Fragen und Antworten zu Lebensmittelverpackungen aus Papier, Karton und Pappe



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WPV - Hilpertstraße 22-64295 Darmstadt WIRTSCHAFTSVERBÄNDE PAPIERVERARBEITUNG (WPV) e. V. Hilpertstraße 22 64295 Darmstadt Telefon 06151/870320 Telefax 06151/8703229 E-Mail: info@wpv-ev.de 25.08.2014 Fragen und Antworten zu Lebensmittelverpackungen aus Papier, Karton und Pappe 1. Wie groß ist das Marktvolumen von Lebensmittelverpackungen aus Papier, Karton und Pappe? In Deutschland werden jährlich rund 9 Mio. Tonnen Verpackungen aus Papier, Karton und Pappe hergestellt, von denen etwa die Hälfte, also 4,5 Mio. Tonnen für das Verpacken von Lebensmitteln vorgesehen sind. Die europäische Papierindustrie stellt jährlich rund 40 Mio. Tonnen Papier, Karton und Pappe für Verpackungszwecke her, die ebenfalls zum großen Teil zum Verpacken von Lebensmitteln eingesetzt werden. Verpackungen aus Papier, Karton und Pappe sind mengenmäßig die größte Packstoffgruppe in Deutschland und Europa. 2. Wie groß ist das Marktvolumen von Lebensmittelverpackungen aus Altpapier? In Deutschland werden jährlich rund 2,3 Mio. Tonnen Verpackungen aus Papier, Karton und Pappe auf Recyclingbasis hergestellt, die für das Verpacken von Lebensmitteln vorgesehen sind. Das entspricht etwa 50 % der gesamten Jahresproduktion von Verpackungen aus Papier, Karton und Pappe für Lebensmittel. In Europa werden rund 9 Mio. Tonnen Verpackungen aus Papier, Karton und Pappe auf Sekundärfaserbasis zum Verpacken von Lebensmitteln hergestellt, was einem Anteil von etwa 23 % an der Gesamtproduktion von Verpackungspapieren entspricht. 3. Welchen Stellenwert hat das Altpapier-Recycling in Deutschland? Das Papier-Recycling ist ein lange praktiziertes Beispiel für Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und Umweltschutz und somit ein wesentlicher Bestandteil der Kreislaufwirtschaft in Deutschland und Europa. Der Sekundärrohstoff Altpapier ist der wichtigste Faserrohstoff der deutschen Papierindustrie. Jährlich werden in Deutschland ca. 16,5 Mio. Tonnen Altpapier in der Papier- und Kartonindustrie wieder als Rohstoff eingesetzt. Der Sekundärrohstoff Altpapier hat damit einen Anteil von 74 % an der gesamten Papier-, Karton- und Pappenerzeugung. Die deutsche Papierindustrie hat damit im internationalen Vergleich eine Spitzenstellung.

2 Das Recycling schafft Arbeitsplätze und schont die Ressourcen Rohstoffe, Energie und Wasser. Holz (so genanntes Bruch- oder Durchforstungsholz, das bei der notwendigen Waldpflege anfällt), ist ein wichtiger nachwachsender Rohstoff, der durch die mehrfache Nutzung und Wiederverwertung des Fasermaterials nachhaltig genutzt wird. Papier, Karton und Pappe für Verpackungszwecke werden je nach Sorte bis zu 100 Prozent aus Altpapier hergestellt, nach Gebrauch ebenfalls dem Altpapier zugeführt und fast vollständig stofflich wiederverwertet (Recycling). Verpackungen aus Papier, Karton und Pappe durchlaufen somit einen nahezu geschlossenen Materialkreislauf. Das Recycling von Altpapier trägt in erheblichem Umfang zur Nachhaltigkeit des Papierkreislaufs bei. Durch die Wiederverwertung der aufbereiteten Rohstoffe wird der Verbrauch an Energie, Holzfasern sowie der Aufwand zur Abwasseraufbereitung insgesamt verringert. 4. Warum sind Lebensmittelverpackungen aus Altpapier in der Diskussion? In einer Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) zum Ausmaß der Migration unerwünschter Stoffe aus Verpackungsmaterialien aus Altpapier in Lebensmittel wurde 2012 festgestellt, dass Altpapier zahlreiche Stoffe enthalten kann, die ein Migrationspotential auf Lebensmittel haben können. Seit Anfang 2010 wird das Problem der Migration von Mineralölbestandteilen aus Kartonverpackungen diskutiert. Untersuchungen des Kantonalen Labors Zürich hatten ergeben, dass in Karton verpackte Lebensmittel Spuren von Mineralölbestandteilen enthalten können. Allerdings kann mit den heute verfügbaren Analysemethoden nicht eindeutig nachgewiesen werden, dass die in Lebensmittel gefundenen Mineralöl- oder andere Substanzen ursächlich aus der Verpackung stammen. 5. Woher stammen die festgestellten unerwünschten Substanzen? Unerwünschte Stoffe können durch die Wiederverwertung der Zeitungen, Zeitschriften, Werbeflyer, Thermopapiere, verklebte Produkte und Kartons, Durchschreibepapiere sowie durch Quer-Kontamination durch papierfremde Materialien eingebracht werden. Auch können bereits unverpackte Lebensmittel Mineralöle enthalten. Deren Eintrag kann während der Verarbeitung, Herstellung, Transport und Lagerung der Lebensmittel erfolgen. Dies hat auch die European Food Safety Authority (EFSA) in ihrer Stellungnahme vom Juni 2012 zu den Mineralölsubstanzen festgestellt. 6. Woher stammen die festgestellten Mineralölsubstanzen im Recyclingkarton? Die in Recyclingmaterial gefundenen Mineralölsubstanzen können aus konventionellen Standarddruckfarben im Verpackungsdruck (ausgenommen wasserund pflanzenölbasierte Druckfarben) stammen, die allerdings mittlerweile weitgehend durch mineralölfreie bzw. migrationsarme Druckfarben ersetzt wurden, aus Hilfsstoffen in der Papier- und Kartonproduktion, die mittlerweile ebenfalls deutlich reduziert wurden, sowie vor allem aus mineralölhaltigen Zeitungs-Druckfarben, die durch die Wiederverwertung von Zeitungen in den Altpapier-Kreislauf gelangen.

3 Allerdings kann mit den heute verfügbaren Analysemethoden nicht eindeutig nachgewiesen werden, dass die in Lebensmittel gefundenen Mineralölsubstanzen ursächlich aus der Recyclingverpackung stammen. Es ist heute unstrittig, dass bereits unverpackte Lebensmittel Mineralöle enthalten können, die bei Verarbeitung, Herstellung, Transport und Lagerung in die Lebensmittel eingetragen werden. Ein von der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA im Juni 2012 veröffentlichter Bericht Scientific Opinion on Mineral Hydrocarbons in Food veröffentlicht macht zudem deutlich, dass Mineralöle in unserer Welt weit verbreitet sind und aus verschiedenen Quellen auch Eingang in Lebensmittel finden. Der EFSA-Bericht beschreibt die Vielzahl von Eintragswegen unterschiedlicher Mineralöle in Lebensmittel und stellt das - unvollkommene - Wissen über diese Stoffe dar. 7. Sind die Mineralölsubstanzen im Recyclingkarton gesundheitsschädlich? Es gibt aktuell keine abschließende rechtliche toxikologische Bewertung der Mineralölproblematik. Daher ist das mit der Aufnahme solcher Stoffe verbundene gesundheitliche Risiko für den Verbraucher derzeit nicht zu bewerten. Die britische Food Standards Agency (FSA) hat im Juni 2012 mitgeteilt, dass der bereits erwähnte EFSA-Bericht nach ihrer Auffassung keine spezifischen Risiken für die Lebensmittelsicherheit identifiziert. Die FSA hat deshalb auch bewusst keine Empfehlungen an die Verbraucher abgegeben, ihr Konsumverhalten zu ändern. 8. Wie können Mineralölsubstanzen im Recyclingkarton vermieden werden? Tageszeitungen sind die Haupteintragsquelle von Mineralölen in den Papier- Recyclingkreislauf. Mit der Substitution mineralölhaltiger Zeitungsdruckfarben durch mineralölfreie Farben könnte ein entscheidender Beitrag zur nachhaltigen Lösung der Mineralölproblematik geleistet werden, wie auch das Umweltbundesamt in einer Presseinformation im November 2012 erneut festgestellt und an die Zeitungsverlage und -druckereien appelliert hat, entsprechende flächendeckende Substitutionen vorzunehmen. Im Verpackungsdruck ist diese Umstellung auf mineralölfreie bzw. migrationsarme Druckfarben weitestgehend erfolgt. Mineralölfreie Druckfarben stehen auch für den Zeitungsdruck zur Verfügung. 9. Gibt es gesetzliche Vorschriften zur Verwendung von Altpapier für Lebensmittelverpackungen? Rechtliche Grundlage für die Herstellung von Papier, Karton und Pappe für den Lebensmittelkontakt sind die heute gültigen Vorschriften der europäischen Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 vom 24. Oktober 2004 über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen, die Verordnung 2023/2006/EG vom 22. Dezember 2006 über gute Herstellungspraxis für Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen (GMP-Verordnung) und die Empfehlung XXXVI des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR).

4 Die BfR-Empfehlung XXXVI regelt den Einsatz von Altpapier für Lebensmittelverpackungen aus Papier, Karton und Pappe. Sie wird in Europa seit vielen Jahrzehnten von Industrie und Behörden zur Beurteilung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Lebensmittelbedarfsgegenständen aus Papier, Karton und Pappe herangezogen. 10. Gibt es gesetzliche Vorschriften zur Verwendung von Druckfarben? Für die zur Herstellung von Verpackungen und Bedarfsgegenständen aus Papier, Karton und Pappe verwendeten Druckfarben gelten die Branchenstandards des europäischen Verbandes der Druckfarbenindustrie EuPIA. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) plant eine Druckfarbenverordnung, die aktuell als 5. Entwurf vorliegt. Kernstück der geplanten Verordnung ist die so genannte Positivliste mit chemischen Substanzen, die in Druckfarben und Lacken für Lebensmittelbedarfsgegenstände ausschließlich eingesetzt werden dürfen. Die geplante Druckfarbenverordnung gibt den Herstellern von Lebensmittelbedarfsgegenständen aus Papier, Karton, Pappe und Folien die notwendige Orientierungshilfe und mehr Rechtssicherheit bei der Herstellung gesundheitlich unbedenklicher Produkte. 11. Schützen Barriere-Schichten vor der Migration von unerwünschten Substanzen? Zur Lösung des Migrationspotentials unerwünschter Stoffe empfehlen die Autoren der BMELV-Studie von 2012 die Verwendung einer Barriereschicht für Verpackungen aus Recyclingkarton. Für eine Vielzahl von Produkten wurden als Reaktion auf die Mineralölproblematik bereits Verpackungsänderungen unter Auswahl einer verbesserten Barriereschicht vorgenommen. Materialien wie Aluminiumfolie, PET oder verschiedene metallisierte oder beschichtete Kunststoffe haben bereits in einer Vielzahl von Untersuchungen ihre Wirksamkeit als funktionelle Barriere bewiesen. Angesichts der komplexen physikalischen Beziehungen zwischen Füllgut und Verpackungsmaterial kann allerdings kein allgemein wirkendes Barriere-Material explizit empfohlen werden. Letztendlich ist die Barrierefähigkeit jedoch immer abhängig von Füllgut, Schichtdicke, Abfüll- und Lagerbedingungen, Kontaminanten usw. und muss im Einzelfall überprüft werden. Hierzu fehlen eine offizielle Liste an zugelassenen Materialien mit Barrierewirkung, Definitionen und Messverfahren zur Beurteilung der Barrierewirkung von Sperrschichten sowie Praxistests über deren Einfluss auf die Füllgüter (z.b. Wasserund Wasserdampfdurchlässigkeit, Migrationsverhalten). 12. Ist die Verwendung von Frischfaserpapier eine Alternative zum Altpapier- Recycling? Das Recycling von Altpapier ermöglicht ökologisch und ökonomisch nachhaltige Verpackungslösungen. Grundsätzlich kann und wird auch Frischfasermaterial zur Herstellung von Verpackungen aus Papier, Karton und Pappe eingesetzt, z.b. für Getränkekartons.

5 Schon rein mengenmäßig wäre eine Umstellung aller altpapierbasierten Lebensmittelverpackungen auf Frischfaserbasis sehr schwierig: Im Vergleich zur Summe der eingesetzten Primärfaserstoffe Zellstoff und Holzstoff ist die zur Papierherstellung verwendete Altpapiermenge etwa 2,5 mal so hoch. Außerdem könnten die Papierfabriken, die heute altpapierhaitigen Karton herstellen, ohne Neuinvestitionen nicht auf Frischfaserprodukte umstellen Eine vollständige Substitution des Sekundärrohstoffs Altpapier durch Frischfaser würde zu erheblichem Mehrverbrauch an Holz führen: der zusätzliche jährliche Holzbedarf in Deutschland läge bei ca. 1,54 Mio. ha, was ziemlich genau der Fläche des Bundeslandes Schleswig-Holstein entspricht. Ende 2012 hat die Stiftung Warentest über eine Mineralölbelastung von Schokoladen in Adventskalendern berichtet. Wie sich herausgestellt hat, waren nahezu alle untersuchten Kalender aus Frischfaser hergestellt waren. Der Fachbereich Papierfabrikation und Mechanische Verfahrenstechnik (PMV) der TU Darmstadt hat dazu in einer Mitteilung im Dezember 2012 festgestellt: Für den Eintrag von Mineralölen in die Schokolade existieren zahlreiche Möglichkeiten. Pauschal die Recyclingverpackung als wesentliche Eintragsquelle für das in der Schokolade nachgewiesene Mineralöl zu nennen, ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. So können bereits unverpackte Lebensmittel Mineralöle enthalten. Der Mineralöleintrag kann während der Verarbeitung, Herstellung, Transport und Lagerung der Lebensmittel erfolgen. Dies hat auch die European Food Safety Authority (EFSA) in ihrer Stellungnahme vom Juni 2012 festgestellt. 13. Was unternimmt die Industrie zur Vermeidung der Migrationsproblematik? Die Verbände der Papier erzeugenden und Papier verarbeitenden Industrie haben bereits 2011 die Initiative Sauberes Papier-Recycling (ISP) gestartet. Mit dieser Initiative zur Reduzierung und Vermeidung des Eintrags unerwünschter Stoffe in den Altpapier-Kreislauf soll insgesamt auf die Minimierung unerwünschter Stoffe im Altpapier-Kreislauf hingewirkt werden. Dazu müssen sich alle am Papier-Kreislauf beteiligten Wirtschaftskreise der Notwendigkeit stellen, dass keine Stoffe in den Kreislauf eingetragen werden, die die Herstellung von Papier-Recycling-Produkten erschweren oder gefährden. Die ISP ist eine Weiterentwicklung der bereits im August 2010 von den Wirtschaftsverbänden Papierverarbeitung gegenüber dem damaligen Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) abgegebenen Selbstverpflichtungserklärung zum Einsatz mineralölfreier bzw. migrationsarmer Druckfarben bei der Bedruckung von Verpackungen aus Papier, Karton und Pappe. Neben der Reduzierung mineralölhaltiger Verpackungsdruckfarben haben die Unternehmen der Papier/Karton/Pappe-Wertschöpfungskette den Einsatz von Altpapiersorten mit hohem Zeitungspapier-Anteil reduziert und Kartonsorten mit funktionellen Barrieren entwickelt.

6 Der WPV und seine Mitgliedsverbände haben sich außerdem aktiv in die Erarbeitung der geplanten Druckfarbenverordnung eingebracht und begrüßen das Instrument einer Positivliste mit den zulässigen Stoffen in Druckfarben und Lacken für Lebensmittelbedarfsgegenstände sowie die verbindliche Festlegung von Grenzwerten. 14. Gibt es auf europäischer Ebene Ansätze zur Regelung der Verwendung von Altpapier für Lebensmittelverpackungen? Die EU-Kommission sieht auf europäischer Ebene keinen Handlungsbedarf für eine europäische Mineralölverordnung. Allerdings befasst sich die EU-Kommission im Rahmen der Roadmap 2014 mit der Frage unerwünschter Stoffe in Lebensmitteln. Dabei werden sicher auch die Erkennt-nisse aus dem BMELV-Entscheidungshilfeprojekt von 2012 berücksichtigt werden. Ziel ist es, eine europaweit harmonisierte Regelung zu schaffen, die die BfR-Empfehlung XXXVI und andere nationale Regelungen ablösen wird. Die europäischen Verbände der Papiererzeugung und Papierverarbeitung CEPI und CITPA haben 2012 (in zweiter, aktualisierter Auflage) eine Branchenrichtlinie zur Herstellung von Lebensmittelbedarfsgegenständen aus Papier, Karton und Pappe veröffentlicht. Neben einer Methodik zur Feststellung der Eignung von Papier, Karton und Pappe für den Lebensmittelkontakt könnte diese Industrie-Richtlinie die Basis für künftige spezifische Gesetzgebungsmaßnahmen gemäß Verordnung 1935/2004/EG bieten. Darmstadt/Berlin, 25. August 2014 Der WPV - Wirtschaftsverbände Papierverarbeitung e.v. - ist die Dachorganisation der Industrieverbände der Papier, Karton, Pappe und Folien verarbeitenden Industrie in Deutschland und bündelt die Interessen der mittelständisch strukturierten Branche mit einem Jahresumsatz von rund 20 Milliarden Euro und rund 80.000 Beschäftigten. Dem WPV e.v. gehören folgende Mitgliedsverbände an: Verband der Wellpappen-Industrie e.v. (VDW), Darmstadt Verband der Bayerischen Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie (VBPV), München Fachverband Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel e.v. (FKN), Berlin Verband der Hersteller selbstklebender Etiketten und Schmalbahnconverter (VsKE) e.v., Höchberg Verband Vollpappe-Kartonagen (VVK) e.v., Darmstadt Industrieverband Papier- und Folienverpackung e.v. (IPV), Frankfurt Fachvereinigung Hartpapierwaren und Rundgefäße (FHR), Frankfurt Verband der Zigarettenpapier verarbeitenden Industrie (VZI) e.v., Bonn Gemeinschaft Papiersackindustrie e.v. (GemPSI), Frankfurt