Zulässigkeit von Kooperationen zwischen Krankenhaus und Vertragsärzten - aktuelle Rechtslage - VKD - Landesgruppe Rheinland-Pfalz/Saarland Herbsttagung am 19. Oktober 2012 im CongressForum Frankenthal Rechtsanwalt Friedrich W. Mohr Fachanwalt für Medizinrecht www.medizinrecht-ra-mohr.de 1
Rechtslage ab 01.01.2013 2 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG wurde ab 01.01.2013 geändert (Art. 3 Ziff. 1, Psych-EntgG vom 21.07.2012, BGBl I S.1613). Damit wurde klargestellt, dass es zulässig ist, die Behandlung auch durch nicht fest angestellte Ärztinnen und Ärzten durchführen zu lassen. 2
Rechtslage ab 01.01.2013 2 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG i. d. F. des Psych-EntgG lautet wie folgt: Krankenhausleistungen nach 1 Abs. 1 sind insbesondere ärztliche Behandlung, auch durch nicht fest angestellte Ärztinnen und Ärzte, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die für die Versorgung im Krankenhaus notwendig sind, sowie Unterkunft und Verpflegung; sie umfassen allgemeine Krankenhausleistungen und Wahlleistungen. 3
Rechtslage ab 01.01.2013 Wörtlich wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt: Hinzu kommt, dass die Versorgungsrealität insbesondere in strukturell benachteiligten Räumen von Flächenländern flexible Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Krankenhäusern mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten erfordert, um eine ordnungsgemäße Patientenversorgung sicherzustellen. Zudem entspricht der Einsatz von im Krankenhaus nicht fest angestellten Honorarärzten bei der Erbringung allgemeiner Krankenhausleistungen einer bereits weit verbreiteten Praxis. Hierzu bewirkt die gesetzliche Regelung mehr Rechtssicherheit. (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses (14. Ausschuss) vom 13.06.2012 Drucksache 17/9992, S. 29/30) 4
Rechtslage ab 01.01.2013 Im Übrigen sieht die Ergänzung von 2 KHEntgG durch das Psych- EntgG einen neuen Absatz 3 vor, der wie folgt lautet: Bei der Erbringung von allgemeinen Krankenhausleistungen durch nicht im Krankenhaus fest angestellte Ärztinnen und Ärzte hat das Krankenhaus sicherzustellen, dass diese für ihre Tätigkeit im Krankenhaus die gleichen Anforderungen erfüllen, wie sie auch für fest im Krankenhaus angestellte Ärztinnen und Ärzte gelten. 5
Rechtslage ab 01.01.2013 Der Gesetzgeber hat somit keine Einwände gegen die in Krankenhäusern weit verbreitete Praxis der Hinzuziehung von Vertragsärzten. Er geht von einer Klarstellung aus. Somit bestätigt er die Zulässigkeit der Beteiligung von Vertragsärzten auch vor dem 01.01.2013 und sieht diese Kooperationen als rechtskonform an. 6
Rechtslage ab 01.01.2013 In der Gesetzesbegründung wird ausgeführt, dass die Erbringung und Vergütung von allgemeinen Krankenhausleistungen nicht vom Status des ärztlichen Personals im Krankenhaus (Beamten- oder Angestelltenverhältnis) abhängen. Es sei nicht geboten, die Tätigkeit z. B. von niedergelassenen Ärzten in Krankenhäusern nur über ein Anstellungsverhältnis zu gestatten. (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses (14. Ausschuss) vom 13.06.2012 Drucksache 17/9992, S. 29/30) 7
Rechtslage ab 01.01.2013 Sind damit alle Probleme gelöst? Wohl kaum! 8
Problem 1: Verstoß gegen das Zuweisungsverbot Durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz vom 22.12.2011 (BGBl I, S. 2983) wurde 73 Abs. 7 SGB V neu gefasst. Danach ist es Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. 9
Problem 1: Verstoß gegen das Zuweisungsverbot 73 Abs. 7 Satz 2 SGB V verweist auf 128 Abs. 2 Satz 3 SGB V. Danach beziehen sich unzulässige Zuwendungen auch auf -unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Geräten und Materialien -unentgeltliche oder verbilligte Durchführung von Schulungsmaßnahmen -unentgeltliche oder verbilligte Gestellung von Räumlichkeiten oder Personal -oder die Beteiligung an den Kosten hierfür -Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringern, die Vertragsärzte durch ihr Verordnungs- oder Zuweisungsverhalten selbst maßgeblich bestimmen. 10
Problem 1: Verstoß gegen das Zuweisungsverbot Also: VORSICHT! Der Zuwendungsbegriff des SGB V ist nunmehr sehr weit gefasst. Bei der Beteiligung an DRG-Erlösen des Krankenhauses ist strikt auf ein angemessenes Entgelt für den Vertragsarzt zu achten. Dieses muss sich an den Leistungen des Vertragsarztes im Rahmen der Krankenhausbehandlung ausrichten! Je umfangreicher die Leistungen des Vertragsarztes sind, je höher kann das vereinbarte Entgelt sein. Die Angemessenheit kann von Dritten (einschließlich Krankenkasse) sehr unterschiedlich beurteilt werden. Erfahrungen hierzu liegen noch nicht vor. 11
Problem 1: Verstoß gegen das Zuweisungsverbot Evtl. Rechtsfolgen bei Verstoß gegen das Zuweisungsverbot: -Der Kooperationsvertrag mit dem Vertragsarzt könnte nichtig sein, da er gegen ein gesetzliches Verbot verstößt ( 134 BGB). -Das gesetzliche Verbot der Zuweisung gegen Entgelt könnte auf die Abrechnungsbeziehung zwischen Krankenhaus und Krankenkassen durchschlagen. -Geht man davon aus, dass das Zuweisungsverbot nur dann strikt eingehalten werden kann, wenn es Sanktionen auf der Erlösseite gibt, kann dies zu Erlösausfällen und ggf. Rückforderungen der GKV führen. 12
Problem 2: Abrechnung gegenüber Wahlleistungspatienten Im Zuge der Änderung durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz vom 22.12.2011 wurde 17 Abs. 3 KHEntgG nicht geändert. Danach erstreckt sich eine Vereinbarung auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten angestellten oder beamteten Ärzte des Krankenhauses, soweit diese zur gesonderten Berechnung der Wahlleistungen berechtigt sind. Die Beteiligung von Honorarärzten bei der Erbringung von Wahlleistungen ist somit nicht ausdrücklich in 17 Abs. 3 KHEntgG geregelt. 13
Problem 2: Abrechnung gegenüber Wahlleistungspatienten Die ungeklärte Frage ist, ob es hierfür einer zusätzlichen Klarstellung in 17 Abs. 3 KHEntgG bedurfte. Die Änderung in 2 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG bezieht sich auf alle Krankenhausleistungen! In 2 Abs. 1 Satz 1 2. HS KHEntgG wird ausdrücklich erwähnt, dass die Krankenhausleistungen allgemeine Krankenhausleistungen und Wahlleistungen umfassen. Rechtsfolge: Auch Wahlleistungen können durch nicht fest angestellte Ärztinnen und Ärzte erbracht werden. 14
Problem 3: Tätigkeit des Vertragsarztes im Krankenhaus entspricht von seiner Ausrichtung her der Tätigkeit eines Angestellten Die Abgrenzung zwischen Selbstständigkeit vs. Anstellung nimmt die DRV wie folgt vor: Beschäftigter ist, wer vom ArbG persönlich abhängig ist. Persönliche Abhängigkeit setzt voraus: (1) Eingliederung in den Betrieb (2) Weisungsrecht des ArbG in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort der Arbeitsleistung (3) Kein Unternehmerrisiko 15
Problem 3: Tätigkeit des Vertragsarztes im Krankenhaus entspricht von seiner Ausrichtung her der Tätigkeit eines Angestellten (4) Entscheidend ist das Gesamtbild der Tätigkeit nach Maßgabe der den Einzelfall bestimmenden rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse. (5) In den Fällen, in denen die rechtliche Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses den tatsächlichen Verhältnissen widerspricht, ist nach Maßgabe des BSG allein auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. 16
Problem 3: Tätigkeit des Vertragsarztes im Krankenhaus entspricht von seiner Ausrichtung her der Tätigkeit eines Angestellten Honorararzt als Vertreter eines angestellten Arztes: Einbindung in die Arbeitsorganisation des KH. Einsatz in bestimmten Fachabteilungen. Weisungsrecht des Chefarztes. Einbindung in die Dienstpläne, BD, Rufbereitschaft. Urlaubsabstimmung. Einbindung in die Berufshaftpflicht des KH. Rechtsfolge: Arbeitnehmer; kein Selbständiger 17
Problem 3: Tätigkeit des Vertragsarztes im Krankenhaus entspricht von seiner Ausrichtung her der Tätigkeit eines Angestellten Der Vertragsarzt soll nach dem Kooperationsvertrag bestimmte Leistungen erbringen, z. B. Kniegelenk-Endoprothesen. Gegen die Selbständigkeit spricht: Einbindung in die Organisation wie angestellte Ärzte. Feste Zeiten der Leistungserbringung wie, wann, wo. Leisten von BD, Rufbereitschaft. Weisungsrecht KH. Zurverfügungstellung von Arbeitsmitteln durch KH. Kein unternehmerisches Risiko. Einbindung in die Berufshaftpflicht des KH. 18
Problem 3: Tätigkeit des Vertragsarztes im Krankenhaus entspricht von seiner Ausrichtung her der Tätigkeit eines Angestellten Der Vertragsarzt soll nach dem Kooperationsvertrag bestimmte Leistungen erbringen, z. B. Kniegelenk-Endoprothesen. Für die Selbständigkeit spricht: In seinem Fachgebiet weisungsfrei. Bestimmt selbst, welche Patienten er wann und wie behandelt. Keine organisatorische Eingliederung. Bestimmt Urlaub selbst. Bringt eigene Mitarbeiter mit. Eigenes Unternehmerrisiko. Eigene Berufshaftpflicht. 19
Problem 3: I. Arbeitsrecht Tätigkeit des Vertragsarztes im Krankenhaus entspricht von seiner Ausrichtung her der Tätigkeit eines Angestellten Arzt wäre rückwirkend als Arbeitnehmer einzustufen. II. Kranken- und Pflegeversicherung Ist die Beitragsbemessungsgrenze überschritten, keine Beitragsnachzahlung; sonst Beitragsnachzahlung. III. Arbeitslosenversicherung Bisher keine Versicherungspflicht bei freiberufl. Ärzten Nachversicherung 20
Problem 3: Tätigkeit des Vertragsarztes im Krankenhaus entspricht von seiner Ausrichtung her der Tätigkeit eines Angestellten IV. Rentenversicherung In der Regel sind Ärzte Mitglieder der Ärzteversorgung. Nach Auskunft DRV keine Nachversicherung erforderlich, wenn Arzt von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit ist und Mitglied eines Versorgungswerkes für Ärzte ist. Die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ist tätigkeitsbezogen. 21
Problem 3: Tätigkeit des Vertragsarztes im Krankenhaus entspricht von seiner Ausrichtung her der Tätigkeit eines Angestellten V. Zusatzversorgung nachträgliche Beitragszahlung ab Angestelltenstatus VI. Berufsgenossenschaft nachträgliche Beitragszahlung ab Angestelltenstatus 22
Problem 3: Tätigkeit des Vertragsarztes im Krankenhaus entspricht von seiner Ausrichtung her der Tätigkeit eines Angestellten VII. Steuerrecht Arbeitgeber haftet neben Arzt als Gesamtschuldner für die nicht abgeführte Lohnsteuer ( 42d Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 EStG) Finanzamt kann sich an KH halten! Anspruch KH auf Rückerstattung gegen Arzt (Ausfallrisiko). 23
Problem 3: Tätigkeit des Vertragsarztes im Krankenhaus entspricht von seiner Ausrichtung her der Tätigkeit eines Angestellten VIII. Strafrecht 266a StGB Vorenthaltung von Beiträgen zur Sozialversicherung Bedingter Vorsatz erforderlich. Versuch ist straflos. 24
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