Petra Kaps, Wissenschaftszentrum Berlin, WZB Stand

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Transkript:

Petra Kaps, Wissenschaftszentrum Berlin, WZB Stand 08.11.2006 Die Ausschreibungs- und Vergabepraxis der BA eine Zwischenbilanz Ich möchte Ihnen aus Sicht der Wissenschaft eine vorläufige Bilanz der Vergabepraxis der BA vorstellen. Meine empirische Einsicht dazu entstammt einer Untersuchung des WZB im Rahmen der Evaluierung der Hartz-Gesetze, die sich u.a. mit der Analyse der vermittlungsnahen Dienstleistungen Dritter im Rahmen des SGB III beschäftigte. Die BA wendet seit einigen Jahren zwei neue Verfahren der Beauftragung Dritter mit Arbeitsmarktdienstleistungen an, die der Förderung des Wettbewerbs unter den Leistungsanbietern dienen: - Das Contracting Out und - das Gutscheinverfahren. Während die klassische Weiterbildung wie die einfache Arbeitsvermittlung über das Gutscheinverfahren abgewickelt werden, werden die meisten maßnahmeförmigen Instrumente der SGB III und II über Contracting Out eingekauft. Das größte finanzielle Auftragsvolumen erreichen dabei BvB (406 Mio. in 2005) und BaE (451 Mio. in 2005), gemessen in Teilnahmeplätzen sind TM (894.000 in 2005) und Beauftragungen nach 37 (426.000 in 2005) die größten dieser Dienstleistungen. Im Rahmen der Hartz-Evaluation haben wir die vier Instrumente 37, 421i, PSA und VGS genauer untersucht. Diese vermittlungsorientierten Dienstleistungen sind durch einige instrumentenspezifische Besonderheiten gekennzeichnet, die sie von anderen ausgeschriebenen Maßnahmen wie BvB, abh oder TM unterscheiden. Die Ergebnisse der Prozessanalyse der Ausschreibungs- und Vergabepraxis der BA, also des Contracting Out Verfahrens, lassen sich aber weitgehend auf die anderen Instrumente übertragen. Ich möchte Ihnen im ersten Teil des Vortrags einen kurzen Überblick über unsere Ergebnisse zur Vergabepraxis präsentieren. Anschließend werde ich auf zwei zentrale Kritikpunkte am Beispiel von Qualifizierungs- und Trainingsmaßnahmen genauer eingehen: auf Preisdumping und Personalkosten und auf die Qualitätssicherung. Das gesamte Vergabeverfahren ist als ein zyklischer Prozess modellierbar. Es beginnt mit der Frage, welche Dienstleistungen die Agenturen vor Ort überhaupt ausschreiben wollen. Nach dieser Entscheidung bestellen die Agenturen bei den regionalen Einkaufszentren ihre Maßnahmen. Die regionalen Einkaufszentren schreiben die Leistungen aus und organisieren den Auswahlprozess, an dem wiederum Vermittler der Agenturen bei der fachlichen Bewertung der Angebote beteiligt sind. Ist der Vertrag einmal zustande gekommen, dann beginnt der eigentliche Leistungsprozess beim Dritten. Dieser kann durch die Agenturen (mit-)beeinflusst werden, beispielsweise über die Zuweisungspraxis und die Anerkennung von Leistungen, in unserem Fall vor allem die Anerkennung von Vermittlungen während des Maßnahmezeitraums. Mit den Hartz-Reformen haben sich zentrale Rahmenbedingungen dieses Kontraktmanagements verändert. Wir haben es mit drei besonders wichtigen Aspekten zu tun: Der erste ist die Anwendung des Vergaberechts auf Arbeitsmarktdienstleistungen, die erst mit den Hartz-Gesetzen für einige Instrumente gesetzlich geregelt wurde. Das Vergaberecht selbst regelt allgemeine Verfahrensgrundsätze, Fristen der Entscheidungsfindung und den Anbieterschutz. Zudem definiert es Wirtschaftlichkeit als Auswahlkriterium. Die zweite Rahmenbedingung ist die Zentralisierung der Einkaufsorganisation in den Regionalen Einkaufszentren (REZ). Dies ist eine Folge der Umstrukturierung der BA und der Empfehlungen der Berater zur Effizienzsteigerung der BA. Sie zielte zunächst und vor allem auf Kostensenkung durch Bündelung der Einkaufskompetenz und durch die stärkere Standardisierung der Dienstleistungen. Durch Optimierung der Prozesskosten innerhalb der BA sollten hohe Versorgungsqualität und Kundenzufriedenheit gewährleistet werden. Die REZ gestalten gemeinsam mit der Abteilung PP in der Zentrale die Verdingungsunterlagen und steuern so über die Strukturierung der Bewertungsverfahren, der Qualitätskriterien, der Preismechanismen etc. die Dienstleistungsangebote und die Contracting Out Entscheidungen der lokalen Agenturen als Bedarfsträgern vor. 1

Der dritte Einflussfaktor ist die Standardisierung der Leistungsinhalte, die bereits eine dieser Strukturierungen darstellt. Sie rührt aus dem Motiv, Dienstleistungen bundesweit vergleichbar zu machen, mehr Transparenz zu schaffen und Kosten zu reduzieren. Außerdem dient die Standardisierung der Leistungen dazu, die Arbeitsmarktdienstleistungen überhaupt erst vergaberechtlich einkaufen zu können, indem genaue Leistungsbeschreibungen definiert werden. Die neuen Rahmenbedingungen haben weit reichende Auswirkungen auf die Vergabepraxis. Die Anwendung des Vergaberechts in Kombination mit der Art der Ausgestaltung der Ausschreibungen durch die REZ führen zu verstärktem Wettbewerb zwischen den Anbietern, der zumindest in den Anfangsjahren durch einen harten Preiswettbewerb gekennzeichnet war und der Qualität zu geringe Bedeutung bei der Auswahl der Angebote beimaß. Traditionelle lokale Kooperationsbeziehungen wurden unterbrochen, lokal bewährte Partnerschaften erlahmten. Dieser systematische Bruch war gewollt und wurde nicht zuletzt angeregt durch verschiedene Gutachten des Bundesrechnungshofs. Welche Faktoren sind nun zentral für den Einkaufsprozess? Die Entscheidungen der Agenturen werden geprägt durch ihre Erfahrungen mit Aufwand, unmittelbaren Maßnahmekosten und Integrationswirkungen aus den Vorjahren. Sie werden auch beeinflusst durch die Kooperationskultur vor Ort und durch die output-orientierte Steuerungslogik der BA, die vor allem nach Integrationswirkungen fragt. Außerdem wägen die Agenturen angesichts der Vorgaben der Verdingungsunterlagen ab, welche Instrumente sie nutzen wollen. Alle Entscheidungen und operativen Prozesse unterhalb des Vergaberechtes und der Vorgaben der entsprechenden Gesetze, vor allem der VOL/A, sind durch die BA gestaltbar. Dazu gehören wesentlich die Verdingungsunterlagen. In ihnen sind alle vergaberelevanten Aspekte des Leistungsumfangs, der Bieterauswahl und der Qualitätssicherung während der Beauftragungen geregelt. Durch die Vergütungsform wird die Risikoverteilung zwischen Agenturen und Dritten bestimmt. Im Bereich der Vermittlungsdienstleistungen beobachteten wir eine Verlagerung hin zu ausschließlich erfolgsorientierten Aufträgen, mit denen das Risiko stark an die privaten Anbieter weitergegeben wird. Die Vergütungsformen sind gestaltbar, die Risikoverteilung sollte ausgewogen sein, wenn man ausreichend Anbieter und damit Wettbewerb erreichen will. Über die Gestaltung der Ausschreibungszyklen greift die BA ebenfalls steuernd in den Anbietermarkt ein. Mehrheitlich wurden die Leistungen bisher für ein Jahr ausgeschrieben. Es gibt bisher kaum Möglichkeiten, erfolgreiche Träger über eine Verlängerungsoption für gute Leistung zu belohnen. Auch erfolgreiche Träger starten deshalb im nächsten Wettbewerb wieder zu den gleichen Bedingungen wie jeder Marktneuling. Ob sie ihr im Vorjahr erfolgreiches Angebot erneut im Wettbewerb durchsetzen können, unterliegt vor allem den Regeln der Bewertung. Die Art und Weise, wie die Ausschreibungen veröffentlicht werden, beeinflusst die Beteiligung der Wettbewerber und deren Transaktionskosten. Übersichtlichkeit, Klarheit der Vorgaben und Planbarkeit von Terminen sind hier relevante Faktoren der Prozessoptimierung, speziell auch für kleine Träger, die wenig Ressourcen für die ständige Beobachtung von Vergabeprozessen haben. Zu den Verdingungsunterlagen ist zum einen positiv zu vermerken, dass die Kriterien für die Auswahl der wirtschaftlichsten Angebote in diesen Unterlagen transparent dargestellt sind. Nicht immer aber wurden sie auch entsprechend angewendet bzw. genau um ihre Anwendung rankten sich viele der auch gerichtlichen Auseinandersetzungen. Der umstrittenste Punkt im Gesamtprozess ist die Frage der Bewertungsverfahren zur Auswahl des wirtschaftlichsten Angebots. In den ersten Auswahlverfahren des Jahres 2004 wurde zunächst stärker der Preis als die Qualität gewichtet. Es gab seitdem mehrere Wellen, in denen die Auswahlkriterien mehrfach verändert wurden und auch das Verhältnis von Preis und Qualität zumindest formal umgekehrt wurde. Dazu komme ich noch genauer. Hier sei zunächst nur festgehalten, dass die fachliche Bewertung der Angebote durch Vermittler oder Teamleiter der Arbeitsagenturen durchgeführt wird. Ihnen obliegt die nicht einfache Aufgabe, die Erfolgsaussichten der Angebote quantifiziert zu beurteilen. In die Qualifikation der Bewerter wurde bisher relativ wenig Aufwand investiert. Ob aber qualitativ hochwertige Angebote eine Chance haben, hängt wesentlich von einer differenzierten Bewertung der Angebote ab. 2

Eine andere Frage, die auch zum Auswahlprozess gehört, ist, wie der Markt eigentlich auf Ausschreibungen reagiert. Beteiligen sich Anbieter an risikoreichen Ausschreibungen? Bieten Anbieter Preise, zu denen eine Leistungserbringung nicht oder kaum möglich ist? Die Vergabeentscheidung hat letztlich nicht nur auf die Auswahl der Träger, sondern auch auf den Umsetzungsprozess Einfluss. Bevor jedoch Auftragnehmer mit der Arbeit beginnen können, muss die Information über die Vergabeeinscheidung vom REZ an die Agenturen übermittelt werden. Beginnen Maßnahmen unmittelbar nach Ende des Vergabeverfahrens, treten hier schon die ersten Schnittstellenprobleme auf. Die Vermittler in den Agenturen erfuhren - zumindest in den ersten Ausschreibungswellen - teilweise zu spät über die Inhalte der Beauftragungen und begannen viel zu spät damit, die Kommunikation mit den Beauftragten zu suchen. Erschwerend kam hinzu, dass sowohl die Umstrukturierung der BA zum neuen Kundenzentrum und damit die Neuausrichtung der internen Prozesse, als auch die Einführung des SGB II zu erheblichen Personalengpässen geführt haben. Die einzelnen Arbeitsvermittler der Agenturen haben zwar eine große Verantwortung für den termingerechten Beginn einer Beauftragung, zumindest für die Jahre 2004 und 2005 muss man aber bei der Beurteilung ihrer Rolle die permanente Organisationsreform der BA und deren Auswirkungen auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berücksichtigen. Nichtsdestotrotz bleibt einer der zentralen Knackpunkte für die Leistungen der Träger, ob zum Auftragsstart termin- und volumengerecht TeilnehmerInnen zugewiesen werden und ob diese der im jeweiligen Los angegebenen Zielgruppe entsprechen. Auch hier gab es Auseinandersetzungen. Sind die Arbeitsuchenden dann bei den beauftragten Dritten angekommen, beginnt der eigentliche Leistungsprozess. Hier kommt es wesentlich auf die Kompetenz und die Erfahrung des eingesetzten Personals, im Fall von vermittlungsorientierten Leistungen auch auf lokale Netzwerkbeziehungen der Dritten zu Arbeitgebern und entsprechend überregionale Kontakte, an. Das Auswahlverfahren wirkt sich nun auf die Ressourcenausstattung der Auftragnehmer aus. Je härter der Preiswettbewerb war und je stärker die Vergütung der Leistungen erfolgsorientiert erfolgt, desto größer ist nun das wirtschaftliche Risiko der Dritten. Sie haben dann mehrere Möglichkeiten, ihr Risiko zu reduzieren: Entweder sie geben es über befristete Verträge, leistungsabhängige Bezahlungen oder reduzierte Grundeinkommen an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter oder sie konzentrieren sich auf die Teilnehmenden mit den besten Chancen, praktizieren also Parking und Creaming, oder sie sparen von vornherein an investitionsintensiven Innovationen und reduzieren so bereits vor dem Vergabeverfahren ihre Kosten. Alle drei, rational durchaus nachvollziehbaren Varianten können dazu beitragen, dass nicht die bestmögliche Leistung erbracht wird. Die in der Ausschreibungs- und Vergabepraxis gesetzten Anreize für private Anbieter sollen Leistungserbringung im Sinne des Auftraggebers motivieren. Im SGB III bedeutet das vor allem die Integration in Arbeit oder Ausbildung. Im SGB II spielen daneben die Herstellung von Beschäftigungsfähigkeit und soziale Integration eine Rolle. Die BA experimentiert deshalb mit den Vergütungsformen, also dem optimalen Verhältnis von Aufwandspauschalen und Erfolgshonoraren. Aufträge mit einem hohen Anteil erfolgsabhängiger Vergütung führen dazu, dass Sie als Anbieter mit am öffentlichen Dienst orientierten Tarifverträgen ein erhebliches Risiko erfahren und wirtschaftlich in der Lage sein müssen, über Monate in die Vorfinanzierung zu gehen. Mit den Auswahlverfahren der BA wird zwar der Preiswettbewerb und teilweise auch ein Ergebniswettbewerb initiiert, es fehlt aber nach wie vor an einem begleitenden Fachcontrolling der BA, an Ergebnistransparenz der Ausschreibungen wie der Auftragserfüllung. Statt dessen wird von den Anbietern bei einigen Instrumenten die Durchführung einer internen Evaluation gefordert im übrigen ohne dafür einheitliche Maßstäbe zu setzen. Zusammengefasst lassen sich teilweise erhebliche Probleme in der Vergabepraxis der BA und der Reaktion des Marktes darauf diagnostizieren. Neben den bereits angerissenen Punkten sehe ich dabei auf Seiten der BA vor allem: Das reduzierte Auftragsvolumen, das den Wettbewerb verschärft, die geringe Flexibilität der VOL/A, 3

die Behinderung produktiver Effizienz durch den von den Bewertungsverfahren induzierten Preiswettbewerb, die Verletzung der Chancengleichheit wegen der Anreize zum Parking und Creaming, die fehlende Transparenz der Beauftragungen und die fehlenden Wahlmöglichkeiten der NutzerInnen/KundInnen, die einen Wettbewerb um Responsivität und Kundenfreundlichkeit behindert, die fehlende Ergebnistransparenz, weil es bisher kein Fachcontrolling gibt. Auf Seiten der Dienstleister/Träger sehe ich allerdings auch deutliche Probleme: Preisdumping und mangelnde Qualität: wer sind eigentlich die schwarzen Schafe und wie geht die Branche mit ihnen um? Das Fehlen branchenweit anerkannter Qualitätssicherungskonzepte für die verschiedenen Arbeitsmarktdienstleistungen führt dazu, dass nur in wenigen Ausschreibungen zwischen BA und Anbietern abgestimmte Qualitätsstandards zugrunde gelegt werden (Bsp. BvB- Fachkonzept) Die teilweise unzureichenden Integrationsleistungen der Anbieter führten in der Vergangenheit dazu, dass die Agenturen ihre Eingliederungsmittel umsteuerten. Die Probleme mit der Mitarbeiterbezahlung und dem Preiswettbewerb werden sie kaum mit einem vom Staat geforderten Mindestlohn lösen können. Hier fehlt ein Branchentarifvertrag zu vernünftigen und qualitätssichernden Konditionen. Darin können auch Regelungen zum Umgang mit leistungsabhängiger Bezahlung gefunden werden. Wie weiter mit der Vergabe von Arbeitsmarktdienstleistungen? Im Prinzip scheint die BA angesichts der Erfahrungen der ersten Ausschreibungswellen vom Ziel der Kostenreduktion zum Ziel produktiver Effizienz umgesteuert zu haben: man will optimale Leistungen zu optimalen Preisen. Aber wie kann man diese erreichen? Drei zentrale Punkte: Es geht darum, die Qualität von Anbietern und Angeboten vor der Beauftragung zu erkennen, über die Gestaltung der Vergütung die richtigen Anreize zu setzen und Bewertungsverfahren zu entwickeln, die potentiell jene Angebote selektieren, die optimale produktive Effizienz ermöglichen. Welche Regelungen kennen die Verfahren für die verschiedenen Instrumente zur Erfassung der Qualität der Anbieter? Sehen wir uns die Vorgaben zur Zulassung von Anbietern für Weiterbildungsmaßnahmen nach der AZWV und zur Eignungsprüfung von Anbietern in den Verdingungsunterlagen für TM und BvB an, dann stellen wir fest, dass in der AZWV genauer geregelt ist, was unter Leistungsfähigkeit verstanden wird, dass hier bereits Kriterien für die Vermittlungsfähigkeit definiert werden und dass Anbieter eine Qualitätssicherungsstrategie vorzuweisen haben. Dagegen werden in den Verdingungsunterlagen lediglich allgemeine Kriterien für Leistungsfähigkeit, Fachlichkeit und Zuverlässigkeit definiert. Welches Verfahren sich für die Überprüfung der Bietereignung besser eignet, könnten wir später diskutieren. Die Anforderungen an die Zertifizierung von Bildungsmaßnahmen und an die Angebote im Vergabeverfahren für TM oder BvB unterscheiden sich ebenfalls deutlich. Ich habe hier nur ausgewählte Details aufgeführt. Sie kennen die Verdingungsunterlagen und wissen, dass z.b. bei TM in den letzten Jahren bis zu 158 Seiten VU durchzuarbeiten waren, um einen zweiwöchigen Auftrag für eine Gruppe von 16 Teilnehmern zu bebieten. In den Verdingungsunterlagen für die Bildungsmaßnahmen finden sich detaillierte Leistungsbeschreibungen, teilweise ist auch die Ablauforganisation vorgegeben. Auch zu Personalschlüsseln und zur Qualifikation des einzusetzenden Personals, teilweise auch zum Anteil einsetzbarer Honorarkräfte finden sich detaillierte Vorgaben in den VU. In der AZWV sind solche Details nicht geregelt, sie orientiert sich für diese Fragen an den jeweiligen Ausbildungsverordnungen. 4

Entscheidende Unterschiede zwischen den ausgeschriebenen Maßnahmen und der Weiterbildung über den Bildungsgutschein finden sich beim Maßnahmeziel und im Umgang mit den TeilnehmerInnen: Während mit dem BGS auf einen erfolgreichen Maßnahmeabschluss hingearbeitet wird, sollen die TM- oder BvB-TeilnehmerInnen die Maßnahmen möglichst frühzeitig durch Integration in den Arbeits-/Ausbildungsmarkt verlassen. Mit dem Bildungsgutschein wählen die TeilnehmerInnen den Anbieter, bei den Vergabemaßnahmen weisen die Agenturen zu. Der Preismechanismus und damit die Anreize für die Anbieter, erfolgsorientiert zu arbeiten, unterscheiden sich: - Im Fall des BGS definieren die Anbieter, zu welchen Kosten sie die Ausbildung anbieten können. Kombiniert mit dem Ziel des erfolgreichen Maßnahmeabschlusses sollten Anbieter so entspannter und qualitativ hochwertig arbeiten können. - Im Fall der TM und BvB wird der Preis im Wettbewerb ermittelt. Das Ziel, Teilnehmer möglichst schnell zu integrieren, erhöht den Leistungsdruck. Wenn dann die Preise knapp unter der Grenze der Wirtschaftlichkeit für die Anbieter liegen, können Leistungsprobleme folgen. Die Bewertungsverfahren im Contracting Out variieren erheblich zwischen den Instrumenten, je nachdem, wie sehr sie auf Vermittlung hin orientiert sind. 1 Seit 2005 versucht die BA aber, mit gewichteten Qualitätsbewertungen und dem dreistufigen Berechnungsverfahren nach den UfAB III eine Mindestqualitätsgarantie zu erzielen. Dennoch kann mit einem Angebot, das einen sehr niedrigen Preis bietet und bei den Qualitätsversprechen nicht negativ aus dem Rahmen fällt, noch jedes Los gewonnen werden. Ihre Erfahrungen dazu interessieren mich! Auch wenn die Bewertungskriterien immer wieder der Entwicklung am Markt angepasst werden, bleibt die zentrale Frage, ob es überhaupt möglich ist, die Qualität personenbezogener Dienstleistungen exante zuverlässig zu beurteilen. Dies gilt besonders für offen konzipierte und innovativ gedachte Instrumente, wie zum Beispiel Eingliederungsmaßnahmen nach 421i. 2 Was ist zu tun? Ich sehe dabei zwei Akteure in der Pflicht: - die BA und - Sie, die Bildungsträger. Solange Sie als Leistungsanbieter nicht über einen Branchentarifvertrag verfügen, der einkömmliche Arbeitsbedingungen für Ihre MitarbeiterInnen ermöglicht, können Sie nicht von der BA erwarten, dass sie darüber entscheidet, wo in der Bezahlung der MitarbeiterInnen die Sittenwidrigkeit beginnt. Sie wissen, was Ihr Personal leistet und wie es dafür zu entlohnen ist nicht Ihr Auftraggeber. Darüber hinaus können Sie zur genaueren Definition von Qualitätsstandards für die Vergabe von Arbeitsmarktdienstleistungen beitragen, wenn Sie eine freiwillige Selbstverpflichtung zur Einhaltung gemeinsamer brachenweiter Qualitätsstandards eingehen. Das dies voraussetzungsvoll ist, wenn es nicht zu einem weiteren Qualitätsabbau führen soll, ist mir durchaus bewusst. Aber wenn Sie beginnen, sich als Anbietermarkt zu entwickeln, sehe ich auch angesichts der neuen Vielfalt auf der Nachfrageseite eine realistische Chance, die Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung in Zukunft wieder stärker selbst zu bestimmen. Die BA hat ebenfalls deutliches Entwicklungspotenzial im Bereich des Einkaufs von Arbeitsmarktdienstleistungen. Am wichtigsten scheint mir, endlich ein transparentes Fachcontrolling und Monitoringsystem über die Einkaufs- wie die Umsetzungsergebnisse aufzubauen. Der Mangel an Transparenz wirkt sich mehrfach negativ aus: er verhindert Ergebniswettbewerb, schafft hohe Transaktionskosten, fördert Mistrauen zwischen den beteiligten Akteuren und verhindert, dass sich die NutzerInnen über gute und schlechte Anbieter informieren können. 1 So waren für Eingliederungsmaßnahmen nach 421i zur Berechnung des wirtschaftlichsten Angebots im Jahre 2005 nicht Qualitätsaspekte, sondern der niedrigste Preis entscheidend. Zudem wurde mit der Malus-Komponente der Erfolgsdruck stark erhöht. Die Beauftragungen nach 37 sahen bis 2006 keinerlei Berücksichtigung qualitativer Aspekte vor. Der billigste Anbieter, der glaubhaft machen konnte, dass er die Integrationsziele erreichen würde, bekam den Zuschlag. 2 Hier ist die Frage zu beantworten, ob und wie die Qualität unterschiedlicher inhaltlicher Konzepte, deren Vielfalt man im sog. Wettbewerb der Ideen ausdrücklich befördern möchte, eigentlich miteinander vergleichend bewertet werden kann. Eine ähnliche Frage ist, wie neue innovative Angebote, die sich noch nicht am Markt bewähren konnten und deren Wirkungen deshalb nur schwer abschätzbar sind, eigentlich bewerten werden können. 5