Fachhochschule Gelsenkirchen, Abteilung Bocholt

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Transkript:

Bocholt Fachhochschule Gelsenkirchen, Abteilung Bocholt Lehren aus der Finanzkrise Vom Banker zum Bankier Betreuender Hochschullehrer: Prof. Dr. Harald G. Kundoch Studentische Teammitglieder: Volker Diestegge Christopher Ernsten Patrick Kleintjes Martin Walkus

Postbank Finance Award 2009 Thema: Vom Banker zum Bankier Lehren aus der Finanzkrise

Inhaltsverzeichnis I Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis... I Abbildungsverzeichnis...III Abkürzungsverzeichnis... IV 1 Einleitung... 1 2 Historie der Finanzkrise... 2 3 Bankenstruktur... 4 3.1 Deutschland... 5 3.1.1 Öffentlich-rechtliche Institute... 5 3.1.1.1 Sparkassen... 5 3.1.1.2 Landesbanken... 7 3.1.1.3 Spezialbanken... 8 3.1.2 Genossenschaftsbanken... 9 3.1.3 Privatbanken... 9 3.1.3.1 Großbanken... 9 3.1.3.2 Privatbankiers... 11 3.1.4 Europäische Zentralbank... 11 3.2 Vereinigte Staaten von Amerika... 12 3.2.1 Hypothekenbanken und -dienstleister... 13 3.2.2 Federal Reserve... 13 3.3 Markt für Credit Default Swaps... 14 3.4 Interbankenmarkt... 15 3.5 Neustrukturierung... 16 4 Wertschöpfung von Banken...17 5 Kontrolle der eigenen Wirtschaftlichkeit...18 6 Bankenaufsicht...19 6.1 Geschichtlicher Einblick in der BRD... 19 6.2 Die Gewährträgerhaftung... 20 6.3 Ebenen der Einlagensicherung... 20 6.4 Die Bankenaufsicht... 23 6.4.1 Bankenaufsicht in Deutschland... 23 6.4.2 Bankenaufsicht USA... 24 6.5 Vergleich: USA vs. Deutschland... 24 6.6 Notwendige Änderungen... 24

Inhaltsverzeichnis II 7 Die neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarungen...26 7.1 Warum einheitliche Eigenkapitalvereinbarungen?... 26 7.2 Basel I der Basler Akkord... 26 7.3 Basel II... 28 7.4 Die drei Säulen der Neuen Basler Eigenkapitalvereinbarung... 28 7.4.1 Säule 1: Mindestkapitalvorschriften... 28 7.4.1.1 Kreditrisiken im Rahmen der Säule 1... 29 7.4.1.2 Marktrisiko im Rahmen der Säule 1... 29 7.4.1.3 Operationelle Risiken im Rahmen der Säule 1... 29 7.4.2 Säule 2: Bankaufsichtlicher Überprüfungsprozess... 30 7.4.3 Umsetzung in der Bundesrepublik Deutschland... 30 7.4.4 Säule 3: Marktdisziplin Kontrolle durch den Markt... 31 7.4.5 Auswirkungen von Basel II... 31 7.4.6 Verbesserungen an Basel II... 32 8 Rating...32 8.1 Geschichte des Ratings... 32 8.2 Aufgaben von Ratingagenturen... 33 8.2.1 Kurzportrait einer Agentur: Moody's... 34 8.2.2 Internes und Externes Rating... 36 8.2.2.1 Internes Rating der Deutschen Bank... 37 8.2.2.2 Externes Rating von Standard & Poor's... 37 8.3 Kritik am Ratingsystem... 38 8.4 Reaktionen der Ratingagenturen auf Kritik... 40 8.5 Verbesserungen des Rating-Systems... 40 9 Anreizsysteme der Banken...41 9.1 Mitarbeitergratifikationen... 42 9.2 Dividendenauszahlungen... 44 10 Fazit...44 Literaturverzeichnis... i Bücher, Dissertationen und Zeitschriften... i Internetquellen... iii Anhang... A

Abbildungsverzeichnis III Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Wertschöpfungssystem... 18 Abbildung 2: Einlagensicherung... 21 Abbildung 3: Einlagensicherung in Deutschland und Frankreich... 22 Abbildung 4: Einlagensicherung der USA... 22 Abbildung 5: Eigenmittelansatz... 27 Abbildung 6: Die drei Säulen nach Basel II... 28 Abbildung 7: Rating-Symbole der Firmen Standard & Poor's und Moody's... 35 Abbildung 8: Das Rating der Deutschen Bank... 37 Abbildung 9: Rating-Kriterien von Standard & Poors... 38

Abkürzungsverzeichnis IV Abkürzungsverzeichnis ABCP Asset-backed Commercial Papers ABS Asset-backed Security Abs. Absatz AG Aktiengesellschaft BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BdB Bundesverbandes deutscher Banken BIA Basisindikatoransatz BRD Bundesrepublik Deutschland bzgl. bezüglich bzw. beziehungsweise ca. circa CDO Collateralized Debt Obligation CDS Credit Default Swaps CMBS Commercial Mortgage Backed Securities d. h. das heißt DZ Bank Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank AG ebd. Ebenda EEAG European Economic Advisory Group EG Europäische Gemeinschaft ESZB Europäischen System der Zentralbanken EU Europäische Union EZB Europäische Zentralbank FDIC Federal Deposit Insurance Corporation FED Federal Reserve / Federal Reserve System FDIC Ferderal Deposit Insurance Corporation FMA Österreichische Finanzmarktaufsicht FOMC Federal Openmarket Committee ggf. gegebenenfalls HSBC Hongkong and Shanghai Banking Corporation IKB Deutsche Industriebank IRB Internal Ratings Based Approach (interner Rating-Ansatz) IWF Internationaler Währungsfonds KAGG Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau

Abkürzungsverzeichnis V KGaA KMU KWG LB LiqV MaH MaIR MaK MaRisk MBS OECD RMBS S&P SEC SIV Soffin SolvV STA Vgl. VÖB z.b. Kommanditgesellschaft auf Aktien Kleine und mittlere Unternehmen Kreditwesengesetz Landesbank Liquiditätsverordnung Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften Mindestanforderungen an die Ausgestaltung der internen Revision Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft Mindestanforderung an das Risikomanagement Mortgage Backed Securities Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Residential Mortgage Backed Securities Standard and Poor's United States Securities and Exchange Commission Strukturierte Investment Vehikel Sonderfonds Finanzmarktstabilität Solvabilitätsverordnung Standardansatz Vergleiche Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands zum Beispiel

Vom Banker zum Bankier Lehren aus der Finanzkrise 1 1 Einleitung Horst Köhler, amtierender Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, der durch seine Tätigkeiten als ehemaliger Präsident des deutschen Sparkassen- und Giroverbandes sowie Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in London und Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) über fundiertes Wissen in den Finanzsystemen verfügt, ging im Bezug auf die Finanzkrise auf die geänderten Arbeitsweisen im Bankwesen ein. 1 Die Finanzbranche strebe nur noch nach einer Maximierung der Rendite und gehe nach dem Prinzip vor, aus nichts Gold machen zu wollen, beanstandete der Bundespräsident. Bereits vor drei Jahren sprach Horst Köhler vom Monster der Finanzmärkte, als er die mangelnde Transparenz in den Märkten und die daraus folgende Verästelung der Risiken andeutete. Dazu stellte er heraus, dass Risiken, solange man sie auch teilt und handelt, in der Summe bestehen bleiben. 2 Doch wie kann es gelingen, dass die Einstellung der im Finanzwesen beschäftigten Menschen eher wieder die Moral eines ehrbaren Kaufmanns aufweist? Oder, wie kann aus renditegierigen Bankern wieder verantwortungsbewusste und mit Weitsicht handelnde Bankiers werden? Wir wollen erklären warum die Ausmaße der Finanzkrise so dramatisch sind. Dazu gehen wir darauf ein, in wie weit die Renditeforderungen einzelner Banken überzogen sind und was exzessive Spekulationen und mangelnde Eigenverantwortlichkeit zur Finanzkrise beigetragen haben. Konnten die bestehenden finanzaufsichtlichen Einrichtungen, wie Basel II und Ratingagenturen, schlimmeres verhindern, oder sind sie für die weltweite Finanzkrise mitverantwortlich? Großer Kritik müssen sich zurzeit die umstrittenen Bonussysteme der Finanzinstitute aussetzen. Daher wollen wir ein innovatives Bonussystem vorstellen, anhand dessen es unseres Erachtens möglich sein sollte, Anreize für die Mitarbeiter zu schaffen und gleichzeitig nicht nur kurzfristige Gewinnmaximierung anzustreben. Sicherlich gibt es auch andere Bereiche der Realwirtschaft, die für die aktuelle Krisensituation mit verantwortlich sind. In der Arbeit allerdings wollen wir jedoch speziell den Bankensektor bearbeiten, da dieser aus volkswirtschaftlichen Gründen, wie auch Bundeskanzlerin Angela Merkel herausstellte, besonders systemrelevant ist. 1 Vgl. Lebenslauf von Bundespräsident Horst Köhler, auf http://www.bundespraesident.de/. 2 Vgl. Der Markt braucht auch Moral, auf http://www.bundespraesident.de/.

Vom Banker zum Bankier Lehren aus der Finanzkrise 2 2 Historie der Finanzkrise Wir wollen nun einen kurzen Überblick über die Geschehnisse der Finanzkrise machen, von ihrem Anfang, bis hin zum aktuellen Stand und müssen um zu verstehen wie diese Situation zustande kommen konnte bereits ein paar Jahre zurückgreifen. Hier ihr Verlauf: 11. September 2001: Durch die Anschläge in den USA und die damit verbundene Angst, wirtschaftliche Einbußen hinnehmen zu müssen, senkt die US-Notenbank (FED) die Zinsen. Zeitraum 2001 bis 2003: Die US-Wirtschaft stabilisiert sich wieder, allerdings steigen die Zinsen nicht wieder an, sie fallen sogar weiter von 6,5% auf nur noch 1%. Banken können nun billiger an Geld kommen und gewähren günstigere Kredite. Dies hat zur Folge, dass die US-Bürger mehr Kredite aufnehmen, um Immobilien zu erwerben. Durch die hohe Nachfrage an Immobilien, welche nicht nur durch die günstigen Kredite verursacht wurden, sondern auch durch die Vernachlässigung der Bonität der Kreditnehmer, entsteht ein regelrechter Boom im Immobiliengeschäft. Die Immobilienpreise steigen rasant. 2004: Es gibt erste Anzeichen, dass die künstliche Blase platzt. Die BaFin stellt fest, dass die Tochter der Landesbank SachsenLB in Dublin die Großkreditgrenze überschreitet, Buchwerte falsch ermittelt und Gesetze nicht einhält. 2006: Das Angebot an Immobilien ist nun auf ein solches Niveau gewachsen, dass es die Nachfrage deutlich übersteigt. Zusätzlich steigen die Zinsen wieder, was zur Folge hat, dass die zurückzuzahlenden Kredite teurer werden, insbesondere für diejenigen, die die Immobilien zu 100% durch Kredite finanzieren. Es zeichnen sich Verlustgeschäfte für Kunden und Banken ab. Anfang 2007: Um die Negativentwicklung zu stoppen, werden die Kredite in die ganze Welt verkauft (Verbriefung). Diese stellten auch wieder nur Blasen dar, da die Forderungen, die eine Bank dadurch erwirbt, nicht zurückgezahlt werden

Vom Banker zum Bankier Lehren aus der Finanzkrise 3 können. Der Handel mit den Krediten wird gepuscht, so dass diese Wertpapiere künstlich an Wert gewinnen. Juni 2007: August 2007: September 2007: Oktober 2007: Die Blase platzt. Zwei Hedgefonds von Bear Stearns fallen dramatisch. Es handelte sich hierbei um Immobilienfonds. Die IKB, SachsenLB, WestLB und BayernLB taumeln, da auch sie viel in den Immobilienmarkt investiert haben und nun die Preise noch schneller fallen als sie zuvor gestiegen sind. Es kommt zu ersten panischen Reaktionen. Kunden der britischen Bank Northern Rock lösen ihre Konten auf. Daraufhin garantiert die britische Regierung für die Einlagen. Trotzdem muss die Englische Notenbank der Bank Northern Rock einen Notkredit gewähren, was zur Folge hat, dass diese verstaatlicht wird. Erste Meldungen über Milliardenabschreibungen und hohe Verluste von Finanzhäusern werden veröffentlicht. Ende 2007: Citigroup und Merrill Lynch geben Milliardenabschreibungen bekannt. Februar 2008: März 2008: Um den laufenden Abwärtstrend zu stoppen, genehmigt der US-Kongress ein Konjunkturpaket in Höhe von 150 Milliarden Dollar. Das Investmenthaus Bear Stearns wird an JP Morgan Chase verkauft. 7. September 2008: Die US-Regierung übernimmt die Kontrolle über Fannie Mae und Freddie Mac, um Insolvenzen zu verhindern. 15. September 2008: Merrill Lynch wird an die Bank of America verkauft, der US-Leitzins fällt dramatisch und die Finanzkrise ist endgültig erreicht, weil Lehman Brothers nun Insolvenz anmelden muss. Die US-Regierung hat sich dagegen entschieden, Lehman Brothers zu retten. Dadurch das dies nicht geschieht, geht auch das restliche Vertrauen der Kunden verloren. Dieses ist im Bankwesen entscheidend,

Vom Banker zum Bankier Lehren aus der Finanzkrise 4 da Geld nicht mehr in Gold hinterlegt ist. Zusätzlich bedeutet dies eine Verschärfung der Situation der Banken, da sie sich gegenseitig noch weniger Kredite gewähren und auch Forderungsausfälle durch den Zusammenbruch von Lehman Brothers zu verzeichnen haben. 19. September 2008: Die US-Regierung kündigt ein Rettungspaket an. Außerdem verhängen die USA und Großbritannien ein Verbot für Leerverkäufe. Aktuell: Die Finanzkrise hat nun auch alle Wirtschaftsbereiche erreicht. Schreckensmeldungen, wie die von General Motors und andere Unternehmen, haben an Häufigkeit gewonnen. Rettungspakte und Konjunkturpläne wurden bereits veranlasst. Welche Wirkungen durch diese erzeugt werden und wann sich die Lage wieder entspannt, ist noch nicht abzusehen. 3 Bankenstruktur Die Finanzkrise hat die Bankenstruktur stark verändert. In Deutschland wurde die Dresdner Bank von der Commerzbank übernommen und die Deutsche Bank hat die Deutsche Postbank gekauft. Auch in den USA wurden durch die Übernahmen von Merrill Lynch durch die Bank of America und Bear Stearns durch JP Morgan Chase die Kräfteverhältnisse im Markt deutlich verändert. Außerdem wurden diverse Institute verstaatlicht, dabei sind die Verstaatlichungen der Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac besonders erwähnenswert, weil diese für die Krise mitverantwortlich gemacht wurden, weil sie, im Auftrag der amerikanischen Regierung, eigenkapitalschwachen Niedrigverdienern Kredite einräumten, um kurzfristig die Wirtschaft zu stimulieren. 3 Nachfolgend wird aufgezeigt, welche Bankformen überhaupt am Markt aktiv sind und wer welche Aufgaben hat. Dabei werden die Strukturen in Deutschland und den USA als Beispiele genommen, da diese Länder für uns am wichtigsten sind. Wir werden dabei Schwachstellen bei einzelnen Bankengruppen aufdecken, aber auch die Probleme im System. Dazu beleuchten wir den Interbankenmarkt und den Markt 3 Vgl. Straubhaar, Thomas: Markt oder Staat: Wer hat versagt?, in: Wirtschaftswoche Nr. 41 vom 06.10.2008, S. 36-38.

Vom Banker zum Bankier Lehren aus der Finanzkrise 5 für Credit Default Swaps, weil beide Märkte die erheblichen Schwierigkeiten, die durch die Krise entstanden sind, überwinden müssen. 3.1 Deutschland Die deutsche Bankenstruktur ist geprägt vom 3-Säulen-Modell. Dabei ist die Aufteilung des Marktes in die Gruppe der öffentlich-rechtlichen Institute, also der Sparkassen und Landesbanken, die Gruppe der Privatbanken, wozu die Großbanken und die Privatbankiers gehören, und die Gruppe der Genossenschaftsbanken, bestehend aus den Volks- und Raiffeisenbanken, gemeint. 4 Dazu kommen noch andere Marktteilnehmer, wie die europäische Zentralbank oder die Bundesbank. Nachfolgend werden die wichtigsten Marktteilnehmer vorgestellt und dargestellt, welche Institute von der Krise profitieren und welche die negativen Folgen am stärksten zu spüren bekommen haben. 3.1.1 Öffentlich-rechtliche Institute Zu den öffentlichen-rechtlichten Instituten gehören Sparkassen, Landesbanken/Girozentralen, öffentlich-rechtliche Grundkreditanstalten und Spezialbanken. Wir werden die Sparkassen, die Landesbanken und die Spezialbanken näher betrachten. Bis zum 18.07.2005 hatten diese Institute den Wettbewerbsvorteil der Gewährträgerhaftung für öffentlich-rechtliche Kreditinstitute. Diese besagte, dass Gläubiger einen Anspruch auf Erfüllung ihrer Forderungen durch den jeweiligen Anstaltsträger hatten, falls die Forderungen nicht befriedigt wurden. Nach dem Wegfall haben sie höhere Refinanzierungskosten, wodurch sie aber die gleiche Behandlung erhalten, wie die anderen Marktteilnehmer. 5 3.1.1.1 Sparkassen Es gibt in Deutschland 438 Sparkassen mit ca. 16.000 Geschäftsstellen und ca. 254.000 Mitarbeitern. Dadurch stellen sie eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Bankprodukten sicher. Träger der Sparkassen sind die entsprechenden Städte und Kreise. Der Wegfall der Gewährträgerhaftung hat die Sparkassen dabei kaum getroffen, weil die Kommunen trotzdem noch für sie einstehen. 6 Außerdem gelten sie weiterhin als besonders sicher, weil Einlagen bei ihnen mit ei- 4 Vgl. Die drei Säulen des deutschen Bankenmarkts, auf http://www.spiegel.de/. 5 Vgl. Körner, Andreas: Ende der Gemütlichkeit, auf http://www.focus.de/. 6 Vgl. Zäsur für die deutschen Landesbanken und Sparkassen: Der Wegfall der Garantien und die Folgen, auf http://www.handelsblatt.com/.

Vom Banker zum Bankier Lehren aus der Finanzkrise 6 ner Einlagensicherung in unbegrenzter Höhe abgesichert sind. 7 Dadurch haben Sie vor allem kurz nach der Pleite der US-Bank Lehmann Brothers starke Zuläufe verzeichnet, da zu diesem Zeitpunkt die Sicherheit bei vielen Anlegern Priorität hatte. 8 Durch die Aussagen von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass alle Spareinlagen sicher sind, was einen massenhaften Abzug von Geldern bei weniger besicherten Banken verhindern sollte, wurden viele Gelder aber wieder von den Sparkassen abgezogen und bei Instituten angelegt, die höhere Zinsen boten. 9 Das Geschäftsmodell der Sparkassen ist eher lokal angesiedelt. Sie finanzieren hauptsächlich kleinere Kredite für Handwerker (Marktanteil ca. 69%) und Unternehmen (Marktanteil ca. 43%). 10 Bei Wohnungsbaukrediten an Unternehmen und Selbstständige halten sie 25,4% Marktanteil und bei Wohnungsbaukrediten an Privatpersonen halten sie einen Anteil von 28,6% und sind damit in beiden Bereichen Marktführer. Bei den Spareinlagen haben sie sogar einen Marktanteil von 49,9%, wobei ihre Bilanzsumme nur einen Marktanteil von 13,7% hat. 11 Das bildet die Grundlage für ihre Stabilität. Allerdings sind Direktbanken mit günstigen Konditionen bei den Spareinlagen zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz geworden, weil der Anteil der reinen Direktkunden in Zukunft weiter steigen wird, von 5% im Jahr 2005 auf geschätzte 25% im Jahr 2020. 12 Die Sparkassen gehen aber nicht mit weißer Weste aus der Finanzkrise. Zum einen haften sie über den Haftungsverbund für die Verluste der Landesbanken und zum anderen können sich auch die Sparkassen nicht freisprechen, Fehler vor der Finanzkrise begangen zu haben, die zum Nachteil für die dortigen Anleger wurde. Als Beispiel ist die Frankfurter Sparkasse zu nennen, die vielen Anlegern Zertifikate von Lehmann Brothers verkauft hat und sogar im Jahr 2009 immer noch komplizierte Hochzinsprodukte angeboten hat, z.b. eine Credit Linked Note auf Daimler AG der Commerzbank AG mit 6% Verzinsung nach 14 Monaten, wenn bei der Daimler AG kein Kreditereignis eintritt. Was ein Kreditereignis ist, können dabei weder die potenziellen Kunden, noch die Kundenberater der Sparkasse ausreichend erklären. Dass dadurch beim Anleger potenzielle Verluste entstehen können, wenn entweder 7 Vgl. Haftungsverbund: Das Sicherungssystem der Sparkassen-Finanzgruppe, auf http://www.dsgv.de/. 8 Vgl. Sparkassen als große Gewinner, auf http://www.focus.de/. 9 Vgl. Köhler, Peter / Osman, Yasmin: Nur ein Zwischenhoch bei Sparkassen, auf http://www.handelsblatt.com/. 10 Geschäftsmodelle der Banken, auf http://www.n-tv.de/. 11 Marktanteile der Bankengruppen, auf http://www.bankenverband.de/. 12 Schmidt, Werner: Bedeutung der Finanzindustrie für Wirtschaft und Private Zur Zukunft der Bankenstruktur in Deutschland, S. 31, auf http://www.kmf.bwl.uni-muenchen.de/.

Vom Banker zum Bankier Lehren aus der Finanzkrise 7 Daimler sein Darlehen nicht mehr bedienen kann, oder die Commerzbank in Zahlungsschwierigkeiten gerät, wird wohl nur auf explizite Nachfrage erwähnt. 13 Dennoch sind die Sparkassen ein Profiteur der Finanzkrise, da ihre solide Basis ihnen gerade in solchen Zeiten neue Kunden beschert und Kunden mit Wechselabsichten Argumente im Bereich der Sicherheit geboten werden können. 3.1.1.2 Landesbanken Bei den Landesbanken hat sich seit Ausbruch der Krise einiges verändert. Im Jahr 2005 gab es noch 8 Landesbankkonzerne. Diese Zahl hat sich durch die Übernahme der SachsenLB durch die Landesbank Baden-Württemberg, zu der schon die Landesbank Rheinland-Pfalz gehört, um eins vermindert und beträgt nun sieben. Dabei sind auch viele andere Landesbanken durch die Finanzkrise in Bedrängnis geraten. Jüngst hat die HSH Nordbank, die Landesbank für Hamburg und Schleswig-Holstein, von den Ländern drei Milliarden Euro als Finanzspritze erhalten. Hinzu kommt eine Garantie über 10 Milliarden Euro. 14 Auch andere Landesbanken wie die WestLB und die BayernLB haben Hilfen in Form des Rettungspakets des Bundes genutzt. 15 Nun stellt sich natürlich die Frage, wie Landesbanken, deren Eigentümer hauptsächlich das jeweilige Land und die Sparkassenverbände sind, derart risikoreiche Geschäfte eingehen konnten, dass Verluste in Milliardenhöhe abgeschrieben werden mussten. Ein Grund dafür ist der Wegfall der Gewährträgerhaftung. Ohne diese ist es für die Landesbanken nicht mehr möglich, Geld zu sehr niedrigen Zinssätzen aufzunehmen, da sie in der Bonitätsbewertung der großen Ratingagenturen stark gefallen sind. Vorher wurden alle Landesbanken z.b. bei der Ratingagentur Fitch mit AAA bewertet, was dem Rating der Bundesländer entsprach. Durch den Wegfall der Staatsgarantie ist das Rating je nach Landesbank auf A+ bis BBB+ gefallen, wobei die meisten Landesbanken mit A bewertet werden. 16 Aber auf das schlechtere Rating konnte man sich einstellen, weil es schon 2001 bekannt war, dass die Gewährträgerhaftung im Jahr 2005 wegfällt. Das Problem dabei war, dass in der Übergangsfrist bis zum 18 Juli 2005 Anleihen noch mit Staatsgarantien vergeben werden durften, dessen Laufzeit bis in das Jahr 2015 reichte. Das nutzten die Landesbanken und häuften so mehr als 300 Mrd. Schulden am Kapitalmarkt an, wofür die Bundesländer und somit indirekt der Steuerzahler bürgt. Dieses Geld konnte aber 13 Vgl. Keine Lehren aus der Finanzkrise, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 05.02.2009. 14 Vgl. Länder stützen HSH Nordbank mit Milliarden auf http://www.spiegel.de/. 15 Vgl. Danisch, Volker: Bank will Garantie für Fremdmittel in Anspruch nehmen: Auch WestLB nutzt Rettungspaket, auf http://www.wdr.de/. 16 Wettbewerbsgleichheit verankern, S. 77, auf http://www.bankenbericht.de/.

Vom Banker zum Bankier Lehren aus der Finanzkrise 8 kaum sinnvoll verwendet werden, weil die Nachfrage auf dem lokalen Kreditmarkt beschränkt blieb. Deshalb steckten die Landesbanken die verfügbaren Gelder in so genannte Kreditersatzgeschäfte. Darunter sind viele Papiere, die den Banken nun Verluste in Milliardenhöhe bereiten und die Länder, der Bund und die Sparkassen müssen mit Hilfen einspringen. Zum Glück kann die Gewährträgerhaftung nur einmal wegfallen und dieses Problem kann in Zukunft deshalb nicht mehr auftreten, weil eine Rückkehr zur Gewährträgerhaftung nicht mehr möglich ist, da diese durch EU-Recht verboten wurde. 17 Grundsätzlich steht das System der Landesbanken zur Disposition. Es gibt unterschiedliche Ansichten von Sparkassen, den Ländern und anderen Beteiligten, wie Landesbanken auszusehen haben, damit sie wettbewerbsfähig sind. Die meisten Ansätze schlagen eine weitere Zusammenlegung der Banken vor, bis hin zur Schaffung einer einzigen Landesbank. Dagegen wehren sich aber die Länder, die die Arbeitsplätze in ihrem Bundesland halten wollen. Auf Dauer wird sich bei den Landesbanken auf jeden Fall einiges ändern, weil sie mit am stärksten durch die Finanzkrise betroffen sind. Dennoch werden wir hier keinen Lösungsansatz in diesem Bereich liefern, sondern einen allgemeinen Lösungsansatz für alle Banken, weil Landesbanken sich den gleichen Herausforderungen stellen müssen, wie ihre Wettbewerber in den Geschäftsbanken. Bei den Landesbanken ziehen wir aber schon eine Lehre aus der Finanzkrise. Bei Wegfall von Instrumenten, wie der Gewährträgerhaftung, muss die Bank in der Übergangsfrist einer besonderen Aufsicht unterliegen. Man könnte zum Beispiel die Menge an Schulden auf den Stand vor Wegfall der Haftung begrenzen, um unnötige Schulden und damit nahezu blindes Investieren in risikoreiche Produkte zu vermeiden. 3.1.1.3 Spezialbanken Die Spezialbanken Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und Deutsche Industriebank (IKB) sind in der Finanzkrise besonders aufgefallen. Die KfW hauptsächlich durch die Überweisung von 300 Millionen an Lehmann Brothers am Tag der Insolvenz und den Abschreibungen durch die Beteilung an der IKB. Die IKB durch ihre Nachrichten über Abschreibungen und schließlich die Übernahme durch die Investmentgesellschaft Lone Star aus Dallas, die die Anteile von der KfW übernahm. Dadurch ist die IKB auch nicht mehr bei den öffentlich-rechtlichen Banken, sondern bei den Privatbanken einzuordnen. 17 Vgl. Mußler, Hanno: Das faule System Landesbanken, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 25.02.2009.

Vom Banker zum Bankier Lehren aus der Finanzkrise 9 3.1.2 Genossenschaftsbanken Genossenschaftsbanken sind am ehesten mit den Sparkassen zu vergleichen. Mit 1.232 Instituten und ca. 14.000 Bankstellen haben sie ein ähnlich dichtes Filialnetz. Zu den Genossenschaftsbanken zählen die Volksbanken, die Raiffeisenbanken und diverse Banken mit Spezialaufgaben, wie die Union Investment Gruppe im Bereich Asset Management oder die TeamBank AG, die das Produkt easycredit anbietet. Das Spitzeninstitut der Genossenschaftsbanken ist die Deutsche Zentral- Genossenschaftsbank AG (kurz: DZ Bank). Die Genossenschaftsbanken haben in der Finanzkrise einen ähnlichen Verlauf erlebt, wie die Sparkassen. Kurz nach der Insolvenz von Lehmann Brothers hatten sie einen Zustrom von Kundeneinlagen. Dieser verringerte sich aber wiederum, weil andere Institute bessere Konditionen bieten und trotzdem durch die Aussage von Fr. Merkel als sicher einzustufen sind. 18 Das Geschäftsmodell der Genossenschaftsbanken hat unter der Krise zumindest nicht nennenswert gelitten. Nur das Spitzeninstitut, die DZ Bank, ist durch die Nachricht, dass im Jahr 2008 eine Milliarde Euro Verlust entstanden sind, kurzfristig in die Schlagzeilen gekommen. Dennoch ist dieser Betrag im Verhältnis zu den anderen Banken sehr gering und deshalb ist im Bereich der Genossenschaftsbanken kaum Handlungsnotwendigkeit gegeben. 3.1.3 Privatbanken Privatbanken sind der Oberbegriff für Privatbankiers, also Banken mit persönlich haftenden Gesellschaftern, und Großbanken, bei denen die Anteilseigner, aufgrund der Rechtsform der Kapitalgesellschaft, nicht persönlich haften. Hinzu kommen Regionalbanken, Institute mit Sonderaufgaben und Auslandsbanken. Im Folgenden werden die Großbanken und die Privatbankiers näher betrachtet. 3.1.3.1 Großbanken Bei den Großbanken hat sich in Deutschland in letzter Zeit viel verändert. Wie bereits erwähnt, hat die Deutsche Bank die Deutsche Postbank übernommen und die Commerzbank hat von der Allianz die Dresdner Bank abgekauft. Damit sind im Endeffekt nur noch zwei eigenständige Institute übrig, nämlich die Commerzbank und die Deutsche Bank. Die HypoVereinsbank kann nicht mehr als eigenständig gesehen werden, weil sie schon im Jahr 2005 von UniCredit übernommen wurde. 18 Vgl. Köhler, Peter/Osman, Yasmin: Nur ein Zwischenhoch bei Sparkassen, auf http://www.handelsblatt.com/.

Vom Banker zum Bankier Lehren aus der Finanzkrise 10 Die Großbanken haben massiv unter den Folgen der Finanzmarktkrise gelitten. Ihre Aktienkurse sind massiv gefallen, was auf hohe Abschreibungen und dadurch massive Verluste zurückzuführen ist. Die Commerzbank wurde teilverstaatlicht und auch die Deutsche Bank hat indirekt über die Beteiligung der Deutschen Post den Staat als Anteilseigner. Daran ist zu erkennen, dass diese Institute sich über den Kapitalmarkt nicht mehr refinanzieren können und Aufgrund von Abschreibungen ihr Eigenkapital aufgezehrt haben. Die geringen Kernkapitalquoten, also das Eigenkapital geteilt durch die Summe der Risikoaktiva des Kreditinstituts, haben dazu beigetragen, dass die deutschen Großbanken in Schieflage geraten sind. Die Deutsche Bank hatte zum Beispiel am Ende des ersten Halbjahres 2008 mit 32 Mrd. Eigenkapital eine Bilanzsumme von 2 Billionen. Die Kernkapitalquote betrug 9,3%. 19 Bei der Postbank betrug sie zum gleichen Zeitpunkt sogar nur 6,3% und sank bis Ende September noch auf 5,5%. 20 Einen internationalen Vergleich im Bereich der Kernkapitalquote zu ziehen fällt schwer, weil jede Bank andere Maßstäbe für die Risikoaktiva einsetzt. 21 Die Großbanken haben auf die Probleme im Zusammenhang mit der Finanzkrise insoweit reagiert, dass sie verstärkt ins Filialnetz investieren. Die Commerzbank hat zum Beispiel in Hamburg zehn neue Filialen eröffnet, bis diese allerdings Gewinne abwerfen, wird es mindestens noch vier Jahre dauern. Auch im Bereich der Direktbanken sind die Großbanken aktiv. Die Deutsche Bank hat zum Beispiel die Norisbank und die Dresdner Bank die Dresdner Direct 24 in diesem Bereich platziert. 22 Durch diese höhere Differenzierung versuchen sie sicheres Kapital zu erhalten und somit ihre Risiken zu minimieren. Fraglich ist, ob sie in diesen Bereichen Erfolg haben werden, weil die Etablierten hier Größenvorteile haben und die Großbanken den Markt in diesen Bereichen erst noch erforschen müssen. Fakt ist, dass das Ziel vom Vorstandsvorsitzenden der Deutsche Bank, Josef Ackermann, 25% Eigenkapitalrendite vor Steuern zu erreichen, wie er es Anfang des Jahres 2005 gefordert hat, eher kontraproduktiv war. 23 Diese Rendite konnte zwar kurzfristig fast erreicht werden, mit 21,7% im Jahr 2005, und stieg sogar auf 26,4% im Jahr 2006, 24 allerdings nur durch Investments, die sich jetzt als sehr verlustreich erweisen. Darum sollte dem kurzfristigen Denken nicht mehr die Priorität 19 Vgl. Welp, Cornelius / Bergermann, Melanie: Fremdes Gehege, in Wirtschaftswoche Nr. 42 vom 13.10.2008, S. 40. 20 Vgl. Reiche, Lutz: Kernkapitalquoten sind viel zu niedrig, auf http://www.manager-magazin.de/. 21 Vgl. Rathmann, Christina: Der Streit um die Kernkapitalquote, auf http://nachrichten.finanztreff.de/. 22 Vgl. Welp, Cornelius / Bergermann, Melanie: Kleine Schritte, in: Wirtschaftswoche Nr. 35 vom 25.08.2008, S. 68. 23 Vgl. Brost, Marc/von Heusinger, Robert: Das magische Viertel, auf http://www.zeit.de/. 24 Geschäftsbericht 2006, auf http://geschaeftsbericht.deutsche-bank.de/.

Vom Banker zum Bankier Lehren aus der Finanzkrise 11 gegeben werden, auch wenn sich das positiv auf den Aktienkurs und die Kapitalbeschaffung auswirkt, sondern eher auf dauerhaft ertragreiche Investments gesetzt werden. 3.1.3.2 Privatbankiers Privatbankiers betreuen traditionell die vermögende Klientel. Sie zeichnen sich durch mindestens einen persönlich haftenden Gesellschafter aus, der damit für eventuelle Verluste gegenüber seinen Gläubigern auch mit seinem privaten Vermögen haftet. Das Bankhaus Metzler ist ein solches Unternehmen. Sie setzen dabei eher auf eine traditionelle Anlagestrategie, die klar und transparent ist. Dabei investieren sie nur in Aktien, Renten oder Bargeld und nicht in Zertifikate, Immobilienfondsanteile oder Private-Equity-Beteiligungen. Ihre Kunden wissen dabei jederzeit, welche Anlagen sie im Depot haben. Dabei bezahlen die Kunden für die Beratung und bekommen die Beratungskosten nicht indirekt über die Produkte zugeteilt. Dadurch haben die Mitarbeiter überhaupt kein Interesse, den Kunden schlecht zu beraten, weil sie davon, im Gegensatz zu anderen Banken, wo die Mitarbeiter für jedes verkaufte Produkt eine Provision kassieren, nicht profitieren. Die Privatbankiers sehen sich durch ihre Stabilität und Seriosität nach der Finanzkrise im Vorteil. 25 Trotzdem bietet dieses System keine Lösung für alle Kunden, sondern wird weiterhin auf die vermögende Klientel beschränkt bleiben, weil kleinere Anleger nicht bereit sind und es für sie auch nicht lohnt, 100 für eine Beratungsstunde zu zahlen, wobei sie oft auch noch lange Anfahrtswege in Kauf nehmen müssen. Fraglich ist nun, wie man die Denkweise der Privatbankiers auf die Großbanken und teilweise auch auf die Sparkassen, die Landesbanken und die Genossenschaftsbanken übertragen kann. Darauf werden wir in unserem Ansatz zu den Mitarbeitergratifikationen eingehen. 3.1.4 Europäische Zentralbank Die Europäische Zentralbank (EZB) wurde 01.06.1998 gegründet. Im Jahr 1999 haben die nationalen Zentralbanken des Euroraums ihre Verantwortung auf die EZB übertragen. Das Hauptziel der EZB ist die Gewährleistung der Preisstabilität. Erst wenn dieses Ziel nicht gefährdet ist, dann können die Sekundärziele, ein hohes Beschäftigungsniveau und ein beständiges, nichtinflationäres Wachstum, bearbeitet werden. Die Aufgaben umfassen Geldpolitik, Devisengeschäfte, Förderung des rei- 25 Vgl. Welp, Cornelius: Reiche Tradition, in: Wirtschaftswoche Nr. 49 vom 01.12.2008, S. 82.

Vom Banker zum Bankier Lehren aus der Finanzkrise 12 bungslosen Betriebs von Zahlungssystemen und Halten und Verwalten von Währungsreserven. Sie ist dabei unabhängig von den Regierungen. 26 Aufgrund dieser Unabhängigkeit sehen wir bei der EZB auch keinen Handlungsbedarf, jedoch könnte sie noch Aufgaben im Bereich der Finanzaufsicht übernehmen, worauf wir im Thema Finanzaufsicht näher eingehen. 3.2 Vereinigte Staaten von Amerika Seit 1980 hat sich die Bankenstruktur der Vereinigten Staaten durch eine Reihe von Fusionen verändert. Zwischen 1980 und 1998 gab es ungefähr 8.000 Zusammenschlüsse von Banken. 27 Die absolute Anzahl an Banken hat sich seit 1984 von ca. 15.000 auf 8.000 verringert, wobei sich die Anzahl der Institute mit einem Vermögen von weniger als 100 Millionen US-Dollar deutlich stärker verringert hat, als diejenigen, die ein Vermögen von mehr als 100 Millionen US-Dollar besitzen. 28 Dadurch ist die Konzentration natürlich erhöht worden und die Konkurrenz wurde leicht vermindert. Außerdem gibt es in den USA eine relativ hohe Anzahl an Insolvenzen. Im Jahr 2008 sind in den USA 25 Geschäftsbanken Pleite gegangen, darunter die führende Sparkasse Washington Mutual. Bis zum 23. Februar diesen Jahres sind schon 14 Institute geschlossen worden. 29 Eine Unterteilung, wie in Deutschland, ist bei den Banken in den USA in der Form nicht möglich. Grundsätzlich gibt es auch hier drei Arten von Banken, die Universalbanken, die Sparkassen und die Spezialbanken. In den USA ist es aber eher sinnvoll, die Banken nach Finanzmittlern zu unterteilen. Dabei kann man sieben unterschiedliche Arten von Banken unterscheiden. Das sind die Commercial banks, die Savings and loan associations, die Mutual savings banks, die Credit unions, die Insurance companies, die Pension and retirement funds und die Money market mutual funds. 30 Dabei kann eine Bank natürlich mehrere Aufgaben übernehmen, was auch bei vielen großen Banken der Fall ist. Eine ausführliche Beschreibung von allen Bankarten würde den Rahmen dieser Arbeit überschreiten, deswegen gehen wir im Folgenden auf die Hypothekenbanken und -dienstleister und die Zentralbank Federal Reserve ein, weil diese für die Krise verantwortlich gemacht werden. 26 Vgl. Bloss, Michael: Von der Subprime-Krise zur Finanzkrise, S. 147-149. 27 Vgl. Rhoades, Stefan A.: Bank Mergers and Banking Structure in the United States, 1980 98, auf http://www.federalreserve.gov/. 28 Vgl. Jones, Kenneth D.: Consolidation in the U.S. Banking Industry: Is the Long, Strange Trip About to End?, S. 32, auf http://www.fdic.gov/. 29 Vgl. Weitere Bankeninsolvenz in Amerika, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24.02.2009. 30 Financial Intermediaries and Their Assets and Liabilities, auf http://webclass.lakeland.cc.il.us/.

Vom Banker zum Bankier Lehren aus der Finanzkrise 13 3.2.1 Hypothekenbanken und -dienstleister Die Hypothekenbanken sind zu 30% Tochtergesellschaften von Banken und Bausparkassen und zu 50% unabhängige Hypothekengesellschaften. Ihre Aufgabe ist es, Hypotheken an Konsumenten zu vergeben. Dabei refinanzieren sie sich über den Sekundärhypothekenmarkt, also von den Hypothekendienstleistern. Zu diesen gehören Fannie Mae und Freddie Mac, die mittlerweile verstaatlichten Immobilienfinanzierer. Die Hypothekenbanken verkaufen also die Kredite nach Zusage an die Hypothekendienstleister und erhalten dafür eine Prämie in Form einer Kreditvergabegebühr oder Kreditbearbeitungsgebühr. 31 Somit liegt das Risiko bei den Hypothekendienstleistern. Dabei haben die strikten Vorgaben des amerikanischen Wohnungsbauministeriums erst dazu geführt, dass die Hypothekendienstleister sehr viele Hypotheken von Schuldnern mit geringer Kreditwürdigkeit kauften. 32 Dadurch wurde die Blase erst gebildet, weil durch die künstlich erzeugte Nachfrage die Häuserpreise stiegen und durch die niedrigen Zinsen der Zentralbank eine Finanzierung relativ günstig war. Diese Hypotheken wurden dann als hochkomplexe Anlagen in alle Welt weiterverkauft und haben durch die hohen Ausfallquoten die Krise verursacht. 3.2.2 Federal Reserve Die Zentralbank der Vereinigten Staaten, die Federal Reserve (FED), wird durch ihre Zinspolitik unter ihrem damaligen Vorsitzenden Alan Greenspan auch für die Krise mitverantwortlich gemacht. Im Gegensatz zur EZB hat sie nicht nur das Hauptziel der Preisstabilität, sondern setzt maximale Beschäftigung als erstes Ziel, erst danach kommen stabile Preise und moderate langfristige Zinsen. Dabei genießt sie nicht absolute Unabhängigkeit, wie die EZB, sondern ist eher als unabhängig innerhalb der Regierung zu bezeichnen. 33 Um Interessenskonflikte zwischen der Regierung und der Geldpolitik zu vermeiden, sollte die FED auch absolute Unabhängigkeit erlangen. Zudem sollte eine maximale Beschäftigung nicht zu den Hauptzielen gehören, weil das mit der finanziellen Stabilität nicht zusammenpasst, da man tendenziell eher die Zinsen zu niedrig hält und somit einen künstlichen Produktionsüberschuss erzeugt, der aber, wie man gesehen hat, nicht sinnvoll verwendet wird, sondern langfristig Probleme mit sich bringt. 31 Vgl. Bloss, Michael: Von der Subprime-Krise zur Finanzkrise, S. 45-50. 32 Vgl. Hassett, Keven: Die Krise zeigt: Regulierungen sind wertlos, in: Welt am Sonntag Nr. 3 vom 18.01.2009. 33 Vgl. Bloss, Michael: Von der Subprime-Krise zur Finanzkrise, S. 146-147.

Vom Banker zum Bankier Lehren aus der Finanzkrise 14 3.3 Markt für Credit Default Swaps Credit Default Swaps (CDS) sind Kreditderivate, die nur unter Banken, Versicherungen, Fonds und Hedgefonds gehandelt werden. Dabei können sich Kreditgeber gegen einen Unternehmens- bzw. Bankkonkurs absichern, wofür sie allerdings eine Risikoprämie bezahlen müssen. Dadurch übernimmt der Anbieter der CDS das Ausfallrisiko im Falle eines Konkurses. Zu den zehn wichtigsten Anbietern gehörten laut der Ratingagentur Fitch im Jahr 2007 unter anderem JP Morgan, Lehmann Brothers und Bear Stearns. Der CDS- Markt ist in den letzten Jahren allerdings unkontrolliert gewachsen und hat eine Eigendynamik entwickelt, die nicht zu erklären ist, was dazu führte, dass nicht nur Ausfallrisiken abgesichert wurden, sondern stark gehebelte Risikowetten ausgeführt wurden. Das Volumen der CDS hat sich von Ende 2006 bis Ende 2007 verdoppelt und erreichte einen Nominalwert von ca. 58 Billionen US-Dollar, wobei nur ein Kreditvolumen von zwei Billionen US-Dollar versichert wurde. Somit wurde jeder versicherte Kredit 29-fach abgesichert. Wenn allerdings der Anbieter des Versicherungsschutzes Pleite geht, dann verfällt auch der Sicherungsvertrag und die gefährdeten Kredite sind ungesichert, was eine Kettenreaktion zur Folge hat und einen kompletten Zusammenbruch des CDS Marktes auslösen kann. Beim Zusammenbruch von Lehmann Brothers ist ein CDS Anbieter ausgefallen. Allerdings sahen die FED und die US-Regierung keine Gefahr für das CDS System. Bei AIG hingegen wurde eingegriffen, die einen Großteil ihrer Probleme aus den Ausfällen am CDS Markt haben. Allerdings kann der Staat nicht alle retten, sonst würde er selber in Zahlungsschwierigkeiten geraten. 34 Fraglich ist nun, warum die Marktteilnehmer aus einem Sicherungsgeschäft ein Spekulationsgeschäft gemacht haben und warum keine Regulierung eingegriffen hat, um dies zu unterbinden. Hier wird also eine bessere Aufsicht benötigt. Außerdem sollte die Einsicht bei den Teilnehmern erfolgen, dass Sicherungsgeschäfte auch solche bleiben sollen und nicht zur kurzfristigen Renditesteigerung auf Kosten von langfristiger Sicherheit genutzt werden. Kurzfristig kann man nur hoffen, dass der CDS Markt nicht komplett zusammenbricht, da die Auswirkungen schon jetzt ungeahnte Ausmaße erreichen und es in Zukunft für eine Bank nicht nur heißen könnte, dass sie zu groß zum Scheitern ist, sondern sogar, dass sie zu groß ist, um gerettet zu werden. 35 34 Vgl. Böschen, Mark / Doll, Frank / Esterhazy, Yvonne / Henry, Andreas / Schürmann, Christof / Welp, Cornelius: In Trümmern, in: Wirtschaftswoche Nr. 39 vom 22.09.2008, S. 119-121. 35 Vgl. Böschen, Mark / Doll, Frank / Esterhazy, Yvonne / Henry, Andreas / Schürmann, Christof / Welp, Cornelius: In Trümmern, in: Wirtschaftswoche Nr. 39 vom 22.09.2008, S. 121.

Vom Banker zum Bankier Lehren aus der Finanzkrise 15 3.4 Interbankenmarkt Der Interbankenmarkt ist, wie der Name schon sagt, der Markt zwischen Banken. Auf diesem leihen sich die Banken gegenseitig Geld. Der Zinssatz für diese Kredite war in den letzten Jahrzehnten immer nur 0,1 bis 0,25 Prozentpunkte vom Zinssatz für sichere US-Staatsanleihen mit gleicher Laufzeit entfernt. Nach der Insolvenz von Lehmann Brothers stieg die Differenz auf fünf Prozentpunkte an. Damit kam der Markt fast vollständig zum erliegen. Obwohl die Differenz mittlerweile wieder auf unter ein Prozent gesunken ist, wird der Markt trotzdem kaum genutzt und die Banken legen das überschüssige Geld lieber zu sehr niedrigen Zinsen bei den Zentralbanken an. 36 Dabei wird der Interbankenmarkt gebraucht, weil keine Bank genau so viele Einlagen hat, wie sie Kredite vergibt bzw. anderweitige Geschäfte eingeht. Ohne einen funktionierenden Interbankenmarkt können demnach Banken, die stark im Kreditgeschäft aktiv sind, sich kein Kapital von anderen Banken besorgen, die ihre Stärke im Bereich der Spareinlagen von Kunden haben. Das führt dazu, dass selbst sichere und profitable Geschäfte nicht mehr getätigt werden können, weil einfach die Mittel fehlen. Somit wird die Neutralität des Geldes verringert, weil Unternehmen keine Kredite mehr erhalten und deshalb ihrerseits in Insolvenzgefahr geraten. Dabei ist das Geld vorhanden. Die Banken, die ihre Stärke bei den Spareinlagen haben, legen das Geld aber lieber absolut sicher bei der EZB zu niedrigen Zinsen an, weil sie Angst haben, die beliehene Bank könnte das gleiche Schicksal wie Lehmann Brothers treffen, womit man selber Probleme bekommt. Problematisch sind dabei die vielen Verbindungen zwischen den Banken, die dafür sorgen können, dass eine Bankenpleite negative Auswirkungen auf andere Institute hat. Ein Vorschlag, um diesen Zustand zu verändern, ist, dass keine Bank mehr als 25% ihres haftenden Eigenkapitals an eine andere Bank verleihen darf, damit diese Kettenreaktion erst gar nicht auftritt. Das würde das Vertrauen in den Interbankenmarkt stärken und somit die Refinanzierung der Banken verbessern. 37 Allerdings ist das kurzfristig nicht zu bewerkstelligen und langfristig auch nur schwer umzusetzen. Ein anderer Vorschlag, um den Interbankenmarkt zu beleben, ist, dass die Staaten Garantien für das Interbankengeschäft vergeben. Die Bundesrepublik ist auch bereit, Garantien für das Interbankengeschäft zu geben, allerdings erfolgt das nur auf Einzelantrag, was wiederum bedeutet, dass die Bank sich öffentlich dazu bekennen muss, dass andere Banken ihr nicht trauen. Das ist natürlich nicht im Sinne der 36 Vgl. Sommer, Rainer: Veränderung auf dem Interbankenmarkt, auf http://www.heise.de/. 37 Vgl. Schoenwitz, Daniel / Böschen, Mark / Große-Halbuer, Andreas / Reimer, Hauke / Schürmann, Christof / Wettach, Silke: Nie wieder Krise, in: Wirtschaftswoche Nr. 47 vom 17.11.2008, S. 133.

Vom Banker zum Bankier Lehren aus der Finanzkrise 16 Banken, weil dadurch das Vertrauen in sie weiter sinkt. Dabei könnte die Bundesregierung pauschal Garantien für Ausfälle am Interbankenmarkt geben, ähnlich wie sie es für Spareinlagen getan hat. Dadurch würde das Interbankengeschäft wieder aufgenommen und man müsste nicht den Banken über den Sonderfonds Finanzmarktstabilität (Soffin) Garantien für frisches Kapital geben, um die Insolvenz zu vermeiden. Auf lange Sicht könnte man für diese Garantien ein Versicherungssystem einsetzen, damit das Vertrauen in den Interbankenmarkt auch auf lange Sicht nicht schwindet. 38 Davon würden gerade Institute, die am Interbankenmarkt aktiv sind und keinen Zugang zur europäischen Zentralbank haben, profitieren, wie zum Beispiel Investmentbanken und Spezialfinanzierer, wie die Hypo Real Estate. 39 Durch die Belebung des Interbankenmarktes wären dann das volkswirtschaftliche Gleichgewicht, dass die Ersparnisse den Investitionen entsprechen, und die Neutralität des Geldes wieder gesichert. Zudem würde die Realwirtschaft profitieren, weil das dadurch wieder das effektiv nutzbare Kapital an sie weitergeleitet wird und somit Zahlungsschwierigkeiten bei Unternehmen vermieden werden. 3.5 Neustrukturierung Oben wurde gezeigt, dass viele Probleme, die in der Finanzkrise aufgetaucht sind, systembedingt sind. Dabei ist das System im Umbruch, weil sich viele Institute breiter aufstellen, indem sie Konkurrenten, die stark betroffen sind, aufkaufen und damit ihr Portfolio erweitern. Dadurch entsteht aber das Problem, dass bei negativen Ergebnissen im Investmentbanking auch die anderen Sparten betroffen sind. Während man bisher bei Banken, gerade in den USA, von zu groß zum Scheitern redet, könnte sich das in Zukunft ändern und Banken könnten zu groß sein, um gerettet zu werden, weil der Staat dadurch selber in Finanzschwierigkeiten kommt. 40 Deshalb sollten sich viele Banken eher auf ihre Kernkompetenzen besinnen. Natürlich werden viele Banken jetzt sagen, dass ihre Kernkompetenzen in allen Bereichen liegen, in denen sie aktiv sind. Das ist sicherlich möglich, trotzdem ist dabei das Problem der Großbetriebe, die durch geringe Flexibilität und einen übermäßigen Verwaltungsapparat, in bestimmten Bereichen von kleineren Unternehmen im Wettbewerb überholt werden. 38 Vgl. Was zu tun wäre, damit sich die Banken wieder trauen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 3. Januar 2009. 39 Vgl. Voss, Markus: Die unfreiwillige Feuerwehr, auf http://www.focus.de/. 40 Vgl. Schoenwitz, Daniel / Böschen, Mark / Große-Halbuer, Andreas / Reimer, Hauke / Schürmann, Christof / Wettach, Silke: Nie wieder Krise, in: Wirtschaftswoche Nr. 47 vom 17.11.2008, S. 133.

Vom Banker zum Bankier Lehren aus der Finanzkrise 17 Deshalb sollte ähnlich wie in anderen Bereichen schon üblich, eine Rückbesinnung auf die Kernkompetenzen erfolgen. Diese könnten in den Bereichen Produktentwicklung, Markenpolitik und Marketing, Vertrieb, Transaktion und Administration, Risikomanagement oder Kundenmanagement liegen. 41 Demnach würde der Kunde bei einer im Vertrieb spezialisierten Bank seine gewünschten Dienstleistungen bestellen, die bei einer für Produktentwicklung spezialisierten Bank entwickelt und von einer im Markenpolitik und Marketing aktiven Bank beworben wurden. Die Transaktion und Administration wird von einer in diesem Bereich spezialisierten Bank durchgeführt. Das auf den ersten Blick komplexe Gebilde, wobei das Produkt nicht aus einer Hand kommt, ist in anderen Branchen selbstverständlich. Der Kunde hat weiterhin eine Bank als Ansprechpartner, könnte aber bei dieser ein wesentlich breiteres Spektrum an Produkten einkaufen und wäre nicht auf Produkte dieser Bank beschränkt. Natürlich würden die entstehenden Unternehmen nicht unbedingt alle als Bank eingestuft, sondern eher als Dienstleistungsunternehmen für Banken. Durch diese Aufteilung haben innovative Nischenanbieter mit attraktiven neuen Produkten eher Chancen, in den Bankenmarkt einzusteigen, weil sie nicht alle Dienstleistungen anbieten müssten, die Kunden von anderen Banken gewohnt sind. Das würde den Wettbewerb erhöhen, wodurch die Qualität der Produkte und der Beratung steigen. 4 Wertschöpfung von Banken Um ein Verständnis dafür zu bekommen, wie die Finanzmarktkrise entstand und warum viele Experten der Meinung sind, dass sie mit der Insolvenz von Lehman Brothers erst richtig begann, muss man verstehen, was die Aufgaben von Banken sind, wodurch sie Umsätze machen und letztendlich ihre Existenzberechtigung und sogar ihre außerordentliche wichtige Stellung erhalten. Hierzu betrachten wir die folgende Abbildung: 41 Vgl. Bloss, Michael: Von der Subprime-Krise zur Finanzkrise, S. 134-137.

Vom Banker zum Bankier Lehren aus der Finanzkrise 18 Abbildung 1: Wertschöpfungssystem (Quelle: Vgl. www.loetto.net/) Schnell wird erkennbar, dass Banken in allen Bereichen der Wirtschaft tätig sind und sie mit Geldern versorgt. Lehman Brothers, die die viertgrößte US-Bank vor ihrer Insolvenz war, handelte verstärkt mit Hypothekenkrediten innerhalb des Amerikanischen Raums. Als dieser Markt dann zusammenbrach, verloren die Wertpapiere rapide an Wert, so dass die Insolvenz nicht mehr umgangen werden konnte. Was dies für alle Banken bedeutet ist eindeutig. Alle Geschäftsbereiche in denen eine Bank tätig ist, müssen überwacht werden, vor allem dann, wenn eine Bank wie Lehman Brothers keine größere, gleich verteilte Streuung seiner Kapitaleinlagen hat. Banken stehen in der Verantwortung, die Rentabilität und Risiken ihrer Geschäfte überprüfen zu müssen. 5 Kontrolle der eigenen Wirtschaftlichkeit Die Selbstkontrolle erfolgt über den Aufsichtsrat. Dieser hat die Funktion den Vorstand zu bestellen und zu überwachen und ist bei Entscheidungen, die grundlegend für die Bank sind, mit eingebunden. Somit sollte eine etwaige Fehllenkung seitens des Vorstands verhindert werden. Allerdings besteht dabei immer noch die Möglich-

Vom Banker zum Bankier Lehren aus der Finanzkrise 19 keit, dass Vorgehensweisen nicht richtig erkannt bzw. Risiken bewusst eingegangen werden, da Bankinterne oftmals ihren eigenen Interessen nacheifern, was in Hinblick auf den Vorstand noch verdeutlicht wird, da es sich beim Vorstand meistens nicht um Bankiers, sondern um Banker handelt. Diese sind nicht immer scheu höhere Risiken einzugehen, da sie höhere Renditen erwarten und bei einem Scheitern nicht haften. Der Aufsichtsrat könnte solch eine Vorgehensweise unterstützen, da er selber auch durch höhere Renditen profitieren könnte. Um dies zu verhindern gibt es im jedem Land eine staatliche Bankenaufsicht, die von Staat zu Staat unterschiedlich gehandhabt wird. 6 Bankenaufsicht 6.1 Geschichtlicher Einblick in der BRD 1937: Bildung von Stützfonds im Bereich Genossenschaftsbanken (Kreditgenossenschaftliche Gesamtfonds vom Genossenschaftsverband). 1966: Erste weit tragender Einschnitt durch die Verabschiedung der bundesweiten Sicherungseinlagen der privaten Banken. Die Einalgen waren bzw. sind immer noch gesichert durch die Gewährträgerhaftung, auf die noch etwas tiefer gleich eingegangen wird. 1974: Durch die Insolvenz der I. D. Herstatt KGaA (Kölner Privatbank) wurde ein Sicherungssystem entwickelt. Problem allerdings war, dass dieses System nicht gesetzlich bindend gewesen ist, so dass weiterhin keine Sicherheiten geschaffen wurden. 1986: Empfehlung der EU-Kommission zu einer gesetzlichen Verpflichtung. 42 1998: Einführung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (ESAEG), was zur Folge hat, dass erstmalig verbindliche Richtlinien vorgeben sind. 43 Wie man bereits erkennen kann, sind Vorschläge zur Umstrukturierung im Bankenwesen keineswegs Dinge, die erst mit Beginn der aktuellen Finanzkrise entstanden sind. Vielmehr ist dies ein Prozess, dessen Anfänge schon vor Jahrzehnten begonnen hat und heute, dadurch dass es immer noch viele Lücken aufweist, nun zu 42 Vgl. http://www.tagesgeld-uebersicht.de/ Stand: 10.03.2009. 43 Vgl. http://dip21.bundestag.de/ Stand: 10.03.2009.