Berücksichtigung latenter Grundstückgewinnsteuern in der Erbteilung 1



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Transkript:

Berücksichtigung latenter Grundstückgewinnsteuern in der Erbteilung 1 Grundsätzlich löst in allen Kantonen die Handänderung von Liegenschaften eine Grundstückgewinnsteuer aus, sofern überhaupt ein Gewinnerzielt worden ist. Gewisse Handänderungen werden jedoch privilegiert behandelt (Steueraufschub, Steuerbefreiung). So wird im Kanton Zürich bei Handänderungen an Liegenschaften im Rahmen der Erbfolge und der Erbteilung die Grundstückgewinnsteuer aufgeschoben; der Steuerbezug erfolgt erst, wenn der Erbe seinerseits die ihm zugeteilte Liegenschaft gewinnbringend weiterveräussert hat. Im Zeitpunkt der Zuteilung an einen Erben lastet also auf der Liegenschaft eine künftig anfallende Grundstückgewinnsteuer, die den Wert der Liegenschaft grundsätzlich mindert; man spricht deshalb von latenten Grundstückgewinnsteuern. Die vorliegende Abhandlung geht der Frage nach, ob und allenfalls in welchem Ausmass latente Grundstückgewinnsteuern bei der Erbteilung zu berücksichtigen sind. 1. Theorie zur Grundstückgewinnsteuer basierend auf der Regelung im Kt. Zürich Steuerobjekt der Grundstückgewinnsteuer ist der Gewinn, welcher bei einer Handänderung an einer Liegenschaft anfällt. Steuerbarer Gewinn ist der auf dem Vermögensobjekt seit der Anschaffung ohne Zutun des Eigentümers entstandene und durch die Veräusserung realisierte Mehrwert; er entspricht der Differenz zwischen Verkaufserlös und Anlagekosten (verkürzt dargestellt: damaliger Kaufpreis plus wertvermehrende Investitionen; weitere abzugsfähige Aufwendungen in StG 166). Im Kanton Zürich wird bei Handänderungen infolge Erbgangs oder Erbteilung keine Grundstückgewinnsteuer erhoben resp. diese wird aufgeschoben 2. Dazu im einzelnen: Mit dem Ableben des Erblassers werden sämtliche Erben Gesamteigen- 1 Literatur und Rechtsprechungshinweise: Dr. Peter Blöchlinger, Die latente Steuerlast, Diss. Zürich 1975; Carl Helbling, Unternehmungsbewertung und Steuern, 8. A. Düsseldorf 1995, S. 293 ff.; Prof. Dr. Peter Locher, Wann sind latente Steuern bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung zu berücksichtigen? in: Der Bernische Notar, 49 Nr. 2 / Juni 1988, Bern, S. 189 ff.; Prof. Dr. Peter Locher, Die steuerliche Behandlung vermögenswerter Leistungen unter Ehegatten nach neuem Eherecht, in: Das neue Ehe und Erbrecht des ZGB mit seiner Übergangsordnung, BTJP 1987 (Bern 1988), S. 225 ff.; Prof. Dr. Thomas Koller, Die (Nicht) Berücksichtigung latenter Steuerlasten im Ehegüterrecht in: ZbJV 132/1996, S. 247 ff.; BKHausheer/Reusser/Geiser, N 68 zu ZGB 206; Druey/Breitschmid, Praktische Probleme der Erbteilung, St. Galler Studien zum Privat, Handels und Wirtschaftsrecht, Bd. 46, S. 210; ZR 78 (1979) Nr. 43; BGE 121 III 304 ff.. 2 StG 161 Abs. 3 lit. b

Berücksichtigung latenter Grundstückgewinnsteuern in der Erbteilung 2 tümer aller sich im Nachlass befindlichen Liegenschaften; diese Handänderung infolge Erbgangs bildet also einen Steueraufschubtatbestand. Mit der Erbteilung werden die Liegenschaften an die einzelnen Erben übertragen; auch bei dieser Handänderung wird der Bezug der Grundstückgewinnsteuer aufgeschoben. Erst wenn der Erbe seine ihm zugeteilte Liegenschaft an einen Dritten veräussert, erfolgt der Steuerbezug. Der anzuwendende Steuersatz der Grundstückgewinnsteuer ist abhängig von der Höhe des Gewinnes (Progression) und von der Besitzesdauer des Eigentümers 3. Bei geerbten Grundstücken wird dem die Liegenschaft übernehmenden Erben die Besitzesdauer des Erblassers und der Erbengemeinschaft (Phase zwischen Ableben des Erblassers und Teilung) angerechnet 4. Bei der Gewinnermittlung für die Steuerveranlagung spielt es keine Rolle, zu welchem Preis sich der Erbe das von ihm übernommene Grundstück anrechnen liess; entscheidend ist der ursprünglich bezahlte Kaufpreis (allenfalls Kosten des Baulandes und die Gebäuderstellungskosten) plus sämtliche wertvermehrenden Investitionen, die während der gesamten Besitzesdauer also auch derjenigen des Erben getätigt worden sind. Der niedrigste Steuersatz (bei Gewinnenanteilen über Fr. 50 000.) wird erreicht, wenn die totale Besitzdauer volle 20 Jahre erreicht hat; der Gewinn wird dann stets mit 20% besteuert, unabhängig davon, ob die Liegenschaft nach 21 Jahren oder später verkauft wird. Wenn die Besitzesdauer länger als 20 Jahre betragen hat, ist der Veräusserer gegenüber den Steuerbehörden berechtigt, den Verkehrswert des Grundstückes vor 20 Jahren in Anrechnung zu bringen 5. Mit dieser Berechnungsart wird dann nicht mehr die Differenz zwischen Anlagekosten und Verkaufserlös, sondern die Differenz zwischen Verkehrswert vor 20 Jahren plus die seither erfolgten wertvermehrenden Investitionen einerseits, und dem Verkaufserlös andererseits, besteuert, was v.a. bei einer sehr langen Besitzesdauer zu einer erheblichen Steuerreduktion führen kann. 3 StG 170 4 StG 164 Abs. 3 5 StG 165 Abs. 2

Berücksichtigung latenter Grundstückgewinnsteuern in der Erbteilung 3 2. Praktische Beispiele Die Problematik der Berücksichtigung latenter Grundstückgewinnsteuern lässt sich an folgendem Beispiel darlegen. Der Erblasser kaufte 1987, also neun Jahre vor seinem Ableben, eine Liegenschaft zum Preis von Fr. 300 000.. Im Laufe seiner Besitzesdauer nahm er wertvermehrende Investitionen von Fr. 200 000. vor. Wir unterstellen im weiteren, dass die Erbteilung zwischen seinen beiden Nachkommen (Sohn und Tochter) innerhalb eines Jahres nach dem Ableben des Erblassers erfolgt (Besitzesdauer total zehn Jahre), und die unbelastete Liegenschaft im Teilungszeitpunkt einen Verkehrswert von Fr. 1 Mio. ausweist; daneben besteht noch ein Wertschriftendepot von ebenfalls Fr. 1 Mio. Auf den ersten Blick liegt der Schluss nahe, dass bei einer Zuteilung der Liegenschaft an den Sohn und bei einer Übertragung des Wertschriftendepots an die Tochter beide Erben gleichgestellt sind. Diese Annahme täuscht: Im Zeitpunkt der Liegenschaftenzuteilung an den Sohn mindert eine latente Grundstückgewinnsteuer (GGSt) von Fr. 155 760. den Wert der Liegenschaft. Konkrete Berechnung der latenten GGSt: Erwerbspreis 1987 Fr. 300 000.00 Wertvermehrende Aufwendungen Fr. 200 000.00 Anlagewert Fr. 500 000.00 Verkehrswert bei Zuteilung (1997) Fr. 1 000 000.00 Gewinn Fr. 500 000.00 Grundstückgewinnsteuer 170 Abs. 1 StG/ZH Fr. 194 700.00 Ermässigung nach 10 Jahren: 20 % Fr. 38 940.00 Geschuldeter Steuerbetrag Fr. 155 760.00

Berücksichtigung latenter Grundstückgewinnsteuern in der Erbteilung 4 Unterstellt man, dass der Sohn die ihm zugeteilte Liegenschaft direkt nach seinem Eigentumserwerb an einen Dritten für Fr. 1 Mio. weiterveräussert, so blieben ihm nach Bezahlung der Grundstückgewinnsteuer lediglich Fr. 844 240. ; seine Schwester hat aber Fr. 1 Mio. erhalten. Man könnte dieser Situation dadurch Rechnung tragen, dass die auf den Zeitpunkt der Erbteilung berechnete latente Steuerlast unter den Erben berücksichtigt wird 6. Selbstverständlich hätte sich der Sohn entsprechend seiner Erbquote die Hälfte der latenten Steuerlast anrechnen zu lassen. Die konkrete Erbteilung sähe dann wie folgt aus: Liegenschaft abzügl. latente GGSt Fr. 844 240.00 Wertschriften Fr. 1 000 000.00 Nachlass Fr. 1 844 240.00 Anspruch pro Erbe (je _) Fr. 922 120.00 Zuteilungen Sohn: Liegenschaft Fr. 844 240.00 Wertschriften Fr. 77 880.00 Tochter: Wertschriften Fr. 922 120.00 6 Eine solche Berücksichtigung der latenten Grundstückgewinnsteuer verlangte der Zürcher Kantonsrat Max Moser mit Motion vom 14.6.1993 (3215. Motion), indem er den Regierungsrat aufforderte, eine Vorlage zur Änderung des Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungssteuer zu unterbreiten, wonach für die Steuerbemessung vom Verkehrswert des übergegangenen Vermögens im Zeitpunkt der Entstehung des Steueranspruches für Grundeigentum die latenten Grundsteuern abzuziehen sind. Diese Motion wurde jedoch vom Kantonsrat nicht an den Regierungsrat überwiesen (vgl. Protokoll des Regierungsrates des Kantons Zürich vom 20.10.1993 in KR- Nr. 185/1993).

Berücksichtigung latenter Grundstückgewinnsteuern in der Erbteilung 5 Auch die solchermassen vorgenommenen Erbteilung hat jedoch ihre Tücken: 1. Veräussert der Sohn die Liegenschaft einige Jahre später tatsächlich für mindestens Fr. 1 Mio., so hat er dank seiner eigenen Besitzesdauer weniger Grundstückgewinnsteuern zu bezahlen, als bei der Erbteilung veranschlagt worden ist, da der Steuersatz mit jedem Jahr bis zu einer totalen Besitzesdauer von zwanzig Jahren stetig abnimmt. 2. Verkauft der Sohn die Liegenschaft einige Jahre später als Folge der sinkenden Immobilienpreise für weniger als Fr. 1 Mio., so wäre der Verlust, welcher ja in seiner eigenen Besitzesdauer eingetreten ist, durch die höhere Veranschlagung der latenten Grundstückgewinnsteuer im Zeitpunkt der Erbteilung von den übrigen Erben teilweise mitgetragen worden. 3. Veräussert der Sohn die Liegenschaft erst in jenem Zeitpunkt, als er selber bereits eine Besitzesdauer von mindestens 20 Jahren erreicht hat, so wird er bei der Veranlagung der Grundstückgewinnsteuer vom Recht Gebrauch machen, den Verkehrswert der Liegenschaft vor 20 Jahren zur Anrechnung zu bringen. Besteuert wird somit derjenige Mehrwert, der sich während seiner eigenen Besitzesdauer gebildet hat. Die bis zum Zeitpunkt der Erbteilung aufgelaufene latente Grundstückgewinnsteuer wird also steuerlich gar nicht mehr erfasst, womit auch deren Berücksichtigung bei der Erbteilung die übrigen Erben benachteiligen würde. Gleiches gilt für die Situation, wo der Sohn die Liegenschaft gar nicht verkauft. Sollte der Sohn vor Ablauf einer eigenen Besitzesdauer von 20 Jahren versterben, so ist dieser Umstand seiner eigenen Risikosphäre zuzuordnen. 3. Lösungsvorschläge Die vorerwähnten Beispiele haben deutlich gemacht, dass für die Frage, ob und in welchem Umfang latente Grundstückgewinnsteuern bei der Erbteilung zu berücksichtigen sind, drei Sachverhaltsprognosen gestellt werden müssen: 1. Wird der Erbe die Liegenschaft überhaupt verkaufen? 2. Wann verkauft der Erbe die Liegenschaft? 3. Zu welchem Preis erfolgt die Veräusserung?

Berücksichtigung latenter Grundstückgewinnsteuern in der Erbteilung 6 Die Erfahrung zeigt jedoch, dass gerade diese drei Prognosen rein spekulativ sind, zumal sich der übernehmende Erbe klugerweise immer auf den Standpunkt stellt, dass ein künftiger Liegenschaftenverkauf durchaus möglich ist. Immerhin kann festgehalten werden, dass bei einem Verkauf, bei welchem der Erbe selber bereits eine eigene Besitzesdauer von mindestens 20 Jahren aufweist, eine Berücksichtigung der latenten Steuerlast im Zeitpunkt der Erbteilung unbillig wäre, da allein der Mehrwert besteuert wird, der sich während der Besitzesdauer des Erben gebildet hat. Streng genommen müsste also in allen Erbteilungsverträgen eine Klausel aufgenommen werden, welche klar festhält, in welchem Umfang die latente Steuerlast berücksichtigt worden ist. Ferner müsste die Verpflichtung aufgenommen werden, dass der die Liegenschaft übernehmende Erbe bei einer Veräusserung vor Ablauf einer eigenen Besitzesdauer von 20 Jahren mit den übrigen Erben über die Differenz zwischen der latent berücksichtigten und der effektiv bezahlten Grundstückgewinnsteuer abzurechnen hat. Ebenfalls wäre im Erbteilungsvertrag festzuhalten, dass bei einer eigenen Besitzesdauer von mehr als 20 Jahren die gesamte bei der Nachlassteilung berücksichtigte latente Steuer, vermindert um die Erbquote des Übernehmers, an die übrigen Miterben zurückzuzahlen ist. Bei tatsächlichem Verkauf wäre aber stets zu berücksichtigen, dass sich Wertschwankungen ab dem Zeitpunkt der Erbteilung voll zugunsten oder zulasten des Erben auswirken müssen; nach der Zuordnung von Nachlasswerten trägt nämlich jeder Erbe das Risiko der Wertveränderung selbst. Verkauft der Sohn in unserem BasisBeispiel die Liegenschaft nach 10 Jahren eigener Besitzesdauer (totale Besitzesdauer somit 20 Jahre) mit einem Gewinn von mindestens Fr. 500 000. (darüberliegende Gewinnanteile stehen dem Erben allein zu), so sähe das Abrechnungsverhältnis wie folgt aus: Statt der im Erbteilungsvertrag berücksichtigten Grundstückgewinnsteuer von Fr. 155 760. hätte der Sohn auf dem bei der Teilung berücksichtigten Gewinn von Fr. 500 000. nur Fr. 97 350. zu bezahlen. Im einzelnen:

Berücksichtigung latenter Grundstückgewinnsteuern in der Erbteilung 7 Gewinn Fr. 500 000.00 Grundstückgewinnsteuer 170 Abs. 1 StG/ZH Fr. 194 700.00 Ermässigung nach 20 Jahren: 50% Fr. 97 350.00 Geschuldeter Steuerbetrag Fr. 97 350.00 Berücksichtigte latente GGSt Fr. 155 760.00./. Tatsächliche GGSt Fr. 97 350.00 Guthaben Nachlass Fr. 58 410.00 In Berücksichtigung seiner hälftigen Erbquote hätte der Bruder seiner Schwester die Hälfte von Fr. 58 410. zurückzuzahlen. Nachdem zwischen Erbteilung und Verkauf also eine lange Zeitdauer verstreichen kann (gar 20 Jahre, wenn der Übernehmer nicht oder nach 20 Jahren verkauft), stellt sich die Frage, ob der die Liegenschaft veräussernde Erbe den Rückzahlungsanspruch der übrigen Erben mit 5% zu verzinsen hätte. Diese Frage ist zu bejahen, denn die latente Steuerlast wurde dem Übernehmer im Zeitpunkt der Erbteilung in vollem Umfang (abzügl. des Anteils, welcher seiner eigenen Erbquote entspricht) gutgeschrieben, obwohl er das Kapital für die Bezahlung der Steuer noch gar nicht (allenfalls gar nie) gebraucht hat. Diese vorgeschlagene Regelung im Erbteilungsvertrag hätte sicherlich den Vorzug, dass die effektiv zu zahlende Grundstückgewinnsteuer nachträglich in der Nachlass- Teilung berücksichtigt werden könnte 7. Es verhält sich allerdings oftmals so, dass die Erben das Bedürfnis haben, nach der Erbteilung definitiv auseinandergesetzt zu sein. Um diesem Anliegen Rechnung zu tragen, ist auch folgender Lösungsansatz zu vertreten: Wie erwähnt erreicht nach einer totalen 7 Peter Blöchlinger, Die latente Steuerlast, Diss. Zürich 1975, S. 101 f., empfiehlt folgende Berücksichtigung der latenten Grundstückgewinnsteuern: Es ist der hypothetische Grundstückgewinn im Zeitpunkt der Teilung vertraglich festzuhalten, und es ist eine Zahlungspflicht der ausscheidenden Erben gegenüber dem Übernehmer zu vereinbaren, welche mit der Fälligkeit der Grundstückgewinnsteuern bei einem späteren Verkauf zusammenfällt und sich nach der Formel errechnen lässt: Zu bezahlende Grundstückgewinnsteuern, dividiert durch den dieser Steuer zugrundegelegten Grundstückgewinn, multipliziert mit dem hypothetischen Grundstückgewinn. Der so errechnete, auf den bis zur Teilung angewachsenen Mehrwert entfallende Steuerbetrag ist nach Massgabe der einzelnen Erbquoten auf die ausgeschiedenen Erben zu verlegen.

Berücksichtigung latenter Grundstückgewinnsteuern in der Erbteilung 8 Besitzesdauer von 20 Jahren der Steuersatz mit einer 20%igen Gewinnbesteuerung den tiefsten Stand. Würde die latente Grundstückgewinnsteuer bei der Erbteilung gar nicht berücksichtigt, so trüge der die Liegenschaft übernehmende Erbe das Risiko, dass er bei einem Verkauf vor Ablauf einer eigenen Besitzesdauer von 20 Jahren als Folge der zu zahlenden Grundstückgewinnsteuer weniger erhält, als ihm bei der Erbteilung für die LiegenschaftenÜbernahme angerechnet worden ist. Ein gerechter Risikoausgleich bestünde darin, dass bei der Erbteilung die Hälfte der latenten Grundstückgewinnsteuer zum niedrigsten Satz von 20% des Gewinnes berücksichtigt wird 8. Auf der so berechneten latenten Grundstückgewinnsteuer hätte sich der die Liegenschaft übernehmende Erbe in der Erbteilung denjenigen Teil anrechnen zu lassen, der seiner Erbquote entspricht. Ein weiterer Lösungsansatz mit einem angemessenen Risikoausgleich besteht darin, dass die latente Grundstückgewinnsteuer bei der Erbteilung gar nicht berücksichtigt wird und den Miterben ein Gewinnanteilsrecht bei einem allfälligen Verkauf innerhalb einer zu bestimmenden Periode (in der Praxis meistens fünf, allenfalls auch zehn Jahre) festgelegt wird. Wird die Liegenschaft vom übernehmenden Erben während dieser Periode tatsächlich verkauft, so steht selbstverständlich nur der Nettogewinn (also abzüglich der zu zahlenden Grundstückgewinnsteuer) zur Verteilung. Zusammengefasst kann also festgehalten werden, dass eine Patentlösung für sämtliche Konstellationen nicht angeboten werden kann. Je nach Länge der Besitzesdauer, welche dem die Liegenschaft übernehmenden Erben angerechnet wird (totale Besitzesdauer von Erblasser und Erbengemeinschaft), ist einer der drei möglichen Lösungskonzepten den Vorzug zu geben. Steht bereits bei der Zuteilung der Liegenschaft fest, dass der betreffende Erbe diese nie verkaufen wird, so ist nach unserer Ansicht bei der Erbteilung keine latente Grundstückgewinnsteuer zu berücksichtigen 9. 8 Die latente Steuerlast wird in der Praxis der Unternehmungsbewertung regelmässig mit dem halben Maximalsteuersatz veranschlagt; falls die Realisierung unmittelbar bevorsteht, ist die tatsächliche Steuerschuld anzurechnen; vgl. Carl Helbling, Unternehmungsbewertung und Steuern, 8.A., Düsseldorf 1995, S. 293 ff.. 9 Das Bundesgericht hat sich bisher nur im Rahmen einer Ehescheidung geäussert, ob bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung künftige Grundstückgewinnsteuern zu berücksichtigen sind. Es kam zum Schluss, dass eine latente Steuer bei der Vorschlagsermittlung nur dann zu berücksichtigen ist, wenn «mit Sicherheit oder hoher Wahrscheinlichkeit» feststeht, dass ein Vermögensgegenstand veräussert wird (BGE 121 III 304 ff.).