Einmal und nicht wieder! Arbeitnehmer rechtssicher abmahnen Rechtsanwältin Dr. Sandra Kreft Definition der Abmahnung Eine Abmahnung liegt vor, wenn der AG für den AN erkennbar (Dokumentationsfunktion) arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen beanstandet (Erinnerungsfunktion) den Hinweis erteilt, dass im Wiederholungsfalle der Arbeitsplatz gefährdet ist (Warnfunktion) Vorstufen der Abmahnung: z.b. Ermahnung, Verwarnung Abmahnung hat keine Sanktionsfunktion! 2 1
Formalien der Abmahnung Wer? Wie? Wann? abmahnungsberechtigt ist, wer Anweisungen bzgl. Ort/Zeit/Art und Weise der Arbeitsleistung erteilen darf kein Schriftformerfordernis, aber mündliche Form aus Beweisgründen vermeiden keine Erklärungsfrist, aber Verwirkung möglich Wie lange? befristete Warnfunktion je nach Schwere des Verstoßes AN und BR müssen vor Abmahnung nicht gehört werden, BR erhält keine Abschrift! 3 Abmahnung als Kündigungsvoraussetzung Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: Vor verhaltensbedingter ordentlicher Kündigung Abmahnung nötig! i.d.r.: nur Berücksichtigung gleichartiger Abmahnungen, die einen ähnlichen Sachverhalt betreffen, z.b. unentschuldigtes Fehlen: Verspätung / vorzeitiges Gehen Verhalten bei Krankheit: Verspätung von AU-Anzeige / Vorlage der AU-Bescheinigung ausnahmsweise: Berücksichtigung verschiedenartiger Abmahnungen bei spezifischer Unzuverlässigkeit des AN 4 2
Abmahnung als Kündigungsvoraussetzung Anzahl der notwendigen Abmahnungen hängt von der Schwere der Pflichtverletzung ab Zwischen den Abmahnungen nur Zeit lassen, wenn AN seine Arbeitsweise grundsätzlich umstellen muss Zahlreiche Abmahnungen gleichartiger Pflichtverstöße ohne Konsequenz schwächen die Warnfunktion Letzte von mehreren Abmahnungen als solche bezeichnen! 5 Entbehrlichkeit der Abmahnung Keine Abmahnung nötig, wenn AN erklärtermaßen sein Verhalten nicht ändern will kein Kündigungsschutz besteht Hinnahme der Pflichtverletzung durch AG offensichtlich ausgeschlossen ist und fristlos gekündigt wird personenbedingte Kündigung ausgesprochen wird Aber: bei Zweifeln, ob Fehlverhalten verhaltens- oder personenbedingt ist, vorsorglich Abmahnung aussprechen! 6 3
Inhalt der Abmahnung 1. Darlegung des konkreten Sachverhalts Am 10.1.2012 haben Sie während der Arbeitszeit um 15:15 Uhr Alkohol getrunken. pauschale Rügen, z.b. Leistungsmängel oder Unpünktlichkeit sind zu unbestimmt auch sehr geringe Pflichtverletzungen bis zur Grenze der Unverhältnismäßigkeit abmahnungsfähig Bildquelle: <http://www.mittelhessen.de/_em_daten/_evolver/2011/04/13/110413_1814_56_18756275.jpg 7 Inhalt der Abmahnung 2. Erläuterung der Pflichtverletzung Laut Ihrem Arbeitsvertrag besteht ein striktes betriebliches Alkoholverbot. In Ihrem Verhalten sehen wir einen schweren Verstoß gegen Ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen, den wir hiermit abmahnen. klar beschreiben, worin der konkrete Vertragsverstoß gesehen wird bei mehreren Verstößen immer einzelne Abmahnungen aussprechen ein faules Ei verdirbt den Brei! Bildquelle: <http://www.mittelhessen.de/_em_daten/_evolver/2011/04/13/110413_1814_56_18756275.jpg 8 4
Inhalt der Abmahnung 3. Aufforderung zur Vertragstreue Wir erwarten, dass Sie sich in Zukunft ohne Einschränkungen an das betriebliche Alkoholverbot halten. Arbeitspflichten der AN sollten im Vorfeld eindeutig definiert werden zukünftige Erwartungshaltung an den AN genau festlegen Bildquelle: <http://www.mittelhessen.de/_em_daten/_evolver/2011/04/13/110413_1814_56_18756275.jpg 9 Inhalt der Abmahnung 4. Hinweis auf Gefährdung des Arbeitsplatzes Bei weiteren Verstößen gegen Ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen müssen Sie mit einer Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses rechnen. ohne Hinweis der Kündigungsabsicht liegt keine Abmahnung vor Androhung arbeitsrechtlicher Schritte reicht nicht soll evtl. Kündigung wegen spezifischer Unzuverlässigkeit ausgesprochen werden Kündigungsabsicht nur bei gleichartigen Verstößen zu einschränkend 10 5
Kündigungsverzicht durch Abmahnung Ausspruch einer Abmahnung beinhaltet Kündigungsverzicht bzgl. der abgemahnten Pflichtverletzung Kreis der Abmahnungsberechtigten eingrenzen! bei unwirksamer Kündigung kann AG den doch nicht verbrauchten Sachverhalt später noch abmahnen Vorsicht: Bei Abmahnung an AN ohne Kündigungsschutz AG muss darlegen, dass zeitnahe Kündigung nicht wegen der abgemahnten Pflichtverletzung erfolgte! 11 Rechtsschutz gegen Abmahnung Gegendarstellung des AN ist zu den Akten zu nehmen Klage auf Entfernung bisher erfolgreich, wenn Abmahnung formell oder materiell unwirksam Wirkungsdauer abgelaufen war Aber: Nach Emmely-Entscheidung des BAG ist bei Interessenabwägung jetzt Dauer des störungsfreien Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen Entfernungsanspruch des AN? Betriebliche Regelungen evtl. anpassen! 12 6
Fazit Wenn Abmahnung, dann richtig! Übrigens: ca. 75 % aller Entfernungsklagen enden mit einer Aufhebung des Arbeitsverhältnisses 13 7