Legalisierung von Cannabis und internationales Recht
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- Martin Langenberg
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1 Legalisierung von Cannabis und internationales Recht Art. 14 Einheitskonvention International Narcotics Control Board (INCB) hat das Recht, dem betroffenen Staat die Aufnahme von Beratungen vorzuschlagen kann einen Staat dazu aufrufen, Maßnahmen zur Implementierung der Vorschriften der Konvention zu ergreifen kann die Angelegenheit den Mitgliedsstaaten, dem Rat (Commission on Narcotic Drugs of the Council) oder der Kommission (Economic and Social Council of the United Nations) vorlegen INCB kann die Angelegenheit der Generalversammlung der Vereinten Nationen vorlegen Art. 48 Bei Meinungsverschiedenheiten: Mediation, Internationaler Gerichtshof Kriminologie II WS Page 1
2 Wege zur Reform der internationalen Drogenverträge Art. 46 Einheitskonvention Kündigung und Wiederaufnahmeantrag bei gleichzeitiger Erklärung von Vorbehalten Art. 47 Einheitskonvention Vorschläge zur Änderung der Einheitskonvention Flexible Vertragsinterpretation Nichtbeachtung der Einheitskonvention Kriminologie II WS Page 2
3 Wirtschaftskriminalität
4 Zur Entwicklung von Konzepten der Wirtschaftskriminalität Sutherland 1949 White-Collar-Crime ist crime committed by a person of respectability and high social status in the course of his occupation Hoher Sozialstatus und berufsbezogen Aubert 1952 Ambivalenz und "Zweideutigkeiten Strafrecht entfaltet keine eindeutige Wirkung (wie beispw. bei Diebstahl und Strassenkriminalität) Klassentheorie des Strafrechts Wirtschaftskriminalität und fehlende Kontrolle von Wirtschaftskriminalität als Nachweis der Wirksamkeit von Klasseninteressen im Strafrecht und in der Strafjustiz Kriminologie II WS Page 4
5 Paradoxe Befunde der Wirtschaftskriminalitätsforschung Wirtschaftskriminalität wird von älteren Menschen begangen (Alter und Kriminalität) Wirtschaftskriminalität wird in höheren sozialen Schichten begangen (Schicht und Kriminalität) Kurzer Freiheitsentzug wirkt präventiv bei Wirtschaftsstraftätern (entsozialisierende Wirkung des Gefängnisses) Kriminologie II WS Page 5
6 Ambivalenz der Wirtschaftskriminalität Keine deutliche Typisierung des Unrechts (Beispiel Geldwäsche) Frage: War das eine Straftat? Anstelle der Frage Wer hat das getan? Crimen mala in se vs. crimen mere prohibita Wirtschaftsstrafrecht ist Teil der Politischen Ökonomie Kriminologie II WS Page 6
7 War dies eine Straftat? Übernahme von Mannesmann durch Vodafone Der Aufsichtsrat von Mannesmann beschließt kurz vor der Übernahme die Auszahlung von 250 Millionen DM an Vorstandsmitglieder der Mannesmann AG Kriminologie II WS Page 7
8 Relevante Vorschriften 87 Grundsätze für die Bezüge der Vorstandsmitglieder (1) Der Aufsichtsrat hat bei der Festsetzung der Gesamtbezüge des einzelnen Vorstandsmitglieds (Gehalt, Gewinnbeteiligungen, Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte, Provisionen, anreizorientierte Vergütungszusagen wie zum Beispiel Aktienbezugsrechte und Nebenleistungen jeder Art) dafür zu sorgen, dass diese in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen des Vorstandsmitglieds sowie zur Lage der Gesellschaft stehen und die übliche Vergütung nicht ohne besondere Gründe übersteigen. 266 StGB Untreue (1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Kriminologie II WS Page 8
9 Grundlagenfragen und Strafrecht Vergleichende Betrachtung von "crime in the streets" und "crime in the suites führt zu Grundlagenfragen Sachverhalte der Normsetzung (auch in Form von Zusammenhängen zwischen law making und law breaking) und kollektiv getragener Handlungen Einbettung strafrechtlicher Kontrolle in ein Gesamtsystem rechtlicher (unter Einschluss zivil- und verwaltungsrechtlicher) und sozialer Kontrolle Die moderne wirtschaftskriminologische Forschung ist zunächst Forschung über die Grenzen des konventionellen Strafrechts und die gegenwärtige strafrechtstheoretische, und dogmatische Debatte über strafrechtliche Zurechnung in komplexen und durch Unsicherheit geprägten Zusammenhängen ist auch dem Ertrag empirischer Untersuchungen zur Wirtschafts- und Umweltkriminalität zu verdanken (insb. Unternehmensstrafbarkeit) Kriminologie II WS Page 9
10 Wirtschaftsstrafgesetzgebung Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität 1976 Subventions- und Kreditbetrug; Insolvenzdelikte: 283; Wucher 291 Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität 1986 Computerstrafrecht; Kapitalanlagebetrug 264a; Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt 266a; Missbrauch von Scheck- und Kreditkarten 266b; Fälschung von Vordrucken für Euroschecks und Euroscheckkarten 152a Normgeneseforschung zum Gesetz 1986: Savelsberg/Brühl: Politik und Wirtschaftsstrafrecht Opladen Gesetz zur Bekämpfung von Korruption 1997 Ausschreibungs- Submissionsbetrug; Bestechung im Geschäftsverkehr 299 (bisher 12 UWG) Kriminologie II WS Page 10
11 Merkmale von Wirtschaftskriminalität Unternehmen/Organisation, wirtschaftliche Betätigung und Marktbezug im Grundsatz legitime wirtschaftliche Betätigung berufliche Rolle Vertrauensmissbrauch Kollektivität und Anonymität des Opfers eine "sich verflüchtigende" Opfereigenschaft geringe Sichtbarkeit des Rechtsbruchs illegale Formen der Einflussnahme (Korruption) Kriminologie II WS Page 11
12 74c GVG Zuweisung von Fällen der Wirtschaftskriminalität an Wirtschaftsstrafkammern Deliktskatalog 74c Abs. 1: unter anderem Patent-, Urhebergesetz, Insolvenzordnung, Aktiengesetz, Betrug, Untreue, Lebensmittelgesetz, Steuergesetze, Wirtschaftsstrafgesetz, Außenwirtschaftsgesetz, UWG, Konkursdelikte, Korruption 74c Abs. 1: Allgemeine Delikte (beispw. Betrug), soweit zur Beurteilung des Falles besondere Kenntnisse des Wirtschaftslebens erforderlich sind Einrichtung von Schwerpunktsstaatsanwaltschaften für Wirtschaftskriminalität 143 Abs. 4 GVG Kriminologie II WS Page 12
13 Grundannahmen zur Wirtschaftskriminalität Das Wirtschaftsleben ist durch zahlreiche Normbrüche und kriminelle Karrieren geprägt Wirtschaftsunternehmen erhalten eine im Verhältnis zum Nationalstaat stärker werdende Position im Prozess der Globalisierung Steuerung durch nationales Recht wird schwieriger Verfolgung und Ahndung von Straftaten in Unternehmen und durch Unternehmen fallen chronisch defizitär aus Durch Wirtschaftskriminalität entstehen hohe materielle und immaterielle Schäden Die empirische Untersuchung der Wirtschaftskriminalität ist mit Problemen des Zugangs zu verlässlichen Daten konfrontiert Es bestehen nicht nur empirisch belangvolle, sondern auch theoretisch bedeutsame Verbindungen zwischen organisierter Kriminalität und Wirtschaftskriminalität Organisierte Wirtschaftskriminalität ist die "Kriminalität der Zukunft" Kriminologie II WS Page 13
14 Opfer verlangen Untersuchungen Kriminologie II WS Page 14
15 Straflosigkeit Wall Street Journal Juli 2011 Ten reasons why the world is doomed to repeat 2008 An zweiter Stelle: Niemand wurde bestraft! Thomas Fischer (Vorsitzender Richter am BGH) 2011: Die Rechtssprechung des BGH zur Finanzkrise kann leicht zusammengefasst werden: Es gibt keine Kriminologie II WS Page 15
16 Empirische Zugänge und methodische Probleme Hellfeld: Polizei- und Justizstatistiken Problem der Kontrollkriminalität und Abhängigkeit der Daten von den Strafverfolgungsressourcen Dunkelfeld: Experteneinschätzungen Kriminologie II WS Page 16
17 Das Phänomen der Wirtschaftskriminalität Umfang, Entwicklung und Struktur Umfang abhängig von Aufmerksamkeit der Strafverfolgung Entwicklung: verstärkte Aufmerksamkeit oder tatsächliche Zunahme Struktur: geprägt durch Betrug Kriminologie II WS Page 17
18 Zentrale Konzepte Die zentralen inhaltlichen Konzepte der Wirtschaftskriminalität verweisen auf den Betrug, sowie auf die Ausbeutung von kostensteigernder oder profitreduzierender Regulierung, die zum Schutze menschlicher, sozialer und natürlicher Ressourcen eingeführt worden sind. In den Bereich des Betrugs fallen die schadensintensiven Formen des Subventions-, Steuer-, Kredit-/Kreditkarten-, Anlage-, und Konkursbetrugs In den zweiten Bereich fallen Erscheinungsformen der Umweltkriminalität (insb. in Form der Abfallentsorgungskriminalität), der Geldwäsche sowie des illegalen Menschen-, Drogen- und Waffenhandels Kriminologie II WS Page 18
19 Einzeldelikte Anlage-, Subventions-, Steuer-/Abgabenbetrug Wirtschaftskorruption Geldwäsche und Schwarzmärkte Kriminologie II WS Page 19
20 Anlagebetrug: Das Ponzi Schema Benannt nach Charles Ponzi Wohl der erste bekannte Fall eines (betrügerischen) Schneeballsystems (1920) Modus operandi: Versprechen einer hohen Verzinsung Zinsen werden aus Einzahlungen von (neuen) Anlegern bezahlt Kriminologie II WS Page 20
21 Der Fall Madoff Bernard L. Madoff Investment Securities LLC Ermittlungsverfahren beginnt Dezember 2008 Ca 50 Milliarden US$ Schaden Vermögensverwaltung und Aktien-, Optionshandel Ca. 10% Ertrag auf Investments, beständig Seit 1996 offensichtlich keine Geschäfte an Aktienmärkten Ab 2007 führte die allgemeine Finanzkrise zur Kündigung großer Investitionen Anfang Dezember 2008 gesteht Madoff, ein riesiges Ponzi System betrieben zu haben Juni 2009 Verurteilung zu 150 Jahren Freiheitsstrafe Kriminologie II WS Page 21
22 Kontrolle von Investmentfonds Warum konnte Madoff mindestens 13 Jahre ein Ponzi Schema betreiben? Financial Industry Regulatory Authority führte seit ergebnislose Untersuchungen gegen Madoff s Unternehmen durch Durch SEC wurden 6 ergebnislose Untersuchungen (auf externe Anzeigen hin durchgeführt (zwischen 1992 und 2006) U.S. Securities and Exchange Commission, Office of Investigations: Investigation of Failure of the SEC to Uncover Bernard Madoff s Ponzi Scheme. New York 2009 ( Kriminologie II WS Page 22
23 S & K Prozess Frankfurt Ponzi System mit Immobilienfonds Geschädigte, ca. 240 Mio Schaden (Anklage) 150 Firmen, 100 Terabyte Daten Prozessbeginn September Ordner Ermittlungsakten Anklageschrift 3150 Seiten 884 Zeugen Verlesung der Anklageschrift: Dauer 3 Monate März 2017 Verurteilung der Hauptangeklagten zu jeweils 8 Jahren 6 Monaten Freiheitsstrafe Absprache: Reduzierung auf Untreue und 90 Mio Schaden Kriminologie II WS Page 23
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