Positionspapier Betriebsaufgabe steuerlich erleichtern Strukturbereinigung ermöglichen Unternehmer, die nicht mehr investieren können, rechtzeitig aufhören lassen Weniger Preisdruck durch weniger Billigbetten am Hotelmarkt Adaptierte Hotels können zu Mitarbeiterwohnungen, Altersheimen oder Jugendstartwohnungen werden Österreichische Hoteliervereinigung Wien, Juni 2012 M:\Windows\SCHOTTI_Gmbh\Future.lab\Finanzierung\Betriebsaufgabe\Positionspapier Betriebsaufgabe_Juni2012.doc
Problem: Wenn die Pension zu teuer ist Viele Unternehmer müssen notgedrungen die Zeit bis zu ihrem 60. Geburtstag aussitzen, weil sie es sich weder leisten können zu übergeben noch zu verkaufen oder sich gar zurückzuziehen. Denn die derzeitigen steuerlichen Regelungen erlauben eine steuerfreie Betriebsaufgabe nur in Ausnahmefällen, wie Vollendung des 60. Lebensjahres, Erwerbsunfähigkeit oder Tod. In allen anderen Fällen ist mit einer hohen Besteuerung der Stillen Reserven zu rechnen, die meist nicht leistbar ist. Dies führt dazu, dass Unternehmer nicht mehr rentable bzw. nicht mehr marktkonforme Betriebe weiterführen, weil sie sich die Besteuerung der Stillen Reserven schlichtweg nicht leisten können. Dabei sind Beherbergungsbetriebe, die vom Eigentümer nur mangels Alternativen weitergeführt werden, tourismuspolitisch problematisch. Mangels Investitionen verkaufen sich diese Betriebe meist über Diskontpreise. Der ohnehin schon intensive Preiskampf in der österreichischen wird somit von billigen Betten, die nicht einmal ihre Eigentümer selbst mehr betreiben wollen, weiter angeheizt. Dies widerspricht auch der österreichischen Tourismusstrategie, die auf Qualität setzen und die wirtschaftliche Lage der Betriebe durch höhere Preise verbessern will. Lösungsvorschlag: Hotel sollte nicht immer Hotel bleiben müssen Gäste und Eigentümer können mit nicht mehr marktkonformen Betrieben nichts mehr anfangen, aber für andere Nutzungen wären diese Häuser prädestiniert. Das Ziel sollten Nutzungsänderungen sein: Adaptierung zu Altersheimen oder betreutem Wohnen Jugendstartwohnungen Umbau in Personalunterkünfte für aktive Betriebe Die Steuerfreiheit der Stillen Reserven sollen für alle Betriebsaufgeber nach dem Muster der über 60-Jährigen und der Erwerbsunfähigen gegeben sein: Steuerneutrale Betriebsaufgabe bei vorhandenem Hauptwohnsitz ohne weitere Voraussetzungen ermöglichen Kontakt Thomas Reisenzahn Generalsekretär Tel.: +43 (0)1 533 09 52 Thomas.Reisenzahn@oehv.at 10102011mg Seite 2 von 6
Beispiel Hotelproblembetrieb Familienbetrieb mit 80 Betten, Ergebnis reicht nicht aus um Schulden zu bedienen und Unternehmerlohn zu erwirtschaften, Umsatz > 700 Tsd Euro ( 5 EStG Gewinnermittlung), Grund und Boden ist bereits lange im Betriebsvermögen daher geringe steuerliche Buchwerte, teilweiser Investitionsrückstau, überalterter Betrieb, hohe Reparaturen, hoher Investitionsdruck, hoher Preisdruck, hohe Personalkosten, buchmäßige Überschuldung, zunehmend mangelnde Übernahmelust der Nachfolger auf Basis der rechtlichen Rahmenbedingungen. Verkauf oder Entnahme nicht möglich da Steuerlast zu hoch Verkaufspreis 2.500.000 Schulden - 2.200.000 Zwischensumme 300.000 Steuerlast 1-500.000 Restschuld - 200.000 Steuerrechtliche Voraussetzungen Bei einer Betriebsaufgabe ist gegenüber der Finanz ein Aufgabegewinn zu ermitteln. Dieser entsteht aus der Überführung von Betriebs- in Privatvermögen. Die Stillen Reserven, also die Differenz zwischen dem gemeinen Wert des Betriebsvermögens zum Zeitpunkt der Aufgabe und dem Buchwert, stellen den Aufgabegewinn dar. Besonders hohe Stille Reserven liegen erfahrungsgemäß im Gebäude und im Grundstück. Möglichkeiten der Betriebsaufgabe eines negativ wirtschaftenden Betriebs Als Erleichterungen bei der Betriebsaufgabe gibt es ertragsteuerlich derzeit vor allem die Halbsatzbegünstigung sowie eine völlige Befreiung der Stillen Reserven bei Nutzung als Hauptwohnsitz zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe und Vollendung des 60. Lebensjahres, Erwerbsunfähigkeit oder Tod. Hauptwohnsitz-Begünstigung 24(6) EStG Keine Aufdeckung von Stillen Reserven in Gebäude, Grund und Boden 1 (Verkaufspreis 2,5 Buchwert 0,5= 2,0 x 25 % Steuer = 0,5) 10102011mg Seite 3 von 6
Voraussetzungen: - Hauptwohnsitz - Tod - Erwerbsunfähigkeit - 60 Jahre - keine aktiven Einkünfte über 730,-- Gewinn und 22.000 Umsatz - Vermietung möglich - Verkauf nach 5 Jahren steuerfrei Übergabe - vorerst keine Aufdeckung von Stillen Reserven - Problem wird in die nächste Generation verschoben - Aufhören für Übernehmer später nicht möglich Insolvenz - Schaden für Gläubiger - Betriebe drücken nach Insolvenzen mit neuem Eigentümer mit niedrigen Preisen auf den Markt Hotelzimmerdichte im internationalen Vergleich Quelle: WEF, Roland Berger ÖHV 2011 10102011mg Seite 4 von 6
Best Practise: Eine 40 Jahre alte Frühstückspension wird zum Mitarbeiterhaus für Koller s Hotel am Millstätter See Die auf dem Grundstück neben Koller s Hotel stehende Frühstückspension (35 Betten) wurde viele Jahre außer als Wohnhaus für den über 90 Jahre alten Besitzer nicht mehr genutzt und verwahrloste. Der so entstandene optische Makel beeinträchtigte nicht nur das benachbarte Koller s Hotel sondern störte auch das Ortsbild der Tourismusgemeinde Seeboden (Lage der Pension mitten im Kurgebiet). Hubert Koller konnte schließlich Grundstück und Haus von den Erben des Pensionsbesitzers kaufen. Die ehemalige Frühstückspension wurde in bestehender Kubatur komplett revitalisiert (Substanz erhalten; Fassade, Fenster, Räumlichkeiten, etc. adaptiert). Aufgrund der zeitlichen Enge zwischen Kauf und notwendigem Bezugstermin konnten keine Umbauten (z. B. Einbau von Bädern in die Zimmer) vorgenommen werden. Den Mitarbeitern von Koller s Hotel steht das Haus nun mit folgenden Einrichtungen zur Verfügung: 15 Zimmer - vorwiegend Einzelzimmer, einige sind für beschäftigte Paare eingerichtet Alle Zimmer verfügen über Warm- und Kaltwasser und Heizung, liegen südseitig und haben Balkon. Dusche und WC am Gang Gemeinschaftswohnraum, Gemeinschaftsküche und Sitzterrasse Umgeben ist das Haus nun von 1.000 m 2 Grünfläche und einem Kräutergarten, die das Gesamterscheinungsbild zusätzlich positiv beeinflussen. Neben dem Nutzen für die Hotelmitarbeiter brachte die Adaptierung weitere Vorteile: Die Gemeinde stand dem Projekt sehr positiv gegenüber, weil die Revitalisierung ortsgestalterisch attraktiv und insgesamt positiv für eine pulsierende Tourismusgemeinde ist. Aufgrund des nun entstandenen freundlichen und hübschen Eindrucks sind/waren Gäste und Einheimische sogar der Meinung, das Haus werde als zusätzliche Gästeunterkunft (Appartements) von Koller s Hotel genutzt. 10102011mg Seite 5 von 6
Es konnten im neu erworbenen Grundstück noch Parkflächen für das Hotel geschaffen werden. Quellen: Mag. Lukas Prodinger, Mag. Stefan Rohrmoser, beide: Prodinger & Partner, Zell am See / Fachverband Hotellerie / Wirtschaftskammer Tirol / Mag. Erwin Stadler, MGI Radstadt Steuerberatung GmbH, Radstadt / Hubert Koller, Koller s Hotel, Seeboden 10102011mg Seite 6 von 6