Der Staatliche Gewerbearzt informiert



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Transkript:

Der Staatliche Gewerbearzt informiert Betriebsärztliche Betreuung und arbeitsmedizinische Vorsorge in der ambulanten und stationären Pflege Was ist darunter zu verstehen und welche Aufgaben hat der Betriebsarzt? Im Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) ist festgelegt, dass sich alle Betriebe arbeitsmedizinisch durch Betriebsärzte betreuen lassen müssen. Die Aufgaben des Betriebsarztes sind in 3 des ASiG zusammengefasst. Grundsätzlich soll der Betriebsarzt den Arbeitgeber in allen Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes unterstützen. Dazu gehört auch die Beratung und Unterstützung bei der Umsetzung aktueller und für den Pflegebereich relevanter Rechtsvorschriften (z.b. Arbeitsschutzgesetz, Biostoffverordnung, Lastenhandhabungsverordnung, Gefahrstoffverordnung, Arbeitszeitgesetz). Überträgt man die im Arbeitssicherheitsgesetz genannten Aufgaben auf den Bereich der Pflegeheime und ambulanten Pflegedienste, so ergeben sich im wesentlichen folgende Schwerpunkte: Beratung des Arbeitgebers (und der Arbeitnehmer) u.a. bei der Beurteilung von Gefährdungen im Zusammenhang mit der Arbeit und bei der Festlegung und Überprüfung der erforderlichen Schutzmaßnahmen. Beispiele: 1. Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG): Das ArbSchG verlangt vom Arbeitgeber u.a. ganz allgemein eine Beurteilung der Arbeitsplätze hinsichtlich möglicher Gesundheitsgefährdungen der Beschäftigten im Zusammenhang mit der Tätigkeit ( 5,6 ArbSchG). Die festgestellten Gesundheitsgefahren sind dann die Grundlage der festzulegenden Arbeitsschutzmaßnahmen. Es ist Aufgabe des Betriebsarztes, den Arbeitgeber sowohl bei der Einschätzung möglicher Gefährdungen als auch bei der Ableitung von Schutzmaßnahmen vor dem Hintergrund seiner speziellen arbeitsmedizinischen Fachkenntnisse zu beraten. Der Katalog möglicher Gesundheitsgefährdungen beinhaltet u.a. auch psychische / seelische Belastungen im Zusammenhang mit der Tätigkeit. Diese Belastungen bei der Pflege alter, kranker oder sterbender Menschen können vielfältige körperliche Beschwerden auslösen und im Extremfall zur Berufsunfähigkeit führen (z.b. Burnout-Syndrom ). Gefördert wird eine solche Entwicklung u.a. durch ein Missverhältnis zwischen dem Zeitbedarf für eine umfassende Pflege (unter Einschluss psychischer Bedürfnisse der Pflegebedürftigen) und den zeitlichen Möglichkeiten sowie durch Bedingungen, die allgemein dem Betriebsklima zuzuordnen sind. Der Betriebsarzt kann aufgrund seiner unabhängigen Stellung im Betrieb und seiner medizinischen Kenntnisse über die Zusammenhänge zwischen seelischen Belastungen und körperlichen Beschwerden beratend tätig werden. Die hohen Belastungen im psychischen / seelischen Bereich bedingen auch eine erhöhte Suchtgefährdung (Medikamentenmissbrauch, Alkohol und andere Drogen). Innerbetrieblich muss unter Einbindung des Betriebsarztes ein Konzept entwickelt werden, um dieser Gefahr erfolgreich begegnen zu können. Daneben kann auch die Hilfe des Suchtbeauftragten bei der zuständigen Bezirksregierung in Anspruch genommen werden. 2. Biostoffverordnung (BioStoffV): Seit dem 27.01.1999 regelt die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen (Biostoffverordnung BioStoffV) den 1

Schutz der Beschäftigten beim gezielten und nicht gezielten Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen. Biologische Arbeitsstoffe sind Mikroorganismen, die beim Menschen Infektionen oder allergisierende bzw. toxische Wirkungen hervorrufen können. Die Pflege von Menschen beinhaltet aufgrund möglicher Infektionsgefährdungen einen nicht gezielten Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen. Dies gilt vor allem beim Verabreichen von Injektionen und der Wundversorgung. Die BioStoffV verlangt von den Betrieben die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung ( 7, s. auch 5 ArbSchG), deren Ergebnis unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten zu dokumentieren ist. Die BioStoffV geht in diesem Punkt über die allgemeinen Anforderungen des ArbSchG zur Gefährdungsbeurteilung hinaus. Aus der Gefährdungsbeurteilung leiten sich die erforderlichen Schutzmaßnahmen ( 10, 11 BioStoffV) ab: a) Vermeidung gefährlicher Verhaltensweisen: Werden im Rahmen der pflegerischen Arbeiten Injektionen verabreicht, so ist die gesteigerte Infektionsgefahr durch Nadelstichverletzungen zu beachten. Stichverletzungen sind im Pflegedienst eine häufige Ursache für Infektionskrankheiten, für die bisher keine oder keine ausreichende Heilungsmöglichkeit besteht. Beispielhaft zu nennen sind Hepatitis B oder C und HIV- Infektionen. Vorbeugung vor Stichverletzungen mit gebrauchten Kanülen oder ähnlich verletzungsträchtigen Instrumenten ist deshalb oberstes Gebot, da es auch unerkannte Infektionsträger gibt. Für die Entsorgung gebrauchter Kanülen ist ein flüssigkeitsdichter, durchstichsicherer Behälter unverzichtbar. Besonders verletzungsträchtig ist das sogenannte "recapping", wenn versucht wird, die gebrauchte Kanüle in die Schutzkappe zurückzustecken. Der ungeschützte Abwurf in Mülltüten oder andere nicht durchstichsichere Transportbehältnisse muss unterbleiben, damit nicht auch noch bei der Entsorgung Verletzungsgefahr durch aus dem Transportbehältnis herausragende spitze Gegenstände besteht. Sollte es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen doch einmal zu einer Nadelstichverletzung gekommen sein, ist diese unbedingt zu dokumentieren und das weitere Vorgehen mit dem Betriebsarzt abzusprechen. b) Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen: Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen dienen der Früherkennung von Erkrankungen aufgrund einer speziellen Gesundheitsgefahr am Arbeitsplatz. Bei erhöhter Infektionsgefahr muss der Arbeitgeber alle betroffenen Personen vor Aufnahme und während der Tätigkeit arbeitsmedizinisch durch einen hierzu von den zuständigen Behörden speziell ermächtigten Arzt untersuchen und beraten lassen ( 15 BioStoffV). Ziel dieser Untersuchung ist nicht die Feststellung der Freiheit von ansteckenden Krankheiten im Sinne eines Schutzes der Patienten sondern die Beurteilung einer möglichen Gefährdung der Beschäftigten und somit der Schutz der Pflegekraft. Es soll durch gezielte Untersuchungen herausgefunden werden, ob das Individuum aufgrund besonderer Merkmale in erhöhtem Maße empfänglich für Infektionen ist, andererseits kann bei bestimmten Infektionskrankheiten durch gezielte Untersuchung festgestellt werden, ob eine Infektion bereits durchgemacht wurde und hieraus eine Immunität und damit ein Infektionsschutz resultiert. Inhalt der Untersuchungen und Anhaltspunkte zur ärztlichen Bewertung sowie zum Zeitpunkt der folgenden Nachuntersuchungen wurden in einem von den Unfallversicherungsträgern erarbeiteten Grundsatz (G 42 - Tätigkeiten mit Infektionsgefährdung) festgelegt. Über das Ergebnis der Untersuchung erhält der Arbeitgeber eine ärztliche Bescheinigung, aus der auch der Zeitpunkt der nächsten erforderlichen Untersuchung hervorgeht. Als Ergebnis wird dem Arbeitgeber lediglich mitgeteilt, ob gesundheitliche Bedenken gegen die Fortführung der Tätigkeit bestehen, nicht bestehen oder unter be- 2

stimmten Voraussetzungen nicht bestehen. Untersuchungsbefunde verbleiben grundsätzlich beim Arzt (ärztliche Schweigepflicht). c) Impfungen: Zahlreiche Infektionen könne durch eine Impfung verhindert werden. Eine erfolgreiche Impfung schützt dann beim Kontakt mit dem Erreger vor einer Infektionskrankheit. So hat die Impfung zur Immunisierung gegen Hepatitis B von Beschäftigten in Krankenhäusern zu einem Rückgang der bei den gesetzlichen Unfallversicherungsträgern gemeldeten infektionsbedingten Berufskrankheiten geführt. Nach 15 Abs. 4 BioStoffV sind den Beschäftigten Impfungen anzubieten, sofern eine Infektionsgefährdung besteht und eine Schutzimpfung verfügbar ist. Die Kosten der Impfung trägt der Arbeitgeber. d) Unterweisung ( 12 BioStoffV): Gefährdete Beschäftigte sind regelmäßig (spätestens jährlich) über die Infektionsgefahren sowie über die erforderlichen Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln zu unterweisen. Die Unterweisungen müssen dokumentiert werden. Daneben ist eine schriftliche Betriebsanweisung gleichen Inhalts zu erstellen und an geeigneter Stelle auszuhängen oder auszulegen, 3. Lastenhandhabungsverordnung (LasthandhabV): Arbeit in der Pflege ist z.t. mit einer erheblichen Rückenbelastung verbunden. Die LasthandhabV vom 04.12.1996 enthält Regelungen zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz bei der manuellen Handhabung von Lasten. Eine Last in diesem Sinne stellt ggf. auch der zu pflegende Mensch beim Stützen, Führen, Umbetten, Waschen usw. dar. Diese Hebetätigkeiten können i. d. R. nicht mit optimaler Lastposition durchgeführt werden, da z.b. die Betten keine ausreichende Annäherung erlauben. Bereits das Heben von Teillasten (z.b. Extremitäten) kann unter diesen Voraussetzungen eine Gefährdung darstellen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Gefährdungen durch Pflegetätigkeiten mit manueller Handhabung von Lasten durch geeignete Hebehilfen (z.b. sog. kleine Hebehilfen, technische Lifter, im weiteren Sinne auch höhenverstellbare Betten) oder organistorische Maßnahmen (Durchführung zu zweit) zu verringern und die Beschäftigten in der Verwendung der Hebehilfen und im richtigem Hebeverhalten regelmäßig zu unterweisen. Hilfsmittel müssen am Einsatzort so verfügbar sein, dass ihr Einsatz keine Arbeitserschwernis beinhaltet. Ergänzend kommen auch Verfahren zur Aktivierung des Heimbewohners (Bobath, Kinästethik) in Frage, die gleichzeitig zu einer Reduktion der physischen Belastung der Pflegeperson beitragen. Weiterhin muss der Arbeitgeber bei der Ü- bertragung von Aufgaben bzw. der Unterweisung die individuelle (körperliche) Eignung des Mitarbeiters mit berücksichtigen (arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung). Der Betriebsarzt hat den Arbeitgeber bei allen diesen Aufgaben zu unterstützen und ist aufgrund seiner Kenntnisse der Belastungen und der durch sie verursachten Erkrankungen und Beschwerden auch besonders hierfür geeignet. 4. Gefahrstoffverordnung (GefStoffV): Kontakt zu Gefahrstoffen besteht in erster Linie beim Einsatz von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln sowie bei der Verabreichung von Medikamenten. Schutzhandschuhe können keinen vollständigen Schutz gewähren und bergen zudem selbst Risiken durch die Feuchtigkeitsbelastung sowie Reizungen und Allergien der Haut. Die GefStoffV regelt Arbeitsschutzmaßnahmen im Umgang mit Gefahrstoffen. Der Arbeitgeber hat zunächst zu ermitteln, ob und welche gefährlichen Stoffe er verwendet und ob sich diese ggf. durch weniger gefährliche Stoffe ersetzen lassen. Anschließend sind die Beschäftigten in schriftlicher (Betriebsanweisungen) und mündlicher Form (jährliche Unterweisungen) über mögliche Gesundheitsgefahren und geeignete Schutzmaßnahmen zu unterrichten. Aufgrund seiner speziellen Kenntnisse soll der Betriebsarzt den Arbeitgeber bei diesen Aufgaben unterstützen. Ein spezielles aktuelles Beispiel stellt die Verpflichtung zum Ersatz gepuderter Latexhandschuhe aufgrund deren hohen Allergisierungspotentials dar. Der 3

Betriebsarzt kann bei der Auswahl alternativer geeigneter Schutzhandschuhe beraten und auch klären, ob der Einsatz von Schutzhandschuhen überhaupt sinnvoll ist bzw. wann ggfls. zusätzliche Gefährdungen durch andere Inhaltsstoffe beachtet werden müssen. 5. Mutterschutzgesetz / Mutterschutzverordnung Mutterschutzgesetz und Mutterschutzverordnung legen Beschäftigungsverbote für werdende oder stillende Mütter bei bestimmten Einwirkungen fest, die dazu führen, dass der Einsatzbereich dieser Personen in der Pflege erheblich eingeschränkt ist (z. B. Infektionsgefahr, Heben und Tragen, bestimmte Körperhaltungen, ggf. Gefahrstoffe). Eventuell verbleibende Einsatzmöglichkeiten müssen mit dem Betriebsarzt abgesprochen werden. 6. Arbeitszeitgesetz (ArbZG) In Abhängigkeit von der Belegung der Heime ist in unterschiedlichem Umfang Schichtarbeit ggf. unter Einschluss von Nachtarbeit (zwischen 23 und 6 Uhr) zu leisten. Durch die, mit der unregelmäßigen und zum Teil den biologischen Rhythmen gegenläufigen Arbeitszeit verbundenen, Belastungen können eine Vielzahl von gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausgelöst werden. Das ArbZG verpflichtet daher den Arbeitgeber, Schichtarbeit nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen zu gestalten ( 6 (1) ArbZG). Der Betriebsarzt soll dabei seine speziellen Kenntnisse beratend einbringen. Weiterhin sind Nachtarbeitnehmer berechtigt, sich vor und während der Beschäftigung arbeitsmedizinisch unter besonderer Berücksichtigung der Nachtarbeit untersuchen zu lassen ( 6 (3) ArbZG). Anhaltspunkte für eine solche Untersuchung wurden 1995 vom Bundesarbeitsministerium veröffentlicht. Weitere Aufgaben, u.a.: Beratung des Arbeitgebers bei der Arbeitsplatzwechsel und Wiedereingliederung Beschäftigter nach längerer Krankheit oder bei Behinderungen. Beratung und Untersuchung der Beschäftigten unter arbeitsmedizinischen Gesichtspunkten. Neben den bereits erwähnten Untersuchungsanlässen sind vor allem noch zu berücksichtigen: Hautbelastungen (Untersuchungsgrundsatz G 24) Bildschirmarbeit (Untersuchungsgrundsatz G 37, s. Bildschirmarbeitsverordnung). Diese Untersuchung sollte über eine Untersuchung der Augen hinaus gehen, da muskuläre Verspannungen durch mangelhafte Arbeitsplatzgestaltung ein mindestens ebenso bedeutsames Problem darstellen. Beratung bei Bau- und Umbaumaßnahmen unter ergonomischen Gesichtspunkten und bei der Gestaltung der sozialen und sanitären Einrichtungen. Organisation der Ersten Hilfe im Betrieb. Zur Erfüllung der Aufgaben ist es erforderlich, dass dem Betriebsarzt die konkreten Arbeitsbedingungen vor Ort ausreichend bekannt sind. Hierzu sind regelmäßige Begehungen der Arbeitsstätten erforderlich. Was gehört nicht zu den Aufgaben des Betriebsarztes? Es ist nicht die Aufgabe des Betriebsarztes, im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung eine Behandlung der Beschäftigten durchzuführen. Daneben ist es dem Betriebsarzt untersagt, Krankschreibungen auf ihre Berechtigung zu überprüfen. Weiterhin gehört es nicht zu den Aufgaben des Betriebsarztes, festzustellen, ob Beschäftigte frei von ansteckenden Erkrankungen sind (s.o.). 4

Wer kann Betriebsarzt sein und welche Regelungen sind dabei zu beachten? Einzelheiten zum zeitlichen Umfang der Betreuung und der fachlichen Qualifikation regeln die Unfallverhütungsvorschriften Betriebsärzte der zuständigen Unfallversicherungsträger (BGV A 7 der Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege - BGW und GUV 0.5 der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand). Ein Betriebsarzt muss u.a. über eine ausreichende arbeitsmedizinische Fachkunde, d.h. ausreichende Kenntnisse in der Arbeitsmedizin, verfügen. Dies ist bei Ärzten mit Facharztbezeichnung Arbeitsmedizin oder Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin der Fall. Anschriften arbeitsmedizinisch fachkundiger Ärzte sind über die Ärztekammern und über die Landesverbände der gewerblichen Berufsgenossenschaften zu erhalten (in Niedersachsen: Landesärztekammer Niedersachsen, Hannover; Landesverband Nordwestdeutschland der gewerblichen Berufsgenossenschaften, Hannover; Unternehmerverbände). Wie oben erwähnt regeln die Unfallverhütungsvorschriften Betriebsärzte der Unfallversicherungsträger den zeitlichen Umfang der Betreuung durch den Betriebsarzt. Danach sind in Mitgliedsbetrieben der BGW, sofern sie Einrichtungen der Wohlfahrtspflege sind (z.b. Altenheime, ambulante Pflegedienste), bis zu einer Größe von 99 Beschäftigten in der Regel je Beschäftigten 0,33 Stunden in 3 Jahren zu erbringen, in entsprechenden Mitgliedsbetrieben der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand jedoch 0,6 Stunden pro Jahr. In Mitgliedsbetrieben der BGW können die Betreuungszeiten in maximal 3-jährigen Intervallen zusammengefasst werden (BGV A 7 der BGW). Der Betriebsarzt muss dem Arbeitgeber regelmäßig (jährlich oder nach jedem Einsatz) über die Erfüllung seiner Aufgaben schriftlich berichten (s. 5 BGV A 7 der BGW). Zusätzlich und außerhalb des angegebenen Zeitkontingents sind arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen mit besonderer Rechtsgrundlage zu erbringen (z.b. G 42, Rechtsgrundlage BioStoffV). Werden spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt, muss der Arbeitgeber eine Vorsorgekartei führen, die nach 11 der Unfallverhütungsvorschrift Arbeitsmedizinische Vorsorge (BGV A 4 bzw. GUV 0.6) folgende Angaben enthalten muss: Vor- und Familienname, Geburtsdatum, Wohnanschrift, Tag der Einstellung und des Ausscheidens, Rentenversicherungsnummer, zuständiger Krankenversicherungsträger, Art der vom Arbeitsplatz ausgehenden Gefährdungsmöglichkeiten (hier: Infektionsgefährdung), Art der Tätigkeit mit Angabe des Beginns und des Endes der Tätigkeit (hier: Krankenpflege), Angaben von Zeiten über frühere Tätigkeiten, bei denen eine Gefährdungsmöglichkeit bestand, Datum und Ergebnis der Vorsorgeuntersuchung, Datum der nächsten Nachuntersuchung, Name und Anschrift des untersuchenden Arztes und Name dessen, der die Vorsorgekartei führt. Diese Angaben können auch auf sonstigen Datenträgern gespeichert werden (z. B. elektronisch). Weitere Informationen: www-runder-tisch-hannover.de Gewerbeärztlicher Dienst Niedersächsisches Landesamt für Ökologie Göttinger Str. 14, 30449 Hannover Tel. 0511 / 4446 311 (Dr. Baars) Der Gewerbeärztliche Dienst ist die für den Medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle in Niedersachsen 5