4. Ausbreitung elektromagnetischer Wellenfelder in Hohlleitern

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Transkript:

4. Ausbreitung elektromagnetisher Wellenfelder in ohlleitern Weil das Modell Lihtstrahl nur bestimmte Aspekte der Lihtausbreitung korrekt wiedergibt, wurde zur Erklärung der Aberration zusätzlih zur Lihtgeshwindigkeit noh die Phasengeshwindigkeit Ph berüksihtigt. Um aber den gesamten omplex der Ausbreitung elektromagnetisher Wellen unter einheitlihen Gesihtspunkten darstellen zu können, müssen auh jene örper in die Betrahtung einbezogen werden, die Strahlung aussenden bzw. empfangen. Auh indernisse, die Abweihungen von der freien Wellenausbreitung verursahen, müssen Berüksihtigung finden. Erst das System Sender Wellenfeld Empfänger in seiner Gesamtheit vermag die beobahteten Phänomene in einen gemeinsamen Bezugsrahmen zu stellen. Für Mathematiker genügt meist die Vorstellung: Zur Zeit t A gehe ein Lihtstrahl von A aus [] S. 896 r A Diese eindimensionale Darstellung enthält keinerlei Informationen über den konkreten Sende- bzw. Empfangsdipol und das dreidimensionale Wellenfeld. Die Dipole shrumpfen zu Punkten, das Wellenfeld wird auf einen Strahl reduziert. Man setzt hier die folgende Standardanordnung voraus. Sendedipol Wellenfeld Empfangsdipol E r r r Aber welhe zusätzlihen Phänomene tauhen auf, wenn z.b. die Dipole mit v entlang der Ausbreitungsrihtung oder senkreht dazu bewegt werden? Wie wirkt es sih aus, wenn ein Dipol um einen Winkel > 0 gekippt wird? Was geshieht, wenn das mit bewegte Wellenfeld in seiner Ausbreitung durh indernisse gestört wird, wie dies in ohlleitern der Fall sein kann? Letzterer Fall soll zunähst betrahtet werden, weil sih hier eine Vielfalt zusätzliher Phänomene andeutet. Deren Analyse könnte zu einer Vereinheitlihung bislang widersprühlih sheinender Aussagen führen.

Dipol ohlleiter Ph D Ein Dipol der Länge l = /2 sei zentral an der Eingangsöffnung eines ohlleiters angebraht. Nah links breiten sih die elektromagnetishen Felder ungestört mit aus. In den ohlleiter hinein werden sie abhängig von der Dipollänge (bzw. Wellenlänge) und vom ohlleiterdurhmesser deformiert und eilen mit der Phasengeshwindigkeit Ph nah rehts. ² / ² ² / ² Das kleine Dreiek zeigt die Verhältnisse zwishen Dipolwellenlänge und Grenzwellenlänge Κ, das große Dreiek maht den Zusammenhang zwishen und ohlleiterwellenlänge deutlih. Die Seitenverhältnisse der Dreieke lassen sih auh durh Winkelbeziehungen ausdrüken: ² / ² os = = ² / ² (kleines Dreiek) os = (großes Dreiek) Daraus folgt nah Gleihsetzung mit vom Dipol abgestrahlte Wellenlänge, Wellenlänge im ohlleiter (entspriht einer Phasenwellenlänge), Grenzwellenlänge (strebt gegen 2D). = k ² / ²

Dieser theoretish abgeleitete Zusammenhang ist experimentell gut gesihert. Dabei ist >, Ph > und /2 < D. Die Dipollänge l = /2 muss also immer kürzer sein als der ohlleiterdurhmesser D, andernfalls findet keine Wellenausbreitung statt. Nähert sih die Wellenlänge der vom Quershnitt D abhängigen Grenzwellenlänge Κ, so streben ohlleiterwellenlänge und Phasengeshwindigkeit gegen unendlih. Das heißt aber, dass die Laufzeiten der Phasenwelle durh den ohlleiter immer kleiner werden und shließlih gegen Null streben. Ist der Dipol z.b. halb so lang wie der ohlleiterdurhmesser, so gilt D = =, d.h. = /2 oder / Κ = 0,5. Daraus berehnet sih mit Gleihung (6) 2 2 4 die ohlleiterwellenlänge =,5. Welhe Veränderungen ergeben sih bei Änderung des Verhältnisses / Κ? Was geshieht also, wenn die Dipollänge l = /2 bei konstantem ohlleiterdurhmesser D größer wird und immer längere Wellen abstrahlt (bzw. D und damit bei konstanter Dipollänge shrumpft )? ² / ² 2 wahsende Winkel 2 2 wahsende ohlleiterwellenlänge Aus der Gleihung bzw. Zeihnung lassen sih folgende Aussagen ableiten:. Ist sehr klein gegen (handelt es sih am ohlleitereingang z.b. um einen sehr kurzen Dipol gegenüber dem Rohrdurhmesser), so können sih die Wellen auh im ohlleiter ungestört ausbreiten. Die Wellenlänge bei freier Ausbreitung untersheidet sih niht von der ohlraumwellenlänge. Lihtgeshwindigkeit und Phasengeshwindigkeit haben gleihe Rihtung und gleihen Betrag. 2. Wird das Verhältnis / größer als Null, so sind und niht mehr identish. und untersheiden sih in Rihtung (Winkel ) und im Betrag. 3. Der orrekturfaktor ist die osinusbeziehung os = ² / ² bzw. os =

Auf den ersten Blik sollten im ohlleiter Lihtgeshwindigkeit und Phasengeshwindigkeit Ph nur parallel zu den Wänden laufen können, so dass der einshließende Winkel stets Null wäre. Eine differenzierte Betrahtung zeigt die tatsählihen Verhältnisse, die auf Winkel größer Null führen können. Sendedipol Empfangsdipol ohlleiter D Gr Ph Minimum der einfallenden Wellenfront Maximum Minimum der reflektierten Wellenfront Maximum Wellennormale (ständiger Rihtungswehsel von durh Reflexion im ohlleiter) Von einem Dipol in den freien Raum abgestrahlte Wellen (nah links) genügen dem Axiom von der onstanz der Lihtgeshwindigkeit, denn alle Voraussetzungen dafür sind erfüllt (siehe ap. 3). Im ohlleiter kann von einer freien Ausbreitung niht mehr die Rede sein. Die Voraussetzungen sind nur dann gegeben, wenn die shwingenden Feldvektoren der elektrishen und magnetishen Feldstärke in eine Ebene ausweihen, die um den Winkel geneigt ist und somit zwishen den ohlleiterwänden der benötigte Raum zur freien Ausbreitung wieder zur Verfügung steht. Damit ändert sih auh die Ausbreitungsrihtung von. Die nah rehts in den ohlleiter hinein abgestrahlten Wellen werden folglih zwishen den Wänden reflektiert und die Wellennormalen ergeben das Bild einer Zikzaklinie. Die Überlagerungen von einfallenden und reflektierten Wellenfronten erzeugen ein Muster von Verstärkungen und Auslöshungen, die als Phasenwelle mit größerer Wellenlänge und Geshwindigkeit Ph ebenfalls nah rehts laufen. Ein Vergleih zwishen der auf einen Zikzakkurs gezwungenen Welle und der zugehörigen Phasenwelle zeigt: - Beide Wellen benötigen beim Durhlauf vom Sende- zum Empfangsdipol dieselbe Zeit. Für eine Periode gilt T = / bzw. T = / Ph.

- Der Sendedipol erzeugt Wellen der Länge, der Empfangsdipol registriert die mit shräg einlaufenden elektromagnetishen Wellen so, als handelte es sih infolge des längeren Durhlaufs um längere Wellen (der Dipol mit der Länge l = /2 ist zu kurz für die verlustfreie Aufnahme der Shwingungsenergie). Diese Feststellung ist äquivalent der Interpretation, es würden die weiter auseinander liegenden Maxima bzw. Minima einer Phasenwelle mit den Empfangsdipol senkreht treffen. - Es gilt für die Phasengeshwindigkeit: Ph = /os, für die Gruppengeshwindigkeit: Gr =. os, für die Lihtgeshwindigkeit: = Ph, = Ph /os, für die Phasenwellenlänge im ohlleiter: = /os. Mit zunehmendem Winkel nimmt die für den Energietransport zuständige Gruppengeshwindigkeit Gr ab unabhängig vom betrahteten Laufweg. Die zunehmende Phasengeshwindigkeit ist ja mit abnehmender Gruppengeshwindigkeit erkauft und bringt deshalb energetish nur Verlust. Das hängt mit der immer geringeren transversalen omponente der Feldvektoren bzw. dem wahsenden Anteil der longitudinalen omponenten zusammen (letztere tragen nihts zur Feldänderung im Empfangsdipol bei). Auf dem längeren Zikzakkurs erreiht den Empfangsdipol exakt die gleihe (geringere) Energieportion wie auf dem kürzeren direkten Weg durh die langwelligere Phasenwelle. Letztlih handelt es sih um zwei Betrahtungsweisen ein und desselben Vorganges. Gleihgültig, welhe Interpretation man bevorzugt, kommt immer derselbe orrekturfaktor os ins Spiel. Die Ausbreitung von Mikrowellen im ohlleiter zwishen ruhendem Sende- bzw. Empfangsdipol führt zu Asymmetrien, die niht auf Relativbewegung zurükgeführt werden können. ier verursahen ausshließlih makroskopishe indernisse die freie Wellenausbreitung. Werden die am Empfänger registrierten Wellen mit dem osinusfaktor korrigiert, lassen sih Rükshlüsse auf die vom Sender ausgesandten Wellen ziehen. Gr