3.12 ALTLASTEN 3.12.1 EINLEITUNG 3.12.2 UMWELTPOLITISCHE ZIELE



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3.12 ALTLASTEN 3.12.1 EINLEITUNG Als Altlasten werden Industriestandorte und Deponien bezeichnet, an denen in der Vergangenheit durch Handhabungsverluste, Leckagen, Unfälle und unzureichende technische Sicherheitsvorkehrungen Schadstoffe in den Boden und ins Grundwasser gelangt sind und damit für die Umwelt und die menschliche Gesundheit eine Gefahr darstellen. Die Altlastenproblematik wurde in den frühen 80er Jahren bekannt, als zahlreiche spektakuläre Grundwasserverunreinigungen in der Umgebung von Deponien Aufmerksamkeit und Besorgnis der breiten Öffentlichkeit erregten. 1989 wurde das Altlastensanierungsgesetz (ALSAG, BGBl. 299/1989 i. d. g. F.) erlassen, das vor allem die Finanzierung von Sanierungen regelt. Box 3.12-1_E: Altlastensanierungsgesetz Umweltauflagen für Industriestandorte und Deponien haben in den letzten 20 Jahren erheblich zugenommen und Anlagentechnologien haben sich entsprechend verbessert. Es ist daher davon auszugehen, dass von den heute genehmigten und ordnungsgemäß betriebenen Industriestandorten und Deponien keine Gefahr für Boden und Grundwasser ausgeht. Seit In-Kraft-Treten des ALSAG werden österreichweit Altlasten erfasst. Bis zur Feststellung, ob eine Fläche zu sanieren ist, sind teilweise aufwendige Arbeitsschritte zu absolvieren, die von der Feststellung eines Kontaminationsverdachtes aufgrund früherer Standortaktivitäten bis zur detaillierten Bewertung von Untersuchungsergebnissen umfassender Probenahmen (Boden, Grundwasser, Bodenluft) und Analytik reichen. In einer zentralen Datenbank werden sowohl die im Altlastenatlas ausgewiesenen Altlasten als auch Standorte, die unter Altlastenverdacht stehen (Verdachtsflächenkataster) verwaltet und Informationen der breiten Öffentlichkeit auch über das Internet zur Verfügung gestellt. Box 3.12-2_E: Verdachtsflächenkataster und Altlastenatlas Das Umweltbundesamt rechnet bundesweit mit ca. 80.000 Standorten, an denen in der Vergangenheit mit gesundheits- bzw. umweltgefährdenden Stoffen hantiert wurde bzw. heute noch wird. Ein tatsächlicher Sanierungsbedarf wird für 2.500 Flächen geschätzt. Darüber hinaus muss bei einer derzeit nicht schätzbaren Anzahl von Flächen, von denen keine erheblichen Gefahren ausgehen, mit einer eingeschränkten Nutzung gerechnet werden. 3.12.2 UMWELTPOLITISCHE ZIELE Schadstoffe aus Altlasten können in den Boden und in Grundwasservorkommen eindringen und damit die Umwelt und in Abhängigkeit von der Nutzung der 235

Schutzgüter die menschliche Gesundheit gefährden. Der dauerhafte Schutz von Boden- und Grundwasserressourcen hat daher einen hohen Stellenwert. Umweltrelevante Zielvorstellungen sind wie folgt formuliert: Nachhaltigkeits-Ziele. In der österreichischen Strategie zur nachhaltigen Entwicklung (BMLFUW, 2002; siehe auch Kapitel 1.1) werden der Schutz der Böden und der nachhaltige Umgang mit der wertvollen Ressource Wasser als Ziele definiert. Grundwasserschutz. Im Wasserrechtsgesetz (WRG BGBl. 1959/215 i. d. g. F.) wird Grundwasser als Trinkwasser definiert und festgelegt, dass im Falle des Auftretens einer Grundwasserkontamination entsprechende Maßnahmen zur Abwehr von Gefährdungen vorzunehmen sind. Gefährdungsabschätzung kontaminierter Böden. Die ÖNORM S 2088-2 Gefährdungsabschätzung für das Schutzgut Boden liefert eine Handlungsanleitung zur Bewertung von belasteten Böden. Ihr liegt ein nutzungsorientierter Ansatz zugrunde. Das heißt, dass ein Boden mit definierter Schadstoffbelastung bei gärtnerischer Nutzung oder Nutzung als Spielplatz eine höhere Gefährdung darstellt als bei industrieller oder gewerblicher Nutzung. 3.12.3 SITUATION UND TRENDS 3.12.3.1 Flächenerfassung Box 3.12-3_G: Ablaufschema Altlastenbearbeitung Seit In-Kraft-Treten des ALSAG 1989 werden österreichweit Altlasten erfasst. Diese Tätigkeit wird auf Veranlassung des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom Umweltbundesamt in Zusammenarbeit mit den Ämtern der Landesregierungen durchgeführt. Hinter der Ausweisung eines Standortes als Altlast steckt eine langwierige mehrstufige Vorgangsweise. Diese reicht von der Standortregistrierung aufgrund früherer Standortaktivitäten bis zur detaillierten Bewertung von Untersuchungsergebnissen mit umfassender Probenahme (Boden, Grundwasser, Bodenluft). Im Rahmen der Altlastenbewertung werden drei Informationsstufen unterschieden (siehe Tabelle 3.12-1). Tab.3.12-1: Informationsgehalt für Standorte im Hinblick auf die Bewertung deren Gefährdung. Standortklasse Informationsgehalt bereits erfasste Standorte Erfassungsgrad* registrierte Flächen Verdachtsfläche Altlast gering, Verweis auf frühere Standorttätigkeiten Ergebnis einer Erstabschätzung aufgrund eines definierten Grunddatensatzes Detailliertes Untersuchungsprogramm 41.410 ca. 50 % 2.396 ca. 16 % 222 ca. 9 % * per 1.1.2004, geschätzt 236

Altflächen Der Begriff Altfläche wird in diesem Zusammenhang als Überbegriff für Standorte verwendet, an denen bis zum Jahr 1989 Abfälle abgelagert wurden (alte Deponien Altablagerungen) oder Anlagen, bei denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen wurde (alte Betriebsstandorte Altstandorte). Mit 1. Jänner 2004 sind ca. 41.400 Altflächen erfasst worden, das entspricht etwa der Hälfte der geschätzten Standorte. Der Erfassungsstand in den einzelnen Bundesländern ist in Abbildung 3.12-1 dargestellt. Bezirke mit hohem Erfassungsgrad sind vor allem dort zu finden, wo von Seite der Landesregierungen gezielte Erfassungsprogramme umgesetzt wurden. Trend: Der Erfassungsgrad der Altflächen wird in den nächsten Jahren deutlich ansteigen, da zahlreiche Erfassungsprojekte derzeit in Panung bzw. Durchführung sind. Es ist damit zu rechnen, dass bis ca. 2006 alle Altflächen in Österreich erfasst sind. Box 3.12-4_T: Erfassungsstand Altflächen nach Bundesländern Oberösterreich Salzburg Wien Tirol Kärnten Burgenland Steiermark Niederösterreich Vorarlberg alte Betriebsstandorte alte Deponien 0 20 40 60 80 100 Erfassungsgrad % Abb. 3.12-1: Geschätzter Erfassungsgrad der Altflächenerfassung nach Bundesländern. Verdachtsflächen Verdachtsflächen sind Altflächen, bei denen eine Erstabschätzung des Gefährdungspotentials durchgeführt wurde und bei denen ein Verdacht auf eine erhebliche Gefährdung der Umwelt bzw. der Menschen festgestellt wurde. Mit 1. Jänner 2004 waren 2.396 Verdachtsflächen im Verdachtsflächenkataster verzeichnet (siehe Tabelle 3.12-2 und Box 3.12-2_E). Trend: Der Erfassungsgrad bei Verdachtsflächen ist vor allem bei den alten Betriebsstandorten sehr niedrig. Eine Vorgangsweise zur systematischen österreichweiten Identifikation von Verdachtsflächen ist derzeit in Entwicklung, um die Erfassung mittelfristig (20 Jahre) abschließen zu können. Box 3.12-5_T: Erfassungsstand Verdachtsflächen nach Bundesländern 237

Tab. 3.12-2: Geschätzter Erfassungsgrad der Verdachtsflächenerhebung. Verdachtsflächentyp bisher erfasst Erfassungsgrad alte Deponien 2.196 ca. 60 % alte Betriebsstandorte 227 ca. 2 % Gesamt 2.396 ca. 16 % Altlasten Box 3.12-6_T: Erfassungsstand Altlasten nach Bundesländern Als Altlasten werden jene Altflächen bezeichnet, von denen nach den Ergebnissen einer Gefährdungsabschätzung nachgewiesenermaßen erhebliche Gefahren für die Gesundheit des Menschen oder die Umwelt ausgehen. Die Dringlichkeit deren Sanierung wird durch eine dreistufige Prioritätenklassifizierung ausgedrückt. Seit Bestand des Altlastensanierungsgesetzes wurden bis 1.1.2004 insgesamt 222 Altlasten ausgewiesen. Dies entspricht einem österreichweiten Erfassungsgrad von geschätzt etwa 9 %, wobei davon auszugehen ist, dass zahlreiche bedeutende Altlasten bereits erfasst sind. Für 45 dieser Altlasten wurde die höchste Prioritätenklasse für Sanierungen festgestellt. Trend: Eine annähernd vollständige Erfassung der Standorte in Österreich ist mit der aktuellen Vorgangsweise nur langfristig möglich. Nur eine Beschleunigung bei Untersuchung und Gefährdungsabschätzung kann hier Abhilfe schaffen. 3.12.3.2 Untersuchungen, Bewertungen und Sanierungen Untersuchungen von Verdachtsflächen Box 3.12-7_E/G: Ergänzende Untersuchungen Um die tatsächliche Umweltgefährdung einer Verdachtsfläche zu bewerten, sind detaillierte Untersuchungen am Standort notwendig. Im Rahmen des ALSAG wurde bei 348 Flächen eine Untersuchung veranlasst (siehe Abbildung 3.12-2), davon ca. 60 % an alten Deponien und 40 % an alten Betriebsstandorten. Trend: Erfahrungen bei den bereits abgewickelten Projekten haben gezeigt, dass ein Potential zur Vereinfachung und teilweise auch zur Standardisierung von Untersuchungen gegeben ist. Vor allem bei kleineren Fällen sollten hinkünftig zeitliche und finanzielle Einsparungen realisiert werden. Dadurch unterstützt, könnten die bisher bekannten Verdachtsflächen innerhalb von 15-20 Jahren untersucht sein. 238

Untersuchung abgeschlossen 40 % Untersuchung in Durchführung 60 % Abb. 3.12-2: Stand der Verdachtsflächenuntersuchung (348 Flächen). Gefährdungsabschätzungen Altlastenausweisungen Gefährdungsabschätzungen dienen als Grundlage zur Altlastenausweisung. Bisher wurden für ca. 309 Flächen Gefährdungsabschätzungen durchgeführt 222 davon führten zu einer Ausweisung der Fläche als Altlast. Die Anzahl der insgesamt notwendigen Gefährdungsabschätzungen wird auf ca. 15.000 geschätzt. Trend: Es ist zu erwarten, dass bei einem hohen Anteil der noch durchzuführenden Gefährdungsabschätzungen v. a. bei alten Deponien keine Altlastenausweisung erfolgen wird. Dies ist damit begründet, dass in der Vergangenheit vorrangig besonders dringliche Fälle bearbeitet wurden, bei denen die Wahrscheinlichkeit eines hohen Gefährdungspotentials sehr groß war. Anders bei Betriebsstandorten, wo noch eine große Anzahl von Standorten mit erheblichem Gefährdungspotential erwartet wird. Box 3.12-8_E/G: Gefährdungsabschätzung Altlastensanierungen Bis 1.1.2004 wurden seit Bestand des Altlastensanierungsgesetzes insgesamt 222 Altlasten ausgewiesen. Bei ca. der Hälfte dieser Flächen ist eine Sanierung entweder bereits abgeschlossen oder derzeit in Durchführung. Bei der anderen Hälfte ist eine Sanierung noch ausständig (siehe Abbildung 3.12-3). Weiters gibt es zahlreiche Fälle von Standortsanierungen, die außerhalb des Altlastensanierungsgesetzes durchgeführt werden. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Standortnutzung einen hohen subjektiven Stellenwert hat und ein Träger der Sanierungskosten vorhanden ist oder wenn es sich um kleine Fälle handelt, die im Zuge von Bautätigkeiten saniert werden. In diesen Fällen handelte es sich überwiegend um dringliche Bauvorhaben (z. B. Tankstellen-Umbau, Straßenbau) oder um die Anwendung einfacher Sanierungsverfahren (Aushub und Deponierung). 239

Sanierung abgeschlossen 24 % Sanierung vorgesehen 53 % Sanierung in Durchführung 23 % Abb. 3.12-3: Stand der Altlastensanierung (Stand Jänner 2004). Angewandte Sanierungstechnologien Box 3.12-9_E/T: Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen Bei einer Analyse der bisher in Österreich angewandten Sanierungstechnologien muss festgestellt werden, dass herkömmliche Sanierungsverfahren wie Aushub und Räumung, Dichtwände und Behandlung des Grundwassers (Pump & Treat) nach wie vor am häufigsten zur Anwendung kommen. Die Tatsache, dass innovativere Verfahren kaum Anwendung finden, hat verschiedene Ursachen, vor allem geringe Erfahrungswerte, schlechte Einschätzung des Restrisikos und Bedenken, dass derartige Verfahren von den zuständigen Behörden eventuell nicht akzeptiert werden. Für die Zukunft gilt es, innovative Sanierungstechnologien zu fördern und Anwendungsbarrieren zu überwinden. on-site Verfahren 2 % Umlagerung am Standort 8 % andere 2 % Aushub & Räumung 26 % Bodenluft Absaugung 11 % Abdeckung 12 % Pump & Treat 18 % Dichtw and 22 % Abb. 3.12-4: Sanierungsverfahren bei Altlasten (104 Flächen). 240

3.12.4 ZUSAMMENFASSENDE BEWERTUNG UND AUSBLICK 3.12.4.1 Altlastenerfassung und -sanierung im Rückblick Seit Bestand des Altlastensanierungsgesetzes 1989 ist viel erreicht worden. Neben zahlreichen kleinen Flächen sind Fälle mit weiträumigen Umweltbedrohungen saniert worden. Die Methodik zur Erfassung und Bewertung von Altlasten hat enorme Fortschritte gemacht und fast alle Daten im Rahmen der Altlastenerfassung sind in leicht verständlichem Format für die Öffentlichkeit über das Internet zugänglich. Durch den Altlastensanierungsfonds werden jährlich zahlreiche Standorte entsprechend der bundesweiten Dringlichkeit untersucht und ihr Sanierungsbedarf geklärt. Dennoch muss festgestellt werden, dass mit den derzeit zur Verfügung stehenden Mitteln und der aktuellen Methodik auch in den nächsten Jahrzehnten nicht alle relevanten Standorte erfasst, untersucht, bewertet und saniert sein werden. Die Erfahrung der letzten Jahre hat jedoch Erkenntnisse zur Optimierung der Vorgangsweise gebracht. Soziale und wirtschaftliche Vorteile einer gesicherten Finanzierung Altlastenerfassung und -sanierung wird zum Großteil aus den Mitteln des Altlastensanierungsfonds finanziert. Dieser erhält seine Einnahmen über eine Abgabe auf Abfälle und beträgt jährlich etwa 70 Millionen Euro. Für die Altlastenerfassung und -sanierung ist dieser Fonds unerlässlich. Die Sanierung von Altlasten ist immer mit enormen Kosten verbunden. Die Schadensentstehung liegt in allen Fällen weit zurück und Verursacher sind entweder schwierig zuzuordnen, nicht mehr existent, oder möglicherweise nicht zahlungsfähig. Erst mit der Entstehung einer gesicherten Finanzierung konnten zahlreiche große Altlasten saniert werden und ein systematisches Erfassungssystem etabliert werden. Im internationalen Vergleich steht Österreich mit diesem Finanzierungssystem neben der Schweiz einzigartig da. Die Altlastenerfassung und -sanierung in Österreich hat einen jährlichen Marktwert von geschätzten 140 Millionen Euro, dieser setzt sich aus den Beiträgen des Altlastensanierungsfonds, privaten Eigenleistungen und Leistungen aus den Ländern zusammen. Die Altlastensanierung repräsentiert somit neben der Sicherstellung von Wasser- und Bodenressourcen von hoher Qualität einen respektablen Wirtschaftsfaktor und sichert zahlreiche Arbeitsplätze. Flächenrecycling ein neuer Impuls für das Altlastenmanagement? Die Altlastenproblematik kann nur langfristig bewältigt werden. Neben der Verbesserung und Vereinfachung von Methodik und Technologie sind auch neue Strategien gefragt. Auch in Österreich bereiten zunehmende Flächenversiegelung und die Zersiedelung des ländlichen Raums ein großes Umweltproblem (siehe Kapitel 3.5). Österreichweit gibt es etwa 72.000 alte Betriebsstandorte mit unbekanntem Kontaminationsbild, davon werden etwa 20 % derzeit nicht genutzt. Viele dieser Flächen besit- 241

zen eine ausgezeichnete Infrastruktur. Dennoch bevorzugen Investoren neue Betriebsansiedlungen und Wohnsiedlungen auf der grünen Wiese, da hier viele Risken wegfallen. Dazu zählen vor allem eine unklare Haftungssituation, sollte eine Standortsanierung notwendig sein mögliche Nutzungsbeeinträchtigungen (z. B. keine Gartenbenützung oder Spielplatz möglich) durch Kontaminationen finanzielle Anforderungen zur Beseitigung von Gefährdungen und ein schwer einzuschätzender Zeitverlust durch Sanierungsmaßnahmen. Daher sollten Anreize zur Wiederbelebung von Brachflächen unter Bodenschutzund Raumplanungsaspekten geschaffen werden. Die Wiederbelebung von Brachflächen kann ein zusätzlicher Impuls zur Bewältigung der Altlastenproblematik sein. Hier gilt es neue Anreize zu schaffen, um Altflächen wieder zu beleben und den Grünflächenverbrauch einzudämmen. 3.12.4.2 Zielgrößen Zurzeit fehlen klare zeitliche und qualitative Ziele für das Management von Altlasten. Für die Frage, ob und in welchem Ausmaß Restbelastungen an Altlasten nach Abschluss von Sanierungsmaßnahmen tolerierbar sind, bestehen derzeit keine verbindlichen bundeseinheitlichen Vorgaben. Dementsprechend stehen Behörden und Sachverständige in einem Spannungsfeld zwischen einerseits moderner Umweltgesetzgebung, die am Vorsorgeprinzip ausgerichtet ist und andererseits mit beschränkten technischen und finanziellen Möglichkeiten Fehler der Vergangenheit sanieren muss. Im Einzelfall führt dies einerseits zu sehr aufwendigen und teuren Sanierungen und andererseits zu Lösungen mit dem geringst möglichen Aufwand. Es besteht damit die Gefahr, dass bei der Altlastensanierung der erzielte ökologische Nutzen mitunter mit sehr hohem Aufwand erzielt wird und hohe volkswirtschaftliche Kosten entstehen. Da allgemein anerkannte Vorgangsweisen und Zielgrößen zur Bewertung dieser Kriterien fehlen, sind auch die Vergleichbarkeit von Variantenstudien und damit die Optimierung von Sanierungen nur begrenzt möglich. 3.12.5 EMPFEHLUNGEN Für die Beurteilung altlastenbedingter Bodenkontaminationen wird die Vorgabe verbindlich festgelegter Umweltqualitätsziele dringend empfohlen. Aus der Sicht des Umweltbundesamtes sollten langfristige umweltpolitische Zielsetzungen zur Altlastenbearbeitung im Sinne eines nachhaltigen Ressourcenmanagements erarbeitet und festgelegt werden. In diesem Sinne wäre eine Überarbeitung und Neuausrichtung der gesetzlichen Grundlagen zur Bearbeitung von Altlasten erforderlich. Eine Lösung wäre die Einführung eines neuen Altlastenverfahrensgesetzes oder die Anpassung bestehender Materiengesetze, insbesondere von Wasserrecht und Abfallrecht. In der nachstehenden Tabelle sind Vorschläge für die wichtigsten Zielgrößen definiert. 242

Tab. 3.12-3: Zielgrößen im Umgang mit kontaminierten Flächen (Beispiele). Problem Altlastensanierung Brachflächennutzung Erfassung von Altlasten und Verdachtsflächen fehlende Zielgröße Anzahl zu sanierender Altlasten zeitlicher Horizont für die Sanierung Sanierungsqualität Ausmaß der jährlichen Flächennutzung Zeitlicher Horizont für die Fertigstellung der Erfassung Eine weitestgehend ungeklärte Frage ist nach wie vor der Umgang mit Restbelastungen nach Sanierungen und die Definition von nutzungsangepassten Sanierungszielen. Ebenso wäre durch neu zu schaffende gesetzliche Rahmenbedingungen (siehe obiger Punkt) die Rechtssituation für den Umgang mit geringfügig kontaminierten Standorten zu klären. Mit der Novelle zum Altlastensanierungsgesetz, BGBl 71/2003, wurde die Grundlage zur Förderung von Sanierungsmaßnahmen den geänderten Rahmenbedingungen angepasst und für die nächsten Jahre sichergestellt. Aufgrund der außerordentlichen Bedeutung der Förderungen muss auch langfristig die Finanzierung der Altlastensanierung im Rahmen des ALSAG gesichert sein. Darüber hinaus sollten Anreize für private Finanzierungen geschaffen werden, um die Bewältigung der österreichweiten Altlastensanierung zu beschleunigen. Eine Beschleunigung und Vereinfachung der Altlastenbearbeitung im Rahmen des ALSAG wird angeregt. Diesbezügliche Potentiale bestehen bei der systematischen Verdachtsflächenerfassung, der Untersuchung und der Gefährdungsabschätzung von Flächen. Darüber hinaus kann eine Verfahrensvereinfachung durch die Standardisierung einfacher Fälle erfolgen. Innovative Sanierungsvarianten sollten gezielt gefördert werden. Ein Ansatz wäre die verstärkte Zusammenarbeit von finanzierenden Stellen und zuständigen Behörden, insbesonders bei der Festlegung von nutzungsorientierten Sanierungszielen. Zur rascheren Bewältigung der Altlastenproblematik wird die Entwicklung zusätzlicher Strategien vorgeschlagen. Ein neuer Impuls etwa liegt in der Wiederbelebung von Brachflächen. Hier sollten seitens des Bundes und der Länder neue Anreize geschaffen werden, um Altflächen wieder zu nutzen, den Grünflächenverbrauch einzudämmen und Standortsanierungen zu beschleunigen. Folgende Aspekte sollten aufgegriffen werden: Lukrative Anreize für Brachflächenkauf schaffen: Geteilte Haftung zwischen Staat und Käufer anbieten oder Maximalhaftung für Käufer definieren Ansiedlungen auf Grünland eindämmen. Entsprechende Ziele definieren und Kontrollmechanismen einrichten Einrichtung von Landes- bzw. Bundesentwicklungsanstalten. 243