Qualitative Analyse gesundheitlicher Auswirkungen im Rahmen des GFA Pilotprojektes Ausbau B 68 im kommunalen Setting

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Transkript:

Lisa Bauer / Bianca Neuhold Qualitative Analyse gesundheitlicher Auswirkungen im Rahmen des GFA Pilotprojektes Ausbau B 68 im kommunalen Setting 126 - Gesundheitliche Chancengerechtigkeit - Brücken bilden für Gesundheit und Lebensqualität vulnerabler Gruppen im österreichischen Kontext Abstract Problemstellung Im Rahmen der Etablierung der Methode der Gesundheitsfolgenabschätzung (GFA) in Österreich als Instrument zur Umsetzung einer gesundheitsförderlichen Gesamtpolitik (Health in All Policies), setzte das Institut für Gesundheits- und Tourismusmanagement der FH JOANNEUM in Kooperation mit der Gemeinde Kirchberg an der Raab, dem Land Steiermark und der Karl-Franzens-Universität Graz, ein GFA Pilotprojekt im kommunalen Setting um. Die Pilot-GFA beschäftigte sich mit dem Ausbau der B 68 Feldbacher Straße. Ziel der Masterarbeit Ziel dieser Masterarbeit war es mit qualitativen Leitfadeninterviews Informationen zu den positiven und negativen Auswirkungen des Ausbaus der B 68 auf die betroffene Bevölkerung zu erheben, um zu einer erfolgreichen Umsetzung des GFA-Pilotprojektes beizutragen. Methode Um oben genanntes Ziel zu erreichen, wurde eine umfassende Literaturrecherche zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Verkehr und zu Referenzprojekten in Datenbanken und anderen Medien durchgeführt. Zusätzlich wurden 15 qualitative, teilstrukturierte Interviews mit besonders durch den Ausbau betroffenen BürgerInnen der involvierten Gemeinden geführt. Ergebnisse Im Rahmen der Masterarbeit konnten positive und negative Auswirkungen des Ausbaus der B 68 bzw. der Nullvariante (kein Ausbau der B 68) auf die Determinanten der Gesundheit identifiziert werden. Des Weiteren konnten ortsspezifische Unterschiede dargestellt und Empfehlungen abgeleitet werden. Schlussfolgerung Im Zuge der Masterarbeit wurde vulnerablen Personengruppen ermöglicht, sich am GFA-Projekt zu beteiligen sowie persönliche und kommunale Anliegen einzubringen. Dadurch konnten vielseitige positive und negative Auswirkungen des Ausbaus der B 68 auf die Gesundheit und Lebensqualität der GemeindebürgerInnen identifiziert werden. Keywords: Gesundheitsfolgenabschätzung, Verkehr, Gesundheitsdeterminanten, kommunales Setting, Straßenbau 1

1. Einleitung Die Gesundheit einer Gesellschaft wird nicht nur von gesundheitspolitischen Entscheidungen beeinflusst, sondern wesentlich von Beschlüssen aller Politikfelder mitbestimmt. Demzufolge ist es unerlässlich, um Gesundheit nachhaltig zu fördern, dass Auswirkungen auf die Gesundheit im Rahmen des Ansatzes Gesundheit in allen Politikfeldern (engl. Health in All Policies = HIAP) von allen EntscheidungsträgerInnen berücksichtigt werden (Gesundheit Österreich GmbH, o. J.b; WHO, 1986; Kemm und Parry, 2004). Ein wichtiges, international anerkanntes Instrument, um diesen Ansatz in der Praxis umzusetzen und Brücken zwischen einzelnen Politikfeldern zu bauen, ist die Gesundheitsfolgenabschätzung (engl. Health Impact Assessment = HIA). Mit Hilfe der Gesundheitsfolgenabschätzung können positive und negative Gesundheitsfolgen eines geplanten Vorhabens erhoben und Empfehlungen abgegeben werden, wie positive Auswirkungen maximiert und negative Auswirkungen minimiert werden können. Dadurch trägt die Gesundheitsfolgenabschätzung zu einer gesundheitsförderlichen Gesamtpolitik bei (Kemm und Parry, 2004; Amegah et al., 2013; Gesundheit Österreich GmbH, o. J.d). Das Institut für Gesundheits- und Tourismusmanagement der FH JOANNEUM erhielt durch das Land Steiermark den Auftrag, eine gemeindenahe Pilot-GFA in der Steiermark zu entwickeln und umzusetzen (Neuhold et al., 2015). Das Pilot-Projekt, das im Zeitraum Dezember 2014 bis Herbst 2015 durchgeführt wurde, befasste sich mit dem geplanten Ausbau der B 68 Feldbacher Straße. Dieses Thema wurde insofern als geeignet eingestuft, da in Österreich zuvor noch kein GFA-Projekt im Bereich Verkehr vorlag (Gesundheit Österreich GmbH, o. J.c). Auf Grund der Eröffnung der Querspange Gnas kam es zu einer Erhöhung der täglichen Verkehrsbelastung der L 201 von etwa 6.000 auf 11.000 Fahrzeuge, davon rund 1.000 LKWs. Im Ortsteil Studenzen wurden rund 14.000 Fahrzeuge pro Tag gezählt (Trummer, 2010, 2011). Ziel des Straßenbauprojektes ist der Neubau der Verbindung zwischen Fladnitz und Saaz. Im Rahmen dieses Projektes soll durch die Verkehrsverbindung durch das Raabtal die Lebensqualität der AnrainerInnen verbessert werden (Amt der Steiermärkischen Landesregierung Fachabteilung 18A Gesamtverkehr und Projektierung, 2011). 2

Abbildung 1: Skizze Verkehrsprojekt Ausbau B 68, Quelle: Land Steiermark, A16 Verkehr und Landeshochbau. (o. J.). Graz. Durch die vielen beteiligten AkteurInnen wie die lokale Bevölkerung, Wirtschaftstreibende, PendlerInnen und politischen InteressensvertreterInnen kann eine Gesundheitsfolgenabschätzung dazu beitragen, die negativen Gesundheitsfolgen der Bevölkerung zu minimieren und somit einen Konsens zu bilden sowie die Unterstützung aller beteiligten Stakeholder sicherzustellen. In dieser Hinsicht konnte die Bevölkerung mit dem Instrument GFA vertraut gemacht werden, und durch dieses Referenz-Projekt konnten Handlungsempfehlungen für zukünftige kommunale GFA-Projekte formuliert werden (Neuhold und Gangl, 2014; Neuhold et al., 2015). Die vom Land Steiermark durchgeführte Umweltverträglichkeitserklärung lieferte erste Hinweise in Bezug auf die gesundheitlichen Auswirkungen des Projektes B 68 NEU. Eine Gesundheitsfolgenabschätzung stellt, laut Ropin, einen Mehrwert für das UVP-Verfahren dar, da zusätzlich zu den Risiken für die Gesundheit der Menschen auch Gesundheitsressourcen mit einer strukturierten, partizipativen und verhältnisorientierten Methode einbezogen werden (Ropin, 2015). Ziel dieser Masterarbeit war es, einen wertvollen Beitrag zur Umsetzung des Pilot-Projektes GFA zum Ausbau der B 68 zu liefern, indem Daten zu den positiven und negativen Gesundheitsauswirkungen auf die Bevölkerung erhoben wurden. 3

2. Methodik Für die Beantwortung der Forschungsfragen wurden einerseits eine Literaturrecherche und andererseits eine empirische Erhebung mittels 15 qualitativer Leitfadeninterviews durchgeführt. Die Intention der Literaturrecherche war es den aktuellen Stand von GFA in Österreich sowie die Eckpunkte des Verkehrsprojektes abzubilden. Darüber hinaus war es Ziel der Recherche, den aktuellen Wissensstand zu Gesundheitsauswirkungen von Verkehr darzustellen. Dafür wurde im Zeitraum Dezember 2014 bis August 2015 eine umfassende Literaturrecherche durchgeführt. Im Rahmen dieser wurden Bibliotheken, Datenbanken, Fachzeitschriften, nationale Dokumente und wissenschaftliche Abschlussarbeiten sowie Internetquellen herangezogen. Darüber hinaus wurden auch Unterlagen zur UVE vom Land Steiermark zur Verfügung gestellt. Ziel der empirischen Erhebung war es, die positiven und negativen gesundheitlichen Auswirkungen des Straßenbauprojektes Ausbau B 68 aus Sicht der betroffenen Bevölkerung zu erheben. Dafür wurde im Zeitraum März bis Anfang April 2015 ein teilstrukturierter Interviewleitfaden entwickelt. Die qualitativen, persönlichen Interviews wurden anschließend im April 2015 durchgeführt und im Mai 2015 ausgewertet. Die Auswahl der InterviewpartnerInnen erfolgte dabei durch die Autorin mit Unterstützung von GemeindevertreterInnen, die besonders vom Ausbau betroffene Personen vorschlagen konnten. Bei der Auswahl der TeilnehmerInnen wurde insbesondere auf die Partizipation sozial benachteiligter Gruppen Wert gelegt. Die Interviews wurden alle vollständig von der Autorin selbst durchgeführt und anschließend mit den Methoden der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet. 3. Ergebnisse Das Verkehrsprojekt hat vielseitige Auswirkungen auf die Gesundheit der betroffenen BewohnerInnen. Eine Erhöhung des Verkehrsaufkommens ist im Allgemeinen mit negativen Auswirkungen und eine Verringerung des Verkehrsaufkommens mit positiven Auswirkungen verbunden. Die Ergebnisse bezüglich der positiven und negativen Gesundheitsfolgen für die Bevölkerung wurden in Bezug auf die Gesundheitsdeterminanten zusammengefasst. Es ist zu berücksichtigen, dass auf Grund des komplexen örtlichen Straßengefüges ortsspezifisch unterschiedliche Auswirkungen durch den Bau der neuen Straße zu erwarten sind. 3.1. Wirtschaftliche Entwicklung Der Ausbau der B 68 wirkt sich positiv auf die Entwicklung der Region aus, da diese durch die bessere Anbindung einerseits für die Ansiedelung neuer Betriebe attraktiver wird und andererseits die Erreichbarkeit für bestehende Betriebe verbessert wird. Negative Auswirkungen ergeben sich für frequenzabhängige Betriebe und GrundbesitzerInnen, auf Grund des Grundverlustes und der Wertminderung von Häusern, die nach dem Ausbau stärker lärmbelastet sind. 4

3.2. Umwelt In Bezug auf die Umwelt gibt es positive Auswirkungen in Bezug auf das Gesamtprojekt. 3.3. Gesundheitliche Chancengleichheit Abhängig von der örtlichen Situation sind Kinder und ältere Menschen jeweils besonders stark von den positiven bzw. negativen Auswirkungen des Ausbaus betroffen. Besonders positiv betroffen sind PendlerInnen und LKW-FahrerInnen, da sie nicht mehr durch die Ortschaften fahren müssen und zügiger vorankommen. Außerdem gibt es positive Auswirkungen für FußgängerInnen und RadfahrerInnen. Hingegen sind die GrundbesitzerInnen, v. a. LandwirtInnen, AnrainerInnen der B 68 NEU und BewohnerInnen von Häusern in Hanglagen besonders negativ betroffene Gruppen. 3.4. Wohnsituation Die Verkehrsentlastung wirkt sich positiv für die Betroffenen der L 201, L 248 und im Ortskern von Fladnitz aus. Negative Auswirkungen in Bezug auf die Lärmentwicklung gibt es überwiegend für Häuser in Hanglagen und die AnrainerInnen der B 68 NEU. 3.5. Zugang zu Ressourcen Die Erreichbarkeit von Ressourcen, die im Ort verfügbar sind, verbessert sich für FußgängerInnen und RadfahrerInnen, ansonsten gibt es aber diesbezüglich keine Auswirkungen. Die Erreichbarkeit von Ressourcen, die nicht im Ort verfügbar sind, wird aus Sicht der InterviewteilnehmerInnen eher verbessert. Weiters gibt es positive Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit in den Ortschaften. Dagegen steigt das Gefahrenpotential an der B 68 NEU eher an. Negative Auswirkungen treten in den Bereichen Eichkögl und Rohr und hinsichtlich der Erreichbarkeit von landwirtschaftlichen Flächen auf. 3.6. Soziale Gesundheit Trennung/Förderung von Gemeinschaften Auch wenn der Großteil der Befragten keine Auswirkungen auf die sozialen Netzwerke durch den Bau der Straße sieht, werden die Auswirkungen im Allgemeinen positiv gesehen. 3.7. Bewegung In Bezug auf die Determinante Bewegung verhält es sich ähnlich, auch hier sehen die BewohnerInnen keine bis eher förderliche Auswirkungen durch die Umsetzung des Verkehrsprojektes. 5

3.8. Psychische Gesundheit Stress Durch den Ausbau der B 68 nehmen Stresssituationen im Straßenverkehr im Allgemeinen ab, an der neuen Strecke kann es jedoch auf Grund des höheren Verkehrsaufkommens zu Stresssituationen für die VerkehrsteilnehmerInnen kommen. Positive Auswirkungen auf die psychische Belastung gibt es in den Gebieten, die von der Verkehrsentlastung profitieren. Die Ungewissheit, ob die Straße gebaut wird oder nicht, stellt einen belastenden Faktor für die psychische Gesundheit dar. Dieser würde durch den Ausbau aufgehoben. 4. Schlussfolgerungen Im Rahmen der Masterarbeit konnten umfassende positive und negative Auswirkungen des Straßenbaus aus Literatur und aus Sicht der Bevölkerung gegenübergestellt werden. Die Ergebnisse der Masterarbeit flossen in die Pilot-GFA ein (Neuhold et al., 2015). Des Weiteren stellt die gelungene Partizipation vulnerabler Personengruppen einen positiven Mehrwert für die Gesundheitsförderung dar, da dadurch die Chance besteht, im Rahmen des Projektes einen Beitrag zu mehr gesundheitlicher Chancengerechtigkeit zu leisten (Antes, 2015; Amegah et al., 2013). Zusätzlich wurden im Rahmen der Masterarbeit wertvolle Erfahrungen in Bezug auf die Umsetzung und Integration von qualitativen Interviews im Rahmen eines kommunalen GFA für zukünftige GFA- Projekte gesammelt. Durch die Reflexion der Vorgehensweise konnten Erfolgsfaktoren für die Umsetzung identifiziert und aufbereitet werden. 6

Literaturliste/Quellenverzeichnis: Amt der Steiermärkischen Landesregierung Fachabteilung 18A Gesamtverkehr und Projektierung. (2011). Ldstr. B 68, FELDBACHER STRASSE ABSCHNITT FLADNITZ SAAZ EINREICHPROJEKT 2011. Allgemeinverständliche Zusammenfassung. Graz: Amt der Steiermärkischen Landesregierung FA 18A. Amegah, T./Amort, F./Antes, G./Haas, S./Knaller, C./Peböck, M./Reif, M./Spath-Dreyer, I./Sprenger, M./Strapatsas, M./Türscherl, E./Vyslouzil, M./Wolschlager, V. (2013): Gesundheitsfolgenabschätzung (GFA) in Österreich. Leitfaden für die Praxis. Wien: Bundesministerium für Gesundheit. Antes, G. (2015): Schnell-Training: Einführung in die GFA. Vortrag, 3. Nationale GFA-Fachtagung, 25. Juni 2015. Gesundheit Österreich GmbH. (o. J.a). Ausgangssituation zur Gesundheitsfolgenabschätzung in Österreich. http://gfa.goeg.at/about/national, (27. Dezember 2014) Gesundheit Österreich GmbH. (o. J.b): Health in All Policies. <http://www.goeg.at/de/bereich/health-in-all- Policies.html > [letzter Zugriff am, (27. Dezember 2014) Gesundheit Österreich GmbH. (o. J.c): Nationale Beispiele von Gesundheitsfolgenabschätzung sowie Aktivitäten zur Gesundheitsfolgenabschätzung. http://gfa.goeg.at/examples/national, (27. Dezember 2014) Gesundheit Österreich GmbH. (o. J.d): Ziele der Gesundheitsfolgenabschätzung. http://gfa.goeg.at/about/goals, (27. Dezember 2014) Kemm, J./Parry, J. (2004): What is HIA? Introduction and overview. In: Kemm, J., Parry, J. und Palmer, S. (Hrsg.) (2004): health impact assessment. New York: Oxford University Press. S. 1-14. Land Steiermark, A16 Verkehr und Landeshochbau. (o. J.). Skizze Verkehrsprojekt Ausbau B 68. Graz. Neuhold, B. und Gangl., D. (2014): Entwicklung von GFA Handlungsempfehlungen für die Steiermark am Beispiel einer kompakten Gesundheitsfolgenabschätzung. Abschlussbericht, November 2014, Bad Gleichenberg: FH JOANNEUM. Neuhold, B., Gangl, D., Bauer, L., Hofer, K. (2015): Gesundheitsfolgenabschätzung (GFA) am Beispiel Verkehr Pilotprojekt: Ausbau der B 68, Projektbericht, September 2015, Abschlussbericht, Bad Gleichenberg: FH JOANNEUM. Porst, R. (2011): Fragebogen. Ein Arbeitsbuch. 3. Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Ropin, K. (2015): Statements der Eröfnungsredner/innen. Vortrag, 3. Nationale GFA-Fachtagung, 25. Juni 2015. Trummer, R. (2010): Schneller Weiterbau der B 68 notwendig. In: Kleine Zeitung Online, 13.02.2010. Trummer, R. (2011): Ausbau B 68: Politik muss handeln! In: Kleine Zeitung Online, 06.06.2011. WHO (1986): Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung. Ottawa: Weltgesundheitsorganisation. 7