Gestaltungsmöglichkeiten für ertragsschwache Stiftungen Frankfurt am Main: 19. Mai 2015 Stefan Raddatz Rechtsanwalt
Seite 2 Inhaltsverzeichnis Zur Person Thema Stefan Raddatz ist Rechtsanwalt bei BEITEN BURKHARDT in Frankfurt und Mitglied der Praxisgruppe Vermögen, Nachfolge, Stiftungen Gestaltungsmöglichkeiten für ertragsschwache Stiftungen 1. Einleitung 2. Ursachen für die Entstehung ertragsschwacher Stiftungen 3.1 Ausgangslage 3.2 Instrumente des geltenden Stiftungsrechts im Überblick 3.3 Zweckänderung 3.4 Umwandlung in Verbrauchsstiftung 3.5 Stiftungsfusionen 3.6 Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht 4. Zusammenfassung 5. Reformbestrebungen
Seite 3 1. Einleitung Verteilung rechtsfähiger Stiftungen nach Stiftungskapital (inkl. Zustiftungen)* mehr als 100.000.000 EUR bis 100.000.000 EUR 0,8% 4,6% bis 10.000.000 EUR 22,3% bis 1.000.000 EUR 46% bis 100.000 EUR 26,4% Es existiert eine Vielzahl von unterkapitalisierten Kleinstiftungen, deren Erträge für eine nachhaltige Zweckerfüllung nicht ausreichen! *Quelle: Bundesverband Deutscher Stiftungen e.v. (www.stiftungen.org/statistik), Stand: 2014
Seite 4 2. Ursachen für die Entstehung ertragsschwacher Stiftungen Großzügige Anerkennungspraxis der Stiftungsbehörden Lebensfähigkeitsprognose ( 80 Abs. 2 BGB): Dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks muss gesichert erscheinen Fehlendes gesetzliches Mindestkapital erhöht Druck der guten Tat Vernachlässigung des Werts ehrenamtlichen Engagements Spendenrecht bis 2007 Privilegierung von Vermögensstockspenden nur anlässlich von Neuerrichtungen (Leistung innerhalb des ersten Existenzjahres) Vertretbare Renditeerwartungen bestätigen sich nicht Entwicklung der Kapitalerträge Ungünstige Anlageentscheidungen Ausbleiben prognostizierter Zustiftungen und Spenden
Seite 5 3.1 Ausgangslage 87 BGB erschwert grundlegende Strukturveränderungen Restriktive Auslegung der Unmöglichkeit der Zweckerfüllung Zum Leben zu klein, zum Sterben zu groß! Verharren in faktischer Funktions- und Bedeutungslosigkeit Verfassungskonformität konkurrierender landesgesetzlicher Regelungen zweifelhaft In der Regel auch keine hinreichend konkrete Satzungsermächtigung Organbeschlüsse grds. nur als Vollzug des Stifterwillens möglich Autonome Beschlüsse nur Anregung, nach 87 BGB zu verfahren
Seite 6 3.2 Instrumente des geltenden Stiftungsrechts im Überblick Zweckänderung Umwandlung in Verbrauchsstiftung Stiftungsfusionen Vollständige Aufhebung Kein fester, nach Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten abgestufter Maßnahmenkatalog! Entscheidend ist der jeweilige (mutmaßliche) Stifterwille im Einzelfall Oftmals keine konkreten Angaben des Stifters in der Satzung
Seite 7 3.3 Zweckänderung Änderung der ursprünglichen Vermögen-Zweck-Beziehung Existenz der betroffenen Stiftung als Rechtsträger bleibt unberührt Wille des Stifters ausdrücklich zu berücksichtigen ( 87 Abs. 2 BGB) Anhörung des Vorstands und ggf. des Stifters ( 87 Abs. 3 BGB) Zweckreduzierung Priorität einzelner Zwecke kann sich z.b. aus Anfallsklausel ergeben Zweckumwandlung Z.B. Umwandlung in Förderstiftung denkbar
Seite 8 3.4 Umwandlung in Verbrauchsstiftung Änderung der ursprünglichen Vermögen-Zweck-Beziehung in ihrer Zeitstruktur Zulässigkeit der Verbrauchsstiftung nunmehr ausdrücklich vom Gesetzgeber anerkannt Regelmäßig (noch) keine Satzungsermächtigung zur Umwandlung Nach h.m. auf Grundlage von 87 BGB durch Behörde möglich Mutmaßlicher Vorzug des sukzessiven Vermögensverbrauchs vor anderen Maßnahmen muss sich Satzung entnehmen lassen
Seite 9 3.5 Stiftungsfusionen Ziel der Vermögensaufstockung durch Vermögensverschmelzung Zulegung Aufnahme mindestens einer Stiftung unter Verlust ihrer Rechtspersönlichkeit in eine andere, ihrerseits fortbestehende Stiftung Zusammenlegung Vereinigung von mindestens zwei Stiftungen unter Verlust ihrer Rechtspersönlichkeit zu einer neuen Stiftung Abgrenzung Einfache (projektspezifische) Stiftungskooperationen und gemeinsame Stiftungsverwaltung lassen insb. Rechtspersönlichkeit der beteiligten Stiftungen unangetastet
Seite 10 3.5 Stiftungsfusionen Umsetzung nach derzeitiger Gesetzeslage schwierig Gleichartige oder ähnliche Zwecksetzung erforderlich Zuzulegende bzw. zusammenzulegende Stiftungen müssen Voraussetzungen des 87 BGB erfüllen Vorschriften des Umwandlungsgesetzes nicht anwendbar Vollziehung durch Aufhebung und Liquidation der zuzulegenden bzw. zusammenzulegenden Stiftung sowie Übertragung der Vermögensgegenstände im Wege der Einzelrechtsnachfolge Ggf. vorher Änderung des Anfallsberechtigten notwendig Stifterwille nicht immer zweifelsfrei feststellbar
Seite 11 3.6 Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht Vermögensbindung und Pflicht zur gemeinnützigen Mittelverwendung Stiftungsvermögen und seine Erträge müssen weiterhin für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden Bei Zweckänderungen und Stiftungsfusionen entscheidend, dass weiterhin steuerbegünstigte Zwecke verfolgt werden Umwandlung in Verbrauchsstiftung berührt Vermögensbindung und Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung grds. nicht
Seite 12 3.6 Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht Spendenhaftung Nach h.m. keine Fehlverwendung bei Verfolgung anderer steuerbegünstigter Zwecke Erhalt der Spendenprivilegierung des 10 Abs. 1a EStG bei Umwandlung in Verbrauchsstiftung über entsprechende Anwendung der Vertrauensschutztatbestände denkbar Veranlasserhaftung des Stiftungsvorstands bei behördlichen Maßnahmen eher fernliegend
Seite 13 4. Zusammenfassung Ermächtigungsgrundlage zur Vornahme entsprechender Maßnahmen ist regelmäßig 87 BGB Zweifel hinsichtlich Verfassungskonformität konkurrierender landesgesetzlicher Regelungen erzeugen Rechtsunsicherheit Meist keine hinreichend konkreten Satzungsermächtigungen für die Stiftungsorgane Tatbestandsmerkmal der Unmöglichkeit der Zweckerfüllung bei restriktiver Auslegung hohe Hürde Vereinbarkeit von Umstrukturierungsmaßnahmen mit Stifterwillen regelmäßig nur mittelbar durch Satzungsauslegung feststellbar Negative gemeinnützigkeitsrechtliche oder spendenrechtliche Folgen regelmäßig nicht zu erwarten
Seite 14 5. Reformbestrebungen Stiftern sollen zu Lebzeiten umfangreiche Änderungsmöglichkeiten eingeräumt werden Insbesondere Zweckänderung, Umwandlung in Verbrauchsstiftung und Zu- und Zusammenlegung Aufweichung der engen Voraussetzungen des 87 BGB Einheitliche bundesweite Regelung des materiellen Stiftungsrechts Erweiterung der Pflichtangaben im Stiftungsgeschäft Insbesondere Möglichkeiten und Voraussetzungen einer Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung oder einer Zu- oder Zusammenlegung Vereinfachung von Stiftungsfusionen durch einheitliche Vollziehungsregeln Gesamtrechtsnachfolge statt aufwendiger Liquidation und Vermögensauskehrung durch Anwendung des Umwandlungsgesetzes
Seite 16 Zur Person Stefan Raddatz Rechtsanwalt B E I T E N B U R K H A R D T Rechtsanwaltsgesellschaft mbh Westhafenplatz 1 60327 Frankfurt am Main Telefon: +49 69 756095-423 Telefax: +49 69 756095-421 Stefan.Raddatz@bblaw.com
Seite 17 Zur Person Spezialgebiete Vermögensnachfolge, Erbrecht, Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsrecht, Vereins- und Verbandsrecht, Asset Protection Veröffentlichungen Stiftung als Nachfolgeinstrument (Co-Autor, C.H. Beck 2015) Gefahrenquellen für Nachlassbeteiligte in WpHG und WpÜG (Co-Autor Dr. Gerrit Ponath, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge 7/2013, S. 361 ff.) Status Rechtsanwalt, Mitglied der Praxisgruppe Vermögen/Nachfolge/Stiftungen Sprachen Deutsch, Englisch