Seminar "Quantitative Finance" Universität des Saarlandes 03. 06. 2009
Gliederung 1 Risikoanalyse 2 Variety Asymmetrie 3
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Volatilität Logarithmischer Ertrag im Zeitintervall T: R(T ) = log x(t ) x 0 x(t): Preis eines Vermögenswertes zur Zeit t x 0 : Preis zur Zeit t = 0 Die Volatilität σ eines Investments ist die Standardabweichung von R(T ).
Theoretische Rechtfertigung Vergleichsweise einfache Berechnung der Varianz Varinanz subadditiv Verallgemeinerung auf ganze Portfolios Im Kontinuumslimes wird R(T ) zu einer Gaußverteilung mit Mittelwert mt und Varianz σ T R(T ) nur durch m und σ festgelegt vernünftiges Maß für das Risiko muss auf σ basieren!
Intuitive Bedeutung von σ Nach hinreichen großer Zeit T ist der Preis des Vermögenswertes gegeben durch x(t ) = x 0 exp [ mt + σ T ξ] wobei ξ eine gaußverteilte Zufallsvariable mit verschwindendem Mittelwert und Varianz 1 ist. σ T entspricht der Größenordnung der Abweichung vom erwarteten Ertrag. Bemerkung: x(t ) sollte nicht mit x 0, sondern mit x 0 e rt verglichen werden! Betrachte überschüssigen Ertrag m = m r
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Sharpe ratio S Die Güte eines Investments wird anhand der Sharpe ratio S bestimmt: S = m T σ S üblicherweise für T = 1Jahr bestimmt, z.b. m = 5 % pro Jahr und σ = 20 % pro Jahr S = 0, 25 Ein Investment mit S = 1 wird als extrem gut angesehen. Achtung: S nur näherungsweise bekannt: S 1 n n : Anzahl der verfügbaren Jahre an Daten
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Bisher: gaußverteilte Preise Nachteile: Risiko verbunden mit Verlusten, nicht mit Gewinn Symmetrisches Auftreten in der Definition von Risiko unbefriedigend Gaußmodell nie gerechtfertgt für extreme Ereignisse, die jedoch am gefährlichsten für den Anleger sind Extreme Ereignisse erschweren Bestimmung der Varianz (starker Einfluss einzelner Handelstage) weitere Definition von Risiko benötigt!
Wahrscheinlichkeit einen Betrag δx größer als eine bestimmte Schwelle Λ in einem Zeitintervall τ zu verlieren: P[δx < Λ] = P < [ Λ] = Λ P τ (δx) dδx mit P τ (δx): Wahrscheinlichkeitsdichte der Preisveränderung auf dem Intervall τ Alternativ: Definiere Risiko als Höhe des Verlustes ( VaR) Λ, der mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit P über dem Zeitintervall τ verbunden ist: Λ P τ (δx) dδx = P
Beispiel: Ein Verlust größer als Λ über einem Zeitintervall von τ = 1Tag kommt durchschnittlich einmal in 100 Tagen vor (P = 1%). Bemerkung: Definition berücksichtigt nicht, dass Verluste sich über aufeinanderfolgende Zeitintervalle hinweg ansammeln können Gesamtverlust kann Λ substantiell übersteigen! Wert des maximalen Verlustes innerhalb von τ nicht berücksichtigt, sondern nur Schlusspreis
Schwächen von Value at Risk VaR nicht sub-additiv Ein Verlust von Λ wird mit Wahrscheinlichkeit P überschritten, aber was ist der typische Verlust, wenn Λ überschritten wird?
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Der durchschnittliche Verlust E, falls Λ überschritten wird, heißt : E = Λ ( δx)p τ (δx) dδx P Typischerweise sind E und Λ proportional. Für algebraische Verteilungen gilt E = µ µ 1 Λ (µ > 1) µ für Wertpapiere 3 bis 5, sodass E 1, 25 1, 5 Λ
Variety Asymmetrie Gliederung 1 Risikoanalyse 2 Variety Asymmetrie 3
Variety Risikoanalyse Variety Asymmetrie Ein Maß für die Heterogenität des Marktes an einem Tag stellt die Variety dar: V (t) = 1 M (η i (t) η m (t)) M 2 i=1 wobei η m = M i=1 η i(t) der durchschnittliche Ertag ist. Beispiel: η m (t) = 3 %, V (t) = 0, 1 % die meisten Aktien schließen zwischen 2, 9 % und 3, 1 % η m (t) = 3 %, V (t) = 10 % stark unterschiedliche Trends mit positivem Durchschnitt
Variety Asymmetrie Korrelation mit Marktperformance Korrelation zwischen V und der durchschnittlichen Marktperformance η m (t) Asymmetrie bezüglich positivem (Steigung +0, 55) und negativem (Steigung 0, 30) Marktdurchschnitt Tägliche Variety v der 1071 von 1987 bis 1998 kontinuierlich gehandelten NYSE Stocks als Funktion des täglichen Ertrages η m.
Variety Asymmetrie Gliederung 1 Risikoanalyse 2 Variety Asymmetrie 3
Variety Asymmetrie Asymmetrie Frage: Welcher Bruchteil f aller Aktien schneidet besser ab als der Marktdurchschnitt? Eng damit verbunden ist die Asymmetrie A: A(t) = η m (t) η (t), η : Median
Variety Asymmetrie Korrelation mit Marktperformance Auch hier zu η m (sigmoidale Kurve). Hohe Asymmetrie an stark positiven/negativen Handelstagen. Tägliche Asymmetrie A der 1071 von 1987 bis 1998 kontinuierlich gehandelten NYSE Stocks als Funktion des täglichen Ertrages η m. Außerdem die beiden extremsten Markttage, beide im Oktober 1987.
Variety Asymmetrie Schwarzer Montag 1987 Kursverlauf des Dow Jones 3 Monate vor und nach dem Schwarzen Montag am 19. Oktober 1987. Größter prozentualer Tageseinbruch seit 1914 mit 22, 6 % (vgl. 29. September 2008: 6, 98 %)
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Grundlegendes Risikoanalyse Ziel: Balance zwischen Risiko und Ertrag für ein unkorreliertes Portfolio Betrachten: Satz von M risikobehafteten Anlagen X i, i = 1,..., M und eine risikofrei Anlage X 0 n i sei die Anzahl der Anlagen vom Typ i, ihr momentaner Wert sei xi 0 Wenn W die investierte Gesamtsumme ist, gilt M i=0 n ixi 0 = W Benutzen das Gewicht der Anlagen im Portfolio, d.h. p i = n i xi 0 W sodass M i=0 p i = 1 (die p i können negativ sein, z.b. Leerverkäufe)
Zusätzliche Vereinfachungen Wert des Portfolios zur Zeit T gegeben durch S = M n i x i (T ) = W i=0 M i=0 p i x i (T ) x 0 i Im Folgenden: Setzen Anfangsinvestition W auf 1 Definieren alle Anlagen i so, dass ihr Startpreis xi 0 = 1 ist relative statt absolute Erträge Annahme: durchschnittlicher Ertrag m i sei bekannt (z.b. aus Vergleich mit Performance der Vorjahre)
Unkorrelierte gaußverteilte Anlagen Annahme: Wertex i der Anlagen gaußverteilt um m i T mit Varianz σ 2 i T gesamtes Portfolio p = {p 0,..., p M } genügt ebenfalls gaußscher Statistik Durschnittlicher Ertrag des Portfolios: m p = M p i m i = m 0 + i=0 M p i (m i m 0 ) wobei (m i m 0 ) der überschüssige Ertrag verglichen mit der risikofreien Anlage ist. i=0 x i unabhängig Gesamtvarianz σ p = M i=1 p 2 i σ2 i
2 Extremfälle Minimiere Varianz ohne Bedingung an den Ertrag: p i = 0 (i 0), p 0 = 1 gesamtes Gewicht bei der risikofreien Anlage Maximiere Ertrag ohne Bedingung an das Risiko: gesamtes Gewicht bei der Anlage mit dem höchsten Einzelertrag realistischer: Abwägen von Risiko gegen Ertrag Festsetzung eines gewünschten Durchschnittsertrages m p und Bestimmung des zugehörigen Portfolios mit minimalem Risiko
Lösung des Problems Einführung eines Lagrangemultiplikators ζ, der m p auf den gewünschten Wert fixiert: (σp 2 ζm p ), i 0 p i pi =p i Das Gewicht der risikofreien Komponente p0 ist dann bestimmt durch i p i = 1. Varianz des optimalen Portfolio (σ p) 2 = ζ2 4 M (m i m 0 ) 2 σ 2 i=1 i ζ = 0 entspricht dem risikofreien Portfolio p 0 = 1
Familie optimaler Portfolios Familie optimaler Portfolios durch den Parameter ζ beschrieben definieren Parabel in der σ 2 p, m p Ebene Effizienzgrenze in der Ertrags/Risiko-Ebene. Ohne Zusatzbedingungen ist die Linie eine Parabel (dunkle Linie). Für zusätzliche Forderungen (z.b. alle p i sollen positiv sein) rutscht die Grenze nach unten (gepunktete Linie). Falls nur risikobehaftete Anlagen mit vergleichbaren Varianzen σ i Gesamtvarianz um Faktor M kleiner als die Einzelvarianzen
Anlagen algebraischer Verteilung Nicht Varianz sondern VaR zu minimieren! Annahme: Fluktuationen der x i im Bereich großer Verluste beschrieben durch: P T (η i ) η i µa µ i η i 1+µ µ > 1 Amplitude für das gesamte Portfolio: A µ p = M p µ i A µ i Wahrscheinlichkeit, dass der Verlust den Wert Λ übersteigt: P = Aµ p Λ Minimierung von P erfordert Minimierung der µ Amplitude, unabhängig von Λ! i=1
Anlagen algebraischer Verteilung Falls nur risikobehaftete Anlagen mit vergleichbaren Amplituden Wahrscheinlichkeit großer Verluste im optimalen Portfolio um Faktor M µ 1 kleiner als für die Einzelanlagen. Achtung: Gilt nur für µ > 1. Ansonsten wächst das Risiko mit wachsender Anahl der Anlagen, da das größte Event alle anderen überdeckt. Bemerkung: Bisher: optimale Portfolios unabhängig von Risikolevel Λ. Im allgemeinen Fall, z.b. stark unterschiedliche µ i, besteht eine Λ-Abhängigkeit.
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Bisher: unkorrelierte gaußsche und nicht-gaußsche Anlagen Realität: Fluktuationen oft stark korreliert Diversifikation wird erschwert
Korrelierte gaußsche Fluktuationen Fluktuationen η i der Anlagen X i gaußverteilt beschrieben durch symmetrische Matrix C: C ij = η i η j mi m j Aber: korrelierte Gaußvariablen lassen sich in eine gewichtete Summe unabhängiger Gaußvariablen e a mit Mittwelwert 0 und Varianz σ 2 a zerlegen, die die Eigenwerte von C sind. Lösung nach Basiswechsel analog zum unkorrelierten Fall p i = ζ 2 M j=1 C 1 ij (m i m 0 )
Bemerkungen empirische Bestimmung der Matrix C schwierig, speziell für kleine Eigenwerte entstehen große numerische Fehler beim Invertieren (Lösung: cleaned correlation matrix ) korrelierte algebraisch verteillte Fluktuationen können mit einer sehr ähnlichen Vorgehensweise behandelt werden
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Fragestellung und Annahmen Ziel: Dynamische Optimierung des Portfolios im Laufe der Zeit Annahme: Händler hält eine gewisse Anzahl Φ(g n ) an Aktien, wobei Φ von der diskreten Zeit t n = n τ und vom aktuellen Wert der realisierten Erträge g n abhängt Erträge am Ende der Investmentperiode: g N = N 1 k=0 Φ k (g k ) δx k wobei δx k = x k+1 x k die Preisänderung zwischen k und k + 1 ist
Lösung des Problems Der Zielertrag sei G und R sei der Fehler des Endertrages R 2 = (g N G) 2 Suchen: Optimierte Handelsstrategie Φ (g k ), die das Risiko R bei gegebenem G minimiert. Iteration rückwärts in der Zeit liefert für alle Zeitschritte das Ergebnis: Φ k (g m k) = D + m 2 τ (G g k) (Annahme: δx k iid Variablen mit Mittelwert mτ und Varianz Dτ)
Handelsstrategie Φ k (g k) = m D + m 2 τ (G g k) Interpretation: Große Investitionen, wenn man weit vom Zielertrag entfernt ist, reduzierte Investitionen wenn man nahe am Zielertrag wirtschaftet. Problem: In der Zwischenzeit vorm erreichen des Ziels enorme Verluste möglich, die in der Praxis inakzeptabel sind!
Als Maß für das mit einem Wertpapier verbundene Risiko können Volatilität σ und Value at Risk herangezogen werden Variety V und Asymmetrie A beschreiben der Verschiedenen Wertpapiere untereinander und sind ihrerseits an den durchschnittlichen Ertrag η m gekoppelt Minimierung des Risikos bei vorgegebenem Ertrag führt zu einer Familie von optimalen Portfolios, die durch geeignete Handelsstrategien zusätzlich dynamisch optimiert werden können
Anhang Literatur Literatur Beauchaud, Potters Theorie of Financial Risk and Derivative Pricing Cambridge University Press, 2009