Finanzmathematik Bachelorarbeit aus Mathematische Modelle in den Naturwissenschaften im WS 2010



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Transkript:

Finanzmathematik Bachelorarbeit aus Mathematische Modelle in den Naturwissenschaften im WS 2010 Harald Hinterleitner (0755828) und Christof Schöffl (0686939) 28. März 2010

Inhaltsverzeichnis 1 Ein-Perioden-Wertpapiermärkte 2 1.1 Motivation................................... 2 1.2 Ein-Perioden-Modell............................. 2 1.3 Portfolios................................... 3 1.4 Optionen.................................... 5 1.5 Bewertung von Auszahlungsprofilen..................... 6 1.5.1 Zeitliche Transformation deterministischer Zahlungsströme.... 6 1.5.2 Zeitliche Transformation zustandsabhängiger Zahlungsströme... 7 1.5.3 Bewertung von Auszahlungsprofilen mit Hilfe von Replikationen. 8 1.6 Replikation und Arbitrage.......................... 9 1.7 Der Fundamentalsatz der Preistheorie.................... 12 1.7.1 Trennungssätze im R n........................ 14 1.7.2 Der Fundamentalsatz der Preistheorie................ 15 1

Kapitel 1 Ein-Perioden-Wertpapiermärkte 1.1 Motivation Suche Modell zur Bewertung von Optionen etc: Zeitpunkt t > 0, Zustandsräume Ω t. einfachstes Modell: aktueller Zeitpunkt t = 0 ein weiterer Zeitpunkt zugelassen: ω Ω, t = 1. Voraussetzung bei t = 0: Finanzmarkt vollständig bekannt Ziel: Verallgemeinerung zu realistischeren Modellen 1.2 Ein-Perioden-Modell Annahmen: genau zwei Zeitpunkte: Anfangszeitpunkt 0 und Endzeitpunkt 1, wobei Handelsaktivitäten nur bei t = 0 möglich sind Zustand des Finanzmarktes bei t = 0 bekannt t = 1 : einer aus K Zuständen Ω = w 1,..., w K N (endlich) Wertpapiere S 1,...S N Dazu Preisprozess S := {S t = (St 1,..., St N ) t = 0, 1} (beschreibt Preise der N Wertpapiere) S1(w) i : Ω R (Preise hängen vom Zustand ab) St(w)...Kurs i des i-ten Wertpapiers bei t = 1 im Zustand ω Ω WICHTIG: S0 i und S1(w), i w Ω bekannt erst bei t = 1: Entscheidung welcher Kurs realisiert wird Bemerkung: {X X : Ω R} = R K S 1 = (S 1 1,..., S N 1 ) = R K N 2

Beispiel: Ein-Perioden-Modell mit K Zuständen Veranschaulichung der zu den Zeitpunkten t = 0 und t = 1 zu spezifizierenden Kursdaten: Beispiel: Interpretation: S 1 1(w 1 ) = S 1 1(w 2 ) = 1, 02 entspricht festverzinslicher Kapitalanlage mit r = 2%; S 2 Beispiel für Aktie 1.3 Portfolios Fi- Definition: Ein Portfolio ist die Zusammenfassung von h 1 Finanzinstrumenten S 1,... und h N nanzinstrumenten S N zu einer Gesamtheit. 3

h 1 D.h. h =. h N R N wobei h i...stückzahl von S i h i S i... Position Der Wert V 0 (h) des Portfolios h bei t = 0: V 0 (h) := h S 0 (Skalarprodukt) h S 1 (w 1 ) t = 1: V 1 (h) := h S 1 :=. R K h S 1 (w k ) Es gilt: V 1 (h) = V 0 (h) + h δs mit δs := S 1 S 0 Beispiel: Definition: Gewinn G(h) := V 1 (h) V 0 (h) = h δs der mit Portfoliostrategie h erzielt wird. (G(h) nur abhängig von δs... Änderung der Wertpapierpreise) Bemerkung: bei Definition der Stückzahlen h i R negative Werte: h i Aktien werden geliehen und am Markt verkauft ( Schulden!) ( ) ( ) 10 1 Beispiel: Betrachte Portfolio h =, S 1 0 =, S 10 1, 1 S1 2 wie oben. ( ) ( ) 10 1 Es gilt: V 0 = h S 0 = = 0 ( 1 ) ( 10 ) 10 1, 02 V 1 (w 1 ) = h S 1 (w 1 ) = = 1, 8 da Kurs steigt 1 12 V 1 (w 2 ) = 1, 2 Kurs sinkt nach Liquidierung des Portfolios besteht Zahlungsverpflichtung von 1, 20. 4

1.4 Optionen Definition: Eine Call-Option beinhaltet das Recht (nicht die Pflicht): ein spezifiertes Wertpapier (Underlying) zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt (Fälligkeit) zu einem heute festgesetzten Preis (Basis-Stückpreis) zu kaufen (entspr. Kaufoption) Wert der Option bei Fälligkeit: max(s K, 0) =: (S K) +, wobei S... Kurs des Underlyings bei Fälligkeit K... Basispreis Investor: Optionsrecht nur bei S(w) > K (Gewinn durch sofortigen Verkauf) (Wert der Option >= 0) Call-Option im Ein-Perioden-Modell: c j = (S 1 (w j ) K) +, j = 1,..., K c... Auszahlungsprofil (zustandsabhängige Auszahlung) Definition: Eine Put-Option beinhaltet das Recht ein spezifiertes Wertpapier (Underlying) zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt (Fälligkeit) zu einem heute festen Preis zu verkaufen (Verkaufsoption) Auszahlungsprofil: (K S) + := max(k S, 0), c R K, c j = (K S 1 (w j )) +, j = 1,..., K Bemerkung: Option 5

Clou: europäische Option: festgelegter Zeitpunkt amerikanische Option: beliebiger Zeitpunkt bis zur Fälligkeit keine Unterscheidung möglich bei Ein-Perioden-Modell Put-Option ist Versicherung nach unten bei Wertpapierbestand Call-Option gegen unerwarteten Preisanstieg versichern Option hat Preis (wie Versicherungen) Ziel: faire Preisfindung für Optionen und Derivate Beispiel 1: wie oben + Call-Option auf S 2 mit K = 10, 5 und Fälligkeitszeitpunkt 1 t = 1: Optionswerte: c(w 1 ) = (S1(w 2 1 ) K) + = (12 10, 5) + = 1, 5 c(w 2 ) = (S1(w 2 2 ) K) + = ((9 ) 10, 5) + = 0 1, 5 Auszahlungsprofil c = 0 Beispiel 2: wie oben + Put-Option mit K = 11 (Ausübungspreis) ( ) ( ) (11 12) + 0 c = (11 9) + = 2 1.5 Bewertung von Auszahlungsprofilen gesucht: ein sinnvoller Preis für Auszahlungsprofile c R K für t = 0 1.5.1 Zeitliche Transformation deterministischer Zahlungsströme Angenommen eine Bank hat bei t = 1 die Zahlungsverpflichtung c > 0. D.h. die Bank erfährt bei t = 0 einen Zahlungsstrom von c. Diese zukünftige Verpflichtung kann wie folgt in eine äquivalente Verpflichtung bei t = 0 transformiert werden: t = 0: Bank kauft Anleihe mit Auszahlung c bei t = 1 dafür bezahlt Bank bei t = 0: c 0 := d c, wobei d der Diskontfaktor zwischen t = 0 und t = 1 ist t = 1: durch Auszahlung der Anleihe begleicht Bank die Verpflichtung c, sodass netto bei t = 1 kein Kapital fließt Es ist auch der umgekehrte Fall möglich: Bank erhält c bei t = 1. Transformation in c 0 bei t = 0: t = 0: Bank verkauft Anleihe, die bei t = 1 mit c zurückgezahlt werden muss es gilt wieder c 0 := d c 6

t = 1: Bank erhält c mit dem die Schuld aus der Anleihe beglichen wird jeder beliebige Betrag c, der bei t = 1 fließt, lässt sich mit Hilfe von Handelsaktivitäten in äquivalente Zahlung c 0 = d c bei t = 0 transformieren. 1.5.2 Zeitliche Transformation zustandsabhängiger Zahlungsströme Idee ist analog wie bei deterministischen Zahlungsströmen. Annahme: Bank hat Verpflichtungen mit Kontrahenten ja nach eintretenden Zustand w j einen Betrag c(w j ) = c j R bei t = 1 auszutauschen. c(w j ) > 0 Bank muss c(w j ) auszahlen c(w j ) < 0 Kontrahent bezahlt c(w j ) an Bank Das entsteht z.b. durch den Verkauf einer Option. Ziel: Finde für Auszahlung c einen Preis c 0 bei t = 0, sodass bei t = 1 kein Kapital fließt. D.h.: Bestimme Portfolio h R N so, dass Wert des Portfolios mit Auszahlung c bei t = 1 in jedem Zustand übereinstimmt. c(w 1 ) = h S 1 (w 1 ). c(w K ) = h S 1 (w K ) h Wert des Portfolios c 0 bei t = 0 angebbar, da S 0 (bei t = 0) bekannt sind. Es gilt: c 0 =. Zusammenfassung: Transformation der Zahlung c bei t = 1 in Zahlung c 0 bei t = 0: bestimme h, welches bei t = 1 Auszahlung c hat kaufe dieses Portfolio bei t = 0 für c 0 = h S 0 t = 1: je nach Zustand w erhält man c(w) = h S 1 (w) bei c(w) > 0, oder schuldet man c(w) = h S 1 (w) bei c(w) < 0 7

bei t = 1 fließt netto kein Kapital 1.5.3 Bewertung von Auszahlungsprofilen mit Hilfe von Replikationen Wir untersuchen, ob und wie zu einem gegebenen c R K ein Portfolio h gefunden werden kann. Lemma: h R N : h S 1 = D T h S1(w 1 1 ) S1 N (w 1 ) wobei D T :=..... die Transponierte der Payoff-/Auszahlungsmatrix S1(w 1 K ) S1 N (w K ) S1(w 1 1 ) S1(w 1 K ) D := (S 1 (w 1 ),, S 1 (w K )) =..... R N K S1 N (w 1 ) S1 N (w K ) Beweis: h S 1 (w 1 ) h 1 S1(w 1 1 ) + + h N S1 N (w 1 ) h S 1 =. =. = D T h h S 1 (w K ) h 1 S1(w 1 K ) + + h N S1 N (w K ) also: das Aufsuchen von h für Auszahlungsprofile c R K entspricht dem Lösen des SLG c = D T h. Ist h R N Lösung von diesem SLG, so sagen wir, h repliziert c. Definition: c R K heißt replizierbar : c ImD T. Beispiel 3: wie oben: Ermittle Preis einer Call-Option auf S 2 mit Ausübungspreis K = 10, 5 ( ) ( ) 1, 02 1, 02 1, 5 D =, c = 12 ( 9 ) ( 0 ) ( ) ( ) 1, 5 1, 02 1, 02 c D T h1 4, 412 h = h = 0 12 9 0, 5 h 2 8

c 0 = h S 0 = ( ) ( ) 4, 412 1 = 0, 588 Preis der Call-Option bei t = 0. 0, 5 10 Definition: Ein Tupel (S 0, S 1 ) =(b, D) R N M N K (R) heißt Marktmodell mit Preisvektor b := S 0 R N und Payoff-/Auszahlungsmatrix D M N K (R). Bemerkung: Anzahl der Zeilen von b(und D) = Anzahl der Finanzinstrumente Anzahl der Spalten von D = Anzahl der Zustände 1.6 Replikation und Arbitrage Wir haben: Ansatz zur Bewertung von zustandsabhängigen Auszahlungen c R K mit löse c = h S 1 = D T h bestimme Preis c 0 von c bei t = 0: c 0 = h S 0 Bemerkungen: Wahrscheinlichkeiten p j, mit denen w j Ω bei t = 1 eintreten, spielen keine Rolle Portfoliovektoren aus R N (nicht aus Z N ) für lin.alg.: keine z.b. 3, 14 Aktien; Realität: (50, 100,...)+ Runden auf z Z Es tauchen zwei Probleme bei der Bewertungsstrategie auf: Replikation ist nicht möglich: h : c = D T h, also c / ImD T Replikation ist nicht eindeutig bestimmt: h, h : c = D T h = D T h, d.h. Portfolios sind ökonomisch gleichwertig Definition: Ein Marktmodell (b, D) heißt vollständig, wenn D T surjektiv ist, also wenn ImD T = R K (b, D) vollständig jedes Auszahlungsprofil c ist replizierbar. Satz: (Law of One Price) Sei (b, D) ein Marktmodell, c ImD T ein replizierbares Auszahlungsprofil. Der Preis c 0 ist eindeutig bestimmt kernd T b. Beweis: sei h 0 eine spezielle Lösung von c = D T h allgemeine Lösung: h = h 0 + f mit f kernd T bel. h b = h 0 b f b = 0 kernd T b. 9

Was ist, wenn D T h = D T h aber h b h b? o.b.d.a.: h b < h b Dann gilt (h h ) b < 0 und D T (h h ) = 0. D.h. der Erwerb des Portfolios h h bei t = 0 ist mit Kapitaleinnahme von (h h ) b > 0 verbunden. Die Einnahme hat kein Risiko, denn, bei t = 1 ist h h wertlos. Eine Möglichkeit, risikolose Gewinne ohne eigenen Kapitaleinsatz zu erzielen, heißt Arbitragegelegenheit. Definition: Eine Handelsstrategie h heißt Arbitragegelegenheit, falls h b 0 und D T h > 0 oder h b < 0 und D T h 0 Arbitragegelegenheiten in (b, D) : Marktmodell heißt arbitragefrei Bemerkungen: D T h > 0: alle Komponenten sind 0 und mindestens eine Komponente > 0 x >> 0 : x i : x i > 0, i = 1,..., n, (strikt positiv) h b 0, D T h > 0: Portfolio kostet anfangs nichts, oder bringt was ein V 0 (h) = h b 0; t = 1: keine Zahlungsverpflichtungen + Chance auf Gewinn V 1 (h) = D T h > 0 h b < 0, D T h 0: Gewinn wird sofoert realisiert, später keine Verpflichtungen und Chance auf Gewinn für Bewertung von Auszahlungsprofilen wird Arbitragefreiheit des Marktmodells vorausgesetzt, in der Praxis gibt es Arbitragegelegenheiten für kurze Zeit Lemma: In einem arbitragefreien Marktmodell (b, D) beinhaltet jede bei t = 0 getätigte kostenlose Investition in ein Portfolio h mit D T h 0 das Risiko eines Verlustes. Beweis: Sei h eine kostenlose Investition mit D T h 0. Dann gilt D T h > 0, denn sonst wäre h eine Arbitragegelegenheit. Wegen D T h 0 muss daher mindestens eine Komponente von D T h negativ sein = Verlust. Bemerkung: Die Voraussetzung einer kostenlosen Investition bei t = 0 ist wesentlich, da risikolose Gewinne bei einer festverzinslichen Geldanlage mit positivem Kapitaleinsatz möglich sind. Satz: In einem arbitragefreien Marktmodel(b, D) gilt kernd T b 10

und der Preis jedes replizierbaren Auszahlungsprofils c = D T h ist eindeutig bestimmt durch h b. Beweis: Angenommen kernd T b. Dann f kernd T : f b 0. Mit Multiplikation mit 1 kann erreicht werden, dass f b < 0 gilt. Mit D T f = 0 ist f Arbitragegelegenheit. Die zweite Aussage folgt aus dem Satz Law of One Price. Beispiel 4: Umkehrung kernd T b (b, D) arbitragefrei: 0, 99 1, 1 1, 1 Gegenbeispiel: (b, D) = 7, 10 9 ; rangd T = 2, d.h. Modell ist vollständig 2, 1 9 6 19, 091 dimkernd T = 1, d.h. D T f = 0 Lösung ist f = 3 1 19, 091 0, 99 f b = 3 7 = 0 kernd T b 1 2, 1 Dennoch nicht arbitragefrei, denn Verschuldung in S 1 und Investition in S 3 führt immer zu positivem Gewinn. Bemerkung: es gibt ein Gegenbeispiel: eindeutige Bestimmtheit eines replizierbaren Portfolios (b, D) arbitragefrei. Satz: Sei c = D T h ein replizierbares Auszahlungsprofil in einem arbitragefreien Marktmodell (b, D). Dann ist h b der einzig mögliche arbitragefreie Preis für c. Beweis: Wird etwa das Auszahliungsprofil c für den Preis s < h b angeboten, so kaufe c zum Preis von s und verkaufe Portfolio h für h b. bei t = 0 haben wir Gewinn h b s > 0; bei t = 1 haben wir D T h c = 0 (keine Verpflichtung). Im Falle s > h b kaufe h und verkaufe es für s. Definition: Die lineare Abbildung L : R N R R K =R K+1 ; h ( h b, D T h) = ( hs 0, h S 1 ) heißt Entnahmeprozess. Dabei ist L 0 (h) := h b... die zum Erwerb von h erforderliche Abbuchung L 1 (h) := D T h... Wert des Portfolios bei t = 1 Satz: Sei (b, D) ein Marktmodell. Angenommen Portfolio θ: θ b > 0 und D T θ > 0. Dann gibt es Arbitragegelegenheiten Portfolio h: h b = 0 und D T h > 0 Beweis: : trivial (Definition) : Sei h Arbitragegelegenheit. Dann gilt ( h b, D T h) > 0. Nach Vorauss. gilt: θ b > 0 11

und D T b > 0. Wähle λ 0 so, dass (h + λθ) b = 0 h b θ b 0. Nun ist λ = 0 h b = 0. Dann folgt D T h > 0, da h nach Vorauss. Arbitragegelegenheit. Gilt dagegen λ > 0 h b < 0, also D T h 0. Betrachte D T (h + λθ) = D T h + λd T θ > 0, da D T h 0 und λd T θ > 0. Ist also (b, D) nicht arbitragefrei, so Arbitragegelegenheiten h: h b = 0 und D T h > 0. Korollar 1: (b, D) Marktmodell. Angenommen Finanzinstrument S i : S0 i > 0 und S1 i > 0. Arbitragegelegenheiten Portfolio h : h b = 0 und D T h > 0. Beweis: Portfolio e i = (0,, 0, 1, 0,, 0) T e i b = b i = S : 0 i > 0 und D T e i = e i S 1 = S i 1 > 0. Somit folgt die Behauptung aus vorigem Satz. Korollar 2: Marktmodell (b, D) arbitragefrei kostenfreie Portfolios h bei t = 0 mit D T h 0 j : (D T h) j < 0. D.h. das Risiko eines Verlustes ist vorhanden. Beweis: Sei (b, D) arbitragefreies Marktmodell. : aus Lemma folgt, dass jedes kostenlose Portfolio h bei t = 0 mit D T h 0 in mindestens einem Zustand einen negativen Wert besitzt. : angenommen h mit h b = 0 D T h 0: j : (D T h) j < 0 h : h b = 0 D T h > 0. Mit letztem Satz folgt daraus die Arbitragefreiheit. 1.7 Der Fundamentalsatz der Preistheorie Notation: Skalarprodukt über Finanzinstrumente: ; Skalarprodukt über Zustände:, Ziel: (b, D) arbitragefrei φ R K : φ >> 0 b = Dφ Satz: (Law of One Price, Version 2) Sei (b, D) ein arbitrage-freies Marktmodell. Dann gilt b ImD. Also φ R K : b = Dφ und es gilt: h R N : h b = φ, D T h. Beweis: Da (b, D) arbitrage-frei, folgt b kernd T. Nach Sätze über adjungierte Abbildungen gilt: kernd T ImD und R N = kernd T ImD b ImD. Also φ R K mit b = Dφ und h b = Dφ h = φ, D T h Bemerkung: Der Preis c 0 = h b eiens replizierbaren Auszahlungsprofils c = D T h unter der Voraussetzung b = Dφ ist eindeutig bestimmt und berechenbar durch c 0 = φ, c ohne h zu kennen. Sätze über adjungierte Abbildungen: Sei L : V W, L : W V : x, Ly = L x, y x W, y V 12

1. Es gilt: kernl ImL. Beweis: Sei x kernl und y ImL. Dann gilt y = L z für ein z W. x, y = x, L z = Lx, z = 0. 2. Es gilt: V = kernl ImL und W = kernl ImL. Beweis: Wegen L = L reicht es, die erste Aussage zu beweisen. Wir wissen: kernl ImL, also ImL (kernl). Weiters dim ImL = dim ImL = dim(kernl), wegen Dimensionssatz. Daher gilt: ImL = (kernl) Satz: Gilt b = Dφ für ein φ R K mit φ >> 0 (b, D) arbitragefrei. Beweis: Es gilt h b = φ, D T h. Ist D T h > 0, so folgt h b > 0 wegen φ >> 0. Ist dagegen D T h 0, folgt h b 0 h ist keine Arbitragegelegenheit. Definition: Ein φ R K mit φ >> 0 und b = Dφ heißt Zustandsvektor. (( ) ( )) 1 1, 02 1, 02 Beispiel 5: Betrachte (b, D) =, ( ) ( ) 10 ( ) 12 9 ( ) 1, 02 1, 02 φ 1 1 0, 392 Dφ = b 12 9 φ 2 = φ = >> 0 10 0, 588 Satz: Sei (b, D) ein arbitragefreies und vollständiges Marktmodell. Dann Zustandsvektor in (b, D). Beweis: Sei φ R K : b = Dφ. Sei e i R K i-ter Standardbasisvektor. (b, D) vollständig h i R N : e i = D T h i. Damit gilt φ i = φ, e i. Wäre φ i = h i b 0, so wäre h i wegen D T h i = e i > 0 eine Arbitragegelegenheit. Da (b, D) aber nach Vorauss. arbitragefrei, folgt φ i > 0 i = 1,...K. Ziel: aus Arbitragefreiheit eines Marktmodells ganz allgemein, ohne Voraussetzung der Vollständigkeit, die Existenz eines Zustandsvektors ableiten; dazu werden folgende zwei Trennungssätze benötigt (Spezialfälle: Satz von Hahn-Banach) 1.7.1 Trennungssätze im R n Satz: (erster Trennungssatz) Sei C R n abgeschlossene, konvexe Menge, die den Ursprung nicht enthält. Dann x 0 R n α > 0 : x 0, x α x C. Insbesondere schneidet C nicht die Hyperebene x 0, x = 0. Beweis: 13

Sei λ > 0 so, dass C B λ (0), wobei B λ (0) = {x R n : x λ} (Kegel um Ursprung mit Radius λ). Sei x 0 C der Punkt, an dem die stetige Abbildung x x auf der kompakten Menge C B λ (0) ihr Minimum annhimmt. So folgt sofort: x x 0 x C. Da C konvex, gilt x C t [0, 1] : x 0 + t(x x 0 ) C. Definiere f : R R, t x 0 + t(x x 0 ) 2 = x 0 2 + 2t x 0, x x 0 + t 2 x x 0 2. f ist differenzierbar und es gilt x 0 2 = f(0) f(t) t [0, 1]. Daher ist f f(t) f(0) (0) = lim t 0 0 und f (0) = 2 x t 0, x x 0 = 2( x 0, x x 0 2 ) 0 x C Mit λ := x 0 2 folgt die Behauptung. Satz: (zweiter Trennungssatz) Sei K eine kompakte und konvexe Teilmenge des R n und sei V ein Untervektorraum des R n. Seien V und K disjunkt. So x 0 R n : x 0, x > 0 x K und x 0, x = 0 x V. Daher ist der Unterraum V in einer Hyperebene enthalten, die K nicht schneidet. Beweis: Menge C := K V = {x R n : (k, v) K V, x = k v} ist konvex, da V als UR und K nach Vorauss. konvex sind. C ist abgeschlossen, da V abgeschlossen und K kompakt ist. K, V disjunkt 0 / C x 0 R n α > 0 : x 0, x > α x C k K v V : x 0, k x 0, v α k K f.a.b, V VR v V λ R : λ x 0, v x 0, k α x 0, v = 0 v V (einzige Möglichkeit, da λ bel.) x 0, k α > 0 k K. 14

1.7.2 Der Fundamentalsatz der Preistheorie Satz: In einem Marktmodell (b, D) sind folgende Aussagen äquivalent: 1. (b, D) ist arbitragefrei 2. Φ R K+1, Φ >> 0 h R N : Φ, L(h) = 0 3. Zustandsvektor φ R K, φ >> 0 mit b = Dφ Beweis: 1. 2.: Sei (b, D) ein arbitragefreies Marktmodell. Dann h R N : L(h) = ( hb, D T h) > 0. L : R N R K+1 linear ImL ist UVR von R K+1, der {x R K+1 x > 0} nicht schneidet. Insbesondere schneidet ImL NICHT M = {x R K+1, x > 0, K i=0 x i = 1} kompakt, konvex zweiter Trennungssatz Φ R K+1 : Φ, x = 0 x ImL und Φ, x > 0 x M Φ >> 0 (Wähle x = e j ) 2. 3.: Sei Φ R K+1, Φ >> 0 : Φ, L(h) = 0 Schreibe Φ = (Φ 0, Φ 1 ) mit Φ 0 R, Φ 1 R K. Φ >> 0 Φ 0 > 0 Φ 1 >> 0 0 = Φ, L(h) = (Φ 0, Φ 1 ), ( h b, D T h) = Φ 0 (h b) + Φ 1, D T h Φ also h b = 1 Φ 0, D T h Definiere φ := Φ 1 Φ 0 R K φ >> 0 h b = φ, D T h = Dφ h h R N b = Dφ 3. 1.: im obigen Satz bereits bewiesen Bemerkungen: mit φ ist der Preis JEDES replizierbaren Auszahlungsprofil berechenbar: c 0 = φ, c 15

für Nachweis der Arbitragefreiheit reicht: untersuche b = Dφ, φ >> 0 auf Lösbarkeit. (( ) ( )) 1 1, 1 1, 1 Beispiel 6: Betrachte Marktmodell (b, D) =, 5 7 4 Untersuche (b, D) auf Vollständigkeit und auf Arbitragefreiheit: detd = 4, 4 5, ( 5 0 ) D regulär Marktmodell vollständig 0, 45455 Dφ = b φ = φ >> 0 (b, D) arbitragefrei 0, 45455 BestimmeWert einer Call-Option auf S 2 mit Basispreis K = 6: ( ) 1 Auszahlung c = c 0 0 φ, c = 0, 45455 1 1, 1 1, 1 1, 1 Beispiel 7: Betrachte Marktmodell (b, D) = 5, 7 4 6 10 12 9 9 Zeige, (b, D) vollständig, aber icht arbitragefrei: rangd = 3 (b, D) vollständig 0, 60606 Dφ = b φ = 0, 5303 Arbitragegelegenheiten 0, 22727 0 finde Arbitragegelegenheit: c 0 = 0 = φ, c c = 0, 22727 > 0 positive Auszahlung; da vollständig c ist replizierbar 0, 5303 1, 51 h = 0, 151 h b = 0 und D T h = c > 0 0, 227 16

Literaturverzeichnis [1] Jürgen Kremer: Einführung in die diskrete Finanzmathematik Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2006 17