Eine Empfehlung der Inhalative Antibiotika zur Therapie von Pseudomonasinfektionen bei Non-CF Bronchiektasien Update 2013 Grundlagen Es gibt nur eine limitierte Zahl kontrollierter Studien und die Evidenz für Empfehlungen ist begrenzt. Die Therapie von Non-CF Bronchiektasien (NCFBE) ist aber in allen Fällen multimodal und folgende Voraussetzungen sollten vor einer Therapie mit inhalativen Antibiotika (AB) erfüllt sein: Optimale Therapie behandelbarer Grund- und Begleiterkrankungen: (COPD, ABPA, Reflux, NTM-Infektionen, Immunglobulin-Mangel u.a.) Nikotinkarenz oder Nikotinentwöhnungstherapie Täglich eigenständige sekretfördernde Atemphysiotherapie (APT) (Einschulung und regelmäßige Kontrollen durch Atemphysiotherapeuten) Impfungen (Pneumokokken-, Influenza- und Pertussis-Impfung) Pulmonale Rehabilitation (kardiopulmonales Training, Ernährungsberatung) Chirurgische Resektion von lokalisierten unilateralen NCFBE erwägen Lungen-TX bei schwerer NCFBE und folgenden Kriterien erwägen: FEV 1 < 30 %, rascher FEV 1 Abfall, PaO2 < 50 mmhg oder PaCO2 > 50 mmhg > 3 Exazerbationen/Jahr oder rezidivierender Pneumothorax Pulmonale Hypertonie oder Hämoptysen mit Interventionsbedarf Pseudomonas-wirksame inhalative Antibiotika (Überblick) Antibiotikum Applikation Mögliche Nebenwirkungen inhaltiver Antibiotika Colistin 2 x 2 MU Feuchtinhalation Unangenehmer Geschmack, Colistin 2 x 1.66 MU Trockeninhalation Übelkeit, Rachenreizung, Husten, Tobramycin 2 x 300 mg Feuchtinhalation Dyspnoe, Dysphonie, Bronchospasmus, Tobramycin 2 x 112 mg Trockeninhalation Hämoptysis, Nierenschädigung, Aztreonam 3 x 75 mg Feuchtinhalation Gehörverlust, Epistaxis, Gentamycin 2 x 80 mg Feuchtinhalation Resistenzentwicklung Ceftazidim 2 x 1 g Feuchtinhalation
FACT SHEET # 1 Grundregeln zur Therapie mit inhalativen AB Inhalative AB sind kostenintensiv und meistens für NCFBE nicht zugelassen somit strenge Indikationsstellung Die Auswahl des AB richtet sich nach dem Antibiogramm Trockeninhalation von AB nur bei Inspirationsfluß > 30 Liter/min Vor Therapiebeginn über Nebenwirkungen inkl. Bronchospasmus aufklären und bronchiale Verträglichkeit mittels Spirometrie prüfen Vor AB erst β2-mimetika inhalieren plus sekretfördernde APT Eine AB-Klasse nicht gleichzeitig parenteral und inhalativ verwenden (z.b.: Tobramycin i.v. und inhalativ) INDIKATION A: In der akuten Exazerbation als Kombinationspartner Definition der Exazerbation einer Non-CF Bronchiektasie (mindestens 4 Kriterien müssen erfüllt sein) Rasch progrediente Hustensymptomatik mit Zunahme der Expektorationen* Rasch progrediente Dyspnoe* Fieber (>38 C) Abnahme des FEV 1 oder Zunahme der obstruktiven Atemgeräusche Abnahme der körperlichen Belastbarkeit oder zunehmende Fatigue Radiologische Zeichen einer Infektion *Bei Patienten mit COPD GOLD Stadium II-IV und NCFBE werden nur die beiden ersten Kriterien gefordert Schweregrad der Exazerbation einer Non-CF Bronchiektasie Mittelschwere Exazerbation (Indikation zur Hospitalisation) Atemnot mit AF 25/min oder SO2 < 92% Schlechter AZ, Fieber 38 C, Somnolenz, schwere Komorbidität Zunahme von Ödemen oder neu aufgetretene Arrhythmien Schwere Exazerbation (indikation zur Hospitalisation) Pneumonie, komatöser Zustand oder Kreislaufinsuffizienz Schwere Atemnot mit fehlendem Ansprechen auf die Notfalltherapie PaO2 < 50mmHg (trotz O2-Gabe), PaCO2 > 70mmHg oder ph < 7,35
INDIKATION A1 Ambulante Pseudomonas-Therapie* bei leichter Exazerbation Mittel der Wahl Alternative Therapiedauer Ciprofloxaxin** 2 x 750 mg Levofloxacin** 2 x 500 mg 14 Tage * Nur möglich bei Vorbefunden mit Fluorchinolon-sensiblen Pseudomonas spp. ** Kombination mit inhalativen AB nur bei > 3 Exazerbationen/Jahr UND Pseudomonas mit 1 relevanten Resistenz; Therapiedauer der inhalativen AB nur 28 Tage INDIKATION A2 Stationäre Pseudomonas-Therapie bei Exazerbation* Mittel der Wahl Kombinationspartner** der Wahl Therapiedauer Pip/Tazo i.v. 3-4 x 4,5 g Tobramycin i.v. 1 x 5 7 mg/kg # 14 Tage #### Meropenem i.v. 3 x 2 g Kombinationspartner** d. 2.Wahl Cefepim i.v. 3 x 2 g Gentamicin i.v. 1 x 5 7mg/kg # Ceftazidim*** i.v. 3 x 2-3 g Amikacin i.v. 1x 15 20mg/kg # Colistin i.v. ## Mittel der 2. Wahl (Reserve) Aztreonam i.v. 3-4 x 2 g Colistin i.v. 3 x 1 3 Mega ## Cipro*** i.v. 3 x 400 mg Cipro*** p.o. 2 x 750 mg Kombinationspartner** d. 3.Wahl Inhalative AB ### * Bei Pneumonie die entsprechenden Pneumonieleitlinien beachten ** Kombinationstherapie bei schweren Infektionen oder nach Antibiogramm bei Resistenzen *** Nur in Kombination mit einer pneumokokkenwirksamen Substanz # Toxizität beachten, Talspiegelkontrollen (Genta-/Tobramycin < 1 μg/ml; Amikacin < 5 μg/ml) ## An Tag 1: 3x 50000IE/kg (max. 10 Mio IE pro Tag), ab Tag 2: 3x 20000-25000IE/kg ### Therapiedauer inhalativer AB bei der akuten Exazerbation nur 28 Tage #### Bei gutem Ansprechen und sensiblem Erreger nach 7 Tagen ggf. Wechsel auf Cipro p.o. INDIKATION B: Pseudomonas-Suppressionstherapie bei häufigen Exazerbationen Mittel der Wahl Applikation Therapiedauer Colistin täglich nonstop 6 Monate Tobramycin Aztreonam 28 Tage on/off 28 Tage on/off Mittel der zweiten Wahl Gentamycin Ceftazidim täglich nonstop täglich nonstop
Ziele der Suppressionstherapie Reduktion der intrabronchialen Erregerkonzentration und Inflammation Erhalt/Verbesserung der Lungenfunktion, Leistungsfähigkeit und Lebensqualität Reduktion von Beschwerden, Exazerbationen und der Hospitalisierungsrate Voraussetzungen (alle Kriterien sollten erfüllt werden) Progrediente Verschlechterung der Lungenfunktion Rezidivierend mittelschwere schwere Exazerbationen ( 3/Jahr, bei Immundefekt 2/Jahr) Konsequente Beachtung der Grundregeln zur Therapie (Fact Sheet #1) Wiederholter Nachweis von Pseudomonas spp. inkl. Antibiogramm (Keine Therapie asymptomatischer oder nur passagerer Pseudomonas- Kolonisation) Kontrollen (inkl. Dokumentation) und Dauer der Suppressionstherapie Bei Niereninsuffizienz auf mögliche Nephrotoxizität achten Alle 1-3 Monate: Lungenfunktion, Sputumkultur (Bakterien/Pilze, Mykobakterien) Alle 3-6 Monate: Exazerbationshäufigkeit, Leistungsfähigkeit (zb. 6 Min. Gehtest), Lebensqualität (zb. CAT ) Therapieabbruch, wenn nach 6 Monaten keine Stabilisierung erreicht Bei nachweisbarer Besserung bzw. Stabilisierung der Erkrankung (im Vergleich zu den 6-12 Monaten vor Therapiebeginn) und guter Verträglichkeit Therapiedauer > 6 Monate im Sinne einer Erhaltungstherapie erwägen INDIKATION C: Pseudomonas-Eradikation bei Erstinfektion* 1. Stufe 2. Stufe bei Therapieversagen Cipro p.o. 2 x 750 mg für 2 Wochen Cipro 2 x 750 mg für 4 Wochen + Colistin inhalativ für 3 Monate oder Colistin inhalativ für 3 Monate oder Pseudomonas - AB i.v. für 14 Tage * Keine Therapie asymptomatischer oder nur passagerer Pseudomonas- Kolonisation (vor Beginn einer Pseudomonas-Eradikation sollte die Persistenz der Kolonisation durch eine zweite Sputumkultur bestätigt werden); bei mucoiden Pseudomonas spp. Eradikation meist nicht möglich
Praktische Grundlagen zur inhalativen AB Therapie Vernebler Nebulizers Ein guter Vernebler hat: Hohe Aerosol Output Rate (hohe Nebeldichte + kurze Inhalationszeit) Genau definierte Partikelgröße und Massenanteil unter 5µm Minimalen Aerosolverlust in die Umgebung Geringe verbleibende Restmenge des Medikamentes im Vernebler Leichte Reinigung Verneblerarten: Düsenvernebler (JET-Vernebler) Konventionelle Düsenvernebler Atemzugverstärkte ( breath-enhanced ) Düsenvernebler Dosimetrische Düsenvernebler Ultraschallvernebler Merke: Denaturierung des Medikamentes durch zu hohe Betriebstemperatur möglich Vibrierende Mesh-Vernebler (Membranvernebler) Merke: Atemzuggetriggerte-, dosimetrische- und vibrierende Mesh- Vernebler haben einen geringeren Medikamentenverlust als konventionelle Düsenvernebler Die Leistung ist sehr stark vom Gerät (ev. von Kombination Vernebler/ Kompressor) abhängig Bei inadäquater Reinigung des Verneblers besteht die Gefahr einer weiteren Infektion Entscheidungshilfen für die Auswahl eines Verneblers MMAD (mass median aerodynamic diameter) des Aerosols unter 5 µm Massenanteil unter 5 µm ca. 60 70% Total Output Rate > 300 mg/min Preis des Gerätes UND des zu inhalierenden Medikamentes Haltbarkeit bzw. Betriebsdauer des Gerätes
Was ist bei der praktischen Anwendung der Vernebler zu beachten? Tiefe und langsame Atemzüge mit einer Post-Inspirationspause Anwendung des Exspirationsfilters um die Kontamination der Umgebungsluft durch das Antibiotikum zu verhindern Korrekte Medikamentendosierung Merke: Ein Teil der eingefüllten Medikamentenmenge bleibt im Gerät zurück Bei einer kontinuierlichen Inhalation Verlust des Medikaments während der Post-Inspirationspause und der Exspiration (ca. 2/3 der vernebelten Medikamentenmenge) FACT SHEET # 2 Hygienemaßnahmen Medikamentenvorbereitung unmittelbar vor der Inhalation Reinigung und Desinfektion des Verneblers nach jeder Anwendung (bei Hochrisikogruppen Sterilisation) Verwendung der vom Hersteller empfohlenen Reinigungs- und Desinfektionslösungen bzw. Geräte Ausreichende Trocknung des Verneblers nach jeder Reinigung/Desinfektion und/oder Sterilisation Vernebler soll nur von einem Patienten verwendet werden Weitere Informationen unter: www.ogp.at Impressum Medieninhaber: Österreichische Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) Redaktion: OA Dr. Holger Flick, MSc Ingrid Schmidt, Mitglieder des ÖGP Arbeitskreises für Infektiologie und Tuberkulose Druck: Grasl FairPrint Verwendete Personenbezeichungen verstehen sich geschlechtsneutral und wurden lediglich zur besseren Lesbarkeit in der männlichen Form angeführt.