Humor in der Medizin

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Transkript:

Humor in der Medizin Entwicklung eines theoretisch begründeten Humorinterventionsprogramms von Matthias Leufgen 1. Auflage Jacobs 2014 Verlag C.H. Beck im Internet: www.beck.de ISBN 978 3 89918 233 0 schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG

Matthias Leufgen Humor in der Medizin Entwicklung eines theoretisch begründeten Humorinterventionsprogramms

Humor in der Medizin Entwicklung eines theoretisch begründeten Humorinterventionsprogramms Matthias Leufgen Jacobs Verlag

Inhaltsverzeichnis Seite Vorwort... 11 I EINLEITUNG: EINFÜHRUNG IN DEN INHALT UND DIE METHODE... 15 1 Problemaufriss und Erkenntnisinteresse... 15 2 Zielsetzung und erkenntnisleitende Fragen... 20 3 Zur Methode... 21 4 Aufbau der Arbeit... 23 II HUMORSPUREN: HUMOR UND KRANKHEIT EIN UMFASSENDES KONZEPT BEGRÜNDETER ERKENNTNISSE FÜR DIE MEDIZIN... 25 1 Theoretische Grundlagen zum Humor... 25 1.1 Humor und Lachen... 25 1.2 Perspektiven des Humors und des Lachens... 26 1.2.1 Historische Perspektive des Humors... 26 1.2.2 Philosophische Perspektive... 26 1.2.3 Psychologische Perspektive... 28 1.2.4 Soziologische Perspektive... 29 1.3 Aktuelle Theorien zur Erklärung von Humor und Lachen... 30 5

1.3.1 Überlegungstheorie... 31 1.3.2 Inkongruenztheorie... 31 1.3.3 Psychophysiologische Theorie... 32 1.3.4 Humor als Charakterstärke... 32 1.4 Humor Annäherung an eine Begriffsortung... 34 1.5 Humor als Funktion... 41 1.6 Humor als Therapie... 44 1.6.1 Therapeutische Humorperspektive... 44 1.6.2 Provokative Humorperspektive... 44 2 Humor und Lachen in der Medizin und in Gesundheitseinrichtungen sowie der Kommunikation zwischen Arzt und Patient... 45 2.1 Humor in Medizin und Gesundheitseinrichtungen zwischen Krankheit und Gesundheit... 45 2.1.1 Medizin... 46 2.1.2 Gesundheitseinrichtungen... 47 2.1.3 Krankheit... 48 2.1.4 Gesundheit... 49 2.1.5 Salutogenese und Humor... 51 2.3 Humor in der Kommunikation und Interaktion zwischen Arzt und Patient... 55 2.3.1 Gegenwärtige Kommunikation und Interaktion in der Medizin... 55 2.3.2 Zukünftige Kommunikation und Interaktion in der Medizin unter Einbeziehung von Humor... 60 2.4 Humor versus Ernsthaftigkeit in der Medizin... 65 2.5 Kurzzusammenfassung... 68 6

3 Empirische Befunde, klinische Beobachtungen aus Untersuchungen zum Humor und Lachen... 69 3.1 Neurologische Effekte von Humor und Lachen... 70 3.2 Neuromuskuläre Effekte von Humor und Lachen... 73 3.3 Endokrine Effekte von Humor und Lachen... 75 3.4 Immunologische Effekte von Humor und Lachen... 78 3.5 Effekte von Humor und Lachen auf Befindlichkeiten (Angst, Schmerz) und Lebensqualität. 80 4 Überlegungen und Folgerungen aus den empirischen Befunden und klinischen Beobachtungen... 85 4.1 Schmerzen und Schmerzbeeinflussung... 88 4.2 Humor in der Medizin und in Gesundheitseinrichtungen... 97 5 Entwicklung eines begründeten Humorinterventionsprogramms für die klinische Praxis... 103 5.1 Das Humorinterventionsprogramm als Prozess verstehen... 103 5.2 Die Schritte des Humorinterventionsprogramms... 106 5.2.1 Humoranamnese... 107 5.2.2 Personenzentrierte Humorüberlegungen... 113 5.2.2.1 Hinweise zu ethischen Richtlinien zu Humor... 114 5.2.2.2 Berücksichtigung der Humornebenwirkungen... 118 5.2.3 Humorziele... 118 5.2.4 Humorplanung... 120 5.2.5 Humorinterventionen... 120 5.2.6 Evaluation der Humorinterventionen... 126 5.3 Fazit... 127 5.4 Kurzzusammenfassung... 128 7

III KRITISCHE SCHLUSSFOLGERUNGEN UND ZUSAMMENFASSUNG MIT AUSBLICK... 129 1 Schlussfolgerungen zum Begriff Humor in der Medizin... 129 2 Zusammenfassung und Ausblick: Die Zukunft einer Medizin, in der mit Humor ernst gemacht wird... 130 2.1 Zusammenfassung... 130 2.2 Ausblick... 132 Abkürzungen... 136 Literatur... 139 Anhang... 147 Anlage 1 Ethische Richtlinien zum Humor... 147 Anlage 2 Coping Humor Scale... 149 Anlage 3 Eine Auswahl von Witzen für humorvolle Momente... 151 8

Vorwort Der Titel dieser Arbeit Humor in der Medizin: Entwicklung eines theoretisch begründeten Humorkonzeptes wurde bewusst gewählt. Dies ergibt sich aus zwei Gründen. Zum einen: Mit dem Thema dieser Arbeit werden auf dem Weg des Humors die Spuren von Humor in der Medizin und in Gesundheitseinrichtungen, orientierend an theoretischen Grundlagen, erkundet. Zum anderen: Dem Ansinnen, Humor in der Medizin zu untersuchen, wurde in einigen Kliniken beim ersten Austausch sehr offen begegnet. Humor benötigt Unbefangenheit, Offenheit, Mut und Zugänglichkeit, weil sich dann eine viel größere Chance der Umsetzung verwirklichen lässt. Und genau diese Eigenschaften wurden im Gespräch deutlich. Die Arbeit von Ärzten erscheint als etwas so Ernsthaftes, dass Humor, Lachen oder Schmunzeln im medizinischen Handeln als unpassend, störend und albern angesehen werden. Während in einigen Kinderkliniken Humor in den Ablauf integriert werden konnte, ist das Phänomen des Humors in der medizinischen Erwachsenenversorgung offenbar eher lächerlich, so dass es in aller Regel ignoriert wird. Humor gehört jedoch zum Leben dazu. Humorvolle Ereignisse heitern Menschen auf, können ein entspanntes Gefühl im Körper auslösen und für eine aufheiternde Atmosphäre für einen Augenblick oder einen bestimmten Zeitraum sorgen. Unter dieser Sichtweise gehört Humor nicht nur dem gesunden Menschen zugestanden, sondern auch erkrankten, gebrechlichen oder behinderten Menschen, so dass Humor in allen Lebenslagen zu ermöglichen ist. Diese Arbeit erhebt damit den Anspruch, dass Humor nicht nur Menschen im gesunden Zustand ermöglicht werden sollte, sondern dass eine humorvolle Aufheiterung, ein Lachen, sich in allen Lebensphasen für einen Augenblick, innerhalb einer bestimmten Zeit, in Situationen als passend erweisen kann. Um diesem Anspruch in Gesundheitseinrichtungen nachzukommen, wird explizit in dieser Arbeit eine theoretische Fundierung des Humors in der Medizin und in Gesundheitseinrichtungen herausgestellt, und daraus ableitend exemplarisch ein Humorinterventionsprogramm für die klinische Versorgung entwickelt, um den Humor dann sowohl spontan als auch planmäßig einzusetzen. Dem Ansinnen dieser Arbeit liegt die Erkenntnis zugrunde, dass bislang dem Humor in Medizin und Gesundheitseinrichtungen zu wenig Bedeutung beigemessen wird. Vielerorts wird auch heute versucht, durch eine hoch ausgestattete Technik in der Medizin dem Menschen zur Krankheitsminimierung bzw. Krankheitsaufhebung zu verhelfen, damit die Gesundheit erlangt wird. Diesem Ansinnen spricht auch nichts entgegen, solange in einer technisch ausgestatteten und geprägten Medizin die menschlichen Komponenten mitbedacht und mitberücksichtigt werden. Zu den menschlichen Komponenten gehören Einstellungen, Erwartungen, Wünsche, die etwas hoch Persönliches sind und sich aus der Sozialisation und dem erworbenen Habitus des Menschen erschließen. Zu dieser 11

menschlichen Komponente gehört aber auch der Humor, der bei jedem Menschen auf unterschiedliche Art und Weise ausgeprägt ist. Insbesondere in Zeiten, in denen Menschen durch medizinische Diagnosen eine Perspektivreduzierung oder Perspektivlosigkeit erleben, kann der Humor eine nicht zu unterschätzende Wirkung haben, indem er zur Aufmunterung, Aufheiterung und Freude in erschütternden Lebenssituationen für einen Augenblick verhilft und den tristen Alltag verschönert. Durch die Ausrichtung auf Heilung im Handeln von Ärzten und Gesundheitsfachkräften basiert die Tätigkeit auf medizinischen Therapien. Es geht in der Schulmedizin vordergründig darum, Krankheiten zu heilen, Krankheiten zu lindern, um die Gesundheit wiederherzustellen. Dabei stehen Krankheiten, Krankheitssymptome und medizinische Therapien im Vordergrund. Dem Humor und der Humortherapie wird dabei eine zu geringe Bedeutung zuteil. Durch eine solche Orientierung kann angenommen werden, dass eine individuelle Versorgung, die humorvolle Phasen aufweist, zu gering berücksichtigt wird. Denn meist wird von Betroffenen ein Krankenhausaufenthalt als trist und eintönig wahrgenommen und beschrieben. Damit ein Aufenthalt in Gesundheitseinrichtungen als lebendig, bunt und vielfältig wahrnehmbar wird, kann eine Auseinandersetzung mit Humor für Ärzte und Gesundheitsfachkräften dazu verhelfen, den Aufenthalt von Menschen angenehmer und annehmbar zu gestalten. Erst durch eine Perspektivenumorientierung, die den Humor in der medizinischen und gesundheitsfachlichen Versorgung und Betreuung mit berücksichtigt, kann eine dem Menschen angemessene Begleitung erfolgen. Eine Profilumorientierung dürfte für Ärzte und Gesundheitsfachkräfte zu einer beruflichen Profilerweiterung und zur Steigerung der eigenen Gesundheit führen. Um eine medizinische und gesundheitsfachliche Betreuung der Menschen zu unterstützen, sind die Kapitel dieser Arbeit als Anregung, Impulssetzung und Reflexion zu verstehen und können für eine Umorientierung sowie Weiterentwicklung von medizinischen Konzepten verstanden werden, damit sich durch Humor ein erweiterter Horizont ergibt, der in medizinische Therapien mit einbezogen werden könnte. Durch ein Humorinterventionsprogramm, welches sich sodann auf medizinische Theorien, Modelle und Konzepte überführen ließe und sich in der medizinischen Praxis widerspiegelt, indem Ärzte und Gesundheitsfachkräfte es zu verstehen wissen, humorvolle Einlagen angemessen in ihrem Handeln begründend praktizieren zu können, könnten Menschen, die medizinische Versorgung benötigen, aus einem tristen Alltag einen lebendigen, aufmunternden Tag erleben, der zu einem angenehmen Aufenthalt in einer Gesundheitseinrichtung beiträgt. Zur besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit die männliche Form gebraucht. Die jeweilige Bezeichnung steht für beide Geschlechter und versteht sich als neutraler Begriff. Dem Leser dieser Arbeit wird durch die einzelnen Inhalte und unterschiedlichen Beispiele ein Perspektivenwechsel ermöglicht, indem Humor in der Medizin und in Gesundheitseinrichtungen zunehmend an Bedeutung gewinnt, der zur 12

Gesundheitsförderung und Gesundheitsstärkung einen nicht zu unterschätzenden Beitrag leisten kann. Daraus ergeben sich Aussichten, die für das Handeln in der Versorgung eines Menschen einen wesentlichen Kern medizinischer Aktionen ausmachen und damit zukünftig das professionelle Handeln fördern und unterstützen mögen. Damit soll diese Arbeit zu einer Entwicklung verhelfen, die zur konzeptionellen Erweiterung in Medizin und Gesundheitseinrichtungen führt, indem Humor in den verschiedenen Lebensphasen und Lebenslagen durch eine fundierte theoretische Auseinandersetzung im praktischen Handeln eine Umsetzung zum Wohle der anvertrauten Menschen erfährt. Köln, im Herbst 2014 Matthias Leufgen 13

I EINLEITUNG: EINFÜHRUNG IN DEN IN- HALT UND DIE METHODE 1 Problemaufriss und Erkenntnisinteresse Einer Medizin würde eine Offenheit gegenüber Humor gut tun, so dass die medizinische Arbeit (...) gelegentlich mit einer Prise Humor zu würzen (Titze, Eschenröder 2007, S. 10) 1 wohlwollend auf Patienten wirken könnte. Humor und Lachen sind die beste Medizin und sind gesund. Diese gesellschaftlichen Weisheiten sind weit verbreitet und anerkannt (vgl. Hirsch 2012, S. 233). Der Mediziner und Psychologe Hirsch, der populär im Bereich der Gerontopsychiatrie tätig ist sowie an Universitäten lehrt und Humor in der medizinischen Praxis einsetzt, meint, dass dies leider nicht heißt, dass diese Volksweisheit in der Medizin erwünscht ist. Bekanntermaßen muss eine Medizin bitter sein, um helfen zu können (Hirsch 2012, S. 233). Auf den ersten Blick scheint es paradox, Humor in Zusammenhang mit Medizin zu fokussieren, da Humor als Charaktereigenschaft gilt, die dem Leben positiv gegenübersteht, hingegen Medizin eine ernstzunehmende Angelegenheit ist. Genau aus dieser Divergenz heraus erweist sich die Chance, Humor in der Medizin brauchbar einzusetzen. Humor versteht sich als eine menschlich positive Eigenschaft, die sich in allen Lebenswegen, Kulturen und Gesellschaften ereignet. Humor hinterlässt Spuren, weil er das körperliche Gleichgewicht, die Homöostase und die Produktion positiver biochemischer Körperprozesse anregt (vgl. Wild 2012a). Humor wird auch als Charakterstärke interpretiert (vgl. Peterson, Seligman 2004), bei der die humorige Laune (heitere Stimmung), die Geisteshaltung sowie die Begabung und Fähigkeiten zu besonders spontanen, humorvollen, witzig gelingenden Aussagen oder einer gelungenen Darbietung von humorigem Material bedeutsam wird. Mit Humor beabsichtigt man, Gutes zu erreichen und Schlechtes zu vermeiden, um andere Menschen nicht zu verletzen, sondern eine personenspezifische Erheiterung zu ermöglichen (vgl. Ruch 2012, S. 13f.). In der Gesellschaft begegnen wir Humor in den unterschiedlichsten Lebenssituationen geplant oder ungeplant. Geplant begegnet uns Humor z.b. in Comedys, im Zirkus, wenn Clowns ihre Einlagen geben oder in Lachclubs. Ungeplant erlebt der Mensch Humor in unterschiedlichen Lebenssituationen, z. B. in einzelnen Lebenssituationen, in denen sich Humor im Gespräch zu entfalten vermag. Jenseits der Spaßgesellschaft, wo Humor als ein Konzept des Miteinanders genutzt werden könnte, gilt es für Medizin und Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäuser, Arztpraxen, Pflegeeinrichtungen, Humor (neu) zu entdecken. 1 Titze, M., Eschenröder, C. T. (2007): Therapeutischer Humor; 5. Aufl.; Frankfurt/Main: Fischer. 15

umzusetzen und als festen Bestandteil zu implementieren. Gegenwärtig ist in den meisten vorzufindenden Strukturen von Gesundheitseinrichtungen die Versorgung gezielt auf Krankheit gerichtet. Dadurch zeigt sich ein lineares Vorgehen. Zukunftweisend wäre, wenn Humor nicht auf die Bereiche Psychiatrie, Psychotherapie und Verhaltenstherapie begrenzt bliebe, sondern sich in allen medizinischen Bereichen entfalten könnte. Denn durch Humor kann ein Handeln im Sinne zirkulärer Prozesse gefördert werden, weil durch eine veränderte Sichtweise, bei der der Mensch nicht mehr ausschließlich auf Krankheit reduziert bleibt, der Mensch in seiner Gesamtperson wahrgenommen wird, wodurch die Wünsche, Erwartungen und Einstellungen des Menschen in seiner Ganzheitlichkeit erkannt und berücksichtigt werden. In einem solchen ganzheitlichen Denkansatz wird der Mensch ernst genommen, so dass Humor im Prozessverlauf der Genesung Beachtung findet. Ein Mensch, der in seinem bisherigen Leben immer gerne gelacht hat, wird wegen eines Klinikaufenthalts das Lachen schließlich nicht einstellen wollen. Er wird vielleicht die Erwartung oder den Wunsch haben, dass ihm das Lachen dürfen auch während des Aufenthalts in einer Gesundheitseinrichtung durch humorvolle Ereignisse ermöglicht wird. Für einen Menschen, der in seinem Leben wenig gelacht hat, kann ein Aufenthalt in einer Gesundheitseinrichtung zu einem Erlebnis werden, wenn ihm ein passendes Humorangebot unterbreitet wird. Humor in der medizinischen Betreuung ist ein ernstes Thema. Humor, verbunden mit einer Sensibilität für Komik und einer natürlichen (und nicht inszenierten) Selbstironie, ist eine Schlüsselqualifikation medizinischen Handelns. Vermutlich zeichnen sich erfolgreiche Mediziner einerseits durch ihr Fachwissen und ihr Methodenrepertoire, andererseits durch ihre humorvolle Ausstrahlung aus, die sie in ihrer Kindheit mitbekommen haben. Denn Humor ist eine Einstellung zu Mitmenschen und zum Leben (vgl. Ruch 2012, S. 24). Mediziner haben als ein wesentliches Ziel, den kranken Menschen zu heilen. Zu der medizinisch zielorientierten Handlung von Ärzten, kranke Menschen zu heilen, könnte es sich als Maxim erweisen, wenn Ärzte den Menschen lachend begegnen und andere zum Lachen bringen, ohne jedoch jemanden bloßzustellen. Durch eine reflexive Haltung, die sich gerade dadurch auszeichnet dass Ärzte aus unterschiedlichen Perspektiven lachen lernen können, könnte dies bei der medizinischen Versorgung zu einem belebenden Umgang in der Patientenbetreuung führen. Dies setzt bei Ärzten voraus, dass sie über die eigenen jeweiligen Einseitigkeiten und Perspektiven, die durch den primären, sekundären und tertiären Sozialisationsprozess geprägt wurden, belustigt sein können. Damit hätte der Humor eine Chance, für den Heilungsprozess in der medizinischen Betreuung als ernsthaftes Thema aufgegriffen zu werden. Vereinzelt ist in medizinischer Literatur zu lesen, dass Humor ermunternd sein kann. Im Allgemeinen kann festgehalten werden, dass sich in der wissenschaftlichen medizinischen Literatur wenige Hinweise über Humor finden. Es ist anzunehmen, dass es, bedingt durch fehlende literarische medizinische Literatur zum Themenbereich Humor, eher dem Zufall überlassen bleibt, ob Ärzte 18

Die Arbeit, die Ärzte tagtäglich zu bewältigen haben und die medizinische Versorgung sind eine ernsthafte Angelegenheit, da bei allen Handlungen am und mit dem zu betreuenden Menschen Gesundheit, Krankheit, Leben oder Tod mitschwingen. Ärzte sind durch ihre Ausbildung bestrebt, Krankheiten zu heilen, damit die Gesundheit wieder vom Menschen erlangt wird, damit sich der Mensch wieder gesund fühlt. Bei den Bestrebungen, Krankheit zu minimieren oder auszuschließen, erscheint eine Ernsthaftigkeit für viele Ärzte und Gesundheitsfachkräfte erstrebenswert und angemessen, da Humor und Lachen in der medizinischen Versorgung als unpassend, störend, albern oder als inadäquate Zeitverschwendung angesehen werden. Dass Humor in der Medizin als unpassend angesehen wird, zeigte sich auch bei Kontaktaufnahme mit verschiedenen Kliniken sowie den verschiedenen medizinischen Fachrichtungen im Austausch hinsichtlich des Themas dieser Arbeit. Von zehn Anfragen bei Kliniken haben vier Kliniken kein Interesse an dem Arbeitsthema gezeigt, eine Klinik zeigte sich offen und fünf Kliniken verwiesen an Kinderkliniken. Daraus lässt sich vermuten, dass 90 Prozent der Anfragen Humor für den Klinikbereich Erwachsener wohl eher für ungeeignet erachten und als passend für den medizinischen Kinderklinikbereich anerkennen. Eine solche Haltung gegenüber Humor mag darin begründet liegen, dass von Ärzten vielerorts die Auffassung vertreten wird, dass Humor nicht zu erkrankten erwachsenen Menschen ins Klinikum gehöre und dies unangemessen erscheint (vgl. Bischofberger 2008, S. 32f.). Humor wird als trivial und nicht als Bereicherung des Alltags wahrgenommen. Dies mag auch mit ein Grund sein, warum in medizinischer Literatur der Begriff Humor sowie das Thema Humor nicht aufgeführt werden und somit unberücksichtigt bleiben. In medizinischen Lexika findet sich der Begriff gar nicht. So folgt z. B. im Wörterbuch Pschyrembel nach Humankapital Hyperaktivität (Pschyrembel 1994, S. 262). Auch in einer neueren Ausgabe des Wörterbuches Pschyrembel (2002) bleibt die Bezeichnung Humor ausgeblendet. In medizinisch wissenschaftlicher Literatur fehlt der Begriff Humor gänzlich. Wie Meißener (2005) treffend formuliert: Die Sprache ist ein Spiegelbild der Wirklichkeit (Meißner 2005, S. 1). Wenn der Begriff Humor sich in medizinischer Literatur nicht findet, dann wird er sich als Spiegelbild auch nicht in der medizinischen Realität zeigen können. Daraus ableitend kann angenommen werden, dass der sprachliche Verzicht des Begriffes Humor in der medizinischen Betreuung von Menschen keinen Platz hat und keine Humorsituationen dem kranken, gebrechlichen und medizinisch ratsuchenden Menschen ermöglicht werden. Denn dort, wo der sprachliche Begriff Humor zu finden ist, wo Menschen sich mit der Humorbezeichnung auseinandersetzen und offen zeigen, ihn in menschlichen Beziehungen wirksam werden lassen, kann angenommen werden, dass Humor eine viel größere Chance hat, spontan (also ungeplant) oder geplant umgesetzt zu werden, so dass sich dies im Lachen zeigen kann. Durch das Ausblenden von Humor in der medizinischen Literatur und der medizinischen Sprache bleibt Humor in der medizinischen Praxis realitätsfern. Demnach verwundert es nicht, dass Krankenhäuser und andere medizinische Einrich- 16