Der Preis teurer Kinder Hannes Schwandt Northwestern University Stanford University (2018-2019) Symposium 2018 Ernst Schmidheiny Stiftung
Ein fundamentaler Game Change: Der exponentielle Anstieg menschlichen Lebens ist der Menschheit größter Erfolg und gleichzeitig ihre größte Bedrohung
Weltbevölkerung über die vergangenen 12 000 Jahre Milliarden 0 2 4 6 8 10,000 v.chr. 5,000 v.chr. 0 2015 Jahr Datenquelle: United Nations Population Division / World Bank World Development Indicators
Weltbevölkerung über die vergangenen 200 Jahre Milliarden 0 2 4 6 8 1850 1900 1950 2000 Jahr Datenquelle: United Nations Population Division / World Bank World Development Indicators
Die Bevölkerungsbombe Die Idee der tickenden Bevölkerungsbombe wurde 1968 vom Stanford Professor Paul Ehrlich mit dem Bestseller The Population Bomb bekannt gemacht Diskussion in westlichen Ländern aber derzeit auf stagnierendes Wachstum der letzten Jahrzehnte fokussiert Ist die Bombe in der westlichen Welt entschärft? Was steckt hinter dieser Entwicklung und warum explodiert die Weltbevölkerung weiterhin? Und wie kam es überhaupt zum exponentiellen Wachstum?
Milliarden 0 2 4 6 8 10,000 v.chr. 5,000 v.chr. 0 2015 Jahr
Malthusianisches Bevölkerungswachstum Der englischer Kleriker Thomas Malthus (1766-1834) argumentierte, dass die Bevölkerung proportional zur Nahrungsmittelversorgung wächst Marginales lineares Wachstum Konstantes niedriges Pro-Kopf-Einkommen
Entwicklung à la Malthus bis heute? Malthus Modell erklärte über Jahrhunderte beobachtetes marginales Bevölkerung- und Einkommenswachstum sehr gut Zur Beginn der industriellen Revolution explodierten die Bevölkerungszahlen zusammen mit dem BIP - im Einklang mit Malthus Theorie Doch was ist seitdem geschehen?
Weltbevölkerung seit 1930 Milliarden 2 4 6 8 1930 1950 1970 1990 2010 Jahr
Bevölkerungswachstum seit 1930 Wachstum (in %) 0.5 1 1.5 2 1930 1950 1970 1990 2010 Jahr
UN Wachstumsprognose bis 2100
Reichere Länder kriegen weniger Kinder! Bevölkerungswachstum (in %) -2 0 2 4 6 8 ZAR ARE QAT DJI KWT BHR YEM JOR CIV GMB KEN OMN NER UGA MDGZMBLBY MWI AGO BEN IRQ AFG CMR BFA BLZ COG MRT GHA ETHHND GAB PAK RWA PNG SEN TZA TGO TCD NGA VEN GTMCRI DZA CAF GNB BDI GIN BGD BOL ECU ISR IRN MYS NIC ZWE PHL MOZ NPL PRY MLI COL DOM EGY HTI MEX PAN SLE PERZAF IND LAO KIR KHMAR MNG BRA TUR TUN VNM IDN UZB THA LBN ARG AUS CHL SLV CYP TKM CAN FJI TJK ALB ISL JAM NZLUSA IRL MUS CUBESP TTO MLT WSM NLD FRAJPN GRCNOR BRB URY DNK POL ITAAUT GBR FIN PRT GUY ROM HRV CZE SVN HUN RUS BGR KAZ LTU UKR GEO LVA EST KOR HKG BLR ARM 0 5 10 15 Wirtschaftswachstum (in %) Quelle: Schwandt (2018); Wachstum jeweils 1960-2010 CHN GNQ BIH AZE
Das Ende des exponentiellen Bevölkerungswachstums Sinkendes Bevölkerungswachstum in den sich am meisten entwickelnden Ländern über das vergangen Jahrhundert Heutzutage ist das Bevölkerungswachstum in vielen reichen Ländern nahezu null oder sogar negativ Was ist passiert?
Die Demografische Transformation Das britische Beispiel ist typisch für die meisten entwickelten Länder Malthus is dead! Aber warum nimmt die Geburtenrate ab? à Sind Kinder keine normalen Güter? ( are children not normal? )
... Lang lebe Becker! Chicago-Ökonom Gary Becker entwickelt ökonomische Theorie zur Fruchtbarkeit Kinder sind tatsächlich normale Güter, d.h. ceteris paribus (andere Faktoren konstant haltend) führt ein höheres Einkommen zu einer gesteigerten Nachfrage nach Kindern Aber wie immer in der Ökonomie gibt es Trade-offs, also eine Austauschbeziehung: Wird das eine besser, wird zugleich das andere schlechter
Becker: Kinder haben einen Preis! Opportunitätskosten: Erlöse und Möglichkeiten, die einem nach Geburt eines Kindes verwehrt sind Investitionskosten: Zeit und Geld, das in die Erziehung und Ausbildung der Kinder gesteckt wird.
... und dieser Preis steigt mit wirtschaftlicher Entwicklung Opportunitätskosten: Mit Fortschritt zahlt sich gute Ausbildung immer mehr aus. Insbesondere für Frauen steigende Opportunitätskosten. Möglichkeiten der Selbstverwirklichung steigt ebenso. Investitionskosten: Steigende Rendite von Bildungs- und Erziehungsinvestitionen.
Technischer und gesellschaftlicher Fortschritt Einkommen Preis von Kindern + Currie/Schwandt (2014) Brückner/Schwandt (2015) Fertilitätsrate
Dynamik in verschiedenen Bevölkerungsgruppen Gebildetere Eltern Weniger gebildete Eltern Fortschritt Fortschritt Einkommen Preis von Kindern Einkommen Preis von Kindern? + + Fertilitätsrate Fertilitätsrate
Was bedeuten diese unterschiedlichen Dynamiken für die Ungleichheit in unserer Gesellschaft?
https://www.nzz.ch/wirtschaft/oekonomische-erkenntnisse-vom-mutterleib-zum-arbeitsmarkt-ld.119081
Wachsende Ungleichheit Immer weniger, immer besser ausgebildete Kinder Immer mehr benachteiligte Kinder mit schlechten Startbedingungen und wenig Bildungsinvestitionen à Wirtschaftliche / politische / soziale Konsequenzen: Unzufriedenheit, Wachstumseinbußen, Polarisierung, Radikalisierung
Schlussfolgerungen Bevölkerungsexplosion zwar evolutionärer Erfolg aber mittelfristig zivilisatorische Bedrohung der Menschheit Gebremst in entwickelten Gesellschaften -- durch technischen und gesellschaftlichen Fortschritt, der den Preis für Kinder in die Höhe treibt Ein Segen! Allerdings müssen umlagefinanzierte Systeme angepasst werden Außerdem: Gefahr wachsender Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft
Die Politik und Wirtschaft sind gefragt Gebildetere Eltern Weniger gebildete Eltern Fortschritt Fortschritt Einkommen Opportunitätskosten Einkommen Opportunitäten & Investitionen Fertilitätsrate Fertilitätsrate Direkter Einkommenstransfer?? Nachwuchs Förderung
Appendix
Quelle: https://www.beobachter.ch/familie/kinder/familie-zeit-furs-kind-ist-mehr-wert-als-geld
Politik, Wirtschaft, (und Schulen) sind gefragt Wie kann Fertilitäts-getriebene Spirale der Ungleichheit gestoppt werden? Förderung der Entwicklung von Kindern aus sozial benachteiligten Familien ab der Zeugung! Verbesserung von Arbeitsmarktperspektiven für junge Erwachsene aus benachteiligten Schichten Senkung des Preises für Kinder" für arbeitende Eltern: Vereinbarkeit von Familie und Arbeit (Elternzeit, Kindesbetreeung, flexible Arbeitszeiten) Thematisierung bereits im Jugendlichenalter