Gesundes Führen Der Einfluss der Führung im Arbeits- und Gesundheitsschutz Dr. Don DeVol Marie-Christin Perlich TÜV Thüringen 11. September 2015 TÜV Thüringen
Themenübersicht Die Ressource Personal Fehlzeiten eine Belastung für alle Ziele des Arbeits- & Gesundheitsschutzes Was hat Führung mit Gesundheit zu tun? Einschätzung von Führungsverhalten in der Praxis 2
Themenübersicht Die Ressource Personal Fehlzeiten eine Belastung für alle Ziele des Arbeits- & Gesundheitsschutzes Was hat Führung mit Gesundheit zu tun? Einschätzung von Führungsverhalten in der Praxis 3
Demografischer Wandel Darstellung des demografischen Wandels in Deutschland (1950-2060) Trend: Abnahme der absoluten Zahl an Einwohnern bei gleichzeitiger Zunahme des relativen Anteils alter Menschen Median-Alter liegt derzeit bei 45 Jahren, Schätzungen gehen für 2060 von 50 Jahren aus Folge: Zahl der erwerbstätigen Arbeitnehmer nimmt ab Abb. 1: Anzahl der 20- bis 64-Jährigen in Mio. Quelle: Statistisches Bundesamt. Neue Bevölkerungsvorausberechnung für Deutschland bis 2060, 2015. 4
Zunahme älterer Arbeitnehmer Folge: Zunahme älterer Beschäftigter in Deutschland Abb. 2: Anteil der erwerbstätigen 55- bis 64-Jährigen in Prozent zukünftig noch wichtiger, Arbeitnehmer langfristig an das Unternehmen zu binden und ihre Gesundheit zu fördern/erhalten Quelle: Hardege & Zimmermann. Zukünftige Arbeitswelten aus Unternehmenssicht. In: Badura et al. (Hrsg.). Fehlzeiten-Report 2014. 5
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Gesundheit ein Definitionsversuch Die Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen. (Quelle: WHO, 1948.) Gesundheit = gelungene Bewältigung innerer und äußerer Anforderungen Abb. 3: Zusammenhang von Gesundheit mit inneren und äußeren Anforderungen Quelle: nach: Hurrelmann & Franzkowiak. Gesundheit. In: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.). Leitbegriffe der Gesundheitsförderung und Prävention, 2011. 7
Erkrankungen Trends und Entwicklungen Abb. 4: Anteil der Erkrankungen an den Fehltagen 2013 in % ältere Arbeitnehmer seltener, aber länger krank seit 2002 Anstieg der Fehltage durch psychische Erkrankungen um 62,2 % Ø Dauer einer AU bei psychischer Erkrankung 25,2 Tage (mehr als das Doppelte der Ø Dauer einer AU) Kosten allein durch Produktionsausfälle: 59 Mrd. Euro Quellen: Prütz et al. Welche Krankheiten bestimmen die Zukunft? In: Badura et al. (Hrsg. ). Fehlzeiten-Report 2014. Meyer, Modde & Glushanok. Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2013. In: Badura et al. (Hrsg.). Fehlzeiten-Report 2014. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Volkswirtschaftliche Kosten durch Arbeitsunfähigkeit 2013. 8
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Ziele des Arbeits- und Gesundheitsschutzes Abb. 5: Arbeitsbewertungsmodell nach Hacker Quelle: nach: Jürgen, Blume, Schleicher & Szymanski. Arbeitsschutz durch Gefährdungsanalyse, 1997. 10
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Führungkräfte eine Beschreibung Führungskräfte sind für die Entwicklung von Unternehmen von besonderer Bedeutung, da ihr Verhalten das Verhalten vieler Mitarbeiter unmittelbar beeinflusst. Quelle: Büser & Gülpen. Führungskräfteentwicklung, 2003. 12
Führungsverhalten und Mitarbeitergesundheit Von den Mitarbeitern wahrgenommenes Führungsverhalten wirkt durch Gestaltung der Arbeitssituation und der Arbeitsbedingungen auf die Gesundheit der Beschäftigten: Ergebnis einer Mitarbeiterbefragung: häufig Defizite in der Kommunikation Lob und Rückmeldung von Mehrheit der Befragten nur selten bzw. nie wahrgenommen (62,4 % bzw. 54,5 %) Mitarbeitermeinung wird vom Vorgesetzten bei wichtigen Entscheidungen nicht beachtet (41,5 %) Quelle: Zok, Führungsverhalten und Auswirkungen auf die Gesundheit der Mitarbeiter. In: Badura, Ducki, Schröder, Klose & Macco (Hrsg.). Fehlzeiten-Report 2011. 13
Führungsverhalten und Mitarbeitergesundheit mangelhafte Arbeitsplanung durch die Führungskraft: Aufgabenbesprechungen (36,2 %) und Arbeitsplanungen (34,6 %) werden nur selten oder nie durchgeführt ausreichende und rechtzeitige Informationen des Vorgesetzten über anstehende Arbeiten fehlen (31,2 %) Vorgesetzte räumen zu wenig Zeit für Mitarbeiteranliegen (32,4 %) oder für die Behebung von Schwierigkeiten ein (31,5 %) gute Kommunikation als Grundlage gelungener Führung Quelle: Zok, Führungsverhalten und Auswirkungen auf die Gesundheit der Mitarbeiter. In: Badura et al. (Hrsg.). Fehlzeiten-Report 2011. 14
Führungsverhalten, Gesundheit & Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter *** Punkte Wenn Sie Ihre beste, je erreichte Arbeitsfähigkeit mit 10 Punkten bewerten: Wie viele Punkte würden Sie dann für Ihre derzeitige Arbeitsfähigkeit geben? ** Freundliche Zuwendung/respektvolles Führungsverhalten Abb. 6: Freundliche Zuwendung/respektvolles Führungsverhalten und derzeitige Arbeitsfähigkeit Quelle: nach: Prümper & Becker. Freundliches und respektvolles Führungsverhalten und die Arbeitsfähigkeit von Beschäftigten. In: Badura et al. (Hrsg.). Fehlzeiten-Report 2011, S. 41. 15
Führungsverhalten, Gesundheit & Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter Unter den Personen, die keine oder wenig freundliche Zuwendung und respektvolles Führungsverhalten erleben, ist der Anteil an Personen größer, die mehr ärztlich diagnostizierte, aber auch mehr selbst diagnostizierte Erkrankungen haben. sich durch Krankheiten stärker in ihrer Arbeit beeinträchtigt fühlen. häufiger krankheitsbedingt fehlen. sich weniger sicher hinsichtlich ihrer zukünftigen Arbeitsfähigkeit sind. von weniger psychischen Leistungsreserven berichten. Quelle: Prümper & Becker. Freundliches und respektvolles Führungsverhalten und die Arbeitsfähigkeit von Beschäftigten. In: Badura et al. (Hrsg.). Fehlzeiten-Report 2011. 16
Gestaltungsmöglichkeiten im Unternehmen Resilienzförderung Heute bezeichnet Resilienz die psychische Widerstandskraft von Individuen angesichts belastender Lebensereignisse oder Dauerstress. Die Handlungsempfehlungen zur Resilienzförderung setzen an drei Interventionsebenen an: Interventionen auf der Organisationsebene Resilienzförderung durch Führungshandeln Selbstaktivierung der Person Quelle: Gunkel, Böhm & Tannheimer. Resiliente Beschäftige. In: Badura et al. (Hrsg.). Fehlzeiten-Report 2014. 17
Schutzfaktoren der Resilienz Die vier wesentlichen Resilienzfaktoren: 1. Soziale Unterstützung 2. Selbstwirksamkeit 3. Kohärenzgefühl 4. Aktives Coping Quelle: Gunkel, Böhm & Tannheimer. Resiliente Beschäftige. In: Badura et al. (Hrsg.). Fehlzeiten-Report 2014. 18
Resilienzfaktor Soziale Unterstützung Tab. 1: Interventionen zur Förderung von Sozialer Unterstützung Person Unterstützung anbieten und geben Unterstützung holen und annehmen Fördern von und integrieren in die Gemeinschaft Führungskraft Vertrauensvorschuss und Wertschätzung der Mitarbeiter Rückendeckung, offenes Ohr und Lob Fairness üben und einfordern, Konflikte klären Organisation Analyse und Maßnahmen für ein konstruktives Betriebsklima Führungskräfte-Qualifizierung zu eigener Resilienz/Stressbewältigung sozialer Kompetenz/mitarbeiterorientierter Führung Burn-Out Prävention Mitarbeiter-Qualifizierung zu sozialer Kompetenz Teamentwicklung und Konfliktmanagement Lern- und Kritikkultur Quelle: nach: Gunkel, Böhm & Tannheimer. Resiliente Beschäftige. In: Badura et al. (Hrsg.). Fehlzeiten-Report 2014. 19
Resilienzfaktor Selbstwirksamkeit Tab. 2: Interventionen zur Förderung von Selbstwirksamkeit Person Vertrauen in die eigene Kompetenz ( Ich schaffe das ) Lust am Lernen aus Fehlern lernen Führungskraft Vertrauen in die Kompetenz der Mitarbeiter Einsatz der Mitarbeiter nach Fähigkeiten und Stärken (keine Über-/Unterforderung) Potenziale der Mitarbeiter fördern Organisation Erfolge feiern /würdigen Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten schaffen (lebenslanges Lernen) Potenzialentwicklung organisieren Quelle: nach: Gunkel, Böhm & Tannheimer. Resiliente Beschäftige. In: Badura et al. (Hrsg.). Fehlzeiten-Report 2014. 20
Resilienzfaktor Kohärenzgefühl Tab. 3: Interventionen zur Förderung von Kohärenzgefühl Person Eigenverantwortung übernehmen Holschuld bezüglich Information und Bedeutung Realitätssinn: Es ist wie es ist. Führungskraft klare Kommunikation Vermittlung von Sinn und Bedeutung der Arbeitsaufgaben, Arbeitsbedingungen und Ziele Re-Framing herausfordern das Gute am Schlechten herausarbeiten Organisation Bringschuld : aktive Information, Transparenz und Partizipation Werte-Orientierung durch formulierte und gelebte Leitlinien Arbeitgeber-Attraktivität Quelle: nach: Gunkel, Böhm & Tannheimer. Resiliente Beschäftige. In: Badura et al. (Hrsg.). Fehlzeiten-Report 2014. 21
Resilienzfaktor Aktives Coping Tab. 4: Interventionen zur Förderung von Aktivem Coping Person Achtsamkeit aktive Problemlösung aktiver Umgang mit (negativen) Emotionen Führungskraft Handlungsspielräume schaffen konsequente Aufgaben- und Rollenklärung Entscheidungen treffen Vorbild sein Organisation Dialogkultur Angebote zu Stressmanagement QM-/KV-Prozesse realisieren aktiver Arbeits- und Gesundheitsschutz, BGM realisieren Quelle: nach: Gunkel, Böhm & Tannheimer. Resiliente Beschäftige. In: Badura et al. (Hrsg.). Fehlzeiten-Report 2014. 22
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Erkennen von Handlungsbedarf Anzeichen hoher Belastung: Unternehmen sollten der Belastungssituation ihrer Beschäftigten mehr und kritische Aufmerksamkeit schenken, wenn folgende Sachverhalte zutreffen: erhöhte Fehlzeiten hohe Fluktuationen negative Arbeitsbeziehungen mangelhafte Arbeitsergebnisse 24
Drei Rollen der Führungskraft Führungskräfte verantwortlich für die eigene Gesundheit und die der ihnen unterstellten Mitarbeiter dabei haben sie 3 Rollen inne: Sicherheitsmanager: Sicherstellung, dass gesetzliche Standards eingehalten werden Ressourcenmanager: Gestaltung der Arbeit zur Verbesserung der Mitarbeitergesundheit, z. B. durch Mitarbeiterqualifikation oder Gewähren von Handlungsspielräumen Vorbild: persönliches Vorbild, welches das Erleben und Verhalten ihrer Mitarbeiter beeinflusst Quelle: Franke & Felfe, Diagnose gesundheitsförderlicher Führung. In: Badura et al. (Hrsg.). Fehlzeiten-Report 2011. 25
Vorbildwirkung von Führungskräften Mitarbeiter berichten weniger psychische Beanspruchung und weniger Beschwerden, wenn sie ihren Vorgesetzten als gesundheitsbewusst wahrnehmen (Vorbild) gesundheitsbezogene Vorbildwirkung ihrer Führungskraft: Anteil der Mitarbeiter mit hoher Irritation/starken psychosomatischen Beschwerden Abb. 7: Zusammenhang zwischen Vorbildwirkung der Führungskraft und Gesundheit der Mitarbeiter Quelle: nach: Franke & Felfe. Diagnose gesundheitsförderlicher Führung. In: Badura et al. (Hrsg.). Fehlzeiten-Report 2011, S. 10. 26
Beispiele für Erhebungsinstrumente zum Führungsverhalten Checkliste 1: gesundheitsabträgliches Führungsverhalten (Auszug) Abb. 8: Mitarbeiterfragebogen zu gesundheitsabträglichem Führungsverhalten (Auszug) Quelle: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Mit Verständnis und Verstand, 2012, S. 19. 27
Beispiele für Erhebungsinstrumente zum Führungsverhalten Checkliste 2: gesundheitsförderliches Führungsverhalten (Auszug) Abb. 9: Mitarbeiterfragebogen zu gesundheitsförderlichem Führungsverhalten (Auszug) Quelle: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Mit Verständnis und Verstand, 2012, S. 20. 28
Schlussfolgerungen Ressource Personal wird aus Unternehmenssicht immer wichtiger Reduktion der Fehlzeiten ist eine wichtige Option gesundheits- und persönlichkeitsförderliche Arbeitsbedingungen sind wichtige Bausteine Führungskräfte sind Schlüsselfiguren für die Erhaltung der Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten Resilienzförderung als wichtige Methode Erhebungsinstrumente für die Praxis sind vorhanden 29
Vielen Dank! Erfurt September 2015 Dr. Don DeVol Marie-Christin Perlich 11. September 2015 TÜV Thüringen