Handwerk 4.0: - Ansatzpunkte für ein Management der Herausforderungen. Arbeitnehmer-Vizepräsidententagung in Lübeck

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Transkript:

Handwerk 4.0: - Ansatzpunkte für ein Management der Herausforderungen Arbeitnehmer-Vizepräsidententagung 7.10.2016 in Lübeck Prof. Dr. Jürgen Bock, Hochschule Bochum Stufen der Industrialisierung Industrie 1.0 - Dampfmaschine Industrie 2.0 - Massenfertigung Industrie 3.0 - Mikroelektronik Industrie 4.0 - Digitalisierung 1

Wohin geht die Reise? Revolution in der Mobilität: Autonomes Fahren, autonomes Training von Autos über das Netz durch Nutzung der Schwarmintelligenz Unterirdische Überschallzüge (Hyperloop) Private Mondflüge Revolution im Bankensektor durch FinTechs, Start-ups die Teile des traditionellen Bankengeschäfts übernehmen Künstliche Intelligenz und zunehmender Einsatz von Roboter Sensoreinsatz bei Containern (Standort und Zustand der Ladung, Sensoreinsatz auf dem Feld (Reifegrad der Ernte, Feuchtigkeit des Bodens) Möglichkeiten der Interaktion mit den Kunden durch neue audiovisuelle Medien Konsequenzen der Digitalisierung Für das Handwerk aber auch für die Hochschulen bedeutet diese mit einer enormen Geschwindigkeit verlaufende Digitalisierung eine umfassende Transformation. Denn das ist das Neue die unglaubliche Schnelligkeit mit dem dieser Transformationsprozess abläuft. Dahinter verbirgt sich das sog. Mooresche Gesetz. Gordon Moore war der Mitbegründer von Intel und er prognostizierte, dass sich die Anzahl der Transistoren auf integrierten Schaltungen jährlich verdoppeln würden. Später korrigierte er sich und sprach dann von 2 Jahren. Im Ergebnis hat das ich verkürze das ein wenig - dazu geführt, dass sich die Leistungsfähigkeit von Rechnern rapide erhöht hat wir sehen das im täglich Gebrauch, wenn wir unsere Smartphones nutzen. Blick in die Vergangenheit: Es ist ein Blick ins Museum!!! 2

Konsequenzen der Digitalisierung So wie sich die Berufsbilder seit der Industrie 1.0. bis 3.0 im Zeitablauf verändert haben so wird auch mit Industrie/Handwerk 4.0 wesentliche Veränderungen in den Anforderungen für die IngenieurInnen und Fachkräfte ergeben, wenn auch noch nicht ganz klar ist, was das im Detail bedeutet. Berufsbilder werden durch Vernetzung und durch die Entwicklung des Internets der Dinge geprägt sein. Die Vernetzung von digitaler und analoger Welt ist einer der größten Megatrends. Schon heute gibt es mehr als 6 Mrd. Dinge, die miteinander über das Internet kommunizieren. Bis 2020 so schätzt der Netzwerkausrüster Cisco soll diese Zahl auf 50 Mrd. ansteigen. Experten versprechen sich hieraus einen enormen Effizienzschub (vgl. Wirtschaftswoche 31, 29.7.2016, S.12). Mittlerweile haben Maschinen schon so viele Mobilfunkverträge wie Menschen. Konsequenzen für die Arbeitswelt Pessimistischer Ansatz Job-Verlust in Summe Negativbilanz Erusion/Polarisierung mittlere Tätigkeiten fallen weg Entgrenzte Kontrolle 50% der Jobs gehen verloren Ergebnis: lousy jobs Optimistischer Ansatz Kompensation durch neu Arbeitsplätz Aufwertung von Arbeit Entlastung von Routinetätigkeit Verbesserte Work-Life- Balance 490.000 Jobs gehen bis 2025 verloren 430.000 Jobs entstehen neu (vor allem höher qualifiziert. (Quelle IAB) Ergebnis: better jobs 3

Handwerk 4.0: Eine Gestaltungsaufgabe! Handwerk 4.0 ist nicht nur eine Herausforderung die technisch zu gestalten ist, denn: Betriebe sind sozio-technische System, die in ein politisches, wirtschaftliches, soziales und technologische Umfeld eingebunden sind: 1. Mensch 2. Technologie 3. Organisation Gestaltungsräume gibt es an den Schnittstellen!!! Schnittstelle: Mensch-Maschine* Automatisierung von 3D-Tätigkeiten: dirty, dangerous and demanding: Schaffung ergonomisch guter Arbeitsplätze Anpassung an die unterschiedlichen Voraussetzung der Mitarbeiter Lernen am Arbeitsplatz Datenschutz und Regelung von Kontrolle 4

Schnittstelle Mensch-Organisation: Optionen durch Informationen in Echtzeit Integration von Disposition und Ausführung Erweiterung von Handlungsspielräumen Ganzheitlicher Aufgabenzuschnitt Verlagerung von Entscheidungskompetenz Neue Formen des Lernens: learning on the job durch Onlinekurse Schnittstelle: Technologie und Organisation In Teilbereichen: Selbststeuerung durch automatisierte Kontrolle, Bestellvorgänge etc. Möglichkeiten der Dezentralisierung und der Reduzierung von Hierarchie Entwicklung und Implementation neuer Geschäftsmodelle Konsequenzen für die Aufbauorganisation 5

Wo steht das Handwerk bei der Digitalisierung?* Die Ergebnisse einer Sonderumfrage des Zentralverbandes des deutschen Handwerks in 2016 auf der Basis von 6000 Teilnehmern lauten wie folgt: - 16,4% setzten im Produktionsprozess computergestützte Maschinen ein - 15,0% sind Nutzer der Internetplattformen Facebook und Xing - 23,2% nutzen mobile Anwendungen für die Planung, Kalkulation und Beratung - 12,1% nutzen die elektronische Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen - 94,0% nutzen stationäre PC s, Notebooks, Smartphones, Tablets oder Server *Deutsches Handwerksblatt, Nr. 16, vom 25.8.2016 Handlungsfelder für ein Management der Herausforderungen** Handlungsfeld 1: Marktumfeld Handlungsfeld 2: Geschäftsmodelle Handlungsfeld 3: Unternehmensabläufe Handlungsfeld 4: Arbeitsorganisation Handlungsfeld 5: Informations- und Wissensvermittlung 6

Handlungsfeld 1: Marktumfeld 1. Kundennetzwerke: Nutzung von neuen Kommunikationskanälen, soziale Netzwerke, Bewertungsportale, emarketing mit dem Ziel von mehr Sichtbarkeit des Betriebes 2. Vertriebswege: Nutzung von Portalen, Vergabeplattformen, Online-Handel zur Erschließung neuer Märkte 3. Wettbewerber: Eintritt neuer, zum Teil branchenferner Konkurrenten durch Digitalisierung (Industrie, internationale Firmen (z.b. bei Maßschneidern) 4. Technologien: Chance und oder Risiko (Mundscanner, Ferndiagnose, Fernwartung, Building Information Modelling (BIM), Qivikon Initiative der Telekom im Bereich Smart Home) Handlungsfeld 2: Geschäftsmodelle 1. Technologiebasiert: Möglichkeiten zur Erweiterung des Angebotsspektrums durch Onlinedienstleistungen (Onlinekonfiguration, Onlinehandel, Onlineberatung/-Information 2. Kooperation: Bietergemeinschaften, Kooperation mit Industrie und Spezialisten, regionale Zusammenschlüsse, regionales Marketing 7

Handlungsfeld 3: Unternehmensabläufe 1. Rahmenbedingungen: IT-Sicherheit, Datenverlust, Datenkonsistenz, Diebstahl, Datenschutz, 2. Datenmanagement: Digitalisierung des Kundendatenmanagements, Reklamationsmanagement, Beschwerdemanagement, Digitalisierung von Verwaltung, Kassensystemen, Buchführung, interne Kommunikation Fehlende Schnittstellen zwischen Händlersoftware, Herstellersoftware, Branchensoftware, Vergabeplattformen 3. Technologien: Produktionstechnologien, wie 3-Druck, CAD Handlungsfeld 4: Arbeitsorganisation 1. Informationsmanagement: Herausforderungen durch Nutzung mobiler Endgeräte, neue digitale Kommunikationskanäle Filterkompetenz/sicheres Ankommen der Informationen 2. Arbeitsweise: Wandel des Arbeitsplatzes, -Umfeldes, neue Berufsbilder, neue Aufgaben durch digitale Prozesse, Mehraufwand für Systempflege, Entgrenzung Privat-/Arbeitsleben, virtuelle Teams in die Arbeitsorganisation integrieren 8

Handlungsfeld 5: Informations- und Wissensvermittlung 1. Betriebsunterstützung: Beratung der Betriebe bei der Ermittlung des Softwarebedarfes, Best-Practise-Beispiele; Verbesserung der Kundenkommunikation durch WEB-Baukästen, Mediatheken; Unterstützung bei der Nachwuchswerbung durch Webauftritt, Apps, Social Media 2. Schulungsangebot: Zusatzqualifikationen bzgl. Digitaler Produkte, elearning, Multiplikatorenschulung, Digitalisierung der Berufsbildungsinfrastruktur, Anpassung der Ausbildungsinhalte Handwerk 4.0.: Chancen nutzen Risiken reduzieren! Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! *Die 3 folgenden Folien basieren auf Überlegungen des FGW s, Düsseldorf **Die folgenden Ausführungen basieren auf einer Studie des HPI: Digitalisierung der Wertschöpfungs- und Marktprozesse Herausforderungen und Chancen für das Handwerk, veröffentlicht 9/2015 9