Bilanzsteuerrecht. Univ.Prof. Dr. Markus Achatz 7.11.2005. 1. Überblick. 2. System des Betriebsvermögensvergleichs



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Betriebs- und Geschäftsausstattung , ,00 Sonstige Rückstellungen , ,65

Transkript:

Univ.Prof. Dr. Markus Achatz 7.11.2005 1. Überblick 2. System des Betriebsvermögensvergleichs 3. Gewinnermittlung nach 4 Abs 1 EStG 4. Gewinnermittlung nach 5 EStG

1. Gewinnermittlung - Überblick Gewinnermittlungsarten: Betriebsvermögensvergleich nach 4 Abs 1 EStG Betriebsvermögensvergleich nach 5 Abs 1 EStG Einnahmen - Ausgabenrechnung nach 4 Abs 3 EStG Pauschalierungen nach 17 EStG

1. Gewinnermittlung - Überblick 5 EStG 4 Abs 1 EStG 4 Abs 3 EStG Pauschalierung Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft EW >150.000 EUR Umsätze >400.000 EUR oder freiwillig falls keine Pflicht zur 4/1-Ermittlung Teilpauschalierung bei Umsätzen<200.000 EUR Vollpauschalierung bei EW <65.000 EUR Selbstständige Einkünfte freiwillig falls keine 4/1-Ermittlung Teilpauschalierung bei Umsätzen<220.000 EUR Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei Eintragung im Firmenbuch falls nicht im Firmenbuch und Umsätze >400.000 EUR oder freiwillig falls keine Pflicht zur 4/1-Ermittlung Teilpauschalierung bei Umsätzen<220.000 EUR Vollpauschalierung bis zu bestimmten Umsatzgrenzen

2. Das System des Betriebsvermögensvergleichs steuerliche Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich Betriebsvermögen am Ende des Wirtschaftsjahres./. Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres + Entnahmen./. Einlagen = Gewinn/Verlust

2. Das System des Betriebsvermögensvergleichs Voraussetzungen für die Gewinnermittlung: wertmäßige Erfassung des gesamten Betriebsvermögens doppelte Buchführung (Vermögensvergleich + Erfolgsrechnung) Inventar (zeitpunktbezogene Bestandsaufnahme aller betrieblichen Vermögensgegenstände zu Beginn und zum Schluss jedes Geschäftsjahres) Bilanz (Ausweis der Wirtschaftsgüter des Betriebes mit konkreten Wertansätzen)

2. Das System des Betriebsvermögensvergleich System der Bilanz: Aktiva Passiva Anlagevermögen (Grundstücke, Gebäude, Maschinen) Umlaufvermögen (Vorräte, Forderungen, Kasse) Eigenkapital (Betriebsreinvermögen) Schulden (Verbindlichkeiten, Rückstellungen) (= Mittelverwendung) (= Mittelherkunft) Gewinn/Verlust = Vergleich der Eigenkapitalpositionen (Betriebsreinvermögen) zum Ende und zu Beginn des Wirtschaftsjahres

3. Gewinnermittlung nach 4 Abs 1 EStG 3.1. Ansatz dem Grunde nach Gegenstand der Bilanzierung Wirtschaftsgüter = alle im wirtschaftlichen Verkehr selbständig bewertbaren Güter Ansatz in der Bilanz erfordert: Zuordenbarkeit des Wirtschaftsgutes zum Betriebsvermögen des Stpfl wirtschaftliches Eigentum des Stpfl Zuordnung zum Betriebsvermögen: zu unterscheiden zwischen notwendigem Betriebsvermögen notwendigem Privatvermögen gewillkürtem Betriebsvermögen

3. Gewinnermittlung nach 4 Abs 1 EStG 3.1. Ansatz dem Grunde nach Notwendiges Betriebsvermögen Wirtschaftsgüter, die objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt sind Notwendiges Privatvermögen Wirtschaftsgüter, die objektiv erkennbar der privaten Bedürfnisbefriedigung dienen Gewillkürtes Betriebsvermögen dienen weder Betrieb noch privaten Bedürfnissen der Stpfl unmittelbar, aber betrieblichen Interessen Zuordnung durch Aufnahme in Bücher zum Betriebsvermögen nur bei Gewinnermittlung nach 5 EStG relevant

3. Gewinnermittlung nach 4 Abs 1 EStG 3.1. Ansatz dem Grunde nach gemischt genutzte Wirtschaftsgüter sowohl betriebliche als auch private Nutzung; Zuordnung zum Betriebsvermögen bei Überwiegen der betrieblichen Nutzung Grundstücke: Grundsatz der Aufteilung bei unterschiedlicher Verwendung einzelner Grundstücksteile soferne über 20 % wirtschaftliches Eigentum als Voraussetzung für den Ausweis in der Bilanz daher kein Ausweis von gemieteten Gegenständen Leasingverträge: Prüfung, ob der Leasingnehmer bereits eine entsprechende Rechtsposition innehat Unkörperliche Wirtschaftsgüter d. Anlagevermögens Ausweisen als Aktivposten nur bei entgeltlichem Erwerb Aufwendungen für Selbsterstellung von unkörperlichen Wirtschaftsgütern daher nicht aktivieren (=sofort abzugsfähige Betriebsausgabe)

3. Gewinnermittlung nach 4 Abs 1 EStG 3.2. Ansatz der Höhe nach (Bewertung) Wertmaßstäbe ( 6 EStG) (1) Anschaffungskosten (2) Herstellungskosten (3) Teilwert (4) gemeiner Wert

3. Gewinnermittlung nach 4 Abs 1 EStG 3.2. Ansatz der Höhe nach (Bewertung) 1) Anschaffungskosten: Aufwendungen zum Erwerb eines Vermögensgegenstandes bis zur Versetzung in betriebsbereiten Zustand Anschaffungsnebenkosten anschaffungsnahe Erhaltungsaufwendungen keine Minderung des Gewinns durch Anschaffungskosten (Aktivierung) (2) Herstellungskosten: Aufwendungen für Herstellung eines Vermögensgegenstandes/Erweiterung/Verbesserung Materialkosten, Fertigungskosten, Materialgemeinkosten, Fertigungsgemeinkosten, nicht aber Verwaltungsgemeinkosten und Vertriebskosten keine Minderung des Gewinns (Aktivierung)

3. Gewinnermittlung nach 4 Abs 1 EStG 3.2. Ansatz der Höhe nach (Bewertung) Aufwendungen, die Wesensart des Wirtschaftsgutes verändern = Herstellungskosten Abgrenzung Herstellungsaufwand/Erhaltungsaufwand Erhaltungsaufwand: dient dazu, Wirtschaftsgut in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten/wiederherzustellen = sofort abzugsfähige Betriebsausgabe Erhaltungsaufwand: zu aktivieren, wenn im zeitlichen Zusammenhang mit Herstellung/Anschaffung (3) Teilwert: Betrag, den Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für einzelne Wirtschaftsgüter bei Fortführung ansetzen würde; Schätzwert (entspricht Wiederbeschaffungskosten) (4) Gemeiner Wert ( 10 Abs 2 BewG): im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit erzielbarer Preis (Verkehrswert)

3. Gewinnermittlung nach 4 Abs 1 EStG 3.3. Bewertungsregeln Bewertungsregeln ( 6 EStG): Unterscheidung nach dem Charakter des Wirtschaftsguts abnutzbares Anlagevermögen (Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb nicht nur vorübergehend dienen) nicht abnutzbares Anlagevermögen Umlaufvermögen (Wirtschaftsgüter, nicht dauernd dem Geschäftsbetrieb dienen) Verbindlichkeiten Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens: Bewertung mit Anschaffungs-/Herstellungskosten vermindert um Absetzung für Abnutzung (AfA) wenn Teilwert niedriger als Buchwert kann der niedrigere Wert angesetzt werden (Wahlrecht) wenn Teilwert höher als Buchwert höhere Teilwert darf nicht angesetzt werden (uneingeschränkter Wertzusammenhang)

3. Gewinnermittlung nach 4 Abs 1 EStG 3.3. Bewertungsregeln Absetzung für Abnutzung (AfA) - 7 EStG lineare Verteilung d. Anschaffungs-/Herstellungskosten auf betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ab Inbetriebnahme bei Inbetriebnahme im 1. Halbjahr: volle (Jahres-)AfA bei Inbetriebnahme im 2. Halbjahr: Halbjahres-AfA AfA = gewinnmindernd Gebäude: AfA-Sätze ohne Nachweis der Nutzungsdauer Nutzungsdauer PKW: 8 Jahre wenn Buchwert nach Abzug der AfA > Teilwert gewinnmindernde Abschreibung auf niedrigeren Teilwert Volle Abschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter < 400,- EUR

3. Gewinnermittlung nach 4 Abs 1 EStG 3.3. Bewertungsregeln Wirtschaftsgüter des nicht abnutzbaren Anlagevermögens/Umlaufvermögens Bewertung mit Anschaffungs-/Herstellungskosten (wahlweise mit niedrigerem Teilwert) Aufwertung bis zu Anschaffungs-/Herstellungskosten: zulässig (= eingeschränkter Wertzusammenhang) Verbindlichkeiten Bewertung mit Rückzahlungsbetrag Disagio (= Unterschiedsbetrag zwischen zugezähltem und Rückzahlungsbetrag) und Geldbeschaffungskosten sind zu aktivieren und auf Laufzeit zu verteilen

3. Gewinnermittlung nach 4 Abs 1 EStG 3.4. Allgemeine Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung Bilanzwahrheit: Ausweis entsprechend den tatsächlichen Verhältnissen Bilanzzusammenhang: Identität der Schlussbilanz des abgelaufenen Jahres mit der Eröffnungsbilanz des folgenden Jahres Bilanzklarheit: klare und übersichtliche Gestaltung Bewertungsstetigkeit: Beibehaltung einmal gewählter Bewertungsmethoden Vorsichtsprinzip: rechnet nicht zu den allgemeinen GoB! Vollständigkeitsgebot, Bilanzwahrheit und Realisationsprinzip können eine dem Vorsichtsprinzip entsprechende Bilanzierung bedingen

3. Gewinnermittlung nach 4 Abs 1 EStG 3.4. Allgemeine Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung Realisationsprinzip nicht verwirklichte Gewinne dürfen nicht ausgewiesen werden Gewinnverwirklichung: erst bei Leistung durch Stpfl (Realisationsprinzip) Aufwertung eines Wirtschaftsgutes über Anschaffungskosten hinaus ist grundsätzlich unzulässig wenn Wert des Wirtschaftsgutes höher als Anschaffungskosten; Gewinnverwirklichung erst bei Veräußerung Bildung von stillen Reserven = Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert (= in Bilanz ausgewiesener Wert) und tatsächlich höherem Wert

3. Gewinnermittlung nach 4 Abs 1 EStG 3.4. Allgemeine Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung Periodengerechte Gewinnermittlung Bilanzberichtigung bei fehlenden/unrichtigen/unrechtmäßigen Bilanzposten Pflicht zur Berichtigung auch nach Einreichung beim Finanzamt objektive Unrichtigkeit entscheidend auch bei bereits rechtskräftiger Veranlagung Nachholverbot Bilanzänderung: Ersetzen eines zulässigen Ansatzes durch einen anderen zulässigen Ansatz Bilanzänderung nach Einreichung nur mit Zustimmung des Finanzamtes

4. Gewinnermittlung nach 5 EStG Betriebsvermögensvergleich nach 5 EStG: für protokollierte Gewerbetreibende (im Firmenbuch) Maßgeblichkeitsprinzip Handelsbilanz ist Grundlage für steuerliche Gewinnermittlung bei abweichenden zwingenden steuerlichen Vorschriften gehen diese vor steuerliche Mehr-Weniger-Rechnung Maßgeblichkeit des handelsrechtlichen Gewinns, soweit kein abweichendes zwingendes Steuerrecht besteht idr wird keine Steuerbilanz aufgestellt ( 44 Abs 2 EStG)

4. Gewinnermittlung nach 5 EStG Weitere Unterschiede zwischen 4/1 und 5 Ermittlung Gewinne/Verluste aus Veräußerung/ Entnahme/Wertänderungen von Grund/Boden steuerlich relevant bei 5 Ermittlung gewillkürtes Betriebsvermögen nur bei 5 - Ermittlern zulässig abweichendes Wirtschaftsjahr nur bei 5 - Ermittlern ( 4 Abs 1 - Ermittler nur bei Land- und Forstwirtschaft)

4. Gewinnermittlung nach 5 EStG Zweck des Maßgeblichkeitsprinzips Vereinfachung der steuerlichen Gewinnermittlung Grenzen des Vereinfachungsgedankes - unterschiedliche Ziele von Handelsbilanz (ausschüttungsfähiger Gewinn, Substanzerhaltung, Information) und Steuerbilanz (Steuerbemessung)

4. Gewinnermittlung nach 5 EStG Formelle versus materielle Maßgeblichkeit formelle Maßgeblichkeit: Maßgeblichkeit des konkreten Bilanzansatzes materielle Maßgeblichkeit: Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen GoB Beispiel: Aktivierung von Ingangsetzungskosten Praxis folgt formeller Maßgeblichkeit (Vereinfachung) Materielle Maßgeblichkeit trägt Bilanzzielen besser Rechnung

4. Gewinnermittlung nach 5 EStG Arten der Maßgeblichkeit Terminologie direkte Maßgeblichkeit ergänzende Maßgeblichkeit umgekehrte Maßgeblichkeit de facto Umkehr der Maßgeblichkeit

Handelsrecht Steuerrecht Steuerliche Gewinnermittlung Beispiele Zwingendes Recht Nachgiebiges Recht Direkte Maßgeblichkeit Niederstwertprinzip bei Umlaufvermögen ( 201 Abs 2 Z 4 HGB) Nachgiebiges Recht Nachgiebiges Recht Direkte Maßgeblichkeit Aktivierungswahlrecht für Bauzeitzinsen im Rahmen der Herstellungskosten Zwingendes Recht Abweichend zwingendes Recht Durchbrechung der Maßgeblichkeit; Steuerrecht ist anzuwenden Bewertung von Grundstückseinlagen ( 6 Z 5 EStG; 202 Abs 1 HGB) Nachgiebiges Recht Zwingendes Recht Durchbrechung der Maßgeblichkeit; Steuerrecht ist anzuwenden Aktivierung des entgeltlich erworbenen Firmenwertes ( 6 Z 1 EStG; 203 Abs 5 HGB) Nachgiebiges Recht Steuerbegünstigung Ausweis der steuerlichen Begünstigung bereits in der Handelsbilanz ( 205 HGB; umgekehrte Maßgeblichkeit) Sonderabschreibungen gem 205 HGB Zwingendes Recht Keine Regelung Ergänzende Maßgeblichkeit Rechnungsabgrenzungsposten Nachgiebiges Recht Keine Regelung Ergänzende Maßgeblichkeit Ansatz von Ingangsetzungskosten

4. Gewinnermittlung nach 5 EStG Reichweite des Maßgeblichkeitsprinzips handelsrechtliche GoB - unbestimmter Rechtsbegriff - gesetzliche Normen des HGB ( 189 Abs 1 HGB) Vorrang allgemeiner GoB oder allgemeiner steuerlicher Prinzipien? - BFH 3.2.1969: Aktivierungswahlrechte als Aktivierungsverbote - Vordringen der handelsrechtlichen GoB nur in Nischen mit steuerlichen Wahlrechten - Einschränkung des Maßgeblichkeitsprinzips auf Teilwertabschreibung und Rückstellungsbildung? - VwGH 10.12.1985: Aktivierungswahlrecht beim Disagio maßgeblich

4. Gewinnermittlung nach 5 EStG Durchbrechungen der Maßgeblichkeit Aktivierung und Passivierung dem Grunde nach - Vermögensgegenstand vs Wirtschaftsgut - Maßgeblichkeit von Rechnungsabgrenzungsposten und Bilanzierungshilfen - steuerliche Aktivierungspflicht für den Firmenwert ( 203 Abs 5 HGB und 6 Z 1 EStG) - steuerliche Aktivierungspflicht für das Disagio ( 198 Abs 7 HGB und 6 Z 3 EStG) - steuerliches Passivierungsverbot für Pauschalrückstellungen und Aufwandsrückstellungen ( 198 Abs 8 HGB und 9 EStG)

4. Gewinnermittlung nach 5 EStG Durchbrechungen der Maßgeblichkeit Bewertung - Abschreibung des entgeltlich erworbenen Firmenwerts ( 203 Abs 5 HGB und 8 Abs 3 EStG) - steuerliche Aktivierungspflicht für angemessene Teile von Material und Fertigungsgemeinkosten ( 6 Z 2a EStG) - zwingende lineare Abschreibung und Sonderabschreibungssätze (Kfz, Gebäude) im Steuerrecht ( 7, 8 EStG) - handelsrechtliches Abwertungswahlrecht für Finanzanlagen ( 204 Abs 2 HGB) - steuerliche Rückstellungsbewertung (Abfertigungsrückstellung, langfristige Rückstellungen) - steuerliche Einlagenbewertung ( 6 Z 5 EStG) - steuerliche Teilwertabschreibungen im Körperschaftsteuerrecht ( 12 KStG) - Abzugsverbote gem 20 EStG (unangemessen hohe Betriebsausgaben)