Psychologische Aspekte im Zusammenhang mit einer Darmkrebserkrankung Dr. Katrin Reuter, Dipl. Psych.
Was ist Krebs überhaupt... jenseits der Biologie und Medizin? Krebs ist nicht nur eine körperliche Erkrankung sondern ein vielschichtiges Phänomen. Es spielt sich auf der körperlichen, seelischen und sozialen Ebene ab Er erfasst den Menschen als Ganzes und der Mensch heilt auch nur als Ganzes Eine Krebserkrankung ist ein Prozess und kein fixer Zustand Sie kann eine erschütternde Lebenskrise sein, nichts erscheint mehr so wie vorher Krebs ist auch ein Angst-Wort Krebs ist auf jeden Fall eine Herausforderung an alle Kräfte des Betroffenen und Krebs kann auch eine sehr bedeutsame Lebenserfahrung sein. aus: M. Steinvort Die Krebsreise
Zentrale Fragen Psyche und Krebs Psyche als Ursache der Krankheitsentstehung?
Zentrale Fragen Psyche und Krebs Psyche Psyche als als Ursache Ursache der der Krankheitsentstehung? Psyche als Einflussfaktor auf den Verlauf der Erkrankung? Ja, beeinflusst v.a. die Lebensqualität
Gibt es die gute Krankheitsverarbeitung? Arten von KV Krankheitsverlauf Kampfgeist, aktive Auseinandersetzung Unterstützung suchen Eher günstig Resignierte Einstellung Hoffnungslosigkeit/ Hilflosigkeit Eher ungünstig
Mögliche Probleme bei Darmkrebs Körperliche Beeinträchtigungen durch OP, Stoma, Chemotherapien Familiäre / Soziale / Berufliche Veränderungen durch reduzierte Leistungsfähigkeit, Sorgen der Patienten und Angehörigen Schwierige Gefühle Angst Ärger / Wut Trauer / Depression Neid / Schuld / Selbstbeschuldigung = normale Reaktionen auf eine nicht normale Situation Psychische und emotionale Belastungen durch Schmerzen, Erschöpfung, Unsicherheit schwierige (Behandlungs-) Entscheidungen
Angst Ein unangenehmer Zustand der Sorge, Nervosität, Anspannung, Verletzlichkeit, Panik Gefühl der Bedrohung Angst vor Fortschreiten der Erkrankung Angst vor der Angst kann man nicht entfernen aber man kann Dinge dagegen setzen Angststörungen: Ängste sehr stark, zu lange anhaltend, zu häufig in Relation zur Gefahr oder Bedrohung unangemessen erscheinen für die Betroffenen übermächtig und unkontrollierbar werden von den Betroffenen selbst als unvernünftig angesehen führen zu gravierenden Beeinträchtigungen in der Lebensführung
Depression Deprimere (lateinisch) : herunter- oder niederdrücken Gedrückte Stimmung sich deprimiert fühlen, Freudlosigkeit Depressive Störung Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven Gefühl von Schuld und Wertlosigkeit Suizidgedanken/ Suizidale Handlungen Depressive Stimmung Schlafstörungen Verlust von Interesse u. Freude Anhaltend über mind. 2 Wochen Verminderter Antrieb Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit Appetitminderung Spezielle Behandlungen notwendig
Häufigkeit psychischer Störungen - Onkologie - In % Ambulant (N=80) Stationär (N=82) Rehabilitation (N=38) Gesamt (N=200) Lebenszeit 53,8 48,7 78,9 56,5 12 Monate 32,5 42,7 50 40 4 Wochen 17,5 24,4 34,2 23,5 Angststörungen 7,5 17,1 15,8 13 Depressive Stör. 6,3 11,0 13,2 10 Somatoforme Stör. 2,5 2,4 2,6 2,5 Suchterkrankungen 1,3 2,4 7,9 2,5 Essstörungen 1,3 1,2 0 1 Härter, Reuter et al. Eur J Cancer, 2001
Was kann man für sich tun? Prinzip der kleinen Schritte: Ein Tag nach dem anderen Wie wurde in der Vergangenheit mit Krisen umgegangen, was hat geholfen? Auf bewährte Strategien zurückgreifen Gute und schlechte Momente dürfen sein. Nicht ständig positiv denken müssen. Zeiten der Auseinandersetzung mit der Erkrankung und der Ablenkung wechseln sich ab. Das ist gut so. Information suchen (Internet, Bücher, Vorträge, etc)...aber nicht zu viel und ständig Sich Zeit nehmen und sich Zeit lassen Was / Wer ist mir am wichtigsten? Sich mit Menschen umgeben bei denen sowohl die Ängste als auch die Lebensfreude Platz haben Dinge tun, die gut tun und stärken Hilfe, Unterstützung, Beratung in Anspruch nehmen ist kein Zeichen von Schwäche oder Versagen
Was bietet die Psychoonkologie? Beratung (Einzel-/Paargespräche) / Psychotherapie (Krisenintervention) Gesprächsgruppen / Gruppentherapien Ziele Unterstützung bei der Krankheitsverarbeitung Umgang mit schwierigen Gefühlen und psychischen Belastungen Förderung der vorhandenen Gesundheit und der Ressourcen Neues Körpervertrauen aufbauen Kommunikation mit Partnern und Angehörigen Förderung der Lebensqualität Kunsttherapie Entspannungs- und imaginative Verfahren Angehörigenbetreuung Bewegungstherapie
Psychoonkologie im Hintergrund Psychoonkologie ist heute Bestandteil interdisziplinärer Organzentren Psychoonkologische Basisversorgung sollte für alle Patienten erreichbar sein Was wird angeboten? Sprechstunde: Einzel- Paar- oder Familiengespräch Für wen? Alle Patienten und Patientinnen, die im Darmzentrum behandelt werden Durch wen? Diplom-Psychologen und Psychotherapeuten der Universitätsklinik Wo? Praxiszentrum für Gastroenterologie und Endokrinologie Bertoldstraße 48
Ratgeber
Prävalenz psychischer Störungen - somatische Erkrankungen im Vergleich (adjustiert nach Alter und Geschlecht) 70 60 58,5 62,1 Orthopädie Kardiologie Onkologie Gesunde* 50 49,1 43,4 45,8 40 36,6 34,1 30 20 23,8 27,6 25,9 20,6 13,6 10 0 Lebenszeit 12 Monate 4 Wochen * Bundesgesundheits Survey N= 4181 Baumeister et al. Z klin Psych. Psychoth., 2004