Vorleistungsklausur im Wahlpflichtfach Rechnungswesen im WS 2005/2006 Seite 1/6 Teilgebiet: Bilanzpolitik Aufgabe 1 (20 Punkte) a) Welche grundsätzlichen Ziele können mit Bilanzpolitik verfolgt werden? b) Stellen Sie das grundsätzlich zur Verfügung stehende bilanzpolitische Instrumentarium dar und nennen Sie für jede bilanzpolitische Maßnahme jeweils ein Beispiel. Aufgabe 2 (25 Punkte) Beschreiben Sie die Ursache für die Entstehung latenter Steuern. Verdeutlichen Sie Ihre Ausführungen an einem Beispiel und beurteilen Sie die bilanzpolitische Bedeutung von latenten Steuern nach deutschem Handelsrecht. Aufgabe 3 (50 Punkte) Der Jahresabschluss der Glückauf AG ist zum 31.12.2005 zu erstellen und weist vor Berücksichtigung der unten beschriebenen Sachverhalte einen Gewinnsaldo vor Steuern in Höhe von 200.000 auf. Beschreiben Sie, wie die folgenden Sachverhalte zu bilanzieren und zu bewerten sind, wenn die Glückauf AG (a) einen möglichst geringen oder (b) einen möglichst hohen Gewinnausweis für 2005 wünscht. Begründen Sie Ihre Ergebnisse kurz. Geben Sie die jeweiligen Jahresergebnisse vor Steuern an. Umsatzsteuerliche Probleme sind außer Betracht zu lassen. Bei allen Wertangaben handelt es sich um Nettobeträge (ohne Umsatzsteuer). Anzuwenden sind nur die linear-gleichbleibende oder die geometrisch-degressive Abschreibungsmethode. Dabei soll die degressive Abschreibung aufgrund steuerlich zu beachtender Vorschriften nicht mehr als das Zweifache des bei der linear-gleichbleibenden Abschreibung in Betracht kommenden %-Satzes und auf keinen Fall mehr als 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. des letzten Buchwertes betragen. Es sind die Vorschriften des HGB anzuwenden. Der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit gemäß 252 (1) Nr. 6 HGB soll bei den hier diskutierenden Geschäftsvorfällen ohne Belang sein. Wertansätze sind auf volle ab- bzw. aufzurunden. Folgende Sachverhalte sind zu beurteilen:
Vorleistungsklausur im Wahlpflichtfach Rechnungswesen im WS 2005/2006 Seite 2/6 1. Die AG hat im Juni einen neuen LKW gekauft. Die Anschaffungskosten betragen insgesamt 100.000. Die voraussichtliche Nutzungsdauer schätzt die AG auf 10 Jahre. 2. Im Dezember fällt der Motor an einem älteren LKW aus. Die Reparatur kann wegen Überlastung der Fachwerkstatt erst im Januar 2006 durchgeführt werden. Der Kostenvoranschlag für die Reparatur beläuft sich auf 10.000. 3. Die AG hat im Mai geringwertige Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens im Wert von insgesamt 20.000 angeschafft. Die voraussichtliche Nutzungsdauer für diese Gegenstände beträgt 5 Jahre. 4. Der AG liegt ein versicherungsmathematisches Gutachten vor, nach dem gegenüber dem Vorstand eine unmittelbare Pensionsverpflichtung zum 31.12.2005 in Höhe von 50.000 besteht. Die Pensionszusage wurde bereits im Jahr 1985 erteilt. Bisher wurde in der Bilanz keine Rückstellung erfasst. 5. In der Forschungsabteilung ist ein Verfahren entwickelt worden, das in der Produktion genutzt wird. Der AG liegt ein schriftliches Angebot vor, dieses Verfahren an einen Konkurrenten für 20.000 zu verkaufen. Der Vorstandsvorsitzende überlegt, das Angebot in 2006 anzunehmen. Die Nutzungsdauer dieses Verfahrens liegt voraussichtlich bei 5 Jahren. 6. Im August hat die AG von ihrer Hausbank ein langfristiges Darlehen über 200.000 erhalten. Das mit 8% p.a. verzinste Darlehen ist in 8 Jahren zurück zu zahlen. Das Disagio beläuft sich auf 1% des Darlehensbetrages. Die Zinsen für das erste Jahr der Laufzeit wurden bereits im September bezahlt und als Aufwand verbucht.
Vorleistungsklausur im Wahlpflichtfach Rechnungswesen im WS 2005/2006 Seite 3/6 7. Der Bestand an unfertigen Erzeugnissen hat sich um 400 Stück erhöht. Bisher wurde diese Bestandsveränderung in der Buchhaltung nicht berücksichtigt. Bei der Herstellung dieses Erzeugnisses sind laut Buchhaltung folgende Kosten je Stück entstanden: Materialeinzelkosten 110,0 Fertigungseinzelkosten 90,0 Sondereinzelkosten der Fertigung 20,0 Materialgemeinkosten 20,0 Fertigungsgemeinkosten 150,0 Verwaltungsgemeinkosten 80,0 8. Im Februar wurden Aktien der Firmen A und B zur kurzfristigen Finanzmitteldisposition zu einem Kaufpreis von 15.000 und 8.000 erworben. Die Anschaffungskosten wurden bereits in der Buchführung berücksichtigt. Mittlerweile haben die Aktien der Firma A einen Zeitwert am 31.12. von 16.500 und sollen im Sommer des nächsten Jahres verkauft werden. Die Aktien der Firma B notierten am 31.12. mit einem Kurs von 4.500. Aufgabe 4 (25 Punkte) Welche Möglichkeiten zur Behandlung eines aus der Kapitalkonsolidierung resultierenden Geschäfts- oder Firmenwertes sind im Rahmen einer Rechnungslegung nach HGB zulässig? Gehen Sie dabei auch auf die erfolgs- und finanzwirtschaftlichen Konsequenzen ein und beurteilen Sie die Möglichkeiten vor dem Hintergrund der Generalnorm gemäß 297 Abs. 2 S. 2 HGB.
Vorleistungsklausur im Wahlpflichtfach Rechnungswesen im WS 2005/2006 Seite 4/6 Teilgebiet: Konzernbilanzierung Aufgabe 1 (20 Punkte) Welche Unternehmen unterliegen gemäß HGB der Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses? Welche Tatbestände, die zu einer Befreiung von der grundsätzlichen Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses führen können, sind aus dem HGB ableitbar? Aufgabe 2 (15 Punkte) Ein Mitarbeiter der A-AG hat folgende Verflechtungen des Unternehmensverbundes festgestellt: A-AG 60 % (mit Weiterveräußerungsabsicht) 40 % 100 % 20 % B-AG C-GmbH D-OHG 25 % 50 % E-AG F-AG Prüfen Sie, ob und wie die einzelnen Unternehmen in den Konzernabschluss der A-AG einzubeziehen sind. Begründen Sie Ihre Entscheidung anhand der maßgeblichen Vorschriften des HGB. Aufgabe 3 (20 Punkte) Welche Schritte sind zur Aufstellung eines Konzernabschlusses nach HGB notwendig? Gehen Sie dabei auch auf mögliche Probleme und die entsprechenden Rechtsvorschriften ein.
Vorleistungsklausur im Wahlpflichtfach Rechnungswesen im WS 2005/2006 Seite 5/6 Aufgabe 3 (40 Punkte) Die Equity GmbH hat am 31.12.2004 zu einem Kaufpreis von 40 T einen Kapitalanteil an der Genius GmbH in Höhe von 60% erworben. Zum 31.12.2005 und 31.12.2004 stellen sich Bilanzen der beiden Unternehmen wie folgt dar: Bilanz der Equity GmbH zum 31.12.2005 (31.12.2004) in T Aktiva Passiva Anlagevermögen 95 (100) Eigenkapital 120 (100) Beteiligung Genius GmbH 40 (40) Jahresergebnis 5 (20) Umlaufvermögen 70 (60) Fremdkapital 80 (80) Bilanzsumme 205 (200) Bilanzsumme 205 (200) Bilanz der Genius GmbH zum 31.12.2005 (31.12.2004) in T Aktiva Passiva Anlagevermögen 50 (60) Eigenkapital 55 (50) Umlaufvermögen 50 (40) Jahresergebnis 10 (5) Darlehen der Equity GmbH 35 (45) Bilanzsumme 100 (100) Bilanzsumme 100 (100) Im Geschäftsjahr 2005 sind folgende Geschäftsvorfälle angefallen: Beide Unternehmen haben das jeweilige Jahresergebnis des Jahres 2004 in voller Höhe den Gewinnrücklagen zugeführt. Im Jahr 2005 konnten bei der Genius GmbH Umsatzerlöse in Höhe von 80 T realisiert werden. Diese Umsätze sind ausschließlich mit der Equity GmbH entstanden. Die entsprechenden Forderungen wurden bis auf einen Betrag von 5 T umgehend bezahlt. Die Lieferungen der Genius GmbH wurden vollständig von der Equity GmbH zu einem Erlös von 100 T weiterveräußert. Weitere Erlöse sind nicht angefallen. Bei der Genius GmbH sind Material- und Personalaufwendungen in Höhe von jeweils 30 T entstanden, die bereits vollständig gezahlt wurden. Bei der Equity GmbH sind Personalaufwendungen in Höhe von 10 T entstanden, die bereits vollständig bezahlt wurden. Daneben wurde ein zinsloses Darlehen der Equity GmbH mit 10 T getilgt.
Vorleistungsklausur im Wahlpflichtfach Rechnungswesen im WS 2005/2006 Seite 6/6 Die Equity GmbH hat das Anlagevermögen planmäßig um 5 T abgeschrieben. Die Genius GmbH hat planmäßige Abschreibungen in Höhe von 10 T vorgenommen. Weitere Geschäftsvorfälle sind nicht angefallen. Ein Gutachten hat ergeben, dass dem Anlagevermögen der Genius GmbH, welches eine einheitliche Nutzungsdauer von 3 Jahren hat, zum Erwerbszeitpunkt ein Verkehrswert in Höhe von 65 T beizulegen wäre. Ein sich eventuell ergebender Geschäfts- oder Firmenwert soll über 4 Jahre abgeschrieben werden. Ermitteln Sie zunächst die Gewinn- und Verlustrechnungen der beiden Unternehmen und entwickeln Sie die Konzernbilanz zum Erwerbszeitpunkt sowie zum 31.12.2005 bei Vollkonsolidierung nach der (a) Buchwert- und (b) Neubewertungsmethode. Denken Sie dabei auch an die Aufwands- und Ertragskonsolidierung sowie den richtigen Ausweis der Minderheitenanteile am Konzernjahresergebnis. Latente Steuern brauchen nicht berücksichtigt zu werden. Aufgabe 5 (25 Punkte) Welche Möglichkeiten zur Behandlung eines aus der Kapitalkonsolidierung resultierenden Geschäfts- oder Firmenwertes sind im Rahmen einer Rechnungslegung nach HGB zulässig? Gehen Sie dabei auch auf die erfolgs- und finanzwirtschaftlichen Konsequenzen ein und beurteilen Sie die Möglichkeiten vor dem Hintergrund der Generalnorm gemäß 297 Abs. 2 S. 2 HGB.