Gender in der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen So kann es gehen Anforderungen an die Akteure auf den verschiedenen Ebenen am 22.10.2014 Fachtagung HBS/ DGB Neustart des Arbeitsschutzes im öffentlichen Dienst? Sonja Nielbock Sujet GbR Organisationsberatung
Ebenen und Dimensionen von Geschlecht strukturelle Dimension symbolische Dimension Gesellschaftsebene Organisationsebene Individualebene 2014 Sujet 2
Psychische Belastungen Arbeitsanforderungen Soziale Beziehungen Arbeitsorganisation Rahmenbedingungen Alles, was von außen auf die Menschen zukommt und psychisch auf ihn/sie wirkt Beurteilung und ständige Verbesserung ist für alle Arbeitsplätze vorgeschrieben findet in der Praxis nur wenig statt 2014 Sujet 3
Psychische und physische Belastungen, Beanspruchungen und Erkrankungen Physische Belastung, z.b. Lärm Physische Beanspruchung, z.b. Ohrensausen Körperliche Erkrankung z.b. Ohrenentzündung Ressourcen Psychische Belastung, z.b. Überforderung Psychische Beanspruchung, z.b. Stressgefühl Psychische Erkrankung, z.b. Depression 2014 Sujet 4
Das Projekt Gender/Stress Geschlechterrollen und Psychische Belastungen in der Arbeitswelt Projektförderung: Hans-Böckler-Stiftung und ver.di Laufzeit: Juli 2007 bis September 2009 Drei Projektbetriebe: Textileinzelhandel, Finanzamt, Informations- und Kommunikationstechnik (ITK) Erhebungsphase mit qualitativen Interviews Entwicklung von Instrumenten für die Praxis Anwendung der Instrumente + Auswertung 2014 Sujet 5
Erwerbsarbeitswelt im Wandel Alte Arbeitswelt: Schwere körperliche Arbeit Nacht- und Schichtarbeit Lange Arbeitszeiten Wenig Handlungsspielraum Monotonie Rationalisierung führt zu Arbeitsverdichtung Ständige, übereilte Veränderungsprozesse Indirekte Steuerung durch Zielvorgaben und Benchmarks Auflösung der Grenzen von Zeit, Raum und Vertrag Neue Arbeitswelt: Stark gestiegener Leistungsdruck Hohe Eigenverantwortung, ständige Anforderung der Selbstoptimierung Kreativität und Spaß im Nutzen des Arbeitgebers Hohe Verunsicherung Zunahme von Burnout und psychischen Erkrankungen 2014 Sujet 6
Anforderungen der gegenwärtigen Erwerbsarbeitswelten Selbstoptimierung, hohe Verunsicherung, stark gestiegener Termin- und Leistungsdruck, ständige, manchmal übereilte Veränderungsprozesse in den Betrieben, zunehmende Arbeitsverdichtung durch Rationalisierung und eine hohe Eigenverantwortung 2014 Sujet 7
Geschlechterrolle Belastungen und Ressourcen: Anforderungen Handlungsspielraum Entwicklungsmöglichkeiten Sinn der Arbeit Vorgesetztenverhalten etc. 2014 Sujet 8
Ausgangshypothesen Geschlecht spielt eine Rolle in der Wahrnehmung von Belastungen und Ressourcen im Prozess der Gefährdungsbeurteilung Stereotype und Bilder von Männern und Frauen sind in den Organisationen zu reflektieren und zu berücksichtigen, wenn alle Belastungen und Ressourcen erfasst werden sollen. Qualität über Genderaspekte, Verringerung der blinden Flecken 2014 Sujet 9
Zunahme der psychischen Belastungen?..auch die meisten körperlichen Erkrankungen werden durch psychische Faktoren wie ungünstige Arbeitsbedingungen wesentlich beeinflusst werden können. Ein Bandscheibenvorfall oder ein Herzinfarkt sind eben nicht nur technische Defekte an der Maschine Mensch, sondern in vielen Fällen mit verursacht durch Stress und Druck bei der Arbeit. Psychische Belastungen machen krank und nicht nur die Seele! 2014 Sujet 10
Stressreport 2012 43 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland sind überzeugt, dass die Belastungen im Job (Arbeitsstress ) in den vergangenen zwei Jahren zugenommen haben knapp 60 Prozent der Befragten belastet es, verschiedene Aufgaben gleichzeitig betreuen zu müssen (Multitasking - das gleichzeitig "Sich-Kümmern-Müssen" um mehrere Aufgaben) jeder zweite Befragte (52 Prozent) arbeitet unter starkem Termin- und Leistungsdruck fast jeder Zweite (44 Prozent) wird bei der Arbeit ständig durch Störungen wie Telefonate und E-Mails unterbrochen 2014 Sujet 11
Bewertung von Faktoren nach Geschlechterrolle Wichtig für Männer Entwicklungsmöglichkeiten Anerkennung Verantwortung Wichtig für Frauen Sozialklima Unterstützung Vereinbarkeit Unwichtig für Männer Sozialklima Unterstützung Vereinbarkeit Unwichtig für Frauen Entwicklungsmöglichkeiten Anerkennung Verantwortung Grundsätzlich sind die Bedingungen in den Bereichen schlechter, die als weniger wichtig angesehen werden das wird aber nur z.t.so wahrgenommen. 2014 Sujet 12
Vortrag von Jörg Bewersdorf zu den Erfahrungen im Finanzamt 2014 Sujet 13
Praxis in den Organisationen und Betrieben 1. Psychische Belastungen haben an Bedeutung zugenommen, aufgrund des Wandels der Arbeitswelt und der medialen und politischen Aufmerksamkeit für das Thema. 2. Es sind immer noch wenige Organisationen, die die psychosozialen Faktoren erfassen und bearbeiten, aber mehr beschäftigten sich mit dem Thema häufig unter dem Begriff des Gesundheitsmanagements. 2014 Sujet 14
Praxis in den Organisationen und Betrieben II Hohe Aufmerksamkeit und teilweise Enttabuisierung. Weitere Informationen und Bildungsarbeit zum Thema sind erforderlich. Es fehlt an Wissen und Kompetenzen in vielen Bereichen bei den betrieblichen Akteuren und wenige externe Berater_innen haben Erfahrungen in arbeitnehmerorienierter Beratung in diesem Thema 2014 Sujet 15
Praxis in den Organisationen und Betrieben III 1. Gegenwärtig muss nicht mehr das Ob verhandelt werden, sondern das Wie 2. In vielen Prozessen steht das Individuum und das Verhalten im Fokus. 3. Nicht das Verhalten ist zu optimieren- nicht der Gesundheitszustand und verhalten sondern die Arbeitsbedingungen. 4. Zusätzlich sind persönliche Reflexionsprozesse erforderlich aufgrund zunehmender Subjektivierung aber Vorsicht Selbstoptimierung als Belastungsfaktor der modernen Arbeitswelt! 2014 Sujet 16
Fehlende Kompetenzen Nicht nur die Interessenvertretungen auch die Arbeitgeber verfügen häufig nicht über die erforderlichen Kompetenzen Wer unterstützt beim Thema psychische Belastungen in den Betrieben? Expert_innen nach DGUV Vorschrift 2 (Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzt_innen) Andere Akteur_innen aus dem Betrieblichen Gesundheitsmanagement Seltener Personen mit Organisationsentwicklungs-Kompetenzen Dieser Mangel wird nicht so wahrgenommen Viele sehen sich als Expert_innen Rolle der betrieblichen Akteur_innen ist nicht klar genug, um Expert_innen richtig einzusetzen 2014 Sujet 17
Fehlendes Grundverständnis (Psychische) Belastungen Betriebliche Praxis, Entscheidungen, Maßnahmen, Strukturen, Kulturen und Werte Wirkung Arbeitsbedingungen, Belastungen, Ressourcen, Gesundheit und Krankheit Michael Gümbel Analyse Maßnahmen Gefährdungsbeurteilung Beratungsstelle Arbeit & Gesundheit, Hamburg BR/PR/MAV muss hier in der Regel: Initiativ werden Unterstützung holen Konzepte entwickeln Prozesse steuern! 2014 Sujet 18
Anforderungen an Akteursgruppen im Prozess der Gefährdungsbeurteilung Personalrat Dienststelle Personalabteilung Mitarbeitende Führungskräfte Prozess der Gefährdungsbeurteilung Fachkraft für Arbeitssicherheit Betriebsarzt/ -ärztin Gleichstellungsbeauftragte 2014 Sujet 19
Anforderungen an die obere Führung/ Dienststellenleitung Akzeptanz und Anerkennung, dass es psychische Belastungen im Arbeitsalltag gibt und Handlungsbedarf in den Behörden besteht. Interesse am Wohlbefinden und der Gesundheit der Mitarbeitenden (und Führungskräfte). Strukturen im Arbeits- und Gesundheitsschutz schaffen, Ressourcen bereitstellen, Rahmenbedingungen für die Reduzierung von Belastungen und Stärkung von Ressourcen schaffen. 2014 Sujet 20
Führung- Dienststellen/ Behördenleitung II Einbringen.. Das heißt sich mit dem Thema beschäftigen, auch mit den eigenen Belastungen. Vorbild sein. heißt auch, die eigenen Bedenken und Sorgen zu im Prozess zu berücksichtigen. Umgang mit kritischen Rückmeldungen zu Führungsverhalten entwickeln, sowie mit der Sorge, dass die Menschen sich noch belasteter fühlen, wenn sie sich mit dem Thema bewusst beschäftigen. 2014 Sujet 21
Anforderungen an betriebliche Interessensvertretungen Initiator_innen und Motoren im Thema Kernaufgabe: verbesserte Arbeitsbedingungen trotzdem nicht immer hoch auf der Agenda Mitbestimmung! Das Gremium sollte sich mit dem Thema auseinandersetzen und Kompetenzen aufbauen, eigene Ziele für den Prozess und zur eigenen Rolle festlegen Alleingänge im Prozess vermeiden, wie zum Beispiel Ergebnisse zu früh zu veröffentlichen oder betriebsöffentlich den Prozess kritisieren, kritisch begleiten im Dialog Sachverständige hilfreich 2014 Sujet 22
Anforderungen an die mittlere Führung doppelte Beteiligung im Prozess in einer schwierigen Sandwichposition zwischen allen Stühlen und haben wenig Unterstützung und kollegialen Austausch tragen Verantwortung für das Wohlbefinden der Mitarbeitenden in ihrem Bereich und haben die Aufgabe Belastungen zu reduzieren und Ressourcen aufzubauen müssen sich im Prozess häufig mit sehr kritischen Rückmeldungen auseinandersetzen oder werden für Dinge verantwortlich gemacht, die nicht in ihrem Handlungs- und Entscheidungsspielraum liegen => Brauchen Unterstützung/ Coaching und Begleitung 2014 Sujet 23
Anforderungen an die Personalverantwortlichen Kernthemen der Gefährdungsbeurteilung befinden sich häufig im Verantwortungsbereich der Personalabteilung z.b. die Organisation von Fort- und Weiterbildungen, Coaching, Führungskräfte- und Teamentwicklung wie auch die Unterstützung bei der Regelung von Konflikten. Fachliche Kompetenzen einbringen Prozesssteuerung. 2014 Sujet 24
Anforderungen an die Mitarbeitenden von Beginn an mit ins Boot nehmen Aktiv einbinden und beteiligen Sie sollten direkt befragt werden und an der Entwicklung von Lösungsansätzen beteiligt werden. 2014 Sujet 25
Anforderungen an gewerkschaftliche Akteure kritische Begleitung und Empfehlungen an die betriebliche Interessensvertretung Betonung der gesellschaftlichen Dimension des Themas, die Darstellung des Wandels der Arbeit und um die Zielsetzung der Entstressung der Arbeitswelt Kampagne Gute Arbeit!!! Eigene Belastungen??? 2014 Sujet 26
Handlungsspielräume über Hinterfragen der Geschlechterbilder vor allem Ressourcen stärken steht im Fokus. Das heißt Handlungsspielräume für Frauen und Männer zu erweitern. Handlungsspielräume können aus unserer Sicht nur durch das Hinterfragen der Geschlechterrollen erweitert werden. Beispielweise die Möglichkeit für Führungskräfte ihre Unsicherheit zu zeigen und nicht als Makel anzusehen. Oder die Möglichkeit sich als Verkäuferin einer Kundin oder Kollegin gegenüber abgrenzen zu können ohne sanktioniert zu werden etc. 2014 Sujet 27
Ergebnis: Gender in der Gefährdungsbeurteilung Vorab: Strukturen schaffen Stereotype reflektieren/ Genderkompetenz Information und Beteiligung evaluieren Ziele formulieren: Geschlechtergerechtigkeit Gefährdungsbeurteilung: Grobanalyse Feinanalyse z.b. durch: Befragungen Interviews Zirkel/ Workshops Beteiligung, Geschlechtersensibles Vorgehen umsetzen Maßnahmen entwickeln Geschlechtergerechte Maßnahmen, die alle erreichen Stereotype vermeiden Geschlechterverhältnisse verändern 2014 Sujet 28