denn selbst gern mal leisten würde, versteht sie nicht. Das liegt nicht am Sprach-, sondern am Rollenverständnis. Arbeit für ihren Mann und die Söhne, das ist das, was sie sich wünscht. Die Töchter kämen klar. Jutta Flerlage kennt etliche ähnlich gelagerte Lebenssituationen. Oft kommen Fragen, warum haben diese Frauen so viele Kinder? Das ist der einzige Reichtum, den sie erlangen können, und es hat da, wo sie herkommen, kulturell einen hohen Stellenwert. Andererseits bekommen sie aber auch keine Verhütungsmittel finanziert. Wenn sie mit Arbeitslosengeld II auskommen müssen, wird oft an der Pille gespart. Die Männer sind noch wesentlich stärker in ihren alten Rollen und kulturellen Vorstellungen verhaftet. Und die Frauen übernehmen nicht nur Haushalt, Kinder, Gesundheitsvorsorge, sondern sie müssen sich dann auch noch verantwortlich fühlen, dass Geld reinkommt und dass sie sich beruflich orientieren. Sie lernen meist als Letzte Deutsch, weil sie sich vorher um alles andere kümmern müssen. Einige fangen nach zehn oder fünfzehn Jahren damit an. Aber es muss auch etwas getan werden, dass die Männer Jobs finden können und so bezahlt werden, dass sie und ihre Familien davon leben können. Das ist das A und O. Die nächste Besucherin steckt ebenfalls in einer verzwickten Situation. Rania L. kam vor 18 Jahren als Bürgerkriegsflüchtling aus dem Libanon mit ihrem Mann nach Deutschland. Sie hat drei Kinder hier geboren, ist aber immer noch lediglich geduldet. Das heißt: ständige Unsicherheit, 30 Prozent weniger als Hartz IV, Arbeitsverbot. Ein Rechtsanwalt versucht gerade, für sie und ihren Mann einen Aufenthaltstitel zu erwirken. 900 Euro bekommt die fünfköpfige Familie im Monat, davon gehen 150 Euro Strom und 50 Euro Telefon ab. Bleiben 700 Euro zum Leben. Nicht mal einen Ein-Euro-Job darf die 35-Jährige annehmen. Vor Kurzem hat sie ihren Schmuck verkauft, um den Führerschein zu machen. Nun hat das Amt ihr verboten, die Fahrschule weiter zu besuchen. Ohne Pass keinen Führerschein und selbst das Geld für die Anzahlung ist futsch. Das findet sie so absurd, dass sie fast darüber lachen muss. Im Moment besucht Rania L. den kostenfreien Deutsch-Kurs und hat in kurzer Zeit große Fortschritte gemacht. Heute war ich schon im Internet-Café, habe eine geschrieben. Bin so viele Jahre hier und frage mich: Warum habe ich es vorher nicht gelernt? Habe immer mit meinen Bekannten zusammengehockt und Kaffee getrunken. Ich war jung, das war falsch. Jetzt fragen mich meine Kinder: Was ist das und das? Und ich kann ihnen nicht helfen. Jede Woche zwei Wörter, das reicht für mich. Die Kinder können aus dem Kindergarten Deutsch, langsam lerne ich von ihnen. Bald werden ihre Kinder wieder die einzigen Lehrer von Rania L. sein, befürchtet Jutta Flerlage. Den kostenlosen Kurs kann sie nur ein Jahr besuchen. Wenn sie im Duldungsstatus ist, kriegt sie keine BAM-Förderung für einen weiteren Sprachkurs. Integrationsförderung gibt es nur mit einem Aufenthaltstitel.

69 68 Willkommen im normalen Leben! Die Beraterin kennt einige Fälle, in denen Frauen den Unterricht wieder abgebrochen haben, weil sie keine Förderung mehr erhielten und sich jedes Schulbuch und Heft vom Essen absparen mussten. Bevor die letzte Interviewpartnerin kommt, bleibt noch Zeit für einen kleinen Spaziergang durch Tenever. Auf den ersten Blick mögen die hohen Häuser und steinernen Passagen abweisend wirken. Wer aber Zugang bekommt zu den öffentlichen Einrichtungen dieses Stadtteils, ob sie nun Arbeitslosenzentrum, Mütterzentrum, Frauengesundheit, Café Abseits oder anders heißen, der staunt über die gute Vernetzung und die solidarische Haltung untereinander. Vermisst: Das ganz normale Leben Eine Arbeiterinnenbiografie Mal treffen mit Frauen, n Wort schnacken, was unternehmen deshalb kommt die 60- jährige Gertrud T. regelmäßig zum Gesundheitstreff. Ganz aus Hemelingen, weil es dort so etwas nicht gibt. In der Glocke war sie schon von hier aus und in der Kammerphilharmonie. An Kultur war in der Kindheit nicht zu denken. Notunterkünfte, Baracken am Jakobsberg, viel Alkohol in der Luft und Gewalt. Die Geschichte vom Stiefvater. Ständige Angst ins Heim zu kommen, wie die eine Schwester. Mit der anderen Schwester bis 16 in einem Bett geschlafen. Die ist heute beim Interview auch mit dabei: Die Hochzeitsnacht haben wir zu dritt verbracht, erinnert sie sich. Wir haben nichts vermisst, weil wir nichts hatten, sagt Gertrud T. über den materiellen Mangel. Was sie wirklich vermisst hat, sind Liebe und Zuwendung, noch heute hat sie Schwierigkeiten, Nähe und Vertrauen zuzulassen. Wohl gefühlt hat sie sich nur in der Schule. Hier strengt sie sich an, weil sie Angst hat, wie die Schwester in der Sonderschule zu landen. Zur Realschule darf sie nicht. Es heißt: Wir sind eine Arbeiterfamilie, du brauchst kein Englisch. Statt Schneiderin zu lernen, wie sie es sich gewünscht hat, landet sie in der Metall-Fabrik. Erstes Kind mit 18, der Vater kommt noch während der Schwangerschaft abhanden. Um das Kind nicht zwischen den Versoffenen aufwachsen zu lassen, wendet sich die junge Frau ans Jugendamt und bekommt tatsächlich eine eigene Wohnung, Sozialhilfe und Unterstützung von einer Fürsorgerin. Ich bin dem deutschen Staat immer noch dankbar, dass ich mein Kind selbst großziehen konnte. Irgendwann lernt sie einen neuen Mann kennen, bekommt mit ihm einen Sohn. Der neue Partner, mit dem sie nicht zusammenzieht, hat eine Gaststätte, bietet bescheidenen Wohlstand. Campingplatzurlaube. Komm mal Mäuschen, brauchst jetzt nicht kochen, wir fahren mal für drei Tage nach Holland. Da kommt man auf den Geschmack. Zwölf Jahre geht das gut. Als der Mann sie während einer erneuten Schwangerschaft betrügt, macht sie Schluss. Ohne mich landest du in der Gosse, ruft er noch hinterher, doch den Gefallen tut sie ihm nicht. Sie macht eine Umschulung zur Industrieelektronikerin und findet nach langem Hin und Her sogar eine Stelle. Nach fünf Jahren wird die Firma stillgelegt. Seitdem bekommt sie Hartz IV und geht nebenbei noch putzen. Die Kinder sind ausgezogen und vor zwei Jahren hat sie sich eine neue kleine Zweizimmerwohnung genommen. Zwischendurch lassen sie die massiven Probleme ihrer Ursprungsfamilie nie ganz los, was zu Nervenzusammenbrüchen und psychischer Erkrankung führte. Wenn ich meine Schwester nicht hätte, würde ich nicht klarkommen, sagt sie. Ich leiste mir ab und zu ein Paar neue Schuhe. Ich ziehe alles gern gebraucht an, aber Schuhe nicht, das geht mit meinen Füßen auch nicht, da habe ich vor ein paar Monaten eine OP gehabt. Regelmäßiges Kochen gibt es bei ihr auch nicht, hin und wieder ein Paket Nudeln mit Ketchup. Zur Hemelinger Tafel geht sie nicht mehr, seit sie wegen einer Unverträglichkeit mal ein paar Joghurts abgelehnt hat und gesagt bekam: Dann kriegen Sie auch nichts anderes. Nun sei sie stur, sagt sie, dann lieber weiter Nudeln.

70 69 x Küche aufklaren

71 70 Willkommen im normalen Leben! LORENZEN: Und was vermissen Sie am meisten? GERTRUD T.: Das ganz normale Leben halt. Mal ins Schwimmbad gehen, Kurse machen, ich wollte gerne Spanisch lernen, damit man geistig nicht ganz so runterkommt, geht nicht. Kleinigkeiten vermisst man, mal ins Kino gehen, bei 7 Euro Eintritt muss man sich das überlegen. Auch wenn wir hier etwas machen, frage ich vorher immer schon: Was kostet das, das ist für mich vorher ganz wichtig, nicht dass ich dastehe und die wollen plötzlich 20 Euro haben. Man muss ja auch lernen zu betteln. Für mich ist das schon wieder Betteln. Verrückt, vor allem wenn man älter wird. Wer möchte das schon gern? Keiner. LORENZEN: Was für Gefühle haben Sie, wenn Sie darüber nachdenken? GERTRUD T.: Darüber darf man nicht nachdenken. Das habe ich mir durch zwei Kuren abgewöhnt. LORENZEN: Wie empfinden Sie die augenblickliche Diskussion über Hartz-IV-Empfänger? GERTRUD T.: Furchtbar. Dass man Leuten, die 30 Jahre gearbeitet und was geschafft haben, alles anrechnet, finde ich nicht in Ordnung. Die kann man nicht auf eine Stufe stellen mit Leuten, die grad aus der Schule kommen oder grad ihre Lehre beendet haben. Die können vielleicht auch nichts dafür, dass sie keine Arbeit haben. Aber das geht nicht, 50-Jährige mit 20-Jährigen zu vergleichen, mit dem gleichen Geld, da kriege ich einen dicken Hals. Und wenn die dann jemanden mit 55 in einen Ein-Euro-Job schicken oder in Arbeit von der Leihfirma für 800 Euro, finde ich das deprimierend. Damit kann man doch keine Familie ernähren. Wer arbeitet, soll so viel verdienen, dass er seine Familie ernährt. Ich kann Leute verstehen, die sagen: Was soll ich für 700 Euro arbeiten? Ich zahle 500 Euro Miete und habe zwei Kinder. Und muss jeden Monat beim Amt meine Abrechnung vorlegen. Verstehen kann ich die auch. Ich habe die Hoffnung aufgegeben, dass ich noch mal Arbeit kriege. Obwohl ich schwer behindert bin, wollen sie immer noch, dass ich mich bewerbe. Gut, mache ich das eben. Willkommen im Leben Der Skandal als Regelfall Hier endet dieser kleine Streifzug durch Orte in Bremen, an denen sich Frauen treffen, die in der jetzigen Phase ihres Lebens mit vielen Sorgen zu kämpfen haben, die nicht nur, aber zum allergrößten Teil ihrer sozialen Lage entspringen. Die einen kennen diese Verhältnisse von früh auf, haben das nie anders erlebt, die anderen hätten sich bis vor Kurzem nicht träumen lassen, einmal mit dem Thema Armut in Verbindung gebracht zu werden. Die einen geben sich selbst die Schuld an ihrer jetzigen Situation, die anderen begreifen sie auch als Ergebnis politischer Entscheidungen. Die einen träumen von einem erfüllten Leben in gesicherter Existenz, die anderen von ein paar Tagen Erholung an der Nordsee. Aber alle kämpfen jeden Tag darum, das Stück an Autonomie und Selbstentscheidung, über das sie noch verfügen, zu erhalten und zu erweitern. Ich strampele mich ab, um meinen Hintern im Machbaren zu halten, lautet ein Kernsatz aus den aufgezeichneten Interviews. So unterschiedlich die skizzierten Biografien und Lebensperspektiven sind, ein paar verallgemeinernde Gedanken lassen sich ihnen dennoch entnehmen. Mit der Agenda 2010 sind zahlreiche Frauen in die Armut gedrängt worden, die bis dahin noch Anschluss an den Arbeitsmarkt gehalten hatten und über verschiedene Formen gesellschaftlichen Engagements sozial integriert waren. Dies betrifft vor allem jüngere Frauen und alleinerziehende Frauen mit einer guten Ausbildung. Mit den bestehenden Hartz-IV-Bedarfssätzen kann niemand auskommen, der etwas anderes vom Leben möchte, als nicht zu verhungern. Dabei ist es besonders erschreckend, wie bereits Kinder stigmatisiert werden und von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen werden. Daran wird die sogenannte Chipkarte in ihrer derzeit geplanten Form nichts ändern.

72 71 Der größte Wunsch fast aller befragten Frauen ist es, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Eine wirkliche Lösung der Probleme kann lediglich über eine Bereitstellung akzeptabler Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie durch ausreichende Kinderbetreuungsangebote und gezielte soziale Unterstützung erfolgen. Derartige Unterstützungsleistungen müssen jedoch an die jeweils unterschiedlichen Lebenslagen angepasst sein. Für junge Frauen und Mütter, die sich aus prekären Lebenssituationen freistrampeln, sind individuelle Betreuungs- und Hilfsangebote als Brücke in ein selbstständiges Leben ausgesprochen wichtig. Die positiven Impulse dieser Aufbruchsphase müssen gestützt und stabilisiert werden, damit die jungen Frauen die sich ihnen bietenden Möglichkeiten auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt nutzen und nicht in alte Muster und Abhängigkeiten zurückgezogen werden. Alleinerziehende Frauen in der Mitte des Lebens, die aufgrund fehlender Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder oder durch Diskriminierungen von Arbeitgebern für längere Zeit aus dem Arbeitsmarkt herausgefallen sind, befinden sich häufig an der Schwelle zum sozialen Abstieg. Solange sie ihre ganze Kraft dafür benötigen, den Hintern im Machbaren zu halten, das heißt, für sich selbst und für ihre Kinder das Allernötigste zu organisieren, schwindet die Kraft für einen Neuanfang immer weiter. Hier müssten Türen wieder geöffnet werden. Zum Beispiel über Teilzeitbeschäftigungen oder Arbeitsfördermaßnahmen, die nicht auf den Hartz-IV-Bezug angerechnet werden. Älteren Frauen, die ein langes, beschwerliches Arbeitsleben hinter sich haben, entweder im Beruf, in der Kindererziehung, in der Pflege älterer Familienmitglieder oder in allen drei Bereichen, steht es schlicht und einfach zu, sich davon zu erholen und etwas für sich selbst zu tun. Das betrifft auch jene Frauen, die bereits eine Rente beziehen, die jedoch lediglich für das Notwendigste reicht und nicht für einen gesicherten Ruhestand. An einigen Stellen ist in den Interviews die innere Mauer deutlich geworden, welche die befragten Frauen vom normalen Leben trennt. Zum Beispiel in der Aussage: Die gesellschaftliche Einbindung, die für ein vernünftiges Leben nötig ist, bricht weg. Ich sitze zu Hause, gucke in eine wunderschöne grüne Umgebung und denke: Und was nun? Was jetzt noch? Wie geht es weiter? Diese Mauer nimmt jede der Frauen an einer anderen Stelle wahr, weil sie durch die vorherigen Lebenserfahrungen beeinflusst wird. Wer von früh auf nichts anderes kennt als Verzicht, fühlt diese Grenze woanders als jemand, der aus einer relativ gesicherten Existenz in Armut abrutscht. Eine Frau, die sich nie über ihre berufliche Entwicklung definiert hat, sondern über das Erziehen von Kindern, geht mit dem Verlust beruflicher Perspektiven anders um, als eine Frau, die viel in die eigene Ausbildung investiert hat. Dann ist man nicht mehr drinnen, dann ist man draußen, sagt Petra K. und kann diese Grenze für sich ganz genau markieren. Es ist die Theke in dem Treffpunkt, in dem sie als Ein-Euro-Jobberin zum Zeitpunkt des Gesprächs Kaffee und Aufmerksamkeit an Menschen ausschenkt, die bereits ganz rausgefallen sind. Noch fühlt sie sich drinnen, aber der Verlust des Jobs würde für sie neben den finanziellen Einbußen bedeuten, aus ihrem letzten sozialen Netz herauszufallen. Für Mütter wiederum ist es doppelt belastend, wenn sie sich selbst als ausgegrenzt erleben und sehen, dass bereits ihre Kinder ähnliche Erfahrungen machen. x Die in diesem Beitrag wiedergegebenen Interviewpassagen und Beobachtungen stammen alle aus dem Herbst Die Namen sind frei erfunden außer denen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den beschriebenen Einrichtungen.

73 72 Zahlen, Daten, Fakten x Blick in eine bessere Zukunft?

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