hemmer Lösung Fall 3, Seite 1 von 9 Lösung Fall 3 A. Entscheidungszuständigkeit B. Zulässigkeit des Widerspruchs C. Begründetheit des Widerspruchs



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hemmer Lösung Fall 3, Seite 1 von 9 Lösung Fall 3 Als Rechtsbehelf kommt ein Widerspruch gegen die Beseitigungsanordnung in Betracht. A. Entscheidungszuständigkeit Sachlich und örtlich zuständig für die Entscheidung über einen von F gegen die Beseitigungsanordnung des Landrats eingelegten Widerspruch ist der Landrat selbst, 73 I Nr. 2 VwGO. Der Widerspruch hat Aussicht auf Erfolg, wenn er zulässig und soweit er begründet ist. B. Zulässigkeit des Widerspruchs I. Verwaltungsrechtsweg, 40 I VwGO analog Der Verwaltungsrechtsweg müsste analog 40 I 1 VwGO eröffnet sein. Die streitentscheidende Norm ist mit 59 LBO eine des öffentlichen Baurechts, so dass eine öffentlichrechtliche Streitigkeit vorliegt. Auch die übrigen Voraussetzungen des 40 I 1 VwGO sind erfüllt, somit ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Beachte: Wird eine Klage geprüft, ist 40 I VwGO vor der Zulässigkeit zu prüfen, da wegen der Regelung in 17 a GVG die Klage nicht unzulässig werden kann, wenn nur die Voraussetzungen des 40 I VwGO nicht vorliegen. Etwas anderes gilt jedoch beim Widerspruchsverfahren. Hier ist 17 a GVG nicht anwendbar, so dass 40 VwGO weiterhin als Zulässigkeitsvoraussetzung zu prüfen ist. I IV. Statthaftigkeit des Widerspruchs Der Widerspruch müsste statthaft sein. F wendet sich gegen die Beseitigungsanordnung vom 21.7., die einen Verwaltungsakt i.s.d. 106 LVwG darstellt. Statthafter Rechtsbehelf gemäß 68 I 1 VwGO ist damit der Anfechtungswiderspruch. Widerspruchsbefugnis, 42 II VwGO analog Durch die Beseitigungsanordnung könnte F als Adressat eines belastenden Verwaltungsakts möglicherweise in seinen Rechten aus dem Vorbescheid oder zumindest aus Art. 2 I und 14 I GG verletzt sein, so dass er analog 42 II VwGO widerspruchsbefugt ist. Form und Frist, 70 I VwGO F müsste die Widerspruchsfrist einhalten, welche nach 70 I VwGO einen Monat beträgt. Da der Bescheid mittels eingeschriebenem Brief zur Post aufgegeben wurde, bestimmt sich der für die Fristberechnung maßgebliche Ereignistag über 149 LVwG. Nach der demnach einschlägigen Drei-Tages- Fiktion ging der Bescheid dem F am 24.7. zu. Hieran ändert auch die Tatsache, dass dem F das Schreiben tatsächlich schon am 23.7. zugegangen ist, nichts, da gemäß 149 LVwG nur ein späterer Zugang relevant wäre. Die Frist begann demzufolge mit Beginn des 25.7. und endet gemäß 188 II BGB mit dem Ablauf des 24.8. Wenn man nicht auf den Charakter des Widerspruchsverfahrens als Verwaltungsverfahren abstellen will, sondern auf seine Eigenschaft als Vorschaltrechtsbehelf, ergibt sich die gleiche Rechtsfolge über 57 II VwGO i.v.m. 222 I ZPO. Die Frist endet mit Ablauf des 24.8. Bis dahin müsste der Widerspruch des F in der Form des 70 I VwGO eingelegt werden. C. Begründetheit des Widerspruchs Der Widerspruch ist begründet, soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig ist und der Widerspruchsführer dadurch in seinen Rechten verletzt ist oder der Verwaltungsakt unzweckmäßig ist und der Widerspruchsführer dadurch in seinen rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt ist. I. Rechtsgrundlage Die Beseitigungsanordnung könnte auf 59 I, II Nr. 3 LBO gestützt werden. Rechtmäßigkeit Im Widerspruchsverfahren stellt sich nicht die Frage, auf welchen Zeitpunkt die Entscheidung abstellen muss; hier ist dies immer die Sachund Rechtslage zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung. 1. Formelle Rechtmäßigkeit Der Landrat war als untere Bauaufsichtsbehörde gemäß 58 I Nr. 2 LBO für den Erlass der Beseitigungsanordnung zuständig. Eine nach 87 I LVwG grundsätzlich erforderliche Anhörung wurde nicht durchgeführt. Dieser Fehler kann aber im Verlauf des Widerspruchsverfahrens gemäß 114 I Nr. 3 LVwG geheilt werden; er wird dies bereits mit der sachlichen Würdigung des Widerspruchs. 1 1 Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 45 Rdnr. 43.

hemmer Lösung Fall 3, Seite 2 von 9 Ansonsten ergeben sich keine Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Beseitigungsanordnung. 2. Materielle Rechtmäßigkeit Es müssten die Voraussetzungen des 59 I LBO vorliegen, also zunächst eine bauliche Anlage im Sinne dieser Vorschrift, die im Widerspruch zum öffentlichen Baurecht steht. Hierbei ist zu beachten, dass eine Baubeseitigungsanordnung grundsätzlich nur dann rechtmäßig ist, wenn das Vorhaben formell und materiell illegal ist. a) Anlage gemäß 59 I LBO 59 I LBO erfordert nicht zwingend das Vorliegen einer genehmigungsbedürftigen Anlage; es muss sich lediglich um eine bauliche Anlage i.s.d. 2 I LBOhandeln. Hier stellt die Einfriedung eine bauliche Anlage i.s.d. 2 I 1 LBO dar. b) Widerspruch zum öffentlichen Baurecht? Diese Anlage müsste dem öffentlichen Baurecht widersprechen. Dabei ist zwischen formeller und materieller Rechtswidrigkeit (sogenannte Illegalität) zu unterscheiden. aa) Formelle Illegalität Die Einfriedungen könnten formell illegal sein, denn eine Baugenehmigung nach 73 I LBO lag nicht vor. Formelle Illegalität liegt dann vor, wenn die Anlage trotz bestehender Genehmigungsbedürftigkeit ohne eine solche errichtet wird oder wenn die Tatbestandswirkung einer Baugenehmigung durch Aufhebung wegfällt. Fraglich ist aber, ob sich eine Genehmigungswirkung aus der dem F erteilten Bebauungsgenehmigung für sein Wohnhaus nebst Einfriedung ergibt. Bei der Bebauungsgenehmigung handelt es sich um einen Unterfall des Bauvorbescheids, bei dem nur die bauplanungsrechtliche Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens festgestellt wird. Der Bauvorbescheid nach 66 LBO ist jedoch ein ausschließlich feststellender, nicht hingegen gestattender Verwaltungsakt, denn der Bauvorbescheid gibt den Bau noch nicht zur Ausführung frei. 2 Durch ihn wird der Bau an sich noch nicht - auch nicht teilweise - rechtmäßig, denn es darf noch nicht mit der Ausführung des Vorhabens begonnen werden. Die Einfriedung ist aber nach 62 I LBO genehmigungspflichtig, weil aufgrund ihrer Höhe von 2,50 m auch die Ausnahme des 63 I Nr. 6 b) LBO vorliegend nicht eingreift. Damit war die Errichtung der Einfriedung formell baurechtswidrig (sogenannte formelle Illegalität). bb) Materielle Illegalität Weiterhin ist für die Beseitigungsanordnung die gegenwärtige materielle Baurechtswidrigkeit (sogenannte materielle Illegalität) nötig. Da die Beseitigung baulicher Anlagen vollendete Tatsachen schafft, darf sie grundsätzlich nicht als vorläufige Maßnahme bis zum Abschluss eines (nachträglichen) Genehmigungsverfahrens ergehen, sondern nur aufgrund einer die materielle Rechtslage miteinbeziehenden Entscheidung. 3 Dies ist letztlich auch Ausfluss des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Ein so schwerwiegender Eingriff wie die Baubeseitigungsanordnung hat grundsätzlich zu unterbleiben, wenn auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Die Formelle Legalität berechtigt somit zum Bau und zur Nutzung. Materielle Legalität berechtigt zur Bauerhaltung. Dies ist bei einer genehmigungspflichtigen baulichen Anlage der Fall, wenn sie derzeit genehmigungsfähig ist oder zu irgend einem früheren Zeitpunkt ihres Bestandes genehmigungsfähig war, da dann auf einen entsprechenden Antrag des Bauherrn hin eine Genehmigung erteilt werden kann bzw. hätte erteilt werden können. Im Rahmen von 59 I LBO ergibt sich oft ein Problem des sogenannten passiven Bestandsschutzes. War die Anlage zu einem früheren Zeitpunkt ihres Bestandes mit dem materiellen Recht vereinbar, so kann sie nicht beseitigt werden. Allerdings ist sie derzeit - aufgrund zwischenzeitlicher Rechtsänderungen - nicht mehr genehmigungsfähig. Exkurs: Wirkung des passiven Bestandsschutz Dieser fungiert als ein "Abwehrrecht" gegenüber Abrissverfügungen, welches zur Rechtswidrigkeit von Änderungs- und Beseitigungsanordnungen führt 4. Aber str. ist, auf welchen Zeitpunkt hier abzustellen ist, denn der abwartende Antragsteller, der wegen 75 VwGO 3 Monate wartet und negativ beschieden wird steht schlechter, als derjenige der sofort materiell illegal "losbaut". 2 Gädtke/ Böckenförde et al. BauO NW, 71 Rn 5, 17. 3 Gädtke/ Böckenförde et al. BauO NW, 61 Rn 41. 4 Hoppe/Bönker/Grotefels, 2, Rn. 62f.

hemmer Lösung Fall 3, Seite 3 von 9 Daher wird z.t. gefordert, man müsse einen dreimonatigen Zeitraum materieller Legalität abwarten, damit Bestandsschutz entstehe 5. Voraussetzung für die Erteilung der Baugenehmigung wäre allerdings die materielle Rechtmäßigkeit der Anlage, das heißt deren Übereinstimmung mit dem öffentlichen Baurecht. Hier kommen allein bauplanungsrechtliche Bedenken gegen das Vorhaben des F in Betracht. (1) Derzeitige Rechtmäßigkeit des Vorhabens? Laut Sachverhalt hat die Stadt S in ihrer Sitzung am 2.4. den Beschluss gefasst, einen Bebauungsplan Campingplatzgebiet aufzustellen. Nach dem Bearbeitervermerk ist davon auszugehen, dass dieser Bebauungsplan mittlerweile erlassen worden ist. Damit richtet sich die Zulässigkeit des Vorhabens gem. 30 I BauGB nach diesem Bebauungsplan, der laut Sachverhalt ein Sondergebiet Campingplatzgebiet nach 10 I BauNVO ausweist. Der Plan sieht aber weder die Errichtung von Eigentumswohnhäusern noch von genehmigungspflichtigen Einfriedungen vor. Insoweit besteht heute kein materiell legaler Zustand. (2) Frühere Rechtmäßigkeit des Vorhabens? Nach den oben dargestellten Überlegungen ist aber auch die Rechtslage zum Zeitpunkt der Einfriedung zu berücksichtigen. Die Zulässigkeit des Vorhabens könnte sich vorliegend aus 33 I BauGB ergeben. Zur Zeit der Errichtung der Einfriedung befanden sich die Planungen für das damals noch vorgesehene Wohngebiet in einem fortgeschrittenen Stadium. In Betracht käme daher eine Zulässigkeit nach 33 I BauGB. Das setzt aber voraus, dass das Vorhaben nicht schon nach 30, 34 oder 35 BauGB zulässig ist, denn auch während eines Planaufstellungsverfahrens gilt grundsätzlich der alte Rechtszustand fort; 33 BauGB ist demgegenüber subsidiär. Dies kann die Stadt S nur durch den Erlass einer Veränderungssperre ( 14 BauGB) ändern oder sie muss eine Zurückstellung des Baugesuchs des F beantragen ( 15 BauGB). Daher ist zunächst zu prüfen, ob das Vorhaben nicht schon nach 30, 34 oder 35 BauGB zulässig ist. Ein qualifizierter Bebauungsplan i.s.d. 30 I BauGB lag zum damaligen Zeitpunkt noch nicht vor. Auch ist von dem Vorliegen eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils gemäß 34 I BauGB nicht auszugehen. Vielmehr handelt es sich um ein Grundstück im Außenbereich nach 35 BauGB. Fraglich ist dann aber, ob es sich 5 dazu Muckel, Kernwissen, S. 121. um ein privilegiertes Vorhaben nach 35 I BauGB handelt. Eine Privilegierung scheidet für das Wohnhaus aus. Daher kommt eine Genehmigungsfähigkeit nur im Rahmen von 35 II BauGB als sogenanntes nichtprivilegiertes Vorhaben in Betracht. Diese hängt davon ab, ob gemäß 35 II BauGB öffentliche Belange durch das Vorhaben beeinträchtigt werden. Dies dürfte im Hinblick auf den Zweck des 35 BauGB, den Außenbereich grundsätzlich von der Bebauung freizuhalten, der Fall sein; bei Wohnhäusern ist in der Regel die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung zu erwarten (vergleiche 35 III Nr.7 BauGB). Eine Splittersiedlung ist eine zusammenhangslose oder aus anderen Gründen unorganische Streubebauung 6 ; sie ist vor allem deswegen unerwünscht, weil sich deren Ansprüche i.d.r. nicht befriedigen lassen 7. Nichts anderes kann für die Einfriedung selbst gelten, die - isoliert betrachtet - darüber hinaus die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen dürfte (vergleiche 35 III Nr.5 BauGB). Darauf, ob die Erschließung gesichert ist, kommt es also nicht mehr an. Eine Genehmigungsfähigkeit nach 35 BauGB scheidet mithin ebenfalls aus. Die Zulassung könnte sich daher nur nach 33 I BauGB richten. (a) Voraussetzungen des 33 I BauGB? Daher kommt es für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit auf 33 BauGB an. In dieser Vorschrift wird zwischen formeller und materieller (Absatz 1) und nur materieller Planreife (Absatz 2) unterschieden. Im ersten Fall besteht ein Anspruch auf die Baugenehmigung, während im zweiten Fall diese lediglich nach pflichtgemäßen Ermessen zu erteilen ist. Vorliegend ist sowohl von formeller und materieller Planreife auszugehen, weil der Aufstellungsbeschluss sowie die Voraussetzungen des 33 I Nr. 1 BauGB erfüllt sind und eine sichere Erwartung bezüglich des konkreten Inhalts des zu erwartenden Bebauungsplanes bestand. Nach dem Sachverhalt waren die damaligen Planungen schon weit vorangekommen. Weiterhin hat F auch nach 33 I Nr. 3 BauGB die Festsetzungen des künftigen Bebauungsplanes für sich und seine Rechtsnachfolger anerkannt. Zudem ist die Erschließung des Grundstücks gesichert, vergleiche 33 I Nr. 4 BauGB. 6 BVerwG, BauR 1976, 344. 7 Battis/Krautzberger, 35, Rn. 67.

hemmer Lösung Fall 3, Seite 4 von 9 8 9 Damit war das Vorhaben zu diesem Zeitpunkt genehmigungsfähig. Daran ändert auch der Umstand, dass nachfolgend der Bebauungsplan geändert wurde, nichts. Die Reichweite der Anerkennung, die F nach 33 I Nr. 3 BauGB ausgesprochen hat, muss nämlich im Zusammenhang mit dem Begriff der materiellen Planreife des 33 I Nr. 2 BauGB gesehen werden. Die Zulässigkeit eines Vorhabens nach 33 I BauGB setzt stets voraus, dass nicht nur die groben Züge einer künftigen Bauleitplanung ersichtlich sind, sondern letztlich inhaltlich der Bebauungsplan als solcher bereits fertig ist und lediglich noch letzte formelle Hürden zu nehmen sind. Dann entsteht aber auch ein - zumindest teilweise - schutzwürdiges Vertrauen auf gerade diesen zukünftigen Bebauungsplan. Wenn dann aber doch noch - wie im vorliegenden Fall - der Bebauungsplan gänzlich umgeworfen wird, so ist dies von dem nach 33 I Nr. 3 BauGB ausgesprochenen Anerkenntnis keinesfalls mehr umfasst. In diesem Fall kann der einmal entstandene und schon umgesetzte Anspruch auf Baugenehmigung (Bestandsschutz!) nicht mehr entfallen. Anders kann dies allerdings bei 33 II BauGB sein, denn bei lediglich materieller Planreife besteht kein Anspruch auf die Baugenehmigung, sondern nur ein Anspruch auf fehlerfreies Ermessen. Das Vorhaben des F war damit nach damaliger Rechtslage für eine kurze Zeit bauplanungsrechtlich zulässig und somit genehmigungsfähig. (b) Voraussetzungen des Bestandsschutzes Die Tatsache allein, dass das Vorhaben zu irgendeinem früheren Zeitpunkt materiell rechtmäßig war, besagt aber noch nicht, dass die bauliche Anlage automatisch auch Bestandsschutz genießt. 8 Dazu müssen vielmehr weitere Voraussetzungen hinzukommen: Wichtig ist dabei zunächst, dass der vorhandene Bestand auch funktionsgerecht nutzbar ist, das heißt i.d.r. fertiggestellt ist, da Art. 14 GG nicht den unfertigen Teil eines Vorhabens schützt. Ferner muss der bereits errichtete Bau für einen nicht ganz unwesentlichen Zeitraum in Einklang mit dem materiellen Bauplanungsrecht gestanden haben, wobei z.t. auf den Rechtsgedanken des 75 VwGO abgestellt wird (s.o.). 9 Genaue Angaben darüber, wann F mit der Errichtung begonnen hat, lassen sich dem Sach- Vgl. Finkelnburg/Ortloff, Öff. BauR Bd II, 4. Aufl., S. 175. Vgl. Finkelnburg/Ortloff, Öff. BauR Bd II, 4. Aufl., S. 175 f. verhalt nicht entnehmen. Zwischen Erhalt des Vorbescheides und dem Aufstellungsbeschluss des geänderten Bebauungsplans lagen jedoch nur zwei Monate. Zudem war die Errichtung des Gesamtvorhabens noch gar nicht abgeschlossen. Zwar wird beim Bestandsschutz auf die fertige Nutzbarkeit der zu beseitigenden Anlage abgestellt (hier die Einfriedung), die schon komplett fertiggestellt war; angesichts der untergeordneten Bedeutung der Einfriedung im Hinblick auf das Gesamtvorhaben, erscheint es jedoch gerechtfertigt hier auf das gesamte Vorhaben abzustellen (a.a. vertretbar). Somit bestand noch keine fertige funktionsgerechte Nutzbarkeit. F kann sich daher nicht auf Bestandsschutz berufen. Exkurs: Bestandsschutz baulicher Anlagen 1. Dogmatische Herleitung des Bestandsschutzes: Er wird abgeleitet aus Art. 14 GG, denn danach wäre die Nutzungsuntersagung bzw. der Abriss einer ehemals materiell legalen Anlage unverhältnismäßig und verstieße gegen den Vertrauensgrundsatz. 2. Seine Voraussetzungen sind: a.) materielle Legalität der Anlage zu einem Zeitpunkt b.) gewisse Dauer dieser Zeitspanne, str. c.) gewisser Umfang an schutzwürdiger Substanz und Nutzung. 3. Die Rechtsfolge des passiven Bestandsschutzes liegt darin, dass ein Abwehrrecht gegenüber Abrissverfügung/Nutzungsuntersagung entsteht, welches allein durch sein Bestehen dazu führt, dass diese Maßnahmen aufgrund des Bestandsschutzes rechtswidrig sind. (c) Bindungswirkung des Bauvorbescheids? Fraglich ist aber, ob wegen der dem F erteilten Bebauungsgenehmigung etwas anderes gilt. Wegen der Tatbestandswirkung gestattender Verwaltungsakte kann bei Vorliegen einer Genehmigung für die Anlage ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht angenommen werden. Die materielle Rechtmäßigkeit des Vorhabens könnte sich daher auch aus der erteilten Bebauungsgenehmigung ergeben. Insoweit stellt sich die Frage, ob die Bauaufsichtsbehörde bei ihrer Beurteilung der Rechtslage an den Bauvorbescheid gebunden ist. In dem dem F gegenüber erlassenen Bebauungsgenehmigung bzw. Bauvorbescheid wurde sein Bauvorhaben nämlich als mit Bauplanungsrecht vereinbar beurteilt. Entscheidend ist daher die Rechtsnatur des Bauvorbescheids. Rein theoretisch kann ein Bauvorbescheid die Erteilung der späteren Ge-

hemmer Lösung Fall 3, Seite 5 von 9 nehmigung zusagen. Er kann aber auch ein vorweggenommener Teil dieser Genehmigung sein, indem er einzelne Genehmigungsvoraussetzungen feststellt. Schließlich kann sein Inhalt gemischt, also teils zusagend und teils feststellend sein. Diesen drei möglichen Regelungsinhalten eines Bauvorbescheids entsprechen unterschiedliche Bindungswirkungen, die in den Verwaltungsverfahrensgesetzen entsprechenden Niederschlag gefunden haben. 10 (aa) Ginge man davon aus, dass es sich beim Bauvorbescheid um eine Zusicherung i.s.d. 108 a LVwG handelte, so wäre dessen Bindungswirkung begrenzt. Sie entfiele automatisch, sobald und soweit sich die Rechtslage nachträglich ändert ( 108 a III LVwG). Folgt man dieser Auffassung, wäre die zuständige Baugenehmigungsbehörde im vorliegenden Fall nicht an die Feststellungen im Bauvorbescheid gebunden. (bb) Sieht man den Bauvorbescheid hingegen als vorweggenommenen Teil der späteren Genehmigung, dann gelten die allgemeinen Regeln über die Bestandskraft eines Verwaltungsakts. Er wird mit seinem bekanntgegebenen Inhalt wirksam ( 112 I 2 LVwG) und bleibt solange wirksam und damit für die Behörde bindend, bis er aufgehoben oder sonst erledigt ist ( 112 II LVwG). Der wirksame Bauvorbescheid setzt sich also wie jeder andere Verwaltungsakt gegen nachfolgende Änderungen der Sach- oder Rechtslage durch, weil diese nicht automatisch zu einem Wegfall der Bindungswirkung führen; vielmehr kann sich die Behörde von dieser Bindung nur durch den Widerruf lösen ( 117 II 1 Nr. 3 und 4 LVwG). (cc) Nach der Rechtsprechung 11 ist die Bebauungsgenehmigung ein Vorbescheid über ausschließlich bebauungsrechtliche (planungsrechtliche) Genehmigungsvoraussetzungen, der nicht die Zusage der späteren Erteilung der Baugenehmigung enthält, sondern ein vorweggenommener Teil der Baugenehmigung selbst ist. 12 Insoweit sei die nachfolgende Baugenehmigung nur Zweitbescheid. Er stelle fest, dass dem Bauvorhaben hinsichtlich der entschiedenen Frage öffentlich-rechtliche Hindernisse nicht entgegenstünden, ohne zugleich - wie die Baugenehmigung - den Bau zur Ausführung freizugeben. Dieses Verständnis der Bebauungsgenehmigung wird von der Rechtsprechung auch hinsichtlich der übrigen baurechtlichen Vorbescheide geteilt, die sich etwa nur mit bauordnungsrechtlichen Fragen befassen. 10 Vgl. zum Ganzen Ortloff, NVwZ 1983, 705 11 BVerwG, NJW 1969, 73; BVerwGE 61, 128, BVerwG, JZ 1990, 291 12 Vgl. dazu auch Fluck, NVwZ 1990, 535 (dd) Dagegen sind ein Teil der Literatur 13 und einige Oberverwaltungsgerichte 14 der Auffassung vom Wegfall der Bindungswirkung auch für den Bauvorbescheid gefolgt. (ee) Allein überzeugend ist die Auffassung, dass der Bauvorbescheid nicht als Zusicherung bzw. Zusage, sondern als vorweggenommener Teil der Baugenehmigung anzusehen ist. Eine andere Auffassung würde dem verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz zuwiderlaufen, der auch in den 116 ff. VwVfG seinen Niederschlag gefunden hat. 15 Zudem führt der gegenüber einem nur zusagenden Bauvorbescheid verstärkte Schutz für den Bauherrn zu größerer Rechtsklarheit. Durch die Einordnung des Bauvorbescheids als vorweggenommener Teil der Baugenehmigung mit Bindungswirkung greift daher der Schutz der Genehmigung (vgl. auch 14 III BauGB). Damit durfte die Behörde die materielle Rechtslage nur wie im Bauvorbescheid beurteilen. Ein Bauvorbescheid ist, wie oben dargestellt, ein feststellender Verwaltungsakt. Unabhängig davon, dass er noch keine Gestattungswirkung enthält, dient er als Instrument vertikaler Genehmigungsstufung für die abschließende Regelung bestimmter, für die bauaufsichtliche Beurteilung relevanter Rechtsfragen eines Bauvorhabens. Er dient damit im wesentlichen der Entzerrung des Genehmigungsverfahrens sowie der Rechtssicherheit des Bauherrn. Die im Bauvorbescheid geregelten Fragen sind der Bestandskraft fähige Feststellungen, an die die Beteiligten gebunden bleiben. Nichts anderes kann sich daraus ergeben, dass sich hier die dem Bauvorbescheid zugrundeliegende Rechtslage durch Aufhebung des ursprünglichen und Fassung des neuen Aufstellungsbeschlusses erheblich verändert hat. Der oben dargestellten Rechtsnatur des Vorbescheides würde eine Gleichstellung mit der in 108a LVwG geregelten Zusicherung zuwiderlaufen. Deren Bindungswirkung entfällt gemäß 108a III LVwG automatisch bei nachträglicher Veränderung der Sach- oder Rechtslage. Unabhängig von der Frage, ob eine Zusicherung i.s.d. 108a LVwG überhaupt einen Verwaltungsakt darstellt, ist deren Bestandskraft durch diese gesetzliche Regelung erheblich eingeschränkt. 66 LBO geht demgegenüber von einer - unabhängig von etwaigen sachlichen oder rechtli- 13 Vgl. Selmer/ Schulze/ Osterloh, JuS 1981, 395 m.w.n. 14 Zum Beispiel OVG Lüneburg, BRS 29, Nr. 119 15 Degenhart, DVBl 1981, 999

hemmer Lösung Fall 3, Seite 6 von 9 chen Veränderungen - allseitigen Verbindlichkeit der in dem Bauvorbescheid getroffenen Feststellungen aus, wie sich insbesondere in der gesetzlichen Befristung des Bauvorbescheids ( 66 S. 2 LBO) zeigt. Damit kommt es letztlich nicht mehr darauf an, ob das Bauvorhaben des F zu irgendeinem Zeitpunkt bauplanungsrechtlich zulässig ist oder war, weil der - jedenfalls nicht gemäß 113 LVwG nichtige - Bauvorbescheid insoweit eine fortgeltende, verbindliche Regelung getroffen hat. (ff) Möglicherweise stellt die Abrissverfügung aber eine konkludente Aufhebung des Vorbescheides dar. Als Rechtsgrundlage für die Aufhebung kommt 117 LVwG in Betracht, da zum Erlasszeitpunkt die Genehmigungsfähigkeit nach 33 BauGB bestand, der Bauvorbescheid mithin rechtmäßig war. Da nunmehr ein neuer Bebauungsplan erlassen worden ist, kommt 117 II Nr. 4 LVwG in Betracht. Eine neue Rechtslage in Form der erlassenen B-Plan-Satzung liegt vor. Heute wäre die Behörde auch berechtigt, den Vorbescheid nicht zu erlassen, da das Vorhaben des F dem jetzt gültigen Bebauungsplan widerspricht. F hat auch noch nicht vom Vorbescheid Gebrauch gemacht. Ein Gebrauchmachen kann auch nicht in der Errichtung der Einfriedung gesehen werden, da der Bauvorbescheid gerade nicht zum Baubeginn berechtigt. Schließlich müsste nach 117 II Nr. 4 LVwG ohne den Widerruf auch das öffentliche Interesse gefährdet sein. Da der Vorbescheid der neuen Planung völlig widerspricht und die Errichtung des Sondergebiets wohl verhindern oder zumindest erschweren würde, ist das öffentliche Interesse gefährdet. Damit hat der Landrat konkludent durch die Abrissverfügung den Bauvorbescheid widerrufen. Dieser Widerruf ist auch zweckmäßig, da nur auf diese Weise eine geordnete, dem Bebauungsplan entsprechende Nutzung gesichert werden kann. Somit kann F auch aus dem Bauvorbescheid keine Rechte für den Bestand der Einfriedung herleiten. c) Ermessen hinsichtlich 59 II, I Nr. 3 LBO Der Erlass der Baubeseitigungsverfügung ist auch zweckmäßig. Wie dargestellt vermag der Widerspruchsführer kein schutzwürdiges Vertrauen oder schutzwürdigen Bestandsschutz für sich in Anspruch nehmen. Zwar stand die Errichtung der nicht schutzwürdigen Einfriedung damals im Einklang mit dem geplanten Bebauungsplan, der Widerspruchsführer hatte aber eben gerade keine Baugenehmigung, sondern nur einen Bauvorbescheid erhalten, der nicht zum Bauen berechtigt. Besondere Umstände zur Annahme eines Härtefalls in Form gravierender finanzieller Verluste o. ä. sind nicht ersichtlich. Es steht vielmehr sowohl mit Art. 14 GG und mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung in Einklang, dass baurechtswidrige Zustände, die nicht schutzwürdig sind oder aus sonstigen Gründen Bestandsschutz genießen, zu beseitigen sind. Da hier die Erfolgsaussichten des Widerspruchs zu prüfen waren, wäre es falsch gewesen, sich nur auf Ermessensfehler zu konzentrieren. Die Widerspruchsbehörde überprüft - anders als das VG - auch das Ermessen komplett. Die Baubeseitigungsverfügung ist nach alldem nicht zu beanstanden. D. Ergebnis Der zulässige Widerspruch ist unbegründet. Abwandlung: Erfolgsaussichten eines Widerspruchs gegen die Kostenverfügung vom 27.10. A. Zulässigkeit I. Verwaltungsrechtsweg, 40 I 1 analog Der Landrat als Träger hoheitlicher Gewalt erließ die Kostenverfügung in Anwendung des LVwG. Nach der modifizierten Subjektstheorie liegt mithin eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor. Statthaftigkeit des Widerspruchs, 68 VwGO Die Verfügung des Landrats vom 27.10. müsste ein VA i.s.d. 106 LVwG sein. Dem F als Betroffenem wird rechtlich verpflichtend aufgegeben, binnen einer Woche 2.650 Euro zu zahlen. Bedenken können insoweit entstehen, als bereits am 6.10. eine Entscheidung ergangen ist und deshalb die Verfügung vom 27.10. lediglich eine Ausgestaltung der Regelung vom 6.10. sein könnte. Hinzu kommt, dass die Kostenverfügung vom 27.10. ohne Rechtsbehelfsbelehrung erging. Dennoch handelt es sich um einen eigenständigen VA. Das Fehlen der Rechtsbehelfsbelehrung hat lediglich Auswirkungen auf die Frist. Da der Landrat in der Kostenverfügung konkludent die auf die Mehrkosten der Ersatzvornahme gerichtete Leistungspflicht regeln wollte, kann das Schreiben vom 27.10. nicht als

hemmer Lösung Fall 3, Seite 7 von 9 I IV. schlichte Kostenrechnung oder gewöhnliche Zahlungsaufforderung eingestuft werden. Widerspruchsbefugnis, 42 II analog Die analog 42 II VwGO erforderliche Widerspruchsbefugnis liegt vor, da F Adressat eines belastenden VA ist. Form und Frist, 70 VwGO Da eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben ist, muss F gemäß 70 II, 58 II VwGO innerhalb eines Jahres Widerspruch eingelegt haben. V. Ergebnis Der Widerspruch gegen die Kostenverfügung vom 27.10. ist zulässig. B. Begründetheit des Widerspruchs Der Widerspruch des F ist begründet, soweit die Kostenverfügung vom 27.10. rechtswidrig ist und den F in seinen Rechten verletzt, 113 I 1 VwGO analog. Hinweis: Beachte, dass hier im Unterschied zu dem Hauptfall es im Rahmen der Begründetheit um einen Widerspruch gegen eine gebundene Entscheidung geht und insofern eine Zweckmäßigkeitsprüfung entbehrlich ist. I. Ermächtigungsgrundlage In Betracht kommt 238, 249 LVwG i.v.m. 1, 3, 17 VVKO. I Formelle Rechtmäßigkeit der Kostenverfügung Der Landrat ist örtlich und sachlich zuständig gem. 231 LVwG. Die Verfügung ist ordnungsgemäß zugestellt worden. Verfahrensfehler sind nicht erkennbar. Die Kostenverfügung ist mithin formell rechtmäßig. Materielle Rechtmäßigkeit Ermächtigungsgrundlage für die Verfügung könnte 238, 249 LVwG i.v.m. 1, 3, 17 VVKO sein. Der aus den genannten Vorschriften folgende Kostenerstattungsanspruch setzt eine rechtmäßige Ersatzvornahme voraus. 1. Rechtmäßige Ersatzvornahme Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme sind: a. Allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen des 229 I Nr. 1 LVwG: - Nichtvornahme des Handelns, Duldens oder Unterlassens. b. Besondere Vollstreckungsvoraussetzungen der Ersatzvornahme: - VA ist auf Vornahme einer vertretbaren Handlung gerichtet 238 LVwG, - Wirksame Androhung, 236 LVwG, Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Darauf, ob der auf Vornahme gerichtete VA o- der die Androhung der Ersatzvornahme rechtmäßig war, kommt es nicht an, denn tragender Grundsatz der Verwaltungsvollstreckung ist, dass die Wirksamkeit und nicht die Rechtmäßigkeit vorausgegangener Verwaltungsakte Bedingung für die Rechtmäßigkeit folgender Akte ist. 16 Unwirksam ist ein Verwaltungsakt nur, wenn er nichtig ist. Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit gibt es nicht. Die Androhung ist unanfechtbar geworden. Dies hat zu Konsequenz, dass nur noch zu prüfen ist, ob sie nichtig ist, denn selbst im Falle ihrer Rechtswidrigkeit ist sie grundsätzlich wirksam. Als Voraussetzung für die Ersatzvornahme genügt eine wirksame Androhung. Ob eine auf fehlerhafter Prognose beruhende zu geringe vorläufige Veranschlagung der Kosten die Anordnung der Ersatzvornahme rechtswidrig macht - dies dürfte zu bejahen sein, da die Behörde auf jeden Fall 3.750 Euro hätte androhen können - kann letztendlich dahingestellt bleiben, da die Fehlerhaftigkeit nicht so offensichtlich ist, dass sie zur Nichtigkeit der Anordnung nach 113 LVwG führt 17. 2. Beanstandung der Höhe nach Der dem Grunde nach bestehende Kostenerstattungsanspruch könnte jedoch der Höhe nach zu beanstanden sein. a) Erforderlich ist, dass die tatsächlich durchgeführten Arbeiten von der bestandskräftigen Anordnung abgedeckt sind und im konkreten Fall angemessen und erforderlich waren, 238 LVwG. Gedeckt von der Anordnung war die Beseitigung der Betonfundamente. Zweck der Beseitigungsanordnung ist nicht nur die Demontierung der Anlage, sondern die Wiederherstellung des vorherigen Zustandes. Dieser konnte hier nur durch die Beseitigung der Betonsockel herbeigeführt werden. - wirksamer Grundverwaltungsakt, - gerichtet auf Handeln, Dulden, Unterlassen, - Unanfechtbarkeit, 16 BVerfG NVwZ 1999, 290; Boeddinghaus, BauO, 61 Rz 155. 17 BVerwG, NJW 1984, 2591.

hemmer Lösung Fall 3, Seite 8 von 9 b) Nicht gedeckt von der Anordnung war das aufwendige Zerkleinern der Betonklötze und das Auffüllen der entstandenen Erdlöcher mit dem zerkleinerten Material. Das aufwendige Zerkleinern war eine nicht erforderliche Maßnahme, da es kostengünstigere Maßnahmen gegeben hätte, um den früheren Zustand wiederherzustellen. Damit ist das aufwendige Zerkleinern und Auffüllen der Erdlöcher zum einen nicht von der Anordnung gedeckt, zum anderen verstößt es gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. c) Unschädlich ist jedoch die Höhe der Nachforderung von 2.650 Euro. Das Recht auf Nachforderung bleibt unberührt, wenn die Ersatzvornahme einen höheren Kostenaufwand verursacht hat. Eine Begrenzung des Erstattungsanspruchs unterhalb der tatsächlich entstandenen Kosten lässt sich weder dem Wortlaut noch dem Sinn des Gesetzes entnehmen. Während die Rechtsprechung früher eine Nachforderung der Höhe nach nur bis zu einer sog. Vertretbarkeitsgrenze zuließ, lehnt das BVerwG eine solche Begrenzung ab 18. Die Vertretbarkeitsgrenze wurde daraus abgeleitet, dass die vorläufige Veranschlagung den Sinn habe, dem Pflichtigen vor Augen zu führen, welche Kosten auf ihn zukommen, wenn er es zur Ersatzvornahme kommen lässt. Er sollte überlegen und abwägen können, ob er angesichts der zu erwartenden Kosten die geforderten Arbeiten nicht besser selbst durchführt. Der Kostenerstattungsanspruch durfte deshalb nicht außer Verhältnis zu dem veranschlagten Betrag stehen. Nach Ansicht des BVerwG verkennt diese Argumentation die rechtliche Lage. Der Störer habe zwar vor der Ersatzvornahme gem. 238 II LVwG nur die voraussichtlichen Kosten zu zahlen, insgesamt aber die vollen Kosten zu tragen ( 238 I LVwG). Er habe kein Wahlrecht, entweder selbst die Maßnahme durchzuführen o- der der Behörde die Durchführung zu überlassen. Der Ordnungspflichtige sei und bleibe bis zuletzt verpflichtet, selbst für die Durchführung zu sorgen. Die Ersatzvornahme ist deshalb nicht eine in seine Wahl gestellte alternative Art der Erfüllung, sondern sie ist die Sanktion für die Nichterfüllung seiner Verpflichtung. Ein etwaiges Vertrauen auf Einhaltung der Kostenveranschlagung ist nicht schutzwürdig. Das Gesetz geht eindeutig vom Prinzip der Kostenerstattung aus und lässt eine Abweichung nicht zu. Damit ist der Widerspruch nur insoweit begründet, als Kosten für das aufwendige Zerkleinern und Auffüllung erhoben wurden. Zusatzfall: A. Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens des H Da das zu errichtende Hotel unproblematisch eine bauliche Anlage isd 29 BauGB darstellt, müsste das Vorhaben gem. 30 ff. BauGB planungsrechtlich zulässig sein. I. 30 I BauGB? Laut Sachverhalt besteht für das fragliche Gebiet ein qualifizierter Bebauungsplan, der ein reines Wohngebiet vorsieht. Die Zulässigkeit eines Bauvorhabens, das räumlich innerhalb eines rechtswirksamen qualifizierten Bebauungsplans liegt, bestimmt sich nach 30 I BauGB. Daher sind die Festsetzungen des Bebauungsplans der alleinige Maßstab für die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens. Da dieser ein reines Wohngebiet festsetzt, werden gem. 1 III 2 BauNVO die Vorschriften der 2 14 BauNVO Bestandteil des Bebauungsplanes. Gem. 3 I BauNVO dienen reine Wohngebiete dem Wohnen, so dass nach Abs. 2 auch nur Wohngebäude zulässig sind. Da das Hotel des H vorwiegend der Beherbergung von Menschen dient und nicht dem Wohnen an sich (vgl. Umkehrschluss aus 3 III Nr. 1 BauNVO), ist das Vorhaben daher nicht nach dem Bebauungsplan zulässig und widerspricht somit den Festsetzungen des Bebauungsplanes. 30 I BauGB ist daher nicht erfüllt. Ausnahme nach 31 I BauGB? Ausnahmen können nach 31 I BauGB zugelassen werden, wenn in dem Bebauungsplan selbst ausdrücklich Abweichungen vorgesehen sind, die nach Art und Umfang geregelt sind. Im Bebauungsplan selbst sind jedoch laut Sachverhalt keine Ausnahmen vorgesehen. Da gem. 1 III 2 BauNVO die Vorschriften der 2 14 BauNVO Bestandteil des Bebauungsplanes werden, stellen aber auch die nach den 2 bis 14 BauNVO im Baugebiet ausnahmsweise zulässigen Nutzungen ausdrückliche oder hinreichend bestimmte und umgrenzte Ausnahmen im Sinne von 31 I BauGB dar. 19 Daher käme hier die Ausnahmevorschrift des 3 III Nr. 1 BauNVO in Betracht, da die planende Gemeinde von ihrem Recht aus 1 VI BauNVO keinen Gebrauch gemacht hat. Danach sind ausnahmsweise auch kleinere Beherbergungsbetriebe in reinen Wohngebieten zulässig. 18 BVerwG NJW 1984, 2591. 19 Vgl. Finkelnburg/Ortloff, Öff. BauR Bd I, 4. Aufl., S. 354.

hemmer Lösung Fall 3, Seite 9 von 9 I Angesichts der acht Geschosse und 350 Betten kann das geplante Hotel des H aber nicht mehr als kleiner Betrieb des Beherbergungsgewerbes angesehen werden. Ein kleiner Betrieb ist durch eine geringe Zahl von Räumen gekennzeichnet (typisch: Pension), so dass er baulich zumeist nicht besonders in Erscheinung tritt und infolgedessen den Charakter des reinen Wohngebietes nicht beeinträchtigt. 20 Eine Ausnahme gem. 31 I BauGB kommt somit auch nicht in Betracht. Befreiung nach 31 II BauGB? Da auch keine Ausnahmen nach 31 I BauGB greifen, bleibt dem H nur die Möglichkeit, sich um eine Befreiung nach 31 II BauGB zu bemühen, die im Ermessen der Baugenehmigungsbehörde liegt. Im Gegensatz zur Ausnahme ist die Befreiung nach 31 II BauGB gerade nicht ausdrücklich im Bebauungsplan vorgesehen. Hinweis: Beachten Sie bitte den Unterschied zwischen 31 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB. Der Abs. 1 stellt ein sog. planimmanentes Instrument zur Flexibilisierung der Planung zwecks Einzelfallgerechtigkeit dar 21, während Abs. 2 ein planexternes Instrument darstellt, welches durch den B-Plan nicht ausgeschlossen wird 22. Denn mit der Befreiung soll vielmehr unabhängig von den Bestimmungen des Bebauungsplanes flexibel auf atypische Einzelfälle reagiert werden können: Sie soll in Fällen, in denen der Bebauungsplan infolge seiner typisierenden Abstraktion einem besonders gelagerten Sachverhalt nicht Rechnung trägt, eine Berücksichtigung atypischer Umstände ermöglichen. 23 Voraussetzung ist einmal, dass durch die Gewährung der Befreiung die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und andererseits, dass alternativ eine der Nr. 1 3 erfüllt ist und zusätzlich die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Selbst wenn hier aufgrund der Hotelbettenknappheit in Münster die Voraussetzungen der Nr. 1 angenommen werden, scheitert die Befreiung an den entgegenstehenden öffentlichen Belangen, denn 31 II BauGB lässt nur eine Befreiung zu, die mit der vom Bebauungsplan erstrebten geordneten Entwicklung vereinbar ist, wobei 34 BauGB dabei eine Orientierungshilfe geben kann: Könnte das Vorhaben, wäre es nach 34 BauGB zu beurteilen, nicht zugelassen werden, weil es in einem bodenrechtlich relevanten Widerspruch zu seiner näheren Umgebung steht, ist die Befreiung in aller Regel mit den öffentlichen Belangen nicht vereinbar. 24 Genau dies ist aber bei einem achtgeschossigem Hotel in einem reinen Wohngebiet anzunehmen. Eine Befreiung nach 31 II BauGB kommt deshalb auch nicht in Betracht. B. Ergebnis Das Vorhaben des H ist bauplanungsrechtlich unzulässig. Wiederholungs- und Vertiefungsfragen Vgl. Schlömer/Hombert, Verwaltungsrecht BT II, S. 105 ff. 1. Auf welchen Rechtsgrundlagen können Baubeseitigungsanordnungen basieren? 2. Erklären Sie die Begriffe der formellen und der materiellen Baurechtswidrigkeit. 3. Wie und unter welchen Voraussetzungen kann man ein Gewächshaus von 3,5 m Firsthöhe im Außenbereich beseitigen lassen, wenn dadurch das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt wird? 4. Wie wirkt sich der Bestandsschutz im Rahmen einer Beseitigungsanordnung aus und was sind die Voraussetzungen seiner Entstehung? 5. Was ist eine Bebauungsgenehmigung? 6. Wann greift 33 BauGB ein? Kann er nach 35 BauGB zulässigen Bauvorhaben entgegengehalten werden? 7. Wann ist grundsätzlich eine Duldungsanordnung erforderlich? 8. Was ist die Rechtsgrundlage der Duldungsanordnung? 9. Macht eine fehlende Duldungsanordnung den Ausgangsverwaltungsakt rechtswidrig? 10. Wann ist eine Baueinstellung rechtmäßig, wann eine Beseitigungsanordnung, wann eine Nutzungsuntersagung? 20 Vgl. Finkelnburg/Ortloff, Öff. BauR Bd I, 4. Aufl., S. 73. 21 Reidt in Gelzer/Bracher, Bauplanungsrecht, Rn. 1911. 22 Reidt in Gelzer/Bracher, Bauplanungsrecht, Rn. 1935. 23 Finkelnburg/Ortloff, Öff. BauR Bd I, 4. Aufl., S. 356. 24 Finkelnburg/Ortloff, Öffentliches Baurecht Bd I, 4. Auflage, S. 358