Rechtsanwälte Kuchenreuter & Dr. Stangl Rundschreiben / Ausgabe 08/2004



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Rechtsanwälte Kuchenreuter & Dr. Stangl Rundschreiben / Ausgabe 08/2004 Thema: Haftung des Sachverständigen/Baurecht 1. Einleitung In der Baurechtspraxis sind Gutachten eines Sachverständigen nicht wegzudenken. Die Beurteilungen eines Sachverständigen, sei es ein Privatgutachten aber insbesondere als Gerichtsgutachter, sind häufig entscheidend für die am Bau Beteiligten. An die tatsächlichen Feststellungen, die der Sachverständige trifft, knüpfen die Juristen rechtliche Folgen. In der Baupraxis kommen daher dem Sachverständigen eine Schlüsselrolle zu. Aber auch Sachverständige können sich irren. Die nachfolgende Darstellung beschäftigt sich daher mit der Haftung des Sachverständigen. Bei der Frage, in welcher Weise der Sachverständige für ein falsches Gutachten haftet, ist besonders zu unterscheiden zwischen der Tätigkeit als Privatgutachter und als Gerichtsgutachter. 2. Privatgutachten des Sachverständigen Der Sachverständige haftet als Privatgutachter nach den Regeln des Werkvertrags. Im Gegensatz zur Tätigkeit als Gerichtsgutachter wird der Sachverständige bei einem Privatgutachten von einer bestimmten Person vertraglich verpflichtet. Dieser Vertrag, der sowohl schriftlich als auch mündlich geschlossen werden kann, kommt zwischen dem Sachverständigen und dessen Auftraggeber zustande. 2.1.Mangel des Gutachtens Für die Haftung des Sachverständigen gilt seit 01.01.2002 das Werkvertragsrecht in der Form, die es durch die Schuldrechtsreform erhalten hat. Der Sachverständige haftet für Mängel seines Gutachtens nach dem dreistufigen Mangelbegriff, was nach neuem Recht bedeutet: 633 Abs. 2 BGB, n.f: Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht ver- einbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln, 1. wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst 2. für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich is t und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann. Nach dem neuen Werkvertragsrecht kommt es somit auf der 1.Stufe entscheidend darauf an, was die Parteien im Gutachtervertrag als Leistung (= Gutachterauftrag) vereinbart haben. Es kann daher den Parteien nur dringendst empfohlen werden, einen schriftlichen Gutachtervertrag zu erstellen. In diesem Vertrag sollte, wie in jedem Vertrag, geregelt werden, was Leistungsinhalt ist. An dieser Regelung in einem Gutachtervertrag wird insbesondere der Sachverständige ein gesteigertes Interesse haben. Die bloße Entgegennahme eines Auftrags mit dem Ziel seitens des Auftraggebers an den Sachverständigen festzustellen, ob das Bauwerk unter Mängeln leidet, kann ansonsten schnell zu einem Himmelfahrtskommando für den Sachverständigen werden. Derartig weit gefasste Gutachteraufträge sind eine Haftungsfalle, die ein Sachverständiger unbedingt vermeiden sollte. Daneben können auch bei der Vergütung erhebliche Nachteile entstehen, wenn der weite Umfang nicht bedacht wurde. Der Sachverständige sollte daher seinen Gutachterauftrag klar definieren und beispielsweise sein Gutachten auf die Untersuchung und Beurteilung einer oder mehrerer bestimmter Mangelerscheinungen beschränken.

2 Die Parteien eines Gutachterauftrages haben es selbst in der Hand, Ziel und Grenzen des Auftrags zu bestimmen. Sofern dies unterlassen wird bzw. nur unzureichend geschieht, muss auf den nächsten beiden Stufen ermittelt werden, ob sich das Gutachten nach der im Vertrag vorausgesetzten Beschaffenheit eignet und wenn auf dieser 2. Stufe nichts zu ermitteln ist, stellt sich auf der 3. Stufe die Frage, ob sich das Sachverständigengutachten für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Auftraggeber nach der Art des Werkes erwarten kann. Bereits diese Formulierungen zeigen, dass nun nicht mehr die Parteien selbst entscheidend die Maßstäbe für den Gutachterauftrag setzen, sondern dass das Gesetz im Falle von fehlenden Vereinbarungen versucht, objektive Maßstäbe zu ermitteln. Insofern befindet sich der Sachverständige in diesem Bereich im ermessensfreien Raum und es besteht die gesteigerte Gefahr, dass die Leistungspflichten des Sachverständigen durch Auslegung Dritter(z.B. Gerichte) erheblich erweitert werden mit den damit verbundenen Haftungsgefahren. 1. Dem Sachverständigen kann nur geraten werden, schriftliche Gutachterverträge zu vereinbaren und dort klar, eindeutig und erschöpfend den Gutachterauftrag festzulegen. Dadurch wird das Leistungssoll klar definiert. Auf die Schriftform sollte nicht verzichtet werden, aus Klarstellungs- und Beweisfunktionsgründen für beide Parteien. 2. Der Sachverständige sollte, wenn er sofort zu Ergänzungen oder Erweiterungen des Gutachterauftrags kommt, auch diese Ergänzungen und Änderungen als Nachträge zum ursprünglichen Gutachterauftrag schriftlich vereinbaren. Hierbei gelten die selben Gesichtspunkte wie bei dem Ursprungsauftrag. 3. Sachverständige sollten sich aber in ihrer Funktion als Privatgutachter bewusst sein, dass sie in diesem Fall im Rahmen vertraglicher Nebenpflichten natürlich den Auftraggeber über weitere Mängel zu informieren haben, falls diese für sie ersichtlich sind. Der Sachverständige darf in seiner Eigenschaft als Privatgutachter nicht die Augen vor weiteren Mängeln verschließen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist es, dass hier der Sachverständige den Auftraggeber über diese Gesichtspunkte zu informieren hat. Es ist dann die Entscheidung des Auftraggebers, ob er sodann den Privatgutachter mit der weiteren Untersuchung dieser neuen Mangelerscheinungen beauftragt, oder z.b. einen anderen Sachverständigen beauftragt, da der hier evtl. weiter vorliegende Mangel nicht in sein Gebiet fällt. Besitzt der Sachverständige nämlich für die Erstattung eines Gutachtens keine oder nur unzureichende Kenntnis über Spezialgebiete, so ist dies dem Auftraggeber des Gutachtens mitzuteilen, um keine neuen Haftungsgefahren zu provozieren. 4. Der Sachverständige muss Grundkenntnisse besitzen und Nachweise über privates und öffentliches Baurecht, Zivilprozessordnung als auch einige andere Rechtskenntnisse für sein Sachgebiet vorweisen. Der Sachverständige sollte es aber unbedingt vermeiden, hier die Funktion eines Rechtsberaters zu übernehmen. Einerseits besteht die Gefahr, mit dem Rechtsberatungsgesetz in Konflikt zu geraten. Andererseits besteht die Gefahr, dass der Sachverständige für seine Rechtsausführungen, die er außerhalb seines Berufsbildes erbracht hat, in die Haftung gerät. Der Sachverständige muss sich auch darüber im Klaren sein, dass ein Privatgutachten, das Rechtsausführungen enthält, später mit erheblichen Zweifeln behaftet sein wird und gegebenenfalls sogar wertlos ist.

3 2.2. Rechte bei Mängeln Sofern ein Mangel des Privatgutachtens vorliegt, so sind die Rechte des Bestellers, also des Gutachtenauftraggebers, bei Mängeln in 634 BGB n.f. aufgeführt. Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimm t ist, 1. nach 635 BGB Nacherfüllung verlangen 2. nach 637 BGB den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen 3. nach den 636, 323, 326 Abs. 5 BGB vom Vertrag zurücktreten oder nach 638 BGB die Vergütung mindern oder 4. nach den 636, 280, 281, 283 und 311 a BGB Schadensersatz oder nach 284 Ersatz für jegliche Aufwendungen verlangen. Wird die Fehlerhaftigkeit eines Gutachtens noch rechtzeitig erkannt, kommt in erster Linie der Nacherfüllungsanspruch in Betracht. Dies bedeutet, der Sachverständige ist angehalten, zunächst nach seiner Wahl das Gutachten neu zu erstellen oder nachzubessern. Die hierbei entstehenden Kosten der Nacherfüllung hat der Sachverständige zu tragen. Hierbei gilt es zu beachten, dass es wie üblicherweise am Bau, nicht nur ein Nacherfüllungsrecht des Bestellers sondern auch eine Nacherfüllungspflicht gibt. Dies bedeutet, dass der Auftraggeber des Sachverständigen nicht einfach ohne vorherige angemessene Frist zur Nacherfüllung einen anderen Sachverständigen im Wege der Selbstvornahme beauftragen bzw. sofort auf die anderen Ansprüche wie Rücktritt, Minderung oder Schadensersatz gehen kann. Letztere Rechte haben bestimmte Voraussetzungen. Diese Voraussetzungen müssen auch im konkreten Fall vorliegen. Die weitergehenden Rechte, wie insbesondere Schadensersatz, kommen insbesondere dann unmittelbar zur Anwendung, wenn in Folge des fehlerhaften Privatgutachtens bereits ein Bauwerk mangelhaft erstellt wurde. In derartigen Fällen ist eine Nacherfüllung im Wege der Nachbesserung bzw. Neuerstellung nicht möglich, wenn das Gutachten Grundlage für Bauwerksleistungen war und als Folge des mangelhaften Gutachtens Bauwerksmängel aufgetreten sind. Beispiel: Hat der Sachverständige ein falsches Gründungsgutachten erstellt, ist der Fehler in der Regel bei Vorlage des Gutachtens noch nicht feststellbar. Die Unrichtigkeit des Gründungsgutachtens wird nicht erst nach Errichtung des Bauwerks oder Teilen davon herausstellen. In diesen Fällen ist das Bauwerk meist abgeschlossen, so dass ein neues richtiges Gutachten den Mangel nicht mehr beseitigen kann. In derartigen Fällen liegt der Schaden des Auftraggebers nicht nur in einem unbrauchbaren Privatgutachten, sondern darüber hinaus auch in der durch die falsche Errichtung verursachten Schäden. Im Gegensatz zu den zuvor genannten anderen Mängelansprüchen setzt Schadensersatz grundsätzlich ein Verschulden voraus. Der Verschuldensmaßstab richtet sich nach 276, 278 BGB. Dies bedeutet, der Sachverständige haftet für Vorsatz und Fahrlässigkeit. Er hat auch für das Fehlverhalten von Erfüllungsgehilfen gem. 278 BGB in gleicher Weise einzustehen. 2.3. Verjährung Die Verjährungsfristen für eine Haftung des Sachverständigen beginnen mit der Abnahme, also der Entgegennahme des Gutachtens durch den Auftraggeber, verbunden mit der Erklärung, dass das Gutachten als vertragsgemäß anerkannt wird. Diese Erklärung wird in der Praxis regelmäßig stillschweigend erfolgen.

4 Die Verjährungsfristen bei Planungsleistungen für ein Bauwerk beträgt 5 Jahre; 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB n.f., da sich die Planungsleistungen in einem Bauwerk verkörpern. Sofern der Sachverständige ein Bewertungsgutachten (feststellendes Gutachten) erstellt, erbringt er also die Leistung, die er ansonsten für ein Gericht erbringt, für eine Privatperson, dann beträgt die Verjährungsfrist nun 3 Jahre; 634 a Abs. 1 Nr. 3 BGB n.f. 1 Sofern der Sachverständige hier mit einer privaten Beweissicherung beauftragt wird, so sollten in einem Gutachtervertrag zumindest folgende Punkte berücksichtigt werden: - Präzise Beschreibung der Aufgabenstellung des Sachverständigen - Zweck des Gutachtens (Vorlage Versicherung, Vorlage bei Gericht etc.) - Mitwirkungspflichten des Auftraggebers (Erteilung von Auskünften, Überlassung von Unterlagen, evtl. Wiederherstellung zu zerstörender Untersuchungen, etc.) - Pflichten des Sachverständigen - Urheberrecht am Gutachten - Haftung bzw. Haftungseinschränkungen des Sachverständigen - Umfang und Höhe des Honorars - evtl. Vorauszahlungen für den Sachverständigen Die vorstehende Aufzählung mag als eine grobe Checkliste dienen. Sachverständige müssen sich bewusst sein, dass auch der Gutachterauftrag, wie jeder Vertrag, einer entsprechenden vertraglichen Regelung bedarf. 2.4. Haftung gegenüber Dritten Eine weitere Haftungsgefahr besteht für einen Sachverständigen als Privatgutachter, durch die Inanspruchnahme seitens Dritter. Dritte sind hierbei Personen, die nicht Auftraggeber der Sachverständigen sind. Gegenüber Ansprüchen Dritter haftet der Privatgutachter, wenn feststellbar ist, dass der Gutachterauftrag Schutzpflichten gegenüber Dritten begründet hat, d.h. der Sachverständige erstellt ein Gutachten im Auftrag einer Person, von dem bestimmungsgemäß gegenüber Dritten Gebrauch gemacht werden soll und es zu erwarten ist, dass Dritte wegen der besonderen Sachkunde auf die Richtigkeit der Angaben des Sachverständigen vertrauen. 2 Beispiel: Der Sachverständige wird mit einem Verkehrswertgutachten oder einem Altlastengutachten beauftragt, wobei das Grundstück später verkauft werden soll. Sofern der Sachverständige ein Verkehrswertgutachten erstellt und der Erwerber aufgrund einer schuldhaft unrichtigen Bewertung im Gutachten einen Schaden erleidet, so kommt eine Haftung des Gutachters wegen des dem Dritten entstandenen Schadens in Betracht. Sachverständige müssen sich in derartigen Konstellationen über das gesteigerte Haftungsrisiko bewusst sein. 3. Gerichtsgutachten des Sachverständigen Der Sachverständige als Gerichtsgutachter hat eine andere Stellung als der Privatgutachter. Ein Gerichtsgutachter wird nicht tätig aufgrund eines Vertrages mit den Parteien. Der Sachverständige hat keinen Vertrag mit dem Kläger oder dem Beklagten. Mangels einer Vertrags- 1 Nach altem Recht waren dies noch 6 Monate, vgl. 638 BGB a.f. 2 BGH Baurecht 2001, 426; BGH IBR 2002, 557

5 beziehung zwischen dem Gerichtsgutachter und den Parteien scheidet auch eine Haftung nach den vorstehend dargestellten werkvertraglichen Regelungen aus. Der Sachverständige als Gerichtsgutachter ist ein Beweismittel wie der Zeugenbeweis. Der Sachverständige hat über diese Stellung hinaus jedoch eine Funktion, die ihn von dem Zeugen unterscheidet. Während der Zeuge lediglich über wahrgenommenes zu berichten hat, ist der Sachverständige der technische Berater des Gerichts. Er soll den fehlenden technischen Sachverstand des Richters ersetzen. Der Richter bedient sich zur Beurteilung technischer Zusammenhänge eines Experten, dem Sachverständigen. Die Tätigkeit des Sachverständigen erschöpft sich in der technischen Beratung. Es ist nicht seine Aufgabe, juristische Fragestellungen zu lösen. Dies ist Aufgabe des Richters und der beteiligten Rechtsanwälte. Leider ist immer wieder festzustellen, dass Sachverständige sich juristisch äußern und damit die Qualität ihres Gutachtens schmälern. Wichtige Ausführungen und überschießende Feststellungen (über Beweisbeschluß hinaus) sind Todsünden des Sachverständigen. Mangels vertraglicher Anspruchsgrundlagen kommt einer Haftung aus unerlaubter Handlung besondere Bedeutung zu. Die Vorschriften über unerlaubte Handlungen befinden sich in den 823 ff. BGB. Durch das zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19.07.2002 3, ist die Haftung des Sachverständigen vor Gericht neu geregelt worden. 839 a BGB: Abs. 1: Haftung des gerichtlichen Sachverständigen: Erstattet ein vom Gericht ernannter Sachverständiger vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unricht iges Gutachten, so ist er zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht. Abs. 2: 839 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden. Ein Gerichtsgutachter ist gem. 839a BGB zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet hat und ein Verfahrensbeteiligter durch eine gerichtliche Entscheidung, die auf diesem Gutachten beruht, ein Schaden entstanden ist. Ein Sachverständiger haftet entgegen der bisherigen Rechtslage nicht mehr für die einfache Fahrlässigkeit sondern nur noch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Grobe Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn die verkehrsübliche Sorgfalt in besonders grobem Maße verletzt wurde, also selbst einfache, jedem einleuchtende Überlegungen seitens des Gutachters nicht angestellt wurden. Eine weitere Haftungseinschränkung ergibt sich dadurch, dass eine Haftung nur in Betracht zu ziehen ist, wenn die Entscheidung auf dem Rechtsgutachten beruht. Im Falle einer anderen Erledigung des Bauprozesses, insbesondere einem Vergleich zwischen Parteien aufgrund eines unrichtigen Sachverständigengutachtens, fallen nicht hierunter. Eine weitere Haftungseinschränkung ergibt sich aus 839 a Abs. 2 BGB. Dort ist klargestellt, dass 839 Abs. 3 BGB entsprechend Anwendung findet. Nach dieser Vorschrift tritt eine Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Geschädigte es vorsätzlich oder fahrlässig es unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. 3 BGBl I Satz 2674

6 1. Der Sachverständige sollte sich als Gerichtsgutachter seiner Sonderrolle bewusst sein. Der Sachverständige hat das von ihm geforderte Gutachten unbedingt unparteiisch zu erstatten, 410 Abs. 1 ZPO. Er hat keine Feststellungen zu treffen, ohne beiden Parteien Gelegenheit zu geben, an diesen Feststellungen teilzunehmen. Ansprechspartner des Sachverständigen sind nicht die Prozessparteien, also Kläger oder Beklagter, sondern allein das Gericht. Gemäß 404 a Abs. 1 ZPO hat das Gericht die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten und kann ihn für Art und Umfang seiner Tätigkeiten Weisungen erteilen. Diese Vorschrift macht besonders deutlich, dass der Sachverständige nur Gehilfe des Gerichts auf dem Wege zu einer sachgerechten Entscheidung ist. Der Sachverständige darf sich zu keiner rechtlichen Würdigung hinreissen lassen, noch überschießende Feststellungen über den Beweisbeschluß hinaus treffen. Der Richter als auch der Rechtsanwalt sind technische Laien. Je schlechter der anwaltliche Sachvortrag ist, je schlechter die Erfahrung des zuständigen Richters ist, um so größer ist die Gefahr, dass ein Beweismittelbeschluß unklar formuliert ist. In derartig gelagerten Fällen muss der Sachverständige unverzüglich mit dem Gericht Kontakt aufnehmen und dem Gericht verdeutlichen, warum er die Beweisfrage nicht versteht, 407 a Abs. 3 Satz 1 ZPO. 2. Sachverständige sollten von der gesetzlichen Regelung des 839 a BGB Kenntnis haben, da dort einige Haftungserleichterungen bereits gesetzlich enthalten sind, wie - Haftung nur für vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtig erstelltes Gutachten - Urteil muss auf unrichtigem Gutachten beruhen - Geschädigter ist gehalten, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. 4. Zusammenfassung Der Sachverständige muss sich seiner Haftungsgefahren bewusst sein. Die unterschiedliche Stellung als Privatgutachter einerseits und als Gerichtsgutachter andererseits führen zu einem unterschiedlichen Haftungsrisiko. Der Sachverständige als Privatgutachter hat es selbst in der Hand, durch vertragliche Vereinbarungen seine Haftungsgefahren zu reduzieren. Hierbei sollte das Augenmerk nicht nur auf Haftungseinschränkungen gelegt werden, sondern insbesondere auf eine klare und eindeutige Festlegung des Leistsungsinhaltes bei der Gutachtenerstellung. Dem Sachverständige als Gerichtsgutachter kommen bereits Kraft Gesetz eine Reihe von Haftungsprivilegien zu. Der Sachverständige sollte sich aber seiner Sonderrolle vor Gericht stets bewusst sein. In beiden Bereichen gilt aber, dass der Sachverständige bei seiner Rolle als technischer Experte bleiben sollte. Juristische Hilfestellungen oder Ratschläge führen nur zu Haftungsrisiken. Der Sachverständige sollte sich hier begnügen, allenfalls seinen Auftraggeber oder das Gericht auf Probleme hinzuweisen, und vom Auftraggeber entsprechende Anweisungen abwarten.