ASAMBLEA PARLAMENTARIA EURO-LATINOAMERICANA EURO-LATIN AMERICAN PARLIAMENTARY ASSEMBLY ASSEMBLEIA PARLAMENTAR EURO-LATINO-AMERICANA ASSEMBLÉE PARLEMENTAIRE EURO-LATINO- AMÉRICAINE PARLAMENTARISCHE VERSAMMLUNG EUROPA-LATEINAMERIKA Ausschuss für politische Angelegenheiten, Sicherheit und Menschenrechte 5.9.2017 ENTWURF EINES BERICHTS zum Thema Justiz und Bekämpfung der Straflosigkeit Ausschuss für politische Angelegenheiten, Sicherheit und Menschenrechte Ko-Berichterstatter: DR\1133468.docx Víctor Sousa (Parlandino, Peru) Renate Weber (Europäisches Parlament, Rumänien)
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ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG Die Parlamentarische Versammlung Europa-Lateinamerika, unter Hinweis auf das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), das am 17. Juli 1998 in Rom angenommen wurde, unter Hinweis auf die Resolution 60/147 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 16. Dezember 2005, die den Schutz und die Förderung der Menschenrechte im Wege der Bekämpfung der Straffreiheit betrifft, unter Hinweis auf die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 25. September 2015 mit dem Titel Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, insbesondere das Ziel 16 Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen, unter Hinweis auf den Beschluss des Rates vom 13. Juni 2002 zur Einrichtung eines Europäischen Netzes von Anlaufstellen betreffend Personen, die für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verantwortlich sind, unter Hinweis auf den Beschluss 2003/335/JI des Rates vom 8. Mai 2003 betreffend die Ermittlung und Strafverfolgung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, - unter Hinweis auf die Richtlinie 2014/42/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten in der Europäischen Union, unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom 10. April 2017 über das EUJustizbarometer, A. in der Erwägung, dass das Recht und seine wirksame Anwendung durch Richter und Gerichte eines der wesentlichen Elemente der Rechtsstaatlichkeit sind; B. in der Erwägung, dass Straflosigkeit bzw. Straffreiheit eine Regelwidrigkeit ist, bei der die Anwendung des Rechts verhindert wird, und dass sie dort Verbreitung findet, wo es keinen starken Rechtsstaat gibt und die Judikative anderen Gewalten untergeordnet ist; C. in der Erwägung, dass es keine universelle Gerichtsbarkeit gibt, auch wenn sie bei der Bekämpfung der Straflosigkeit auf internationaler Ebene äußerst nützlich wäre, und dass der Internationale Strafgerichtshof bei der Bekämpfung dieser Problematik zwar Einschränkungen unterworfen ist, aber eine wichtige Funktion innehat; D. in der Erwägung, dass die EU weiterhin de facto als Akteur im Bereich des internationalen Strafrechts auftritt, obgleich sie über keine eigene Strafgerichtsbarkeit verfügt, dass sie daher Eurojust, die Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, eingerichtet hat und dass Eurojust eine Strategie DR\1133468.docx 3/7
festgelegt hat, mit der die Straflosigkeit bei Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten bekämpft werden soll; E. in der Erwägung, dass die Verbreitung der Straflosigkeit die Demokratie eines Landes schwächt und sich auf Verwaltung, Institutionen, Wirtschaftssystem sowie Wirksamkeit der politischen und gesellschaftlichen Kontrollmechanismen des Landes auswirkt; F. in der Erwägung, dass einige internationale Unternehmen auf allen Ebenen in Korruption verwickelt waren, dass dies in einigen Ländern zu Menschenrechtsverletzungen geführt hat und dass diese Unternehmen für ihr Verhalten nicht zur Rechenschaft gezogen wurden; G. in der Erwägung, dass Straflosigkeit besonders häufig in Ländern auftritt, die einen geringen Stand der menschlichen und wirtschaftlichen Entwicklung, einen geringen Schutz der bürgerlichen Freiheitsrechte, geringe wirtschaftliche Offenheit bzw. Freiheit, ein niedriges Bildungsniveau, mangelnde Zivilkultur und Pressefreiheit, eine schwache Justiz, eingeschränkte politische Rechte und begrenzten oder nicht vorhandenen politischen Wettbewerb aufweisen; H. in der Erwägung, dass Straflosigkeit der Kultur der Illegalität zuträglich ist und dafür sorgt, dass Korruption, grenzüberschreitende Verbrechen und organisierte Kriminalität gedeihen; I. in der Erwägung, dass eine starke und erfolgreiche Judikative, die gegen die Straflosigkeit vorgeht, strafrechtliche Verurteilungen sowie auch gesonderte zusätzliche Strafen im Rahmen des Strafrechts, etwa die Beschlagnahme von mithilfe von Betrug oder Korruption erlangten Gütern, und die Entschädigung von Opfern, vorsehen muss; J. in der Erwägung, dass Straflosigkeit ebenfalls in erheblichem Maße zu zunehmender Politikverdrossenheit, die die Bürger angesichts ihrer Vertreter und ihrer politischen Führung verspüren, sowie zu Misstrauen gegenüber den Institutionen beiträgt, was wiederum zum Aufstieg populistischer politischer Bewegungen geführt hat, die die Unzufriedenheit in der Bevölkerung ausnutzen und sich an Autoritarismus und Unterdrückung orientieren; 1. fordert die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten und der lateinamerikanischen Staaten auf, die rechtlichen und institutionellen Befugnisse ihrer Parlamente und Gerichte zu stärken, damit die Straflosigkeit erfolgreich bekämpft wird, da dies unabdingbare Voraussetzung für die weitere Festigung hochwertiger Demokratien ist, in denen für den Schutz der Menschenrechte gesorgt, Gewalt und Straflosigkeit bekämpft und Korruption beseitigt werden; 2. vertritt die Ansicht, dass die Parlamente auf nationaler und regionaler Ebene eine zentrale Aufgabe bei der Umsetzung der Agenda 2030 und insbesondere bei der Verabschiedung von Maßnahmen zur Verwirklichung der Vorgaben des Ziels 16 übernehmen müssen, wobei der Schwerpunkt auf der Stärkung der Justizsysteme und der Bekämpfung der Straflosigkeit liegen muss; 4/7 DR\1133468.docx
3. stellt erneut fest, dass es von enormer Bedeutung ist, dass alle Staaten dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs beitreten; fordert die Staaten, die das Römische Statut noch nicht ratifiziert haben, auf, dies zu tun, damit Rechenschaftspflicht und Aussöhnung gefördert werden; bekräftigt, dass die Unabhängigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs gewahrt werden muss, damit er erfolgreich arbeiten kann und außerdem die Übergangsjustiz unterstützt und die Universalität des Römischen Statuts gefördert werden; 4. fordert nachdrücklich, dass die zuständigen europäischen Institutionen weiterhin die Rechtssysteme in der EU ausbauen, festigen und angleichen, und fordert die lateinamerikanischen Regierungen eindringlich auf, wirksame Verfahren für gegenseitige Amtshilfe in Strafsachen, nachrichtendienstliche Zusammenarbeit und Zusammenarbeit bei der Harmonisierung der Rechtsvorschriften einzuführen, da diese die Anwendung der Gesetze und die Kriminalitätsbekämpfung erleichtert und damit die Wirksamkeit der Justizsysteme sichert; 5. vertritt die Ansicht, dass eine Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO), wie sie im Vertrag von Lissabon vorgesehen ist, geschaffen werden muss und dass diese in hohem Maße zur Sicherung der finanziellen Interessen der EU beitragen würde; 6. ist der Auffassung, dass eine funktionierende und erfolgreiche Judikative, die gegen die Straflosigkeit vorgeht, strafrechtliche Verurteilungen und die Entschädigung von Opfern sowie auch gesonderte zusätzliche Strafen im Rahmen des Strafrechts, etwa die Beschlagnahme von mithilfe von Betrug oder Korruption erlangten Gütern, sowie erweiterte Einziehungsbefugnisse vorsehen muss; weist in diesem Zusammenhang auf die große Bedeutung der Richtlinie 2014/42/EU über die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten in der Europäischen Union hin; fordert alle Mitgliedstaaten der EU auf, diese Richtlinie umgehend in nationales Recht umzusetzen; 7. hebt hervor, dass den Medien beim Kampf gegen die Straflosigkeit besonders große Bedeutung zukommt, und empfiehlt daher, für die Unterstützung der Medien zu sorgen und dafür, dass ihre Informationen der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen; 8. hebt hervor, dass der Zivilgesellschaft eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der institutionellen Reformen zukommt, mit denen Transparenz und Rechenschaftspflicht gestärkt werden sollen; weist ebenfalls darauf hin, dass die Zivilgesellschaft eine wichtige Aufgabe übernimmt, indem sie ein Bewusstsein für die negativen Folgen von Korruption und Straflosigkeit schafft und Partnerschaften mit staatlichen Institutionen und dem Privatsektor herstellt, mit denen der Kampf gegen Korruption und Straflosigkeit unterstützt werden soll; 9. weist darauf hin, dass die Organisationen der Zivilgesellschaft, darunter investigativ tätige Journalisten, Blogger und Hinweisgeber, trotz des Risikos, Opfer von Vergeltungsmaßnahmen (auch am Arbeitsplatz), übler Nachrede und Verleumdung zu werden oder sich persönlich in Gefahr zu bringen, Fälle von Korruption, Betrug und Straflosigkeit sowie Missstände in der Verwaltungstätigkeit und Menschenrechtsverletzungen aufdecken; DR\1133468.docx 5/7
10. weist erneut darauf hin, dass Verfahren für einen schnellen und effizienten Austausch der notwendigen Informationen zwischen den europäischen und lateinamerikanischen Staaten geschaffen werden müssen; stellt fest, dass die Zusammenarbeit im Bereich der Justiz, der Strafverfolgung und im Steuerbereich sowohl in der EU selbst als auch mit den regionalen Partnern in Lateinamerika ausgebaut werden muss, damit Straflosigkeit, Korruption und organisiertes Verbrechen wirksam bekämpft werden können; 11. schlägt vor, dass Organisationen wie Europol und Interpol bei Schulungen und geeigneten Maßnahmen zur technischen Unterstützung enger zusammenarbeiten; 12. weist darauf hin, wie wichtig Bildung für Prävention und die Ausbildung eines Gewissens ist, damit Integrität, Verantwortlichkeit und Transparenz gestützt werden; fordert daher, dass regionale Programme gefördert werden, die gemeinsam von den Medien und der Zivilgesellschaft ausgearbeitet und umgesetzt werden und mit denen eine öffentliche Debatte über die Straflosigkeit angeregt werden soll; 13. fordert die Umsetzung von Strategien einer offenen Verwaltung, die auf dem Wege von Informations- und Kommunikationstechnologien das Vorgehen der Amtsträger transparenter machen und Rechenschaft und Bürgerbeteiligung stärken; 14. ist der Ansicht, dass in den Ländern beider Regionen die Kapazitäten für den Kampf gegen Straflosigkeit gestärkt werden können, indem Verfahren für technische Unterstützung und den Transfer von Technologien und bewährten Verfahren konzipiert und umgesetzt und innerhalb der gesetzlichen Grenzen Nachrichtendienste, die Untersuchungen und Gerichtsverfahren erleichtern, aufgebaut werden; 15. betont, dass die Systeme der Strafgerichtsbarkeit und des Strafvollzugs gestärkt werden müssen womit die Empfehlung einhergeht, dass angemessenere, verhältnismäßigere und abschreckendere Strafen festgelegt und Straftaten, bei denen Straflosigkeit begünstigt wird, besser klassifiziert werden, damit in den Haftanstalten dafür gesorgt werden kann, dass die dort von den Häftlingen verbrachte Zeit sinnvoll genutzt wird und deren soziale Fähigkeiten, ethisches Handeln sowie Kompetenzen mit Blick auf eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft verbessert werden; 16. fordert mit Nachdruck, dass im Rahmen der strategischen Partnerschaft EU-CELAC eine Zusammenarbeit gefördert wird, mit der die Justizsysteme gestärkt und die Straflosigkeit sowie grenzüberschreitende Kriminalität bekämpft werden; 17. beauftragt ihre Ko-Präsidenten, diese Entschließung dem Rat der Europäischen Union, der Europäischen Kommission sowie den Parlamenten der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und aller Länder Lateinamerikas und der Karibik, dem Lateinamerikanischen Parlament, dem Zentralamerikanischen Parlament, dem Andenparlament und dem Parlament des Mercosur, dem Sekretariat der Andengemeinschaft, dem Ausschuss der Ständigen Vertreter des Mercosur, der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten, dem Ständigen Sekretariat des Lateinamerikanischen Wirtschaftssystems, der turnusgemäßen Präsidentschaft und den Mitgliedstaaten der CELAC-Troika und den Generalsekretären der Organisation Amerikanischer Staaten, der Union Südamerikanischer Nationen und der Vereinten Nationen zu übermitteln. 6/7 DR\1133468.docx
VERFAHREN Titel Justiz und Bekämpfung der Straflosigkeit Zuständiges Organ Ausschuss für politische Angelegenheiten, Sicherheit und Menschenrechte Ko-Berichterstatter Víctor Sousa (Parlandino, Peru), Renate Weber (Europäisches Parlament, Rumänien) Prüfung im Ausschuss 19.7.2017 Datum der Annahme Bei der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder Prüfung im Plenum DR\1133468.docx 7/7