KURS RECHT I SS 2009. Insolvenzrecht. Bruno Binder/Margit Mayr. Download Insolvenzrecht

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Transkript:

KURS RECHT I SS 2009 Bruno Binder/Margit Mayr Download Insolvenzrecht Insolvenzrecht Erfüllt ein Schuldner seine gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen (Schulden) nicht freiwillig, dann kann der Gläubiger seine Forderung gegen den Schuldner (durch Klage) bei Gericht geltend machen. Erhält der Gläubiger nach Durchführung des gerichtlichen Verfahrens ein Urteil, das den Schuldner zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit verpflichtet, bildet dieses Urteil einen Exekutionstitel mit Hilfe dessen der Gläubiger seine Forderung notfalls im Exekutionsverfahren durchsetzen kann. Solange über den Schuldner noch kein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, gilt das sog Prioritätsprinzip ( Windhundprinzip, wer zuerst kommt, mahlt zuerst ). Das bedeutet, dass jeder Gläubiger für sich selbst handelt und seine Forderung gegen den Schuldner selbst durchzusetzen versucht. Dabei entscheidet das Zuvorkommen, dh dass derjenige das stärkere Recht hat, der im Exekutionsrang an vorderer Stelle steht. Kann der Schuldner aber aufgrund seiner schlechten finanziellen Lage nicht mehr alle Forderungen seiner Gläubiger befriedigen, sieht der Gesetzgeber die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vor. Ab Einleitung eines Insolvenzverfahrens über einen Schuldner, tritt an Stelle der Einzelrechtsverfolgung ein System kollektiver Rechtsverfolgung das in Form eines Insolvenzverfahrens unter gerichtlicher Aufsicht durchgeführt wird. Durch die Durchführung dieses Verfahrens sollen die (unbesicherten) Gläubigerforderungen gleichmäßig befriedigt werden. Ab Einleitung des Insolvenzverfahrens wird der Schuldner als Gemeinschuldner bezeichnet, da er der Gemeinschaft der Gläubiger etwas schuldet. Das Vermögen des Schuldners wird ab diesem Zeitpunkt als Masse bezeichnet. Das Insolvenzrecht hat insbesondere im Zusammenhang mit der Sanierung insolventer Unternehmen und der damit verbundenen Sicherung von Arbeitsplätzen große praktische Bedeutung erlangt. Der Gesetzgeber hat auch das Problem der wachsenden Verschuldung natürlicher Personen erkannt und durch besondere Sanierungsinstrumente in der Konkursordnung ( Privatkonkurs ; Konkurs natürlicher Personen; 181 ff KO) darauf reagiert. Die bedeutendsten Rechtsgrundlagen des Insolvenzrechts sind: die Konkursordnung (KO, RGBl 1914/337 idgf) die Ausgleichsordnung (AO, BGBl II 1934/221 idgf) die Anfechtungsordnung (RGBl 1914/337 idgf) die Exekutionsordnung (EO, RGBl 1896/79 idgf) das Unternehmensreorganisationsgesetz (URG, BGBl I 1997/114 idgf) das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz (IESG, BGBl 1977/324 idgf) und die Kridastraftatbestände der 156 ff Strafgesetzbuch (StGB, BGBl 1974/60 idgf). Außergerichtlicher Ausgleich Der sog außergerichtliche Ausgleich ist die privatrechtliche Einigung zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern, im Rahmen derer der Schuldner seinen Gläubigern anbietet, einen bestimmten Prozentsatz der Schulden zu bezahlen. Wie bei einem Vertrag (einer privatrechtlichen Einigung) üblich, müssen die Vertragsparteien (alle Gläubiger) zustimmen. Stimmt auch nur einer der Gläubiger nicht zu, dann ist ein außergerichtlicher Ausgleich nicht möglich. Der Schuldner kann aber seinen Gläubigern auch unterschiedliche Quoten anbieten, wenn die übrigen Gläubiger damit einverstanden sind. Eine bestimmt Mindestquote die angeboten werden muss, gibt es beim außergerichtlichen Ausgleich nicht. Es ist allein die finanzielle Leistungsfähigkeit des Schuldners ausschlaggebend. 1

Hauptargument das für die Durchführung eines außergerichtlichen Ausgleichs spricht ist, dass der Schuldner bei Zahlungsunfähigkeit einen Konkursantrag stellen müsste. Mit der Durchführung eines Konkursverfahrens sind aber hohe Kosten (insbesondere Verfahrenskosten und Kosten des Masseverwalters) verbunden, was nur zu einer weiteren Vermehrung der Schulden bzw Verminderung des Vermögens des Schuldners führen würde. Die Chancen einen höheren teil seiner Forderung zu erlangen stehen also bei Durchführung eines außergerichtlichen Ausgleichs besser als bei Durchführung eines Insolvenzverfahrens. Konnten sich der Schuldner und die Gläubiger einigen und hat der Schuldner den vereinbarten Ratenplan erfüllt, dann erlischt die Schuld in voller Höhe und es kommt zur sog Restschuldbefreiung. Kommt der Schuldner seinen im Rahmen des Ausgleichs vereinbarten Zahlungsverpflichtungen allerdings nicht nach, dann wird dies idr an der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners liegen und ein Insolvenzantrag zu stellen sein. Konkurs und Zwangsausgleich Konkurs Konkurs ist ein gerichtliches Verfahren, dessen Zweck es ist, eine gleichmäßige Forderungsbefriedigung aller Gläubiger zu erreichen. Der Schuldner ist verpflichtet bis spätestens 60 Tage nach Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag zu stellen. Zahlungsunfähigkeit bedeutet, dass der Schuldner aus den ihm zur Verfügung stehenden (liquiden) Mitteln seine Schulden nicht innerhalb einer angemessenen Frist bezahlen kann. Kann der Schuldner seine Verbindlichkeiten jedoch nur vorübergehend nicht bezahlen und kommt es daher zu einer bloß vorübergehenden Zahlungsstockung, dann liegt keine Zahlungsunfähigkeit vor. Handelt es sich beim Schuldner um eine juristische Person, zb um eine GmbH oder eine AG, dann ist über den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit hinaus ein weiterer Eröffnungsgrund die Überschuldung mit negativer Fortbestehensprognose. Von einer Überschuldung spricht man, wenn die Passiva (Schulden) die Aktiva (Vermögen) übersteigen, dh wenn das Eigenkapital aufgebraucht ist. Voraussetzung für das Vorliegen einer negativen Fortbestehensprognose ist, dass sich der Umstand der Überschuldung innerhalb der nächsten Monate nicht ändern wird. Nicht nur der Schuldner, sondern auch ein Gläubiger kann einen Konkursantrag stellen. Ist dies der Fall, dann muss das Gericht prüfen ob der Schuldner tatsächlich zahlungsunfähig ist. Dies erfolgt einerseits durch Einsicht in das Exekutionsregister und andererseits durch Einvernahme des Schuldners. Im Exekutionsregister kann man abfragen, wie viele Exekutionen gegen einen bestimmten Schuldner anhängig sind. Sind mehrere Exekutionen anhängig, dann ist das ein Indiz für die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. Bei Stellung eines Konkursantrags ist ein Kostenvorschuss zu leisten, der die Anlaufkosten des Konkursverfahrens (insbesondere die Kosten für den Masseverwalter und die Gerichtsgebühren) decken soll. Das Gesetz gibt einen Rahmen von 4.000,-- vor, der idr von den Gerichten auch ausgeschöpft wird. Wird der Konkursantrag durch einen Gläubiger gestellt, dann hat dieser den Kostenvorschuss zu hinterlegen. Stellt der Schuldner selbst den Antrag, dann reicht es aus, wenn leicht verwertbares Vermögen vorhanden ist, dessen Wert der Höhe des Kostenvorschusses entspricht. Ist dies nicht der Fall, ist also kein kostendeckendes Vermögen mit einem Wert in Höhe des Kostenvorschusses vorhanden, dann wird der Konkursantrag mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen und das Konkursverfahren findet nicht statt. Das bedeutet, dass das Konkursverfahren über den Schuldner nicht eröffnet wird und die Einzelexekutionen der Gläubiger gegen den Schuldner weiter laufen. Die Abweisung eines Konkursantrags mangels kostendeckenden Vermögens stellt einen Gewerbeentziehungs- und Gewerbeausschlussgrund gemäß 13 und 87 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994, BGBl 1994/194 idgf) dar. Wird der Konkursantrag nicht innerhalb der 60 Tagesfrist gestellt, dann können zivilrechtliche Folgen für die dazu verpflichteten Personen entstehen. Die zur Stellung eines solchen Antrags verpflichteten vertretungsbefugten Organe einer juristischen Person haften in einem solchen 2

Fall (wenn sie nicht ohnehin persönlich haftende Gesellschafter etwa einer OG oder KG sind) den Gläubigern für den sog Verspätungsschaden. Im Zusammenhang mit den Schadenersatzansprüchen der Gläubiger differenziert die Rechtsprechung zwischen den sog Altgläubigern und den sog Neugläubigern. Als Altgläubiger gilt ein Gläubiger der seine Forderung gegen den Schuldner bereits vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw der Überschuldung mit negativer Fortbestehungsprognose erworben hat. Im Gegensatz dazu ist die Forderung eines Neugläubigers erst nach diesem Zeitpunkt begründet worden. Folge dieser Unterscheidung ist, dass die Neugläubiger besser zu stellen sind, als die Altgläubiger. Der Neugläubiger hat einen Anspruch auf Ersatz des sog Vertrauensschadens, dh er ist so zu stellen, als wäre das Geschäft nicht zustande gekommen. Der Neugläubiger soll also jenen Schaden ersetzt bekommen, den er durch den irrigen Glauben über die wirtschaftliche Situation des Schuldners erlitten hat. Dem Altgläubiger wird dagegen nur ein Anspruch auf Ersatz seines Quotenschadens zugesprochen. Als Quotenschaden wird die Differenz zwischen der Höhe der fiktiven Quote die er bei rechtzeitiger Antragstellung durch den Schuldner erhalten hätte und der Höhe der Quote, die er tatsächlich erhält, bezeichnet. Ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit hat der Schuldner alle Gläubiger insofern gleich zu behandeln, als er ihre Forderungen nur mehr anteilsmäßig gleich befriedigen darf ( Gleichbehandlungsgebot ; Grundsatz der Gleichbehandlung ). Tut er das nicht, dann macht er sich strafbar ( 158 StGB, Gläubigerbegünstigung ). Darüber hinaus macht sich ein Schuldner nach 159 StGB (grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen ) strafbar, wenn er beispielsweise folgende kridaträchtige Handlungen setzt: wenn er einen bedeutenden Bestandteil seines Vermögens verschleudert wenn er außergewöhnlich gewagte Geschäfte tätigt, die nicht zum normalen Geschäftsbetrieb gehören wenn er übermäßigen Aufwand betreibt, der in Missverhältnis zu seiner tatsächlichen Vermögenslage steht oder wenn er seine Bücher mangelhaft führt, dh er die bücherlichen Aufzeichnungen über wirtschaftliche Ströme nicht ordnungsgemäß führt. Der Tatbestand des 159 StGB wird aber nur bei Vorliegen eines besonders schweren Verschuldens (bei grober Fahrlässigkeit) verwirklicht. Für den Konkursantrag ist das jeweilige Landesgericht (bzw in Wien das Handelsgericht) zuständig. Bei einem Privatkonkurs ist das Bezirksgericht zuständig, in dessen Sprengel sich der Schuldner gewöhnlich aufhält. Wird ein Konkursverfahren über einen Schuldner eröffnet, dann verliert dieser die Handlungsfähigkeit, also die Fähigkeit über sein Vermögen selbst zu verfügen. Die Verwaltung des dem Konkurs unterworfenen Vermögens erfolgt ab diesem Zeitpunkt durch den Masseverwalter. Das ist eine vom Gericht bestellte Person, die idr ein Rechtsanwalt oder eine sonstige wirtschaftskundige Person (zb Wirtschaftstreuhänder) ist. Durch die Konkurseröffnung treten insbesondere folgende Wirkungen ein: der Schuldner verliert das Verfügungsrecht über sein Vermögen sämtliche Forderungen der Gläubiger gegen den Schuldner werden sofort fällig Rechtshandlungen die der Schuldner nach Konkurseröffnung bezüglich der Konkursmasse setzt, sind den Gläubigern gegenüber unwirksam es wird eine Postsperre über den Schuldner verhängt, dh er bekommt seine Post nicht mehr persönlich ausgehändigt (die Post wird dem Masseverwalter zugestellt, der sie prüft und irrelevante Poststücke an den Schuldner aushändigt) mit der Konkurseröffnung laufen alle Exekutionsmaßnahmen ins Leere, es darf nicht mehr vollstreckt werden ( Vollstreckungssperre ; 11 KO) 3

alle gegen den Schuldner anhängigen Gerichtsverfahren werden unterbrochen. Nach Eröffnung des Konkurses über einen Schuldner werden die Gläubiger aufgerufen, ihre Forderungen gegen den Schuldner beim Konkursgericht anzumelden. Der Masseverwalter prüft im Rahmen der sog Prüfungstagsatzung, ob diese Forderungen zu Recht bestehen. Ist der Masseverwalter der Meinung, dass die angemeldete Forderung tatsächlich und zu Recht besteht, erkennt er die Forderung an. Mit Anerkennung der Forderung erhält der Gläubiger einen Exekutionstitel der 30 Jahre lang gültig ist. Bestreitet der Masseverwalter allerdings die Forderung und lässt sich der Gläubiger auf das Verfahren ein, dann kommt es zu einer Entscheidung im Wege der Klage gegen die Masse ( Bestreitungsprozess ). Die Konkursquote, also die Quote die ein Gläubiger in einem Konkursverfahren erhält, beträgt in der Praxis oft 10 % und weniger. Die Restforderung, also jener Teil der Forderung, der nach Befriedigung der Quote übrig bleibt, besteht 30 Jahre lang fort. Es kommt also nicht zur Restschuldbefreiung des Schuldners. Die Konkursquote wird dadurch errechnet, dass vom Erlös aus der Verwertung des Schuldnervermögens die Kosten des Konkursverfahrens und die Masseforderungen (zb Kosten des Masseverwalters, Forderungen die erst nach Konkurseröffnung entstehen) abgezogen werden und der Rest des Verwertungserlöses in der Folge anteilsmäßig auf die Gläubiger verteilt wird. Massegläubiger (Gläubiger von Masseforderungen) werden bevorzugt aus der Masse befriedigt, das bedeutet, dass deren Forderungen den anderen Forderungen vorgehen und voll befriedigt werden. Die Konkursgläubiger (Forderungen die vor Konkurseröffnung entstanden sind) werden nur mit einer bestimmten Quote ihrer Forderung aus dem übriggebliebenen Verwertungserlös anteilsmäßig befriedigt. Dienstnehmer werden durch das Insolvenzentgelt-Sicherungsgesetz (IESG, BGBl 1977/324 idgf) besonders geschützt. Die Forderungen der Dienstnehmer werden durch den Insolvenzausfall-Fonds gedeckt, wenn diese im Zuge des Insolvenzverfahrens nicht durch das Unternehmen befriedigt werden können. Nach Befriedigung der Dienstnehmerforderungen durch den Insolvenzausfall-Fonds gehen die im Konkursverfahren gestellten Forderungen der Dienstnehmer kraft Gesetz (im Wege der Legalzession) auf den Fonds über, der diese wiederum im Insolvenzverfahren geltend machen kann. Die sog Absonderungsberechtigen, das sind insbesondere Gläubiger deren Forderung durch eine Pfandsache besichert ist. Diese Gläubiger können sich vorrangig aus dem Verwertungserlös der Pfandsache befriedigen. Das bedeutet, dass die Forderung des Pfandgläubigers entsprechend dem Rang seines Pfandes und der Pfandsumme beglichen wird. Bleibt danach noch ein Teil des Verwertungserlöses übrig, dann fällt dieser in die Konkursmasse. Im Gegensatz dazu haben die sog Aussonderungsberechtigten einen Anspruch auf Herausgabe einer Sache, die in ihrem Eigentum steht. Wenn zb ein Leasingauto Teil des Schuldnervermögens ist, kann der Leasinggeber als Eigentümer des Autos dessen Herausgabe verlangen. Dasselbe gilt, wenn sich der Verkäufer einer Sache das Eigentum daran bis zur vollständigen Bezahlung durch den Schuldner vorbehalten hat. Zwangsausgleich Als Zwangsausgleich wird jener Teil des Konkursverfahrens bezeichnet, durch den der Schuldner Restschuldbefreiung erlangen kann. Voraussetzung dafür ist ein Antrag des Gemeinschuldners. Den Gläubigern kommt ein diesbezügliches Antragsrecht nicht zu. Darüber hinaus ist erforderlich, dass die Mehrheit der Gläubiger (nach Köpfen), deren Forderungen in Summe mindestens 75 % der Gesamtforderungen gegen den Schuldner ausmachen, der Durchführung des Zwangsausgleichs zustimmen. Dabei werden jedoch nur jene Gläubiger gezählt, die bei der Tagsatzung anwesend sind. Vom Zustimmungsrecht ausgenommen sind aber jene Gläubiger, deren Forderungen ohnehin voll befriedigt werden. Für die Durchführung eines Zwangsausgleichs müssen mindestens 20 % der Forderungen innerhalb von spätestens zwei Jahren befriedigt werden. 4

Mit Annahme des Zwangsausgleichs wird der Konkurs aufgehoben und der Schuldner erlangt seine Verfügungsbefugnis zurück. Das bedeutet, dass der Schuldner wieder frei und selbständig über sein Vermögen verfügen kann. Wird der Zwangsausgleich durch den Schuldner erfüllt, dann kommt es zur Restschuldbefreiung des Schuldners. Das bedeutet, dass die Restverbindlichkeiten des Schuldners (also die ursprüngliche Forderung nach Abzug der Ausgleichsquote) erlöschen. Betrug die Ausgleichsquote also 20 %, dann erlöschen die verbliebenen 80 % der Forderung. Darüber hinaus erlöschen alle Forderungen, die nicht rechtzeitig angemeldet wurden. Konkurs natürlicher Personen ( Privatkonkurs ) Der Konkurs natürlicher Personen ( Privatkonkurs ) ist in den 181 ff KO gesetzlich geregelt. Dieses Instrumentarium steht natürlichen Personen, also auch Einzelunternehmern zu. Zuständiges Konkursgericht ist das jeweilige Landesgericht (bzw in Wien das Handelsgericht), wenn das Unternehmen noch betrieben wird. Beim Konkurs natürlicher Personen und ehemaliger Unternehmer ist das Bezirksgericht zuständig, in dessen Sprengel die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Voraussetzungen für die Stellung eines Privatkonkursantrages sind: die Bescheinigung, dass die Einkünfte der Person die Verfahrenskosten voraussichtlich decken werden ein eigenhändig unterschriebenes Vermögensverzeichnis die Bereitschaftserklärung des Schuldners, die Wahrheit der Angaben vor Gericht schriftlich zu bestätigen und die Vorlage eines Zahlungsplans, dessen Annahme beantragt wurde und dessen Erfüllbarkeit bescheinigt wurde. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist kein Kostenvorschuss zu hinterlegen. Im Privatkonkursverfahren wird kein Masseverwalter bestellt, was einerseits zur Folge hat, dass der Schuldner seine Handlungsfähigkeit nicht verliert und andererseits die Kosten des Verfahrens senkt. Der Schuldner bleibt im Regelfall auch verfügungsberechtigt, dies jedoch nur dann, wenn er folgenden Verpflichtungen nachkommt: Nach Eröffnung des Privatkonkurses muss der Schuldner einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachgehen bzw sich um eine solche bemühen, wenn er arbeitslos ist. Er ist darüber hinaus verpflichtet, Erbschaften und unentgeltliche Zuwendungen an den Treuhänder herauszugeben. Will er seinen Wohnsitz wechseln, muss er dies bekannt geben. Außerdem ist er dazu verpflichtet, auf Verlangen des Treuhänders Auskünfte über seine Erwerbstätigkeit bzw seine Bemühungen darum und sein Vermögen zu erteilen. Weiters darf er keine direkten Zahlungen an seine Gläubiger tätigen, er darf diese nur an den Treuhänder überweisen. Der Schuldner darf keine neuen Schulden begründen, die bei Fälligkeit nicht bezahlt werden können. Weiters darf er den Konkursgläubigern keine Sondervorteile einräumen oder Bezüge, Erbschaften und Schenkungen verheimlichen. Die Entschuldung des Schuldners kann auf verschiedene Weisen erfolgen. Die erste Möglichkeit besteht in der Durchführung eines Zwangsausgleichs. Bezüglich der Zustimmungsquoten gelten dieselben Regeln wie für das Konkursverfahren in Bezug auf juristische Personen (Zustimmung der Hälfte der Gläubiger, deren Forderungen mindestens 75 % der Gesamtforderungen betragen). Bei Unternehmern beträgt die Quote ebenfalls mindestens 20 % die innerhalb von zwei Jahren zu leisten ist. Bei Nicht-Unternehmern kann die Zahlungsfrist auf fünf Jahre verlängert werden, wenn eine Mindestquote von 30 % angeboten wird. Scheitert der Zwangsausgleich, dann gibt es die Möglichkeit der Entschuldung durch einen Zahlungsplan. Unter Zahlungsplan versteht man einen Zahlungsvorschlag des Schuldners im Privatkonkursverfahren, aus dem die Modalitäten der künftigen Schuldentilgung hervorgehen. Auch der Zahlungsplan bedarf der Zustimmung der Gläubiger. Für den Zahlungsplan ist keine Mindestquote vorgesehen. 5

Im Rahmen des sog Abschöpfungsverfahrens ist keine Zustimmung der Gläubiger, jedoch eine Genehmigung des Gerichts erforderlich. Das Abschöpfungsverfahren bildet ein Auffangbecken für Fälle, in denen ein Zwangsausgleich oder ein Zahlungsplan gescheitert ist. Es muss bescheinigt werden, dass mindestens 10 % der Verbindlichkeiten binnen 7 Jahren bezahlt werden. Der Schuldner muss idf alle pfändbaren Beträge (also jenen Teil seiner Einkünfte, der das Existenzminimum übersteigt) über einen Zeitraum von sieben Jahren an einen Treuhänder abführen, der durch das Gericht bestellt wird. Wird die Quote nicht binnen der vorgesehenen sieben Jahre erfüllt, kann das Gericht die Frist aus Billigkeitsgründen um weitere drei Jahre verlängern oder die Restschuldbefreiung aussprechen (wenn die Quote nur knapp nicht erreicht wurde). Kommt es zu einem erfolgreichen Abschluss des Privatkonkurses, ist der Schuldner von all seinen Verbindlichkeiten befreit. Dies ist grundsätzlich auch der Fall, wenn ein Gläubiger seine Forderung nicht angemeldet hat. Ediktsdatei Im Zusammenhang mit dem Insolvenzrecht ist die sog Ediktsdatei von Bedeutung. Die Ediktsdatei ist eine öffentlich zugängliche, gebührenfreie Datenbank, in der ua alle Bekanntmachungen aus den Insolvenzverfahren (Konkurs, Ausgleich, Schuldenregulierungsverfahren,...) und Veröffentlichungen der Bezirksgerichte im Zusammenhang mit gerichtlichen Exekutionsverfahren (Versteigerungen,...) erfolgen. Die Ediktsdatei ist unter www.edikte.justiz.gv.at kostenlos abrufbar. Teil der Ediktsdatei ist die sog Insolvenzdatei, in der alle Insolvenzen veröffentlicht werden. Ab dieser Veröffentlichung darf der Schuldner schuldbefreiend nur mehr an den Masseverwalter leisten. In der Insolvenzdatei sind ua die Kontaktdaten des Masseverwalters, das Datum der jeweiligen Tagsatzung und die relevanten Beschlüsse des Konkursgerichts veröffentlicht. Kreditschutzvereine Als Kreditschutzvereine bezeichnet man Vereine, die sich zur Aufgabe gemacht haben, die Gläubiger zu schützen, indem sie die wirtschaftlichen Vorgänge entsprechend beurteilen und den Gläubigern anbieten, diese im Konkursverfahren zu vertreten. Kreditschutzvereine sind beispielsweise der Kreditschutzverband von 1870 (KSV1870), der Alpenländische Kreditorenverband für Kreditschutz und Betriebswirtschaft (AKV), der Insolvenzschutzverband für Arbeitnehmer(innen) oder der Österreichische Verband Creditreform. 6