Der Schmerz. 7. Kongress für Allgemeinmedizin in Südtirol. erkennen verstehen - behandeln. 13. Mai 2011 Bozen



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Transkript:

7. Kongress für Allgemeinmedizin in Südtirol 13. Mai 2011 Bozen Psychosoziale Dimension des Schmerzes Der Schmerz erkennen verstehen - behandeln Dr. Erwin Steiner erwin.steiner@sb-brixen.it

CARTESIANISCHES SCHMERZPARADIGMA Kein Schmerz ohne Gewebsschädigung R. Descartes 1644

CARTESIANISCHES SCHMERZPARADIGMA René Descartes 1596-16501650 umgekehrter Descartes von psychoanalytisch oder humanistisch orientierten Psychotherapeuten: Körperschmerz ist Ausdruck von Seelenschmerz (S. Freud: KONVERSION) Schuld, Sühne

ZUSAMMENFASSUNG (modifiziert) Die Ergebnisse zu sozialem Leiden und körperlichem Schmerz weisen auf eine Überlappung neuronaler Prozesse im Sinne eines allgemeinen Alarmsystems hin. Dies ist ein adaptiver für das Über-leben von Säugetieren sinnvoller Prozess und bildet die evolutionäre Entwicklung und die Bedeutung sozialer Beziehungen für das Über-leben der Arten ab.

FOLGEN FRÜHER STÖRUNGEN DER PSYCHISCHEN GRUND- BEDÜRFNISSE FÜR DAS SPÄTERE BEZIEHUNGSVERHALTEN Vorplanung, fehlende Spontanität, Perfektionismus sich nur auf sich selbst verlassen, niemanden um etwas bitten Aufmerksamkeitssuche, Überaktivität, ität Altruismus Gefühle abschalten, vernünftig sein vermeide ausgeliefert zu sein vermeide Nähe, um nicht zurückgewiesen zu werden vermeide, nicht beachtet zu werden Vermeidungsziele erfordern dauernde Kontrolle, auf der Hut sein >>> Stress vermeide Freude, Enttäuschung und Ärger EGLE, 2007 Orientierung Bindungs- Selbstwerterhöhung/-schutz Lustgewinn/ Unlustund Kontrolle bedürfnis vermeidung FRÜHE STRESS- und GEWALTERFAHRUNG

Der größte Schmerz ist der, den man andern nicht sagen kann. Jüdisches Sprichwort

Bio >> ICD-10 Multimodale Therapie (u.a. Schmerzbewältigung) psycho py >> ICD-10/F sozial >> ICF

Risikofaktoren für die Chronifizierung (radikulärer Rückenschmerz, Hasenbring, 1992) Vermeidungsverhalten bei sozialen und körperlichen Aktivitäten Durchhaltestrategien im Sinne einer Überforderung trotz stärkster Schmerzen nichtverbales Ausdrucksverhalten: Signalisieren von Schmerzen durch Mimik, Gestik, Körperhaltung, Stimmlage, Betonung Ablenkung im Sinn des Ignorierens

Psychologische Diagnostik bei chronischen Schmerzen 1 (Nilges, Wichmann-Dorn, 1992) erkennbare Risikofaktoren (Vermeidungsverhalten, Durchhaltestrategien, nichtverbales Ausdrucksverhalten, Ignorieren) unzureichende Stress- und dbelastungsverarbeitung gestörte emotionale und kognitive Schmerzverarbeitung mangelnde Strategien zur Schmerzbeeinflussung

Psychologische Diagnostik bei chronischen Schmerzen 2 (Nilges, Wichmann-Dorn, 1992) unzureichende Krankheitsbewältigung bei körperlichen Beeinträchtigungen ausgeprägte und viele vegetative Symptome ausgeprägte Inaktivität und sozialer Rückzug Depressionen und Ängste Medikamentenmissbrauch und -abhängigkeit psychosoziale Konfliktsituationen

Psychologische Behandlung chronischer Schmerzen 1 Information über Schmerzentstehung und - aufrechterhaltung Progressive Muskelrelaxation zur Schmerzreduktion und zur positiven Beeinflussung des subjektiven Kontrollbewusstseins Vermittlung innerer und äußerer Ablenkungsstrategien Anleitung zur Selbstbeobachtung, um den Zusammenhang von Kognitionen, Emotionen, Verhalten und Schmerz erfahrbar zu machen und Dysfunktionalitäten aufzudecken

Psychologische Behandlung chronischer Schmerzen 2 Aufbau von Kognitionen, die die Schmerzbewältigung fördern Yes, I can Aufbau aktiver, schmerzinkompatibler Verhaltensweisen, und Abbau von Schmerzverhalten Aufbau sozialkompetenten Verhaltens, um zufriedenstellende zwischenmenschliche Interaktionen unabhängig von Schmerzen zu fördern

Das Ende jedes Schmerzes beginnt mit seiner Akzeptanz. Lisz Hirn