Niedrigzinsen: Ist die Politik der EZB richtig?

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Transkript:

Niedrigzinsen: Ist die Politik der EZB richtig? Seit 213 ist die Inflation in der Eurozone zu gering. Um die Wirtschaft wieder anzukurbeln und die Inflation zu stabilisieren, betreibt die Europäische Zentralbank deshalb eine Politik der niedrigen Zinsen, zu der auch das Programm zum Aufkauf von Anleihen gehört. Die Maßnahmen der EZB haben politische Sprengkraft, denn die Niedrigzinspolitik birgt auch Risiken. So befürchten manche Beobachter eine Blasenbildung im Immobilien- und Aktienmarkt oder beklagen einseitige Vermögenszuwächse für wohlhabende Haushalte.

Wann werden niedrige Zinsen zum Problem? In Krisenzeiten senken Zentralbanken die Zinsen, um die Wirtschaftsaktivität anzukurbeln. Durch niedrigere Zinsen werden Kredite günstiger und es kann zusätzlich investiert werden. Durch die damit geschaffenen Arbeitsplätze sollten eigentlich die Löhne und mittelfristig auch die Preise steigen. Im Zuge der Eurokrise funktionierte dieser Mechanismus nicht; die Wirtschaft im Euroraum erholte sich nur schleppend und die Inflation verharrte lange bei null Prozent und damit weit unterhalb des Ziels der Preisstabilität von knapp zwei Prozent. Null Prozent Inflation ist für die Wirtschaft gefährlich. Für Konsumenten sinkt der Anreiz, heute Geld auszugeben. Kaufentscheidungen werden aufgeschoben, denn das Geld wird morgen noch gleich viel wert sein. In dieser Situation kann die ganze Volkswirtschaft ins Stocken und in eine Deflation geraten. Mit niedrigen Zinsen will die EZB die Inflation wieder zurück auf knapp zwei Prozent bringen. Dieser Kurs birgt Risiken: Günstigere Kredite könnten zur Überschuldung von Haushalten und Unternehmen führen. Ohne Zinsen auf das Ersparte fällt die private Vorsorge schwer. Banken verdienen kaum noch Geld an ihrem traditionellen Kreditgeschäft und gehen deswegen größere Risiken ein. Die wirtschaftliche Situation der Euroländer unterscheidet sich stark. Daher gehen auch die Präferenzen für eine angemessene Geldpolitik auseinander. In Deutschland wächst die Wirtschaft und die Inflation hat die Zielmarke bereits erreicht. Dementsprechend stehen die Nachteile der aktuellen Geldpolitik besonders im Fokus. In Italien kämpft man dagegen mit hohen Schulden und sinkenden Preisen. Dort werden die Risiken einer Zinsanhebung besonders stark wahrgenommen. Die EZB kann aber nur Politik für die Eurozone als Ganzes machen, also für ein fiktives Durchschnittsland. Preisstabilität Preisstabilität ist als Mandat der EZB in den Europäischen Verträgen festgeschrieben. Die EZB definiert Preisstabilität als eine jährliche Teuerungsrate von knapp unter 2 Prozent. Das Niveau gilt als wünschenswert, da es einen Sicherheitsabstand zur Deflation wahrt, ohne Ersparnisse zu schnell aufzuzehren. Deflation Bei fallenden Preisen spricht man von Deflation. Erwartet ein Konsument, dass ein Produkt in Zukunft günstiger wird, verschiebt er seine Kaufentscheidung. Dadurch bricht die Nachfrage ein. Es entsteht ein gefährlicher Kreislauf, gegen den die Zentralbank kaum vorgehen kann. Die EZB muss eine Politik machen, die für Europa insgesamt passt. Die ist für Deutschland zu locker. Als EZB-Chef Mario Draghi mit der expansiven Geldpolitik anfing, habe ich ihm gesagt, dass er damit den deutschen Exportüberschuss nach oben treiben wird. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble im Interview mit dem Tagesspiegel am 4. Februar 216 Der Impuls kann nicht allein von der EZB kommen. [Sie] tut so viel wie sie kann, sie tut was sie tun muss [ ], wenn aber die Staaten und Europa nicht auch ihrer Verantwortung nachkommen, kann das Wachstum nicht wieder anziehen. François Hollande, Präsident der Republik Frankreich bei EuropaNova in Paris am 15. Oktober 216

Was tut die EZB, um die Inflation anzuheben? In den Jahren 213 und 214 wurde Deflation im Euroraum zu einer konkreten Bedrohung. Im Dezember 214 fiel die Teuerungsrate erstmals unter null Prozent. Der Leitzins lag zu diesem Zeitpunkt bereits bei null Prozent. Wie alle großen Zentralbanken griff die EZB zu geldpolitischen Sondermaßnahmen. Die wichtigste davon ist das Programm zum Ankauf von Vermögenswerten, meist Quantitative Lockerung oder QE-Programm genannt. Im QE-Programm kauft die EZB seit März 215 Anleihen im Wert von monatlich 6 Milliarden Euro, zwischenzeitlich auch 8 Milliarden Euro. Das Programm soll noch bis mindestens Ende 217 fortgesetzt werden. Zum Vergleich: Der deutsche Verteidigungshaushalt für 217 beträgt etwa 37 Milliarden Euro. Durch den Aufkauf dieser Anleihen schafft die Zentralbank eine enorme Nachfrage für Schuldtitel. Dadurch wird es für Banken attraktiv, mehr Kredite zu günstigeren Konditionen an Unternehmen und Haushalte zu vergeben. Die Investitionen, die mit den Krediten finanziert werden, schaffen Wachstum und Inflation. Es gibt erste Anzeichen für die Wirksamkeit des QE-Programms: Kredite für Unternehmen und Privatpersonen wurden günstiger und die Arbeitslosigkeit im Euroraum sank. Trotz dieser Entwicklungen blieb die Teuerungsrate bis in den Winter 216 hinein auf zu niedrigem Niveau. Die Wachstumsraten unterschieden sich außerdem von Land zu Land stark. Für den begrenzten Erfolg der EZB-Politik gibt es mehrere Gründe: In vielen Euroländern kämpfen Banken und Unternehmen immer noch damit, Schulden und faule Kredite abzubauen, die sich vor und während der Finanzkrise angesammelt haben. Gleichzeitig verhindern geringe Wachstumsperspektiven, dass Unternehmen genügend investieren. Der europäische Binnenmarkt ist außerdem für eine Währungsunion nicht ausreichend integriert. Beispielsweise sind große Bereiche des Dienstleistungssektors immer noch auf nationale Märkte beschränkt. Leitzins Mit dem Leitzins legt die Zentralbank den Preis des Geldes fest. Banken können sich zu diesem Zins kurzfristig Geld bei der Zentralbank leihen. Das beeinflusst alle anderen Zinsen in der Volkswirtschaft. Quantitative Lockerung (QE) In einem QE-Programm kauft eine Zentralbank Schuldscheine (Anleihen), beispielsweise von Staaten und Unternehmen in großem Umfang auf. Da sie diese Papiere nicht den Schuldnern selbst, sondern deren Gläubigern (in der Regel Banken) abkauft, spült sie so zusätzliches Geld in das Finanzsystem. Deutschland ist ein Land, das immer dafür geworben hat, dass die Europäische Zentralbank eine unabhängige Politik macht. Deshalb werden wir auf das Verhalten der EZB auch keinen Einfluss nehmen. Deshalb kann ich auch an der Situation, wie sie ist, und will ich auch gar nichts ändern. Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Staatsbesuch in Schweden am 31. Januar 217 Zweifelsfrei hat die Geldpolitik [der EZB] mittelfristig positive Verteilungseffekte. Am wichtigsten ist dabei, dass sie die Arbeitslosigkeit senkt, was besonders ärmeren Haushalten zugutekommt. EZB-Präsident Mario Draghi in Berlin am 25. Oktober 216

NIEDRIGZINSEN Blick nach vorne SZENARIO 1 Worauf setzt die EZB? Die EZB hofft, dass sich die Teuerungsrate bald bei knapp zwei Prozent stabilisiert und sie sich dann aus dem QE-Programm zurückziehen kann. Dabei will die Zentralbank vermeiden, durch einen zu frühen Ausstieg aus dem QE-Programm die wirtschaftliche Erholung zu gefährden. Führt der Ausstieg zu einem Rückfall in niedrige Inflation, könnte auch die Zuversicht der Unternehmen untergraben werden. Die braucht es aber, damit sich die Erholung am Arbeitsmarkt fortsetzt. Um heftige Ausschläge an den Märkten zu vermeiden, wird die EZB das QE-Programm vermutlich in mehreren kleinen Schritten, dem sogenannten Tapering, beenden. Bei einem schnellen Vorgehen könnte die EZB das Volumen ihrer Anleihekäufe in drei Schritten reduzieren, um bis Mitte 218 ganz auszusteigen. Das wäre eine Kompromisslösung, denn eine möglichst lange Fortsetzung hilft den Krisenländern; ein schneller Ausstieg kommt hingegen den Ländern entgegen, denen es wirtschaftlich heute schon wieder gut geht. Unwahrscheinlich ist, dass nach einem Ausstieg die Zinsen sofort wieder anziehen. Das zeigt die Erfahrung der USA: Der Leitzins der US-Notenbank war zwei Jahre nach Ende des QE-Programms noch unter einem Prozent. SZENARIO 2 Was könnte schlimmstenfalls passieren? Wenn sich die Lage in Ländern wie Italien oder Griechenland wieder zuspitzt, könnte die Deflationsgefahr schnell zurückkommen. Die Zentralbank hat sich offengehalten, das QE-Programm noch einmal auszuweiten, sollte es im Euroraum wirtschaftlich wieder bergab gehen. Experten streiten sich aber, inwieweit eine erneute Intensivierung der Sondermaßnahmen helfen würde, die Wirtschaft zu beleben. Der Vergleich mit den USA zeigt, dass der erste Einsatz eines QE-Programms meist der wirksamste ist. Außerdem ist der Markt für sichere Anleihen, die die EZB kaufen kann, begrenzt. Eine Knappheit auf diesen Märkten könnte das Programm gefährden. Zwei Nebenwirkungen des QE-Programms sind besonders riskant: Erstens: Mit dem QE-Programm greift die EZB in die Verteilung des Wohlstands ein. Von günstigen Krediten profitieren besonders die Besitzer von Immobilien oder Aktien, deren Wert steigt. Die Verschärfung der Vermögensungleichheit untergräbt das Vertrauen in die EZB. Zweitens: QE steigert die Nachfrage nach risikoreichen Finanztiteln wie Aktien und Unternehmensanleihen und heizt Immobilienpreise zusätzlich an. Hier könnte es zu einer Blasenbildung und anschließendem Kollaps kommen. SZENARIO 3 Was können die Regierungen tun? Die EZB bei der Krisenbekämpfung allein zu lassen, birgt große Risiken. Damit die Zentralbank zu einer konventionellen Geldpolitik zurückkehren und die Zinsen wieder anheben kann, muss der Euroraum vor allem wieder Wachstum verzeichnen. Dann steigt auch die Inflation. Die nationalen Regierungen können mit Konjunkturund Investitionsprogrammen nachhelfen und die wirtschaftliche Erholung beschleunigen. Besonders Länder mit soliden Staatsfinanzen, wie beispielsweise Deutschland, hätten hier Spielraum. Wirtschaftsreformen können das Wachstumspotenzial des Euroraums erhöhen und so Druck von der Geldpolitik nehmen. Der Abbau von regulatorischen Schranken im Binnenmarkt würde es europäischen Unternehmen erlauben, stärker zu wachsen. Besonders in schlecht integrierten Sektoren wie dem Digital- oder Energiebereich könnten dadurch neue Geschäftsmodelle entstehen. Anders als die EZB kann die Politik wirtschaftliche Schwächen gezielt angehen. Gleichzeitig haben die Länder mit den größten Problemen den geringsten finanziellen Spielraum. Ein Politik-Mix aus Geldpolitik, Fiskalpolitik und Strukturreformen lässt sich nur schwer koordinieren, ist aber dennoch wirksamer gegen Inflation, als wenn die EZB die ganze Last alleine trägt. # FAKT 1 Entwicklung der Inflation im Euroraum und Anpassung des Leitzinses durch die EZB # 2 FAKT Verschuldung von Haushalten # FAKT 3 Verlauf des QE-Programms der EZB: Monatliches Ankaufvolumen und Bestand der Anleihen in % 5 4 Leitzins US-Immobilienkrise überträgt sich auf Finanzmärkte weltweit. EZB senkt Leitzins drastisch. Die Eurokrise beginnt und eskaliert bis 212 zunehmend. Die Wirtschaft Wegen der anhaltenden Deflations- des Euroraums schrumpft, die gefahr beginnt Inflation fällt. Die die EZB das EZB reagiert mit QE-Programm. Zinssenkungen. Der Leitzins ist bei fast %. in % in 6 Anteil der Haushalte mit Schulden Mittlere Höhe der Haushaltsschulden 21 % 19. 42 % 28.2 45 % 15.2 47 % 27. 49 % 43.4 5. 4. Monatliches Ankaufvolumen in Mrd. 8 Bekanntgabe des QE-Programms Ab März 215. Monatliches Ankaufvolumen von 6 Mrd., Laufzeit bis mind. September 216. 1. Verlängerung EZB-Bilanz Ab April 216. Erhöhung Nach knapp des Volumens auf 3 Jahren QE wird 8 Mrd. und Verlängerung bis mind. März 217. 2,5 Billionen an die EZB ca. Anleihen halten. 2. Verlängerung Ab April 217. Verringerung des Volumens auf 6 Mrd. und Verlängerung bis mind. Ende 217. Bekanntgabe Tapering (hypothetisch) Gradueller Ausstieg von Januar bis Juni 218. Bestand der erworbenen Anleihen in Mrd. (Fläche) 2.5 2. 3 Inflation 4 3. 6 1.5 2 4 2. 1. 1 2 1. 2 5 Bereits erfolgt Angekündigt Prognose -1 26 27 28 29 21 211 212 213 214 215 216 217 Italien Euroraum Deutschland Frankreich Spanien 214 215 216 217 218 Die Grafik zeigt die Inflationsentwicklung im Euroraum seit 26 und wie die EZB den Leitzins entsprechend angepasst hat. Bis auf eine kurze Ausnahme im Jahr 211 hat die EZB die Zinsen seit 28 immer weiter gesenkt um einem Abfall der Inflation entgegenzuwirken. Trotzdem ist die Teuerungsrate seit 212 stetig gefallen und erst im Dezember 216 wieder gestiegen. Quelle: EZB, Eurostat. Von niedrigen Zinsen profitieren unter anderem Haushalte, die Schulden aufnehmen wollen, etwa für den Kauf einer Immobilie. Im Euroraum sind das im Durchschnitt zwei von fünf Haushalten. 214 wurden dazu 84. Haushalte im Euroraum befragt. Quelle: EZB. Die Grafik zeigt den Verlauf des QE-Programms der EZB seit dessen Bekanntgabe im Januar 215. Die Fähnchen markieren jeweils den Zeitpunkt, zu dem die EZB Änderungen an ihrem Programm bekanntgegeben hat. Quelle: EZB, eigene Berechnungen. Die EZB hat während der Eurokrise richtig gehandelt. Spätestens 218 muss sie sich entscheiden, was ihr wichtiger ist: Preisstabilität oder Konjunkturimpuls für Krisenländer. Aus meiner Sicht sollte sich die EZB auf ihr Mandat konzentrieren und den Krisen modus verlassen. Die Länder sind in der Pflicht, sich zu reformieren. Philipp Ständer Der Autor ist Wissenschaftler am. www.strengthentheeuro.eu

Die und das Jacques Delors Institut Berlin erklären in der Publikationsreihe Europa briefing Schlüsselthemen der Europapolitik und stellen mögliche Szenarien vor: Was ist das Problem? Wie könnte es weitergehen? Und was kann die Politik jetzt tun? Alle Veröffentlichungen des gemeinsamen Projekts finden Sie hier: www.strengthentheeuro.eu Projektteam Impressum Prof. Dr. Henrik Enderlein Direktor,, Vizepräsident und Professor für Politische Ökonomie, Hertie School of Governance Joachim Fritz-Vannahme Direktor, Dr. Anna auf dem Brinke Wissenschaftlerin, Sabine Feige Projektassistentin, Dr. Katharina Gnath Senior Projektmanagerin, Jörg Haas Wissenschaftler, Heidi Marleen Kuhlmann Referentin für Europapolitik und Öffentlichkeitsarbeit, Philipp Ständer, Autor Wissenschaftler, Malte Tim Zabel Referent des Vorstandsvorsitzenden, 217 und Carl-Bertelsmann-Straße 256 33311 Gütersloh Tel. +49 5241 81-81183 www.bertelsmann-stiftung.de Pariser Platz 6 1117 Berlin Tel. +49 3 467 26-95 www.delorsinstitut.de Design ressourcenmangel an der Panke GmbH, Berlin Druck druck.haus rihn gmbh, Blomberg V.i.S.d.P. Prof. Dr. Henrik Enderlein, Joachim Fritz-Vannahme