Allgemeine Rechtsgrundsätze zur Vor-GmbH



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Transkript:

Allgemeine Rechtsgrundsätze zur Vor-GmbH Fähigkeit zur Teilnahme am Rechtsverkehr Gesellschaft eigener Art; Unterschied zur späteren GmbH nur fehlender Status als juristische Person Als notwendige Vorstufe zur juristischen Person ist die Vor-GmbH eigenständiges, von ihren Gründern und Gesellschaftern verschiedenes körperschaftlich strukturiertes Rechtsgebilde Sie ist selbst Trägerin des Gesellschaftsvermögens und Inhaberin eigener Rechte und Pflichten Sie ist aktiv und passiv parteifähig, wechsel- und scheckfähig, konto- und grundbuchfähig, sie kann sich an anderen Gesellschaften beteiligen und tritt bereits unter eigener Firma im Rechtsverkehr auf Mangels Eintragung im Handelsregister noch nicht Handelsgesellschaft nach 13 Abs. 3 GmbH, Erwerb der Kaufmannseigenschaft nur nach 1 HGB Zum Ganzen: BGH ZIP 1998, 109 = NJW 1998, 1079 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen

Vertretungs- und Haftungsverhältnisse bei der Vor-GmbH Die Vor-GmbH wird durch ihren Geschäftsführer organschaftlich vertreten, aber beschränkt auf das zur Erlangung der Rechtsfähigkeit Erforderliche. Möglich: Umfassende rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht. Durch das Handeln des Geschäftsführers im Rahmen seiner Vertretungsmacht wird die Vor-GmbH berechtigt und verpflichtet. Neben der Vor-GmbH haften auch die für sie Handelnden persönlich nach 11 Abs. 2 GmbHG. Der im Rahmen seiner Geschäftsführungsbefugnis handelnde Geschäftsführer hat einen Erstattungsanspruch (Aufwendungsersatz, 670 BGB) gegen die Gesellschafter, wenn er aus 11 Abs. 2 GmbHG in Anspruch genommen wird.

Kollidierende gesetzliche Anforderungen an die Vor-GmbH Sicherstellung der vollen Kapitalaufbringung im Zeitpunkt der Eintragung (Unversehrtheitsgebot, 7 Abs. 2, 8 Abs. 2, 9 GmbHG) Notwendigkeit der Teilnahme der Vor-GmbH am Geschäftsverkehr und der Eingehung von Verbindlichkeiten, die das Vermögen der Vor-GmbH vermindern oder dessen Wert herabsetzen

Vor-GmbH: Innenhaftung oder Außenhaftung Modell Innenhaftung Modell Außenhaftung Gesellschafter A Gesellschafter B Gesellschafter A Gesellschafter B Vor- GmbH Vor- GmbH Gläubiger Gläubiger

Echte und unechte Vor-GmbH Echte Vor-GmbH Unechte Vor-GmbH Eintragung wird betrieben, GmbH wird später tatsächlich eingetragen Es bestand von vornherein keine Eintragungsabsicht Ursprünglich wird Eintragung betrieben, nach Aufgabe der Eintragungsabsicht oder Ablehnung der Eintragung werden Geschäfte nicht fortgeführt Eintragung wird trotz ursprünglicher Eintragungsabsicht nicht ernsthaft betrieben Eintragungsabsicht wird aufgegeben oder Eintragung scheitert, Geschäfte werden dennoch fortgeführt

Axel und Bruno beschließen die Gründung einer GmbH mit dem Zweck, Universitätsabsolventen in karriereträchtige Jobs zu vermitteln. Sie lassen einen GmbH-Vertrag notariell protokollieren, bestellen sich zu Geschäftsführern und versuchen dann, das Geld für das Stammkapital aufzutreiben. Das dauert seine Zeit. Inzwischen hat Axel eine gutbezahlte Stelle in einem Technologieunternehmen angetreten und das Interesse an der GmbH verloren. Bruno akquiriert noch im Namen der GmbH Anbieter und Nachfrager, betreibt aber mangels der benötigten Finanzmittel die Eintragung der GmbH nicht weiter. Vermieter V, der der Gesellschaft die Miete für einen kleinen Büroraum bisher gestundet hatte, verlangt nun endlich Zahlung der Miete für sechs Monate in Höhe von 3.000 EUR. Von wem?

Die Gesellschafterhaftung bei der unechten Vor-GmbH Voraussetzungen: Es bestand niemals eine Eintragungsabsicht oder die Eintragungsabsicht wurde aufgegeben, die Gesellschaft aber fortgeführt oder die Eintragung wurde nie ernsthaft betrieben Rechtsfolgen: Es besteht keine Vor-GmbH, sondern nur eine Personengesellschaft. Die Haftungsfolgen richten sich nach 714 BGB, 128 HGB: Unbeschränkte persönliche gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter

Die Gesellschafterhaftung bei der echten Vor-GmbH Voraussetzung: Die Vor-GmbH weist eine Unterbilanz auf. Rechtsfolgen GmbH ist inzwischen eingetragen Unterbilanzhaftung der Gesellschafter gegenüber der GmbH pro rata, 420 BGB, also reine Innenhaftung GmbH ist nicht und wird nicht mehr eingetragen Verlustdeckungshaftung der Gesellschafter gegenüber der Vor-GmbH pro rata, 420 BGB, also reine Innenhaftung Der einmal entstandene Anspruch bleibt auch bei anderweitiger Beseitigung der Unterbilanz bestehen Keine Ausnahmen von der Innenhaftung, keine persönliche Gesellschafterhaftung gegenüber Gläubigern der GmbH Ausnahmen vom Grundsatz der Innenhaftung: Vermögenslosigkeit der Vor-GmbH Ein-Personen-Vor-GmbH Keine anderen Gläubiger vorhanden

Axel und Bruno haben inzwischen die benötigten 12.500 EUR aufgetrieben und jeweils die Hälfte entsprechend ihrem 50 %-Anteil auf das Bankkonto der GmbH eingezahlt. Die GmbH wurde daraufhin im Handelsregister eingetragen. Allerdings haben A und B als Geschäftsführer bereits vor Eintragung Ausgaben in Höhe von 7.000 EUR für Büroeinrichtung und Akquisition getätigt. Im Zeitpunkt der Eintragung bestand daher mangels Einkünften der GmbH eine Unterbilanz in dieser Höhe. V, der die Miete für sechs Monate gestundet hatte, verlangt nun Zahlung von 3.000 EUR. Von wem? Abwandlung: Axel ist mit 70 %, Bruno mit 30 % an der GmbH beteiligt. Nachdem sie sich sechs Monate lang vergeblich um die Aufbringung des Stammkapitals bemüht hatten, gaben sie die Eintragungsabsicht auf und stellten umgehend den Geschäftsbetrieb ein. Inzwischen hatten sie jedoch 7.000 der insgesamt der Vor-GmbH zur Verfügung gestellten 8.000 EUR für die Geschäfte der GmbH wieder ausgegeben. V verlangt die ausstehende Miete von 3.000 EUR. Von wem? Abwandlung: V ist der einzige Gläubiger der Vor-GmbH. Alle anderen Gläubiger sind aus den eingezahlten Mitteln schon befriedigt worden.