1 Lärmminderungsplanung: Stand der nationalen Gesetzgebung 17.10.2005, Berlin Fachtagung Lärmminderungs- und Luftreinhalteplanung Ass. jur. Manuela Rottmann
2 Überblick I. Bisherige Rechtslage II. Umgebungslärmrichtlinie III. Umsetzung im BImSchG IV. Verordnungsentwurf zur Lärmkartierung V. Umsetzungsbedarf in den Bundesländern VI. Vorläufiges Fazit VII.Blick über die Grenze: Umsetzung in anderen EU-Staaten
3 I. Bisherige Rechtslage 47a BImSchG (seit 1990): Pflicht zur Erfassung von Lärmbelastungen und ihrer Auswirkungen auf die Umwelt in Gebieten, in denen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche hervorgerufen werden oder zu erwarten sind. Pflicht zur Aufstellung von Lärmminderungsplänen für Wohngebiete/schutzwürdige Gebiete, wenn nicht nur vorübergehend schädliche Umwelteinwirkungen bestehen oder zu erwarten sind und deren Beseitigung oder Verminderung ein abgestimmtes Vorgehen erfordert. Keine Fristen. Keine Mindestgemeindegrößen. Bislang nur vereinzelt Aufstellung von Lärmminderungsplänen. Vielfach befindet sich die erste Generation noch in der Aufstellung.
4 II. Umgebungslärmrichtlinie Richtlinie 2002/49/EG vom 25. Juni 2002 EU-weit einheitliche Lärmindizes (nur für die strategische Lärmkartierung, nicht für akustische Planung); noch kein EU-weit harmonisiertes Berechnungsverfahren. Pflicht zur Aufstellung strategischer Lärmkarten: bis Mitte 2007 für große Hauptverkehrsstraßen, Haupteisenbahnstrecken, Großflughäfen und Ballungsräume bis Mitte 2012 für kleine Hauptverkehrsstraßen, Haupteisenbahnstrecken und Ballungsräume. Unabhängig von vorhandenen oder zu erwartenden schädlichen Umwelteinwirkungen.
5 II. Umgebungslärmrichtlinie Anforderungen an Strategische Lärmkarten: Unterscheidung nach den einzelnen Geräuschemittenten, Angabe von Betroffenenzahlen, Unterschiedliche Lärmkarten zur Information der Kommission und der Öffentlichkeit, Öffentliche Lärmkarten sollen Überschreitungen von Grenzwerten und Differenzkarten über die zukünftige Lärmsituation enthalten. Überprüfung und ggf. Überarbeitung der Lärmkarten mindestens alle fünf Jahre.
6 II. Umgebungslärmrichtlinie Pflicht zur Verabschiedung von Aktionsplänen (=Lärmminderungspläne) bis Mitte 2008 für Orte in der Nähe großer Hauptverkehrsstraßen, Haupteisenbahnstrecken, Großflughäfen sowie Ballungsräume, bis Mitte 2013 für Orte in der Nähe von Hauptverkehrsstraßen, Haupteisenbahnstrecken sowie Ballungsräume, unabhängig von vorhandenen oder zu erwartenden schädlichen Umwelteinwirkungen. Überprüfung und ggf. Überarbeitung der Aktionspläne bei bedeutsamen Entwicklungen für die Lärmsituation, mindestens alle 5 Jahre.
7 II. Umgebungslärmrichtlinie Anforderungen an Aktionspläne: Beschreibung des Ballungsraums und der Hauptlärmquellen, Analyse der Lärmsituation auf Grundlage der Lärmkarten, Dokumentation der Öffentlichkeitsbeteiligung, Vorhandene und (für die nächsten 5 Jahre) geplante Maßnahmen, langfristige Strategie, möglichst: Aussagen über die Finanzierung der Maßnahmen, Aussagen über die Art und Weise der Erfolgskontrolle.
8 II. Umgebungslärmrichtlinie Maßnahmen in den Aktionsplänen stehen im Ermessen der zuständigen Behörden, sollen aber die Überschreitung von Grenzwerten berücksichtigen. Pflicht zur Anhörung der Öffentlichkeit zu Vorschlägen für Aktionspläne, Pflicht zur Ermöglichung rechtzeitiger und effektiver Mitwirkung an der Ausarbeitung und Überprüfung der Aktionspläne. Pflicht zur Information der Öffentlichkeit über zuständige Behörden, Lärmkarten und Aktionspläne. Keine EU-weiten Grenzwerte.
9 II. Umgebungslärmrichtlinie Überblick über die Fristen nach der UmgebungslärmRL: Bis 30. Juni 2005 Bis 18. Juli 2005 Mitteilung der erfassten Hauptverkehrsstraßen (> 6 Mio. Fahrzeuge/ Jahr), Haupteisenbahnstrecken (> 60.000 Vorbeifahrten/ Jahr), Großflughäfen (> 50.000 Flugbewegungen/ Jahr) und Ballungsräume (>250.000 EW). Festlegung von verantwortlichen Stellen für Ausarbeitung und Genehmigung der Lärmkarten und der Aktionspläne. Mitteilung bestehender oder geplanter nationaler Grenzwerte.
10 II. Umgebungslärmrichtlinie Bis 30. Juni 2007 Bis 18. Juli 2008 Bis 31. Dezember 2008 Bis 30. Juni 2012 Erstellung von Lärmkarten für die genannten Hauptlärmquellen und Ballungsräume Erstellung von Aktionsplänen für die genannten Hauptlärmquellen und Ballungsräume Mitteilung der erfassten Hauptverkehrsstraßen (> 3 Mio. Fahrzeuge/Jahr), Haupteisenbahnstrecken (> 30.000 Vorbeifahrten/Jahr) und Ballungsräume (>100.000 EW). Erstellung von Lärmkarten für die genannten Hauptlärmquellen und Ballungsräume
11 II. Umgebungslärmrichtlinie Bis 18. Juli 2013 Alle fünf Jahre, d. h. 2017, 2022 Mindestens alle fünf Jahre, d. h. 2018, 2023 Erstellung von Aktionsplänen für die genannten Hauptlärmquellen und Ballungsräume Überprüfung und ggf. Überarbeitung aller Lärmkarten Überprüfung und ggf. Überarbeitung aller Aktionspläne
12 III. Umsetzung im BImSchG Ursprünglicher Regierungsentwurf: Detaillierte Regelungen zur Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Lärmminderungsplanung, z. B. über Auslegungspflichten und fristen; Behördenbeteiligung etc. Inhaltlichen Anforderungen an Lärmminderungspläne. Örtliche Lärmkartierung weiter vorgesehen. Zuständigkeit der Gemeinden für die strategische Lärmkartierung ungeklärt; stärkere Aufteilung der Zuständigkeiten nach den Lärmquellen. Möglichkeit zur Durchführung eines gemeinsamen Aufstellungsverfahrens für Lärmminderungsplan, Luftreinhalteplan und andere Fachpläne, z. B. Generalverkehrsplan.
13 III. Umsetzung im BImSchG Änderungsgesetz, in Kraft seit 24. Juni 2005: Umsetzung 1:1. Keine örtliche Lärmkartierung im Sinne des alten 47a BImschG für Wohngebiete mehr vorgesehen. Keine gemeinsamen Aufstellungsverfahren für Luftund Lärmplanung mehr vorgesehen. Inhaltliche Anforderungen an die Lärmkarten: Verweis auf EU-Richtlinie. Öffentlichkeitsbeteiligung: Wie EU-Richtlinie. Definition Ballungsraum: > 100.000 EW bzw. > 250.000 EW und >1.000 EW/qkm.
14 III. Umsetzung im BImschG Zuständigkeiten: Strategische Lärmkarten und Aktionspläne: Gemeinden oder die nach Landesrecht zuständigen Behörden. Ausnahme: Zuständigkeit des Eisenbahnbundesamtes für die Ausarbeitung der Lärmkarten für Schienenwege von Eisenbahnen des Bundes. Verhältnis BLP Lärmminderungsplanung Pflicht zur Beachtung der Ziele der Raumordnung bei der Aufstellung von Aktionsplänen. Pflicht zur Berücksichtigung planungsrechtlicher Festlegungen in Aktionsplänen durch die zuständigen Planungsträger.
15 IV. Verordnungsentwurf zur Lärmkartierung Pflicht zur Aufstellung von Lärmkarten in Ballungsräumen für sonstige Hauptlärmquellen : Straßen (>1,5 Mio. KFZ/Jahr), Eisenbahnwege (>15.000 Züge/Jahr), Straßenbahnschienen (>15.000 Züge/Jahr), Flugplatz (>25.000 Flugbewegungen/Jahr), Industrie- oder Gewerbegelände mit genehmigungsbedürftigen Anlagen, die geeignet sind, Umgebungslärm hervorzurufen, Häfen (Gesamtumschlagsleistung >1,5 Mio. t/jahr). Maßgeblicher Wert für Erforderlichkeit der Aufstellung von Aktionsplänen: LDen = 65 db(a) und LNight = 55 db(a) bloßer Orientierungswert!!!
16 IV. Verordnungsentwurf zur Lärmkartierung Einzelheiten zu Lärmkarten (Bestandteile der Lärmkarten, Georeferenz, graphische Darstellung in Isophonenbändern, Abschnittsbildung bei Verkehrswegen). Datenerhebungspflichten für Verkehrsunternehmen und Anlagenbetreiber; Pflicht der Gemeinden zur Erhebung der für die Benennung der Betroffenenzahlen erforderlichen Daten; Pflicht zur unentgeltlichen Übermittlung der erforderlichen Daten anderer Behörden. Berechnungsverfahren: Verweis auf noch zu konkretisierende anerkannte Regeln der Technik oder allgemeine Verwaltungsvorschriften. Recht zur Verwendung vorhandener Eingangsdaten aus bestehenden Lärmkarten.
17 IV. Verordnungsentwurf zur Lärmkartierung Unterrichtung der Öffentlichkeit über Lärmkarten: Unterrichtung der Öffentlichkeit über die für die Lärmkartierung zuständigen Behörden durch diese selbst, Anspruch auf freien Zugang jeder Person zu den Lärmkarten (Modalitäten nach UIG); Geeignete Ausfertigungen der Lärmkarten, die der Information der Öffentlichkeit dienen, werden von den zuständigen Behörden verbreitet. Soweit vorhanden, sollen elektronische Kommunikationsmittel verwendet werden. Anforderungen an die Unterrichtung der Öffentlichkeit können auch durch Einrichtung von Internet-Seiten erfüllt werden, auf denen die Lärmkarten zu finden sind.
18 IV. Verordnungsentwurf zur Lärmkartierung Noch offen: Berechnungsmethoden für Lärmindizes und zur Bewertung gesundheitsschädlicher Auswirkungen, Anforderungen an die Aufstellung von Aktionsplänen: Verfahren, Kriterien für die Festlegung von Maßnahmen, Beteiligung anderer Behörden, Öffentlichkeitsbeteiligung, Fristen etc. Dazu: Weitere Verwaltungsvorschriften und Verordnung(en). Definition ruhiger Gebiete (?). Aufstellung nationaler Grenzwerte (?). Finanzierung der Lärmplanung.
19 V. Umsetzungsbedarf in den Bundesländern Zu klärende Fragen: Festlegung der Ballungsräume und der Hauptlärmquellen (teilweise schon erfolgt). Andere zuständige Behörden als die Gemeinden? Zuständigkeiten bei gemeindegebietsübergreifenden Planungen (Ballungsräume)? Weitere landesrechtliche Verfahrensvorschriften für Lärmkartierung? Zu einem späteren Zeitpunkt ggf. landesrechtliche Verfahrensvorschriften für Aktionsplanung, insbesondere für die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung?
20 VI. Vorläufiges Fazit Wesentliche Fragen wurden nicht geklärt. Wann eine Klärung erfolgt, ist nicht absehbar. Die Lärmkartierung sollte eigentlich der Lärmminderungsplanung dienen und deshalb auf diese ausgerichtet sein. Der Gesetzgeber hat sich bislang aber allein auf den bürokratischen Teil der Auseinandersetzung mit dem Umgebungslärm konzentriert, nämlich die Lärmerfassung. Die Städte stehen mit einer neuen Aufgabe, aber ohne Finanzierung da.
21 VII. Blick über die Grenze Beispiele für Unterschiede: Vielfach rein staatliche Zuständigkeit sowohl für Lärmkartierung als auch für Lärmminderungsplanung (England, aber auch Österreich; anders Frankreich: Staatliche Zuständigkeit außerhalb der Ballungsräume, kommunale Zuständigkeit innerhalb der Ballungsräume). Teilweise andere Definitionen, z. B. Ballungsraumdichte in England schon > 500 EW/qkm. In der Regel ähnlicher Umsetzungsverzug wie in Deutschland.
22 Vielen Dank!