Aspekte des Lizenzvertrages im Zusammenhang mit Russland Ostinstitut Wismar Übersicht 2.1
Grundsätze zum Lizenzvertrag Erläuterungen zum Lizenzvertrag eignen sich hervorragend für den Versuch, die genannte Schizophrenie zu überwinden: intellektuelle Arbeit wird mit wirtschaftlichen Interessen verschmolzen Was ist der Charakter des Lizenzvertrages generell? Zurverfügungstellung gewerblicher Schutzrechte (vom Patent bis zum Knowhow) vom Rechteinhaber an einen Dritten Lizenzvertrag entspricht der Miete eines gewerblichen Schutzrecht: Im Gegensatz hierzu: Abtretung eines gewerblichen Schutzrechts bzw. Übertragung (Verfügungsgeschäft) Im deutschen Recht: keine ausdrückliche Regelung, vielmehr allgemeine Vorschriften des BGB; im russischen Recht ausdrückliche Regelung im neuen 4. Teil des Zivilgesetzbuches normiert (seit 1.1.2008 in Kraft)
Übersicht: Lizenz und Abtretung Zwei Arten der Verfügung von Schutzrechten Abtretung von Schutzrechten (Kauf des Schutzrechts) Lizenzierung (Gewährung des Nutzungsrechts) Geregelt durch den Vierten Teil des ZGB (Art. 1235-1238) sowie durch spezielle Regelungen in Hinblick auf die einzelnen Schutzrechte, ferner durch die Geschäftsordnung des Rospatents Rechtliche Regelung des Lizenzvertrags Allgemeine Normen Spezielle Regelungen
Typisches Beispiel einer Lizenzkonstellation Eigentümer bzw. Rechtsinhaber des Schutzrechts (Muttergesellschaft) z.b. in Deutschland (Lizenzgeber) Nutzung einer Marke soll ermöglicht werden Tochtergesellschaft in Russland: soll die Marke nutzen, um in RF Marketing betreiben zu können (Lizenznehmerin) Distributor 1 Distributor 2 Distributor 3
Grundsätze des Lizenzvertrages I: Gegenstand Gegenstand des Lizenzvertrages: alle möglichen gewerblichen Schutzrechte: Patent Geschmackmuster Gebrauchsmuster Marke Know-how, Goodwill Urheberrechte und Software Wichtig in der Praxis: zu lizenzierende Schutzrechte müssen überhaupt in Russland wirken (z.b. durch Registrierung); genaue Prüfung bei nicht registrierten Schutzrechten Schutzrechte müssen genau bezeichnet sein: soweit keine Registriernummer besteht, sollten diese zumindest in einer Anlage zum Vertrag genau beschrieben sein
Grundsätze des Lizenzvertrages II: Die russische Eigenart der Registrierungspflicht Im Gegensatz zum deutschen Recht jeder Lizenzvertrag gemäß Artikel 1232 Pkt. 2 ZGB beim russischen Patent- und Markenamt zu registrieren: Lizenzverträge für alle Rechte, die selber der Registrierungspflicht unterliegen (also vor allem Patente, Gebrauchs- sowie Geschmacksmuster und Marken) sind registrierungspflichtig: Bei Unterlizenzierung der Marke wird ein Sublizenzvertrag nicht registriert, bevor der Hauptvertrag registriert wird, auch dann, wenn der Hauptlizenzvertrag zwischen ausländischen Unternehmen abgeschlossen ist und damit keine Verbindung zu Russland aufweist Achtung: dies gilt auch, wenn der Lizenzgeber sich im Ausland befindet (typisches Beispiel: Lizenzverträge zwischen Mutter- und Tochterfirma)
Grundsätze des Lizenzvertrages III: was unbedingt zu regeln ist Lizenzvertrag oder Unterlizenzvertrag; häufig sind die ausländischen Firmen nicht selber Inhaber des Schutzrechts: Überprüfung des Vertrages zwischen Rechtsinhaber und Lizenznehmer erforderlich Frage, ob eine ausschließliche oder eine einfache Lizenz gewährt werden soll: Ausschließliche Lizenz: ausschließlich der Lizenznehmer hat das Recht, die Lizenz zu nutzen Einfache Lizenz: der Lizenzgeber kann auch an Dritte das Nutzungsrecht vergeben Laufzeit des Lizenzvertrages: grundsätzlich ist die Laufzeit durch die Wirkungsdauer des zu lizenzierenden Schutzrechtes beschränkt; entsprechende Festlegung im Lizenzvertrag allerdings zu empfehlen Wichtig: Beschreibung des Umfanges des Nutzungsrechts (wo und wie genau darf das Schutzrecht genutzt werden)
Grundsätze des Lizenzvertrages IV: anwendbares Recht und Vollstreckbarkeit Problem: der beste Lizenzvertrag ist nutzlos, wenn er nicht vollstreckt werden kann; insofern Regelung im Lizenzvertrag erforderlich Anwendbares Recht: Grundsätzlich möglich, für einen in Russland geltenden Lizenzvertrag deutsches Recht für anwendbar zu erklären; jedoch russisches Rechts im Hinblick auf Lizenzverträge besser ausgestaltet. Internationale Vollstreckbarkeit: zwischen Russland und Deutschland kein Vollstreckungsübereinkommen, d.h. Ansprüche aus dem Vertrag, die in Deutschland geltend bemacht werden, nicht vollstreckbar; Lösungsmöglichkeit bei russischen Lizenznehmern: Schiedsgericht oder staatliches Arbitragegericht
Die Spieler des Lizenzvertrages Parteien des Lizenzvertrages: Lizenzgebernehmer Russisches Patent- und Markenamt Rospatent Eventuell: eigentlicher Inhaber des Schutzrechts Antimonopolbehörde FAS und Steuerbehörden Patentanwälte
Spieler Nr. 1: Parteien des Vertrages, Rechtsinhaber Häufiges Problem: Nachweis der Verfügungskette Beispiel: Erfinder/Urheber Firma, bei welcher der Urheber angestellt ist Tochtergesellschaft der Firma Lizenznehmer In diesen Fällen ist bei der Registrierung vollständig nachzuweisen, dass jeder Einzelne in der Kette verfügungsberechtigt ist (aufwändig)
Spieler 2: Rechts- und Patentanwälte Hilfe bei der Abfassung eines zweisprachigen Lizenzvertrages: Patent- und Markenrecherche Ausarbeitung des Gegenstandes des Vertrages Beratung hinsichtlich ausschließlicher Lizenz und Vollstreckbarkeit ohne Patentanwälte sind Handlungen insbesondere Anmeldung von Schutzrechten und Annullierungsverfahren vor dem Rospatent nicht möglich: Anmeldung von Schutzrechten Registrierung des Lizenzvertrages russische Rechtsanwälte unbedingt erforderlich bei Verletzungsstreitigkeiten vor den Arbitragegerichten
Spieler Nr. 3: die Antimonopolbehörde FAS und die Steuerbehörden Wesentliche Rolle bei der Umsetzung von Lizenzverträgen spielt auch die Antimonopolbehörde FAS und die Steuerbehörde Antimonopolbehörde: Inhaber eines Schutzrechts gibt eine ausschließliche Lizenz an einen Sublizenznehmer und schließt damit automatisch die übrigen potentiellen Lizenznehmer aus Folge: mögliche Wettbewerbsverzerrung Notwendige Analyse im Vorfeld: Frage, ob durch den Lizenzvertrag eine markbeherrschende Stellung hervorgerufen wird. Steuerbehörde: Häufige Praxis: Unternehmen A überlässt Unternehmen B die Marke oder das Patent für einen Euro Dadurch entgehen dem Fiskus Steuereinnahmen im Hinblick auf die Lizenzgebühren Lösung: reale Lizenzgebühren notwendig
Spieler Nr. 4: Rospatent, die graue Eminenz Russisches Patent- und Markenamt (Rospatent) zuständig für: Registrierung aller Arten von eintragbaren Schutzrechten (Patente, Marken, Software fakultativ) Insbesondere Registrierung von Lizenzverträgen (auch derjenigen, die mit ausländischen Unternehmen geschlossen werden, siehe oben) Antrag auf Registrierung bei Rospatent: Wesentliche Bestandteile des Lizenzvertrages müssen offenbart werden, insbesondere: Gegenstand des Lizenzvertrages und damit der Bestand der Schutzrechte Lizenzgebühren Parteien des Vertrages Praxis: Dauer der Registrierung ca. 2 bis 4 Monate Kosten ca. min. EUR 200 bei Lizenzieren einer Marke; bei Patenten teurer Bis zur Registrierung können Banken aus formellen Gründen keine Geldüberweisungen ins Ausland tätigen
Beispiel: Patentlizenzvertrag Gegenstand des Vertrages: Patent, das in Russland wirksam ist; Lizenzgeber muss verfügungsberechtigt sein, also entweder Patentinhaber oder Lizenznehmer; soweit er Lizenznehmer ist, muss der Lizenzvertrag zwischen Rechtsinhaber und Lizenznehmer, nachgewiesen werden Sonstige wesentliche Regelungen: Patentlizenzgebühren nach realen Preisen (also keine Ein-Euro- Lizenzen); Ausschließliche/nicht ausschließliche Lizenz Umfang des Nutzungsrechts Anwendbares Recht und Vollstreckbarkeit Problem: bei technisch hochstehenden Erfindungen besteht das Problem, dass durch den Lizenzvertrag häufig die Technik offengelegt wird; Geheimhaltungsvereinbarung erforderlich
Markenlizenzvertrag Spezielle Norm des Vierten Teils ZGB: Art. 1489: Lizenznehmer ist verpflichtet, die Qualitätsanforderungen des Lizenzgebers zu wahren. Dies gilt für alle Waren, die Lizenznehmer produziert und mit der Marke des Lizenzgebers markiert. Der Lizenznehmer haftet für Ansprüche, die an ihn als Hersteller der Waren gerichtet werden können, gesamtschuldnerisch mit dem Lizenzgeber Neue Rechtsnorm (ab 1. Januar 2008) noch keine Rechtsprechung der Obersten Gerichte Analoge Anwendung des Artikels 475 ZGB (Forderungen aus einem Kaufvertrag): Herabsetzung des Kaufpreises; unentgeltliche Beseitigung des Mangels innerhalb einer bestimmten Frist Ersetzung der Kosten für die Beseitigung der Warenmängel
Softwarelizenz Öffentliche Wiedergabe (ohne Zustimmung des Rechtsinhabers und ohne Auszahlung einer Vergütung): 1. die Software ausschließlich für die bessere Anwendbarkeit auf Hardware des Nutzers zu ändern; 2. eine Sicherungskopie der Software zu erstellen. Diese kann nur für die im Pkt. 1 genannten Zwecke dienen 3. die Software zu beobachten, zu untersuchen und zu testen 4. die Software unter bestimmten Voraussetzungen zu dekompilieren (soweit dies für eine bestimmungsgemäße Benutzung der Software notwendig ist)
Know-how-Lizenz Kapitel 75 ZGB sowie das Gesetzt Über das Geschäftsgeheimnis Know-how: jegliche Information (technischer, wirtschaftlicher, organisationssowie Betriebsart), inklusive Information über Ergebnisse der intellektuellen Tätigkeit, die: durch ihre Unbekanntheit für Dritte einen tatsächlichen oder potentiellen kommerziellen Wert haben, zu der Dritte keinen freien und ordnungsgemäßen Zugang haben und für die der Rechteinhaber Geheimhaltungsprozeduren eingefordert hat
Know-how-Lizenz: Geheimhaltung Geheimhaltung zentraler Aspekt bei Know-how Maßnahmen für die Einführung der Geheimhaltung: Bestimmung von Informationen, die als Know-how gelten Begrenzung des Zugangs zur solcher Information durch Bestimmung des Verfahrens des Umgangs damit Erfassung von Personen, welche mit geheimen Information arbeiten können Verankerung der entsprechenden Bedingungen in den Arbeitsverträgen sowie in Rechtsgeschäften Kennzeichnung von entsprechenden Unterlagen als Geschäftsgeheimnis mit Angaben des Rechteinhabers
Schlussbemerkungen Lizenzierung: probates Mittel, um Geld zu generieren, ohne das Schutzrecht für immer aus der Hand zu geben ( Vermietung von Schutzrechten) Positiv zu bewerten: im Gegensatz zum deutschen Recht ist im russischen Recht ist der Lizenzvertrag überhaupt geregelt Insofern klare rechtliche Struktur (so z.b. bei den Anspruchsgrundlagen) Problematisch: Registrierungspflicht (Verzögerung schneller Geschäftstätigkeiten) Im Ergebnis jedoch: russisches Recht bietet gute Rahmenbedingungen für die Registrierung Schizophrenie nicht notwendig
Ihr Ansprechpartner Taras Derkatsch Jurist Rödl & Partner Business Center LeFort Elektrosawodskaja ul. 27-2 107023 Moskau / Russland taras.derkatsch@roedl.ru Tel.: +7 (495) 933 51 20 Fax: +7 (495) 933 51 21
Vortrag Prof. Dr. jur. Andreas Steininger, Dipl.-Ing. Counsel Rödl & Partner Business Center LeFort Elektrosawodskaja ul. 27-2 107023 Moskau / Russland andreas.steininger@roedl.ru Tel.: +7 (495) 933 51 20 Fax: +7 (495) 933 51 21