WIRTSCHAFTSTRENDS RUMÄNIEN JAHRESWECHSEL 2015/16



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Transkript:

WIRTSCHAFTSTRENDS RUMÄNIEN JAHRESWECHSEL 2015/16

Rumänien - Jahreswechsel 2015/16 1 Gesamtwirtschaftlicher Ausblick 4 Investitionen 5 Konsum 7 Außenhandel 8 2 Branchen im Überblick 9 Maschinen- und Anlagenbau 10 Kfz-Industrie 10 Chemie 10 Bauwirtschaft 10 Elektrotechnik/Elektronik 11 Informations- und Kommunikationstechnik 11 Umwelttechnik 11 Medizintechnik 12 Bodenschätze 12 Groß- und Einzelhandel 12 Tourismus 13 Germany Trade & Invest www.gtai.de 3

Rumänien - Jahreswechsel 2015/16 Bukarest (gtai) - Rumäniens Wirtschaft setzt ihre Positiventwicklung fort. Privater Verbrauch und Investitionen bilden die treibenden Kräfte. Dies begünstigt besonders den Import von Konsum- und Investitionsgütern. Die neue EU-Förderperiode 2014 bis 2020 schafft vielfältige Geschäftsmöglichkeiten. Auch als Investitionsstandort bietet das Land zunehmend für wertschöpfungsintensivere Vorhaben Potenzial. Die Bedeutung als Absatzmarkt für höherwertige Ge- und Verbrauchsgüter wächst. 1 Gesamtwirtschaftlicher Ausblick Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts Rumäniens politische Krise, ausgelöst durch den Rücktritt von Premierminister Victor Ponta und seines Kabinetts Anfang November 2015, konnte kurzfristig gelöst werden. Eine sogenannte Regierung der Technokraten unter dem neuen Premierminister und ehemaligen EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos soll die Geschicke des Landes bis zu der anstehenden Neuwahl Ende 2016 lenken. Politische Stabilität und Kontinuität standen bei der Abwägung der Optionen durch Staatspräsident Klaus Iohannis im Vordergrund. Rumäniens Wirtschaft wächst im fünften Folgejahr und der Ausblick erscheint verheißungsvoll, sofern das makroökonomische Gleichgewicht erhalten bleibt. 4 Wirtschaftstrends

Die neue Finanzministerin Anca Dragu Paliu setzt auf Verlässlichkeit des fiskalischen Umfelds. Mehrwertsteuersenkung und Gehaltserhöhungen im öffentlichen Dienst - beides Maßnahmen der Vorgängerregierung - sollen Bestand haben. Das Budgetdefizit von 1,2% des BIP 2015 soll auch 2016 unter 3% bleiben. Die EU-Kommission sieht jedoch eine Erhöhungsdynamik für 2017 und prognostiziert ein Budgetdefizit von 3,7% des BIP. Die öffentliche Schuld würde dann von 39,4% des BIP (2015) auf 42,8% (2017) steigen. Wirtschaftliche Eckdaten Indikator 2014 2015 *) Vergleichsdaten Deutschland 2014 BIP (nominal, Mrd. Euro) 150,0 157,7 2.916 BIP pro Kopf (Euro) 7.520 7.919 36.041 Bevölkerung (Mio.) 19,947 19,915 80,9 Wechselkurs (Jahresdurchschnitt 1 Euro = x RON/Lei) 4,4437 4,4349 - *) Prognose Quellen: Herbstprognose 2015 der Europäischen Kommission; Statistisches Bundesamt Ein neues Abkommen mit dem IWF hält Paliu nicht für erforderlich. Die effiziente Verwendung von EU-Mitteln der neuen Förderperiode 2014 bis 2020 soll durch Prioritätensetzung von Investitionen und entsprechende mehrjährige Finanzplanungen erfolgen. Privater Verbrauch und Investitionen begünstigen die Importdynamik und führen bei robusten Ausfuhren in ein steigendes Handelsbilanzdefizit. Die Devisenreserven des Landes lagen Ende Oktober 2015 bei 31,6 Mrd. Euro. Dies entspricht einer Importdeckung von gut sechs Monaten. Die Inflation erreicht historische Tiefstände. Im Zuge der fiskalischen Maßnahmen vom Juni 2015 geht die Zentralbank von einer negativen Rate zum Jahresende (-0,7%) aus. Ab Juni 2016 soll sich die Inflationsrate wieder in positivem Territorium (Dezember 2016: +1,1%) bewegen. Für 2017 wird ein Preisniveauanstieg innerhalb der angestrebten Bandbreite von 2,5% plus/minus 1%-Punkt prognostiziert. Der Anfang Mai 2015 auf 1,75% gesenkte Leitzins dürfte unter diesem Blickwinkel zunächst Bestand haben. Bei leicht zunehmender Beschäftigung sinkt die Erwerbslosenquote nur geringfügig auf 6,7%. Investitionen Nach erheblichem Einbruch 2014 soll sich die Investitionstätigkeit wieder deutlich beleben. Die Schwankungen folgen weitgehend dem angenommenen Verlauf der Nutzung von EU-Fördermitteln und damit den öffentlichen Investitionen in die Infrastruktur. Letztes Absorptionsjahr der Förderperiode 2007 bis 2013 ist 2015. Die Regierung wollte die niedrige Quote (September 2015: 52,7%) zum Jahresende wenigstens noch auf 70% bringen. Auch dieses Ziel erscheint ehrgeizig, die betreffenden Budgetziele werden wohl nicht erreicht. Dem langsamen Anlaufen der neuen Förderperiode 2014 bis 2020 folgen 2017 beschleunigte Aktivitäten. Germany Trade & Invest www.gtai.de 5

Rumänien - Jahreswechsel 2015/16 Positive Wirtschaftsperspektiven, gesunkene Kreditkosten und der Zuwachs im Wohnungsbau sorgen für ein Wachstum der privaten Investitionen. Die EU-Kommission geht für 2016 (2017) von einem Anstieg der rumänischen Ausrüstungsinvestitionen um 5,0% (+5,8%) aus, während die Bauinvestitionen um 2,7% (6,3%) zulegen sollen. Die gesamtwirtschaftliche Investitionsquote stellt sich 2015 auf 22,4% mit Anstieg auf 23,0% (2017). Die ausländischen Direktinvestitionen FDI (netto) sollen 2016 (2017) weiter auf 3,2 Mrd. Euro (3,7) zulegen. Neue Bauprojekte (44,9%) und Ausrüstungen (44,3%) hielten im 1. Halbjahr 2015 die größten Investitionsanteile. Ausgewählte Großprojekte (Investitionswerte in Mio. Euro) Projektbezeichnung Wert Projektstand Anmerkung Erweiterung des Kernkraftwerks Cernavoda um zwei Atommeiler U-Bahn-Erweiterung in Bukarest, Linien 4,5,6,7 Autobahnstrecken Targu Mures-Targu Neamt-Iasi-Ungheni (319 km) Erweiterung der Umwelt-Infrastruktur Autobahn Sibiu-Pitesti (117 km) Pumpspeicher-Kraftwerk Tarnita-Lapusesti (Kreis Cluj) Bau von 6.990 Wohnungen für junge Leute landesweit (staatlich) Azomures: Modernisierung der Produktions- Anlagen Emerson (USA): Neues Produktionswerk in Oradea Modernisierung des Wasserkraftwerks Stejaru 6.500 Gründung eines Joint Venture (JV) zwischen rumänischem Staat und China General Nuclear Power Corporation 6.000 Arbeiten an Teilen der Linien 4 und 5 laufen; Linie 6 soll sich konkretisieren 4.073 Agentur für Umweltschutz hat Anfang Oktober 2015 die Umweltgenehmigung verweigert 2.892 Ausschreibungen stehen an 1.674 Neubearbeitung der Machbarkeitsstudien wurde vergeben. Baustart: 2017 1.200 Drei chinesische Unternehmen in der engeren Auswahl 250 Rahmenabkommen für Kredit von Entwicklungsbank des Europarates für 175 Mio. Euro genehmigt 220 Modernisierungen finden bis Ende 2015 statt 80 Produktion von Industrieumspannern hat bereits im November 2015 angefangen Chinesische Beteiligung am Projekt von 51% www.nuclearelectrica.ro Finanzierung: unter anderem EU, Europäische Investitionsbank (EIB); www.metrorex.ro Die Bauarbeiten sollten 2017 beginnen Finanzierung über das OP Großinfrastruktur der EU, Förderperiode 2014-2020 Finanzierung zum Teil durch EU-Fördermittel (520 Mio. Euro) Das Projekt verzögert sich seit Jahren Ministerium für Regionalentwicklung: www.mdrap.ro Umsetzung: 2016-2020 Banken BCR und UniCredit Tiriac vergeben einen Kredit von 75 Mio. Euro Investitionen bis 80 Mio. Euro werden bis 2022 fortgesetzt 75 Modernisierungsauftrag Gewinner: JV Romelectro wurde im März 2015 vergeben, Dauer des Projek- Power D.O.O (Slowenien) S.A. (RO) - Litostroj tes: sieben Jahre Quellen: Recherchen von Germany Trade and Invest; Master Plan für Transport (Version Juli 2015); Medienberichte (Stand: November 2015) 6 Wirtschaftstrends

Potenzielle Investoren und Unternehmen, die nach Rumänien exportieren wollen, sollten bei ihrer Entscheidung über den Markteintritt das Stärken-Schwächen-Profil des Standorts und die damit verbundenen Chancen und Risiken (SWOT-Analyse) berücksichtigen: Konsum Hauptantriebskraft der Wirtschaftsentwicklung bleibt der private Verbrauch. Dies soll sich 2016 sogar noch verstärken. Ein dynamisches Lohn- und Gehaltswachstum und die gegenwärtige Deflation lassen die real verfügbaren Einkommen deutlich steigen. Verstärkt wurde dieser Prozess durch die Mehrwertsteuersenkung für Lebensmittel von 24% auf 9% Mitte 2015. Eine weitere Absenkung der Standardrate der MwSt von 24% auf 20% zu Jahresbeginn 2016 und auf 19% Anfang 2017 werden den privaten Verbrauch weiter beflügeln. Das steigende Verbrauchervertrauen stärkt den Wunsch nach Anschaffung von Gebrauchsgütern. Die niedrigen Kreditkosten führten die Nachfrage nach Konsumentenkrediten in Inlandswährung auf ein Sechsjahres-Hoch. Nach Kaufkraftstandard KKS holt Rumänien deutlich auf und legt von 55,6% im Jahr 2015 (EU15=100) auf 59,4% (2017) zu. Das Land wird zusehends interessant für den Absatz höherwertiger Verbrauchs- und Gebrauchsgüter. Die Perspektiven beflügeln die Investitionen im Einzelhandel. Einkaufszentren entstehen verstärkt auch jenseits der Hauptstadtregion. Der Übergang zum organisierten Einzelhandel und die Ausbreitung von E-Commerce sind charakteristisch. Während die Mittelschicht wächst, bleibt laut UN das Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung vor allem für Randgruppen hoch. Germany Trade & Invest www.gtai.de 7

Rumänien - Jahreswechsel 2015/16 Außenhandel Die Entwicklung der Inlandsnachfrage aus privatem Verbrauch und Investitionen begünstigt ein dynamisches Einfuhrwachstum. Die Ausfuhren folgen dem etwas schwächeren Anstieg der Auslandsnachfrage, wachsen jedoch weiterhin solide. Das Defizit im Warenaußenhandel (fob-basis) soll sich laut EU-Kommission von 3,8% des BIP (2014) über 4,4 auf 5,5% (2016) erhöhen. Rumäniens preisliche Wettbewerbsfähigkeit in low-tech- und arbeitsintensiven Branchen sinkt angesichts fortlaufender Lohnzuwächse. Das Augenmerk richtet sich deshalb verstärkt auf die Aktivierung von (Auslands-)Investitionen mit höherer Wertschöpfung. Außenhandel Rumäniens (in Mio. Euro; Veränderung im Vergleich zum Vorjahr in %) 2014 Januar bis August 2015 Veränderung in % Januar bis August 2015/2014 Importe 58.541,6 40.817,7 7,4 Exporte 52.494,2 36.026,2 5,4 Handelsbilanzsaldo -6.047,4-4.791,4 25,6 Quelle: Eurostat (Stand: 13.11.15) Der Wachstumskurs im rumänischen Außenhandel setzt sich auch 2015 kräftig fort. In den ersten drei Quartalen 2015 nahmen laut Statistikamt INS Rumäniens Importe sowie Exporte um 7,1% auf 46,4 Mrd. beziehungsweise um 4,7% auf 41 Mrd. Euro zu. Auf den Handel mit den EU-Partnern entfielen dabei über 73% der rumänischen Lieferungen und knapp 77% der Bezüge. Die Exporte in die EU stiegen deutlich um 8,5%, in Nicht-EU-Länder sanken sie dagegen um 4,5%. Die Importe aus der EU legten um 9,5% zu - mit Stagnation aus Drittländern. 8 Wirtschaftstrends

Einfuhr nach Warengruppen (in Mio. Euro; Veränderung im Vergleich zum Vorjahr in %) SITC Warengruppe 2013 2014 Januar bis August 2015 Veränderung in % Januar bis August 2015/2014 0 Nahrungsmittel/lebende Tiere 3.857,8 4.061,1 3.029,4 16,9 5 Chemische Erzeugnisse 7.768,9 8.016,2 5.704,3 9,2.51 Organische Chemikalien 594,5 598,8 436,1 20,7.54 Arzneimittel 2.649,9 2.634,5 1.670,5 0,4.57 Kunststoffe in Primärformen 1.219,6 1.246,5 907,8 7,8 6 Vorerzeugnisse 11.378,9 12.336,1 8.775,2 8,1.67 Eisen/Stahl 2.302,1 2.499,4 1.771,6 5,2 7 Maschinen und Fahrzeuge 19.507,8 20.817,6 14.889,8 11,1.71 Kraftmaschinen 1.767,4 1.447,8 1.090,4 14,5.72 Arbeitsmaschinen 1.430,1 1.686,6 1.144,6 3,7.74 Maschinen für verschiedene 2.899,6 3.067,8 2.155,8 6,2 Zwecke.77 Elektrische Maschinen 5.742,5 5.728,2 4.226,6 13,5.78 Kraftfahrzeuge 3.676,0 4.372,6 3.274,5 16,6 8 Fertigerzeugnisse 4.748,9 5.361,5 3.808,8 12,5.87 Mess-, Prüf- und Kontroll-instrumente, -apparate und -geräte 783,1 878,0 657,0 21,3 Quelle: Eurostat (Stand: 13.11.15) Im Zeitraum Januar bis August 2015 war Deutschland weiterhin mit Abstand wichtigstes Lieferland Rumäniens (Anteil: 19,6%), gefolgt von Italien (10,9%), Ungarn (8,0%) und Frankreich (5,7%) 2 Branchen im Überblick Zahlreiche Wirtschaftsbereiche tragen die positive Entwicklung. Dies soll sich fortsetzen, aber im letzten Quartal 2015 wohl auf flacherem Wachstumspfad. Produzierendes Gewerbe und Einzelhandel erwarten eine Stabilisierung, die Bauwirtschaft eine Abschwächung und der Dienstleistungssektor einen Anstieg des Wachstums. Die Industrieproduktion legte in den ersten neun Monaten 2015 um 3,2% zum Vorjahr zu bei einem Zuwachs im produzierenden Gewerbe um 3,6%. Dessen Auftragseingänge (+2,9%) tendierten besonders positiv für Gebrauchsgüter, daneben Zwischenerzeugnisse, schwächer für Verbrauchs- und Investitionsgüter. Einen Anstieg um nominal 2,5% verzeichnete der Industrieumsatz, darunter das produzierende Gewerbe um 2,7%. Die Bautätigkeit erscheint insgesamt erholt. Germany Trade & Invest www.gtai.de 9

Rumänien - Jahreswechsel 2015/16 Maschinen- und Anlagenbau Eine wachsende Nachfrage nach Maschinen und Anlagen soll von den Investitionen in Verkehrsinfrastruktur, Automobilindustrie, Umweltprojekte sowie vom Bau diverser Produktionsstätten wie für Flugzeugteile (Sonaca/Belgien), Bekleidung (Industries Yield/Italien für die Marke Moncler), Möbel (Ada/Österreich) oder neuer Gondeln für Skipisten entstehen. Der Trend bei Industrieproduktion (+2,9% unbereinigt), Industrieumsätzen (+2,9%) und Auftragseingängen (+3,8%) in den ersten acht Monaten 2015 bestätigt den positiven Verlauf. Branchen wie Beförderungsmittel, Nahrungsmittel und Getränke, Lederbearbeitung, Papier und Pappe sind ebenfalls wichtige Abnehmer von Maschinen und Anlagen. Erhebliche EU-Fördergelder zur Anschaffung moderner Maschinen und Anlagen stehen in den kommenden Jahren zur Verfügung. Kfz-Industrie Die international geprägte Kfz-Zulieferbranche expandiert und zählt zu den bedeutendsten Exporteuren des Landes. Trotz des Wachstums des Kfz-Absatzes 2014 (+21,5% auf 100.336 Einheiten gegenüber 2013) und im Zeitraum Januar bis September 2015 (+16,2%) gilt der Inlandsmarkt als schwach. Über 90% der Produktion werden exportiert, Ford führt sein Modell B-Max zu 100% aus. Nachholbedarf hat Rumänien noch bei umweltfreundlichen Fahrzeugen. Von Januar bis September 2015 wurden 22 Elektro- und 310 Hybridautos verkauft. Das zurzeit in Indien produzierte Ecosport-Model von Ford könnte ab 2017 in Rumänien gebaut werden. Deutsche Kfz-Zulieferer erweitern ihre Produktion, darunter Preh, Eckerle-Gruppe, Heraeus, Stabilus. Die Automotive-Industrie leidet unter dem langsamen Ausbau der Infrastruktur. Chemie Inlands- und Auslandsaufträge in der chemischen Industrie stiegen im 1. Halbjahr 2015 um 4,5% zum Vorjahreszeitraum. Wichtige Sektoren wie Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie haben Potenzial, etwa bei Pflanzenschutzmitteln, Mineraldünger und modernem Verpackungsmaterial. Die Nachfrage nach Düngemitteln wird zu zwei Drittel aus dem Ausland gedeckt. Der Düngemittelproduzent Azomures investiert über 230 Mio. Euro in umweltfreundliche Technologien zwecks Erweiterung der Produktion. Die Preise für von den Krankenkassen erstattete Arzneimittel wurden zum 1.7.15 um 20% gesenkt. Großhandel und Apotheken melden auf dem angespannten Pharmamarkt Verluste. Der staatliche Pharmahersteller Antibiotice Iasi will bis 2020 etwa 40 Mio. Euro in neue Produktionsstätten investieren. Bauwirtschaft Die Bauwirtschaft hält weiterhin ihren Aufwärtstrend. In den ersten neun Monaten 2015 ist das Volumen der Bauarbeiten um saisonbereinigt 10,5% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Der Wohnungsbau verbuchte ein Wachstum von 6,7%, der Nichtwohnungsbau von 8,6%. Der Ingenieurbau meldete einen Anstieg um 6,4%. Nach den Schätzungen der Prognosekommission soll der Bausektor in den nächsten Jahren eine Wachstumsrate von 5 bis 6% per annum realisieren, eher wenig angesichts des großen Bedarfs an Wohnungen und Infrastruktur. Aufgrund der Verzö- 10 Wirtschaftstrends

gerungen bei öffentlichen Infrastrukturprojekten ist die Branche noch skeptisch gegenüber den Entwicklungen. Große Infrastrukturprojekte der EU-Förderperiode 2014 bis 2020 sowie Vorhaben im Energiesektor starten frühestens im Januar/Februar 2016. Elektrotechnik/Elektronik Absatzmöglichkeiten für Elektrotechnik/Elektronik bieten etwa die Automobil- und Energiebranche. Netzbetreiber Transelectrica strebt eine stärkere Vernetzung mit den Nachbarländern an. Dabei sind Stromleitungen zu erneuern. Mit einem Kredit der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in Höhe von 154 Mio. Euro will CEZ Distributie Investitionen in das Stromverteilernetz tätigen, so in Energieeffizienz und intelligente Verbrauchsmessung. Elster Rometrics, rumänische Tochter der deutschen Gruppe Elster, produziert in Timisoara Stromzähler und entwickelt Lösungen für Zählen, Ablesen, Übertragung und Bearbeitung der Stromvertriebs- und Verbrauchsdaten. Die Güntner-Gruppe baut in Sibiu für etwa 20 Mio. Euro eine Produktionsstätte für energieeffiziente und geräuscharme Gewerbekälte-Technik. Informations- und Kommunikationstechnik Die Regierung hat 2015 die Strategie zu einer digitalen Agenda bis 2020 für den Informations- und Telekommunikationssektor (ITK) Rumäniens genehmigt. Die notwendigen Investitionen für die Umsetzung der Strategie belaufen sich auf 3,9 Mrd. Euro. Das Ziel ist, einen besseren Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen, Cloud Computing, e-health, e-commerce zu schaffen. Telekom-Betreiber klagen jedoch über komplizierte Genehmigungsverfahren für die Netze, die Internetnutzungsziele seien somit schwierig zu erreichen. Internationale Unternehmen im ITK-Sektor kündigen Erweiterungen und massive Personaleinstellungen an, darunter Huawei Technologies, Microsoft und Atos. Der Markt kämpft mit einem Mangel an IT-Spezialisten. Das Land bleibt ein interessanter Standort für Outsourcing, Software und IT-Regionaldienste. Umwelttechnik Abfallprojekte sind verzögert umgesetzt worden und die Ausstattung für Abfall- und Recyclingtechnik ist bisher minimal. Noch groß ist der Bedarf an Sortier- und Kompostieranlagen, Mülltonnen und -Containern sowie Deponietechnik. Dafür stehen in der EU-Förderperiode 2014 bis 2020 circa 3,4 Mrd. Euro bereit. Bei Abwassersammlung und -klärung lag Rumänien 2013 noch unter den Zielen im EU-Beitrittsvertrag. Bis Ende 2015 haben 64,3% der Bevölkerung Zugang zum Trinkwassernetz. Im Bereich Wasser/Abwasser fördert die EU bis 2020 den Bau und die Modernisierung der Leitungen und Kläranlagen in Gemeinden mit einem Einwohnerwert über 2.000, wobei Gemeinden mit über einem Wert von 10.000 Vorrang haben. Gefördert werden vor allem Regionale Großprojekte mit einem Durchschnittswert von 100 Mio. Euro. Germany Trade & Invest www.gtai.de 11

Rumänien - Jahreswechsel 2015/16 Medizintechnik Der rumänische Medizintechnikmarkt dürfte mittelfristig moderat wachsen, parallel mit dem Wachstum des privaten Gesundheitssystems von 7 bis 8% per annum, wie Fachleute schätzen. Private Anbieter wie MedLife, Regina Maria, Medicover, Polisano, Sanador betreiben umfangreiche Netzwerke mit Krankenhäusern und Kliniken. Der Bedarf an Fachkliniken in Bereichen wie Onkologie ist größer als an Allgemeinkliniken. Importe decken den größten Teil der Nachfrage nach medizinischen Ausrüstungen. Die öffentlichen Gesundheitseinrichtungen sollen von EU- Mitteln (circa 1 Mrd. Euro) in der Förderperiode 2014 bis 2020 profitieren. Große regionale Krankenhäuser sind in Iasi, Cluj-Napoca und Craiova geplant. Für ein landesweites Strahlentherapie-Netzwerk stellt die Weltbank einen Kredit in Höhe von 200 Mio. Euro zur Verfügung. Bodenschätze Rumänien verfügt über zum Teil große Öl-, Gas-, Gold-, Silber- und Kupfervorkommen. Zahlreiche Unternehmen sind derzeit aktiv in der Suche nach neuen Öl- und Gaslagerstätten, darunter Exxon- Mobil, Lukoil, MOL, Gazprom Neft, OMV Petrom, Romgaz, Rompetrol (KazMunaiGaz/Kasachstan). Der Kohleabbau wird kaum expandieren. Auf die Privatisierung der Kupfermine Cupru Min, die 60% der Kupferreserven Rumäniens auf sich vereint, wird zurzeit verzichtet. Die Mine hat Umweltinvestitionen sowie Investitionen zur Produktionserhöhung in Wert von 27 Mio. Euro vor. Ein Abruf von Fördermitteln ist geplant. Für den Betrieb des Atomkraftwerks in Cernavoda ist eine staatliche Investition in eine zweite Uranabbau/-produktionsstätte von 400 Mio. Lei (90 Mio. Euro) notwendig, da das einzige Vorkommen in Suceava fast ausgeschöpft ist. Groß- und Einzelhandel In den ersten neun Monaten 2015 nahm der Umsatz im Einzelhandel um 6,9% zum Vorjahr zu. Erheblich stiegen die Umsätze mit Nahrungsmitteln, Getränken und Tabak (+16,3%), während Non-food sich eher verhalten zeigt (+0,6%). Unter Non-food haben Textilien, Bekleidung, Schuhe und Lederprodukte eine deutliche Nachfrage von +6,4% gemeldet. Manche Einzelhändler erweitern Ihr Netz zügig; darunter expandieren Mega Image (circa 40 Eröffnungen in Gesamtjahr 2015) und Profi (circa 60) aggressiver sowie Kaufland (fünf Geschäfte) und Lidl (sieben Geschäfte) moderat. Der deutsche Handel ist mit der Metro-Gruppe (Metro Cash & Carry, Metro Punct), REWE-Gruppe (Billa, Penny Market XXL und Penny Market) und Schwarz-Gruppe (Kaufland, Lidl) sehr gut positioniert. Auch deutsche Bekleidungs- und Schuheinzelhändler sind vor Ort. 12 Wirtschaftstrends

Tourismus Zu den attraktiven Regionen Rumäniens zählen Siebenbürgen, die Schwarzmeerküste und das Donaudelta. Das touristische Potenzial des Landes bleibt zum Teil noch unerschlossen, unter anderem wegen schwacher Infrastruktur. Der Sektor hatte 2014 einen BIP-Anteil von insgesamt (direkt) 4,8% (1,6%). Die Zahl der Übernachtungen ist in den ersten neun Monaten 2015 insgesamt um 15,9% gegenüber der Vorjahresperiode gestiegen, die Zahl der Ankünfte um 17,3% und die der Fluggäste am Bukarester Flughafen um 11,0%. Bukarest gewinnt zuletzt nicht nur als Geschäfts-, sondern auch als Ziel für private Städtereisen. Die Österreichische Gruppe A-Heat investiert mehr als 50 Mio. Euro in den Bau eines Thermalzentrums in Bukarest. Der Staat hat eine Beihilfe von 6,6 Mio. Euro vergeben. Die Eröffnung soll Ende 2015 stattfinden. Germany Trade & Invest www.gtai.de 13

Kontakt Impressum Herausgeber: Germany Trade and Invest Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbh Villemombler Straße 76 53123 Bonn Tel.: +49 (0)228/24993-0 Fax: +49 (0)228/24993-212 E-Mail: info@gtai.de Internet: www.gtai.de Hauptsitz der Gesellschaft: Friedrichstraße 60, 10117 Berlin Geschäftsführung: Dr. Benno Bunse, Erster Geschäftsführer Dr. Jürgen Friedrich, Geschäftsführer Autor: Michael Marks, Bukarest Redaktion/Ansprechpartner: Christian Overhoff, Tel.: +49 (0)228/24993-321, E-Mail: christian.overhoff@gtai.de Redaktionsschluss: November 2015 Bestell-Nr.: 20520 Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck - auch teilweise - nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung. Trotz größtmöglicher Sorgfalt keine Haftung für den Inhalt. Layout: Germany Trade & Invest Gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.