Der (Bio)milchmarkt der Zukunft, wohin geht die Reise? ife Institut für Ernährungswirtschaft Kiel Fachhochschule Kiel, 08. Dezember 2014 Süddeutscher Bioland Milchviehtag: Praxis trifft Biomilchmarkt
Fragestellungen Wohin entwickeln sich die Milchmärkte 2015? Wohin entwickeln sich die Milchmärkte längerfristig nach der Milchquote? Welche Rolle spielt der Export in der Zukunft? Wie positionieren sich Biomolkereien am Markt?
Jan 11 Apr Jul Okt Jan 12 Apr Jul Okt Jan 13 Apr Jul Okt Jan 14 Apr Jul Okt Aktuelle Lage am Milchmarkt 50 45 40 35 Milcherzeugerpreis D Kieler Rohstoffwert Milch ife Rohstoffwert Spotmarkt 30 25 20 ife Kiel 2014
Kieler Rohstoffwert Milch, Cent/kg Milch 2011 2012 2013 2014 50 45 40 35 30 25 20 ife Kiel Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt NovDez
Wohin entwickeln sich die Milchmärkte 2015? These 1: Im Sommer 2015 werden Überlieferer in Deutschland eine Rekord-Superabgabe bezahlen! These 2: Betriebe mit hoher Überlieferung (wenn möglich) werden Aufzuchtkälber mit Vollmilch tränken und nicht tragende Kühe merzen. These 3: Weitermelken ist für viele die beste Alternativen! Weniger Kraftfutter füttern, vorzeitig trockenstellen und laktierende Kühe verkaufen ist häufig nicht wirtschaftlich.
Rekordsuperabgabe im letzten Quotenjahr! Höchste Angebotsmenge an Milchquote beim letzten Quotenbörsentermin Folge: Reduzierter Quotenpreis Folge: Reduzierte Unterlieferung auf Bundesebene Folge: Bundessaldierung sinkt Superabgabe: 27,83 Cent/kg Übermilch x (1,00 Bundessaldierung 0,25) = 20,9 Ct/kg Wert der Übermilch: 33,2 Ct/kg Auszahlungspreis Molkerei (brutto) 20,9 Ct/kg = 12,3 Ct/kg Milch
An den Quotenbörsen wurden seit Oktober 2010 insgesamt 7,1 Mio. t Quote gehandelt (=ca. 25% der Milchquote in D)
Ergebnisse des letzten Börsentermins
Bremseffekt der Milchanlieferung im November 2014 bereits deutlich sichtbar! Quelle: ZMB, Berlin, Freitag, den 21.11.2014.
Die Milchanlieferung in Deutschland in 2014/15 liegt in KW 46 bei +3,2% zu Vorjahr! Quelle: ZMB, Berlin, Freitag, den 21.11.2014.
Weitermelken trotz Rekordsuperabgabe! (1/2) Erwartete Anpassungsreaktionen der Überlieferer: Überlieferung ist wirtschaftlich sinnvoll, wenn der Übermilchpreis je kg Übermilch höher ist als die eingesparten Kosten je kg Übermilch! Bei Übermilchpreis von 15 Ct/kg Übermilch: Vollmilch füttern an Kälber Nichtragende Kühe mit geringer Tagesleistung verkaufen Vorzeitiges Trockenstellen? Nicht für Biomilch, da höhere Übermilchpreise!
Wohin entwickeln sich die Milchmärkte nach der Milchquote längerfristig? These 1: In Europa und weltweit ist von einem weiter steigenden Angebot an Milch auszugehen. These 2: Längerfristig jedoch höheres Wachstum der Nachfrage als Angebot bei Milch weltweit erwartet. These 3: Die zukünftigen Wachstumsmärkte der Milchnachfrage liegen außerhalb Europas.
Neu auf dem Milchmarkt: Größere Preisbänder und stärkere Milchpreisschwankungen! ct je kg 40 38 36 34 32 30 28 26 24 22 20 18 16 ife 2014 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 Quelle: ZMP/ZMB, ife Institut Kiel. 2001: 32,7 ct BSE Absicherung Milchpreis 2008: 33,8 ct Weltmarkt 2013: 37,5 ct Weltmarkt 2014: 36 ct (s) Basismilchpreise 4,0%/3,7% Fett, 3,4% Eiweiß, ohne MwSt. ab Hof
Weltweite Megatrends der Nachfrage Megatrend 1: Bevölkerungswachstum Die Weltbevölkerung wird von gut 7,0 Mrd. Menschen in 2012 auf über 9 Mrd. Menschen in 2050 steigen. Megatrend 2: Beschleunigtes Wirtschaftswachstum der 2. Welt Das Wirtschaftswachstum der Schwellenländer und hier vor allem die Staaten in Asien (Indien und China) werden die Weltwirtschaft maßgeblich bestimmen. Megatrend 3: Zunehmender Energieverbrauch und Klimawandel Die beschleunigte wirtschaftliche Entwicklung der 2. und 3. Welt führt zu einem starken Anstieg des Energieverbrauchs. In einigen Weltregionen wird Wasser knapp werden.
Weltbevölkerung: bisherige Entwicklung und Prognose bis 2025 8 7,5 7 6,5 World population in billion people 2014-2025: Ø +1,0% p.a. 6 1990-2014: Ø +1,3% p.a. 5,5 5 World Bank data 1990-2012 FAPRI forecast Quelle: ife Institut Kiel auf Basis von World Bank, FAPRI, 2013.
Bevölkerungswachstum und Kaufkraftanstieg Quelle: DLG
Entwicklung auf dem Weltmilchmarkt These 2: Der EU-Milchmarkt erhält vor allem vom internationalen Markt Impulse, während der Binnenmarkt Sättigungstendenzen aufweist. Über den weiter ansteigenden Export wird die erhöhte Milcherzeugung in der EU abgesetzt werden. Die Preise werden durch Angebot und Nachfrage und immer weniger durch die EU-agrarmarktpolitische Einflussnahme bestimmt. Die Abhängigkeit vom Weltmarkt und von Krisen steigt. Dadurch können Preisschwankungen erheblich zunehmen.
1990 1994 1998 2002 2006 2010 2014 2018 2022 1990 1994 1998 2002 2006 2010 2014 2018 2022 1990 1994 1998 2002 2006 2010 2014 2018 2022 Bevölkerungsentwicklung in der EU-27, EU-15 und in den neuen EU-12 Ländern 1990-2025 520 EU-27 Bevölkerung in Mio. Personen 420 EU-15 Bevölkerung in Mio. Personen 110 EU-12 neue Mitglieder Bevölkerung in Mio. Personen 500 +0,15% bis +0,46% p.a. +0,16% bis +0% p.a. 400 380 +0,23% bis +0,62% p.a. +0,23% bis +0,09% p.a. 105-0,71% bis +0,02% p.a. -0,1% bis -0,36% p.a. 480 460 World Bank Daten 1990-2012 FAPRI Prognose 360 340 World Bank Daten 1990-2012 FAPRI Prognose 100 95 World Bank Daten 1990-2012 FAPRI Prognose Quelle: FH Kiel, ife Institut Kiel, auf Basis von Daten der Weltbank, FAPRI und FAO, 2013.
Weltmarktnachfrage nach Milchprodukten in Mio. t Milchäquivalenten, 2011 bis 2022 609 680 741 499 443 379 231 237 243 Alle Märkte Schwellenländer Industrieländer 2011 2017 2022 Quelle: ife Institut Kiel, basierend auf EUROSTAT, EU Kommission, 2013
Jan. 94 Jan. 95 Jan. 96 Jan. 97 Jan. 98 Jan. 99 Jan. 00 Jan. 01 Jan. 02 Jan. 03 Jan. 04 Jan. 05 Jan. 06 Jan. 07 Jan. 08 Jan. 09 Jan. 10 Jan. 11 Jan. 12 Jan. 13 Jan. 14 in US-$ / t Deutlicher Trend zu steigenden Weltmarktpreisen bei Milchprodukten 6000 5000 Butter Ozeanien Magermilchpulver Ozeanien 4000 3000 2000 1000 0 ife Kiel 2014 Quelle: ife Institut Kiel, Daten von USDA AMS Dairy Market News
Jan 99 Jan 00 Jan 01 Jan 02 Jan 03 Jan 04 Jan 05 Jan 06 Jan 07 Jan 08 Jan 09 Jan 10 Jan 11 Jan 12 Jan 13 Jan 14 Aufwertung Euro verringert Milchpreise in EU! Abwertung Euro erhöht Milchpreise in EU! 1,60 1,50 1,40 1,30 1,20 1,10 1,00 0,90 0,80 US-Dollar per Euro Interpretation Die Abwertung des Euro von 1,45 USD/ Mitte Jan. 2010 auf 1,20 USD/ Anfang Juni 2010, d.h. 25 USD Cent, erzeugte einen EU- Preiserhöhungsspielraum von + 7 Cent/kg Milch. Die Aufwertung des Euro von 1,20 USD/ Anfang Juni 2010 auf 1,40 USD/ Anfang Nov. 2010. d.h. + 20 USD Cent, erzeugte einen EU- Preisdruck von - 6 Cent/kg Milch. Quelle: ife Forschungsinstitut, Daten von der EZB. Aktuell: von 1,39 auf 1,29 USD/ = -10 USD Cent => +2,8 Cent/kg Milch
Preisvolatilität verschiedener Agrarrohstoffe: Milchprodukte zeigen vergleichsweise hohe Volatilität! Baumwolle Kaffee A Zucker Mais Magermilchpulver Butter Weizen Rindfleisch Reis Kaffee R Sojabohnen Kakao Tee Geflügelfleisch 10% 9% 17% 17% 16% 15% 14% 28% 25% ife Kiel 25% 24% 23% 20% Variationskoeffizient 2008-April 2014 Quelle: Thiele, H. D., 2014. 38%
Welche Rolle spielt der Export in der Zukunft? These 1: Der deutsche Milchmarkt wird zukünftig noch stärker als bisher vom Drittlandexport bestimmt. These 2: Die deutschen Milcherzeuger haben in letzten Jahren mehr Vor- als Nachteile von der höheren Integration in den Weltmarkt realisiert. These 3: Der deutsche Milchmarkt muss sich auf höhere Preisschwankungen einstellen
Marktprognosen der EU-Kommission für die EU-27 Quelle: EU Kommission, 2013 Milchanlieferung der EU-28 lag in 2013 bereits bei 141,8 Mio. t und 2014 vermutlich bei ca. 148 Mio. t Bei +0,5% p.a. ab 2015 wird die Milchanlieferung in 2022 bei ca. 154 Mio. t liegen (+11% seit 2011 bzw. +1% p.a.)
EU-Exporte von Milchprodukten Quelle: Export-Union für Milchprodukte e.v.
Der Welthandel mit Milchprodukten nimmt zu
Jan 01 Mai Sept Jan 02 Mai Sept Jan 03 Mai Sept Jan 04 Mai Sept Jan 05 Mai Sept Jan 06 Mai Sept Jan 07 Mai Sept Jan 08 Mai Sept Jan 09 Mai Sept Jan 10 Mai Sept Jan 11 Mai Sept Jan 12 Mai Sept Jan 13 Mai Sept Jan 14 Mai Sept Zusammenhang zwischen Weltmilchpreis und Milchpreis in Deutschland ct / kg Rohmilch 60 50 40 30 Milchpreis Deutschland 20 10 0 RMW Ozeanien RMW aus Intervention ife Kiel 2014
In 2014 stiegen die EU-Exporte bei Butter, Milchpulver, Milch und Sahne deutlich an Quelle: Export-Union für Milchprodukte e.v.
Milchpreisschwankungen und Milchpreistrends in Deutschland: Saisonale Tendenzen sind seit 2006 kaum noch zu erkennen Sinkende Preise in der zweiten Jahreshälfte 2014: Ein erneuter Beweis für die starke Volatilität, die zum wiederholten Mal die Preise von dem in Deutschland als normal angesehenen saisonalen Anstieg in der zweiten Jahreshälfte abweichen lässt.
Wenige Länder sind Hauptüberschussgebiete (folgende Länder haben ca. 95% der Weltmilchexporte)
Wie positionieren sich Biomolkereien am Markt? These 1: In Phasen von Niedrigpreisen sind die Wachstumsraten im Biomilchangebot hoch (2015)! These 2: Biomilcherzeugung ist relativ stärker in Regionen mit stabiler Witterung (und Grundfutter). These 3: Weiteres Nachfragewachstum bei Biomilch erwartet, bei steigenden Einkommen und neuen Produkten. These 4: Differenzierte Molkereistrategien sind zu erwarten (Molkereikonzerne vs mittelständische Molkerei mit Biomilch)
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
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