Blocktrades. Matthias Wolf



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Transkript:

Blocktrades Matthias Wolf Inhalt I. Einleitung... 2 1. Wirtschaftlicher Hintergrund; Beteiligte und ihre Interessen... 2 a) Blocktrade als Exit oder Sell-down eines Grossaktionärs... 2 b) Faktoren einer erfolgreichen Platzierung... 3 c) Interessen der Beteiligten... 4 2. Charakteristika und Abgrenzungen... 5 a) Charakteristika des Blocktrade... 5 b) Marketed Offering... 6 c) Paketverkauf... 6 II. Platzierungsrisiko und Transaktionsstruktur; Transaktionsablauf... 7 1. Platzierungsarten... 7 a) Best Efforts-Platzierung und Platzierung ohne Risikoübernahme durch die Bank... 7 b) Platzierung mit garantiertem Mindestpreis (Backstop)... 8 c) Bought deal... 9 2. Typischer Ablauf eines Blocktrade... 9 III. Elemente des Platzierungsvertrages... 10 1. Parteien... 10 2. Übernahme der Aktien... 10 3. Vergütung... 10 4. Gewährleistungen und Freistellung... 11 5. Bedingungen; Rücktritt... 12 6. Lock-up; weitere Bestimmungen... 13 IV. Mitwirkung der Gesellschaft... 14 1. Anlass und Arten der Mitwirkung... 14 2. Gesellschaftsrechtliche Problematik... 15 3. Zulässigkeit... 15 V. Prospektpflicht und Prospekthaftung... 16 1. Keine Prospektpflicht... 16 2. Prospekthaftung... 17 VI. Offenlegungspflichten, Insiderrecht und Marktaufsichtsrecht... 18 1. Börsengesetzliche Meldepflicht... 18 a) Meldepflicht des Veräusserers und des Erwerbers... 18 b) Meldepflicht der platzierenden Bank... 18 1

Matthias Wolf c) Handeln in gemeinsamer Absprache... 19 2. Ad hoc-publizität... 20 3. Insiderrecht... 22 a) Der Verkäufer als Insider... 22 b) Der geplante Blocktrade selbst als Insidertatsache... 22 c) Pre-Sounding vor der Transaktion... 23 4. Marktaufsichtsrecht... 23 I. Einleitung 1. Wirtschaftlicher Hintergrund; Beteiligte und ihre Interessen a) Blocktrade als Exit oder Sell-down eines Grossaktionärs Ein Blocktrade ist eine Veräusserung eines Aktienpakets an einer börsenkotierten Gesellschaft im Rahmen einer Privatplatzierung an Investoren unter Einschaltung einer oder mehrerer Investmentbanken. 1 Vom Gesichtspunkt des verkaufenden Aktionärs, von dem in der Regel die Initiative zur Transaktion ausgeht, handelt es sich also um einen ganzen oder teilweisen Ausstieg aus seiner Investition. Im Unterschied zu Primärtransaktionen, bei welchen eine Gesellschaft neues Eigenkapital aus einer Kapitalerhöhung und der Platzierung am Kapitalmarkt zu erlangen sucht, geht es beim Blocktrade also um eine Sekundärtransaktion, d.h. um eine Umplatzierung bestehender Aktien. 2 Die Konstellationen, aus welchen sich der Anlass für einen 1 2 Ähnliche Begriffsumschreibungen bei WOLF CHRISTOPH, Umplatzierung bestehender Aktien, in: HABERSACK/MÜLBERT/SCHLITT (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 2. Aufl., Köln 2008, 195 ff., 196; SCHLITT MICHAEL/SCHÄFER SUSANNE, Quick to Market Aktuelle Rechtsfragen im Zusammenhang mit Block- Trade Transaktionen, AG 2004, 346 ff., 346; und GERHARD FRANK, Le block-trade comme moyen de placement de titres de participation cotés en bourse, SZW 2006, 256 ff., 257. Zu dieser Unterscheidung ZOBL DIETER/KRAMER STEFAN, Schweizerisches Kapitalmarktrecht, Zürich/Basel/Genf 2004, N 1089; zu Mischformen bzw. kombinierten Primär/Sekundärtransaktionen vgl. etwa DAENIKER DANIEL, Underwriting Agreement Rechtliche Grundlagen von öffentlichen Aktienangeboten schweizerischer Gesellschaften, in: WATTER (Hrsg.), Rechtsfragen beim Börsengang von Unternehmen, EIZ Bd. 36, Zürich/Basel/Genf 2002, 159 ff., 162 f. und WALLER 2

Blocktrades Blocktrade ergibt, sind vielfältig. Es handelt sich z.b. um Verkäufe im Anschluss an einen Börsengang, bei welchen die ursprüngliche Aktionärsgruppe (wie es die Regel ist) beim IPO nur einen teilweisen Ausstieg realisierte, um den Abbau einer nicht mehr als strategisch betrachteten Beteiligung, um eine Ablösung einer Familienbeherrschung als Nachfolgelösung oder auch um den Rückzug aus einem gescheiterten Übernahmeversuch. Die Platzierung am Kapitalmarkt und damit die Bedeutung der Frage des Platzierungsrisikos machen den Blocktrade zu einer Kapitalmarkttransaktion und damit zu einem typischen Geschäft der Investmentbanken, deren Platzierungskraft einen wesentlichen Erfolgsfaktor darstellt. Im Charakter als Ausstiegstransaktion liegt auch eines der häufigen, sozusagen immanenten Probleme des Verkäufers: Als verkaufswilliger Grossaktionär erweckt er nicht selten den Verdacht, dass er allenfalls sogar aufgrund von bevorzugtem Informationszugang zumindest mittelfristig nicht von einem weiteren Wertzuwachs seiner Beteiligung ausgeht. Die Umstände, die zu einem Blocktrade Anlass geben und ihre Kommunikation und Erklärung gegenüber dem Markt sind damit von besonderer Bedeutung. b) Faktoren einer erfolgreichen Platzierung Typisch für Blocktrades sind Aktienpakete bis zu ca. 10%-15%. Veräusserungen von Aktienpaketen solcher Volumen resultieren in einem kurzfristigen unter Umständen sehr erheblichen Angebotsüberhang und belasten daher den Kurs. Ausserdem übersteigt das Volumen eines typischen zum Verkauf gelangenden Blocks das durchschnittliche tägliche Handelsvolumen in der Regel um ein vielfaches. Entscheidende Faktoren für den Erfolg der Platzierung und die Risikobeurteilung der Banken sind damit die Liquidität und Volatilität des Titels. 3 Je höher die Absorptionsfähigkeit des Marktes und je stabiler die Preisentwicklung, desto eher wird sich eine kursschonende Platzierung ermöglichen lassen und wird eine platzierende Investmentbank bereit sein, ein Platzierungsrisiko zu übernehmen. Damit erklärt sich gleichzei- 3 STEFAN, Das Underwriting Agreement, Diss., Schweizer Schriften zum Finanzmarktrecht, Bd. 94, Zürich 2010, 17 f. Hierzu auch SCHLITT/SCHÄFER (FN 1), 346. 3

Matthias Wolf tig die Bedeutung der zeitlichen Verhältnisse: Je länger der Zeitraum zwischen Ankündigung und Platzierung, desto grösser ist das Risiko eines Kursrückgangs. 4 Es wird daher bei einem Blocktrade praktisch immer versucht, diesen Zeitraum so kurz wie möglich zu halten. Diese Faktoren stehen natürlich in Abhängigkeit von der Grösse des zu platzierenden Pakets und schliesslich ist auch von Bedeutung, welche Umstände zum Verkauf führen und wie sich diese dem Markt kommunizieren lassen. c) Interessen der Beteiligten Wie erwähnt geht der Anlass für einen Blocktrade meist vom verkaufenden Aktionär aus. Wie jedem Verkäufer geht es ihm primär um eine Optimierung des Verkaufserlöses. Für ihn ist ein Blocktrade eine der Handlungsalternativen neben einem Paketverkauf an einen einzelnen Käufer. Für die beteiligten Investmentbanken sind Blocktrades ein Teil des Underwriting- und Beratungsgeschäfts. Sie stellen dem Verkäufer ihre Platzierungskraft zur Verfügung und ermöglichen ihm so den Exit mit einem reduzierten oder eliminierten Marktrisiko. Dazu kommen in unterschiedlichem Mass Beratungsleistungen der Bank. Das Interesse der Bank liegt in ihrem Honorar sowie unter Umständen in dem mit der Transaktion verbundenen Reputationsgewinn. Zumindest indirekt beteiligt oder zumindest betroffen ist auch die Gesellschaft selbst. Für sie stellt ein Blocktrade eine unter Umständen heikle Ablösung eines Grossaktionärs dar. Sie strebt in der Regel danach, durch den Verkauf keine oder nur geringe Kurseinbussen im Titel zu erleiden und darüber hinaus allenfalls eine erwünschte Verbreiterung der Aktionärsbasis zu realisieren. Der Grad ihrer Involvierung in der Transaktion ist unterschiedlich. Beteiligt sind schliesslich auch die Anleger, bei denen die Aktien platziert werden. 4 WOLF (FN 1), 198. 4

Blocktrades 2. Charakteristika und Abgrenzungen a) Charakteristika des Blocktrade Beim Blocktrade handelt es sich um eine Privatplatzierung, d.h. es findet kein öffentliches Angebot der Aktien unter Verwendung eines Prospekts statt. Bei den Anlegern handelt es sich praktisch ausschliesslich um institutionelle Investoren. Die Platzierung bzw. die Ermittlung des Platzierungspreises wird in der Regel auf dem Wege eines beschleunigten Bookbuilding 5 (sogenantes Accelerated Bookbuilding) durchgeführt. Anleger werden telefonisch innerhalb eines Zeitraumes von mehreren Stunden bis maximal wenige Tage angesprochen und weitere Vermarktungsaktivitäten finden kaum statt. 6 Es wird kein Prospekt erstellt (allenfalls wird aber ein prospektähnliches Informationsdokument verwendet) und es wird keine oder nur eine äusserst beschränkte Due Diligence Prüfung durchgeführt. 7 Der Verkäufer ist in der Regel bereit, beim Verkaufspreis einen (geringen) Abschlag auf den aktuellen Börsenkurs zu akzeptieren. 8 Die Gesellschaft ist typischerweise nicht oder nur in geringem Mass involviert. Blocktrades lassen sich abgrenzen von Marketed Offerings und eigentlichen Paketverkäufen, wobei diese Einteilung nur verkehrstypisch ist und in der Praxis Abweichungen und Transaktionen mit Eigenheiten verschiedener Typen vorkommen. 5 6 7 8 Zum Bookbuildingverfahren und zum beschleunigten Bookbuilding s. etwa ZOBL/ KRAMER (FN 2), Rn. 1088 ff.; WOLF (FN 1), 196 f.; WALLER (FN 2), 34 ff.; GER- HARD (FN 1), 260. SCHLEIFFER PATRICK/WOLF MATTHIAS, Die Mitwirkung der Gesellschaft bei Sekundärplatzierungen, in: OERTLE/WOLF/BREITENSTEIN/DIEM (Hrsg.), M&A Recht und Wirtschaft in der Praxis, Liber amicorum für Rudolf Tschäni, Zürich 2010, 297 ff., 299. SCHLEIFFER/WOLF (FN 6), 299 f. GERHARD (FN 1), 256; WOLF (FN 1), 196 f.; SCHLEIFFER/WOLF (FN 6), 299. 5

Matthias Wolf b) Marketed Offering Beim Marketed Offering wird im Gegensatz zum Blocktrade ein Marketing Dokument, entweder ein eigentlicher Prospekt oder ein ähnliches Informationsdokument (Information Memorandum oder Placement Memorandum), verwendet. 9 Die Abgrenzung des Blocktrade vom Marketed Offering ist fliessend und es lassen sich keine strikten Trennlinien ziehen. 10 Beim Marketed Offering gibt es in der Regel eine längere Marketing- und Bookbuildingphase über mehrere Tage bis Wochen mit Road Shows, an denen regelmässig auch die Gesellschaft miteinbezogen wird, und es werden eher grössere Pakete, meist deutlich über 10% platziert. 11 c) Paketverkauf Bei einem Paketverkauf werden die Aktien an einen oder einzelne Investoren verkauft, die an einem strategischen oder langfristigen Investment interessiert sind. 12 Es handelt sich daher um eine stark einzelfallbezogene Transaktion ohne Marktplatzierung. Beim Erwerber überwiegen im Gegensatz zum Blocktrade und zum Marketed Offering meist strategische Interessen. Damit verschiebt sich der Akzent unter Umständen hin zu einer M&A- Transaktion, womit auch andere rechtliche Fragen wie Angebotspflicht oder Zusammenschlusskontrolle Bedeutung erlangen, die bei einem Blocktrade unerheblich sind. 13 Käufer und Verkäufer stehen in direktem Kontakt; falls eine Bank involviert ist, so ist sie Berater und/oder Vermittler, aber sie trägt kein Platzierungsrisiko. Aufgrund des strategischen Interesses des Erwerbers steht zuweilen ein Paketzuschlag, also ein gegenüber dem Börsenkurs höherer Kaufpreis, im Raum. 9 10 11 12 13 GERHARD (FN 1), 257; SCHLEIFFER/WOLF (FN 6), 300; WOLF (FN 1), 197. SCHLEIFFER/WOLF (FN 6), 300; WOLF (FN 1), 197. GERHARD (FN 1), 257; SCHLEIFFER/WOLF (FN 6), 300. GERHARD (FN 1), 257; SCHLEIFFER/WOLF (FN 6), 300; WOLF (FN 1), 197 f. SCHLEIFFER/WOLF (FN 6), 300; WOLF (FN 1), 197 f. 6

Blocktrades II. Platzierungsrisiko und Transaktionsstruktur; Transaktionsablauf 1. Platzierungsarten Die Frage der Verteilung des Platzierungsrisikos ist bei jeder Platzierungstransaktion zentral. Es ist denn auch das Kriterium der (vertraglichen) Verteilung des Platzierungsrisikos zwischen Verkäufer und übernehmender Bank, welches die gängige Einteilung in drei verkehrstypische Transaktionsstrukturen bestimmt. a) Best Efforts-Platzierung und Platzierung ohne Risikoübernahme durch die Bank Bei einer Platzierung ohne Risikoübernahme verpflichtet sich die Bank entweder zur bestmöglichen Absatzvermittlung, d.h. sich zu bemühen, Käufer für die Aktien zu finden. Das Platzierungsrisiko liegt dann beim verkaufenden Aktionär. Die rechtliche Situation ist dann ähnlich derjenigen bei einer Best Efforts-Platzierung einer Emission. 14 Vertraglich liegt Verkaufskommission vor. Stattdessen wird allerdings häufig anstelle eines Kommissionsvertrages ein Kaufvertrag (zwecks Weiterverkauf durch Marktplatzierung im Wege eines beschleunigten Bookbuilding) abgeschlossen, bei welchem die Anzahl der zu übernehmenden und platzierenden Aktien und der Kaufpreis erst nach durchgeführtem Bookbuilding in einer separaten Preisvereinbarung (Pricing Supplement) festgelegt werden, auf deren Abschluss kein Anspruch besteht. 15 Bei einem solchen Vorgehen liegt bis zum Abschluss der separaten Preisvereinbarung kein Kaufvertrag bzw. zumindest keine Übernahmeverpflichtung der Bank vor, selbst wenn der Abschluss der Preisvereinbarung technisch nur als aufschiebende Bedingung des Kaufvertrages bezeichnet wird, denn die 14 15 Vgl. dazu: ZOBL/KRAMER (FN 2), N 1973 ff. WOLF (FN 1), 200. Manchmal erfolgt auch der Abschluss des Übernahmevertrages überhaupt erst nach dem Bookbuilding. 7

Matthias Wolf Einigung über den Kaufgegenstand und den Preis ist ja ein objektiv wesentlicher Bestandteil jedes Kaufvertrages. 16 Im zweiten Fall übernimmt die Bank die Aktien zwar im Zeitpunkt des Abschlusses der Preisvereinbarung fest (bzw. nur noch unter Vorbehalt bestimmter Vollzugsbedingungen, welche einen Rücktritt erlauben 17 ), doch trägt sie das Platzierungsrisiko in diesem Stadium nur noch insoweit, als Anleger ihre im Rahmen des bereits stattgefundenen Bookbuilding eingegebenen Orders 18 nicht honorieren sollten. b) Platzierung mit garantiertem Mindestpreis (Backstop) Bei einem sogenannten Backstop-Deal dagegen garantiert die Bank dem Verkäufer einen Mindestpreis für eine gewisse Anzahl Aktien, zu welchem sie die Aktien notfalls selbst übernimmt. 19 Für diesen Mindestpreis übernimmt also die Bank das Platzierungsrisiko. Er wird unmittelbar vor der Vermarktungsphase, meist in Abhängigkeit vom Schlusskurs des Vortages der Transaktion, und zwar etwas unterhalb davon, festgelegt. Eine Preisvereinbarung nach dem Bookbuilding ist nur noch dann nötig, wenn die Platzierung über dem Mindestpreis erfolgt, was natürlich erwünscht ist. 20 Die Vergütung der Bank bzw. der Kaufpreis hängt häufig davon ab, wie hoch über dem Mindestpreis die Aktien tatsächlich platziert werden. So hat die Bank einen Anreiz zu einer möglichst erfolgreichen Platzierung. 16 17 18 19 20 Hingegen wird der Vertrag unter Umständen bereits vorher bestimmte andere Rechte und Pflichten entfalten. Vgl. zur ähnlichen Situation bei Underwriting Agreements mit Pricing Supplements DAENIKER (FN 2), 173. Vgl. dazu hinten, III.5. In der Praxis handelt es sich meist nicht um verbindliche Offerten, sondern um Interessenbekundungen, die allerdings fast durchwegs honoriert werden. GERHARD (FN 1), 259; WOLF (FN 1), 200 f. WOLF (FN 1), 200 f. 8

Blocktrades c) Bought deal Beim Bought Deal schliesslich geht die platzierende Bank die Verpflichtung zur Übernahme der Aktien zu einem festen Preis bereits vor der Vermarktungsphase ein und übernimmt damit das Platzierungsrisiko. 21 Der Verkäufer verkauft direkt an die Bank, welche die Aktien umgehend im Markt weiter verkauft, da sie diese regelmässig nicht bzw. nicht lange auf eigenes Risiko halten möchte. 22 Dem entspricht, dass die Bank nur bereit sein wird, die Aktien zu einem deutlich unter dem aktuellen Marktpreis liegenden Preis zu erwerben (Risikoprämie). Ihr Entgelt liegt in einem Wiederverkaufsgewinn, ihr Risiko in einem Verlust. 2. Typischer Ablauf eines Blocktrade Der typische Ablauf eines Blocktrade gestaltet sich häufig wie folgt: Tag X-30 Tag X-30 Strukturierung, Due Diligence, Verhandlungen, allenfalls Placement Memorandum, Vorbereitung Kommunikation etc. Allenfalls Pre-Marketing Tag X-2 Tag X-1 Tag X Tag X+3 Abschluss der Verhandlungen und Finalisierung der Dokumentation (mit Ausnahme des Preises) Nach Handelsschluss: Vereinbarung des Backstop-Preises bzw. des Kaufpreises (beim Bought Deal), Go/NoGo-Entscheidung und Signing - Morgen früh: Launch (Press Release/Ad-hoc Mitteilung, Beginn Bookbuilding und telefonische Vermarktung) - Nach Abschluss des Bookbuilding: Signing Pricing Supplement - Zuteilung (Allocation) - Press Release Settlement, d.h. Lieferung gegen Zahlung unter Einbehalt der Vergütung durch die Bank 21 22 WOLF (FN 1), 201. WOLF (FN 1), 201; GERHARD (FN 1), 259. 9

Matthias Wolf III. Elemente des Platzierungsvertrages 1. Parteien Parteien sind regelmässig der oder die verkaufenden Aktionäre und die platzierende Bank. Handeln mehrere Banken gemeinsam, so verpflichten sie sich praktisch immer anteilmässig auf die Quote ihrer Übernahmezusage (Commitment) und nicht solidarisch. Die Gesellschaft wird beim typischen Blocktrade eher selten Partei des Vertrages, selbst wenn sie aktiv involviert ist. 23 Was auch etwa vorkommt, sind separate Vereinbarungen der Gesellschaft gegenüber der platzierenden Bank. 2. Übernahme der Aktien Was die Übernahme der Aktien betrifft, so reflektieren die entsprechenden Vertragsbestimmungen die vorgesehene Risikoverteilung. Beim Bought Deal wird gekauft zwecks Platzierung. Übernimmt die Bank kein Platzierungsrisiko 24, so wird der Abschluss des Pricing Supplement aufgeschoben bis zum Abschluss des Bookbuilding oder die Bank handelt in Kommission, d.h. auf Rechnung des Verkäufers. Bei der sogenannten Agency-Struktur soll die Bank lediglich Käufer vermitteln und bei den Vertragsschlüssen mit den Investoren als direkter Stellvertreter des Verkäufers handeln. Dies kommt in der Schweiz nach der Erfahrung des Verfassers selten vor. 3. Vergütung Bei der Vergütung treten in der Praxis verschiedene Regelungen in Erscheinung: Manchmal fixe oder vom Platzierungspreis abhängige Provisionen, zuweilen sogar ein zusätzliches Entgelt, das ins freie Ermessen des Verkäufers gestellt wird. Beim Backstop-Deal besteht die Vergütung oft in einem Gewinnanteil der Bank abhängig von der Differenz zwischen dem vereinbarten Mindestpreis und dem Preis, zu dem die Aktien platziert werden. 23 24 Dazu hinten, IV. Bzw. nur dafür, dass die Anleger ihre Interessensbekundungen honorieren. 10

Blocktrades 4. Gewährleistungen und Freistellung Der Umfang des Gewährleistungsschutzes, den die Bank vom Verkäufer verlangt bzw. erhält, variiert je nach den Umständen der Transaktion und der Verhandlungsmacht der Parteien. Wesentliche Faktoren sind z.b. der Bekanntheitsgrad und die Veröffentlichungen und Transparenz der betroffenen Gesellschaft, die Vertrautheit der Bank mit der Gesellschaft, die Person des Verkäufers und sein Verhältnis zur Gesellschaft 25, eine allenfalls verwendete Marketingdokumentation 26 sowie die Umstände, die zum Verkauf Anlass geben. Regelmässig gilt, dass der Umfang der Gewährleistung bedeutend geringer ist als bei einer typischen M&A-Transaktion und als bei einem Underwriting Agreement im Rahmen eines IPO oder einer Emission einer bereits kotierten Gesellschaft. 27 Namentlich sind die bei solchen Verträgen häufigen umfassenden Gewährleistungskataloge über das Geschäft und das Vermögen der Gesellschaft kaum erhältlich, und manche Zusicherungen werden nur in qualifizierter oder abgeschwächter Form abgegeben. Regelmässig wird immerhin eine (ggf. qualifizierte) Zusicherung durch die Gesellschaft über die kapitalmarktrechtlichen Publikationen der Gesellschaft verlangt und abgegeben, damit die Bank einen gewissen Schutz dafür erlangt, dass alle kursrelevanten Informationen im Markt verfügbar sind. Dies wird ergänzt durch eine Zusicherung des Verkäufers, wonach dieser nicht über nicht-öffentliche, kursrelevante Informationen verfügt. Damit schützt sich die Bank davor, als Instrument einer Transaktion unter Inanspruchnahme eines Informationsvorteils zu dienen. Üblicher Standard sind Zusicherungen über die Rechtsgewährleistung für die Aktien, die Rechtseinhaltung des Verkäufers und weitere, den Verkäufer betreffende Umstände wie die interne Autorisierung der Transaktion, dass durch die Transaktion keine anderen Verpflichtungen des Verkäufers verletzt werden etc. 25 26 27 Namentlich, ob er die Gesellschaft kontrolliert und ob er Einsitz im Verwaltungsrat hat. Hinsichtlich deren Inhalt die Bank natürlich bestmöglichen Comfort zu erlangen sucht. Ebenso WOLF (FN 1), 204 f. 11

Matthias Wolf Der Umfang der von den Banken typischerweise verlangten Haftungsfreistellung (Indemnity) variiert in der Praxis. Während Schadloshaltung bzw. Freistellung von Drittansprüchen hinsichtlich Gewährleistungsverletzungen und anderer Vertragsverletzungen üblich ist, sind weitergehende Freistellungen nach der Erfahrung des Verfassers weitgehend Verhandlungssache. Werden Marketingdokumente verwendet, so wird die Bank typischerweise eine Freistellung für Ansprüche aus tatsächlichen oder bloss behaupteten Unrichtigkeiten verlangen. Soweit die Bank Gewährleistungen übernimmt, beschränken sich diese in der Regel auf die Einhaltung von Selling Restrictions (vor allem hinsichtlich allfälliger Aktivitäten in den USA) und ihre persönliche Verhältnisse. Die Haftung der Bank wird häufig im gesetzlich zulässigen Mass ausgeschlossen bzw. beschränkt. 5. Bedingungen; Rücktritt Regelmässig sieht der Platzierungsvertrag Bedingungen vor, bei deren Ausfall die Bank von der Transaktion (bis zum Vollzug) zurücktreten kann. Sie dienen primär dem Schutz der Bank davor, bei Eintreten gewisser Ereignisse oder Entwicklungen mit dem Platzierungsrisiko im Kapitalmarkt zu stehen. Es handelt sich typischerweise etwa um die folgenden Bedingungen, die beim Vollzug (Closing, Settlement) erfüllt sein müssen: Richtigkeit der Gewährleistungen und Einhaltung der Verpflichtungen des Verkäufers Keine wesentliche nachteilige Veränderung (No Material Adverse Change): Typischerweise ist diese Bedingung bezogen auf die Gesellschaft, ihr Geschäft und finanziellen Verhältnisse. 28 Kein Fall von Force Majeure: Diese Bedingung bezieht sich typischerweise auf die Verhältnisse am Kapitalmarkt allgemein und an den betroffenen Börsen (z.b. Handelsunterbrüche oder Einschränkungen des 28 Zu MAC-Klauseln vgl. etwa SCHLEIFFER PATRICK, No Material Adverse Change, in: TSCHÄNI (Hrsg.), Mergers & Acquisitions VI, EIZ Bd. 48, Zürich/Basel/Genf 2004, 53 ff. 12

Blocktrades Handels und der Clearing- und Settlementfunktionen) sowie Ereignisse höherer Gewalt (Ereignisse und behördlich verfügte Einschränkungen auf den Finanzmärkten; Ereignisse höherer Gewalt wie Krieg, Terrorattentate, politische oder gesamtwirtschaftliche Krisen etc. in den betroffenen Ländern. Legal Opinions, namentlich setzt die Bank häufig eine sog. No registration opinion eines US-amerikanischen Rechtsanwalts voraus, gemäss welcher die Transaktion keine Registrierung nach US-amerikanischem Kapitalmarktrecht voraussetzt bzw. bewirkt. Bei einer Platzierungsstruktur ohne Übernahme des Platzierungsrisikos der Bank bzw. Best Efforts Platzierung ist der Abschluss der Preisfestsetzungsvereinbarung eine Bedingung, wobei auf diesen Abschluss grundsätzlich kein Anspruch einer Partei besteht. Ist eine der Bedingungen beim Vollzug nicht erfüllt und wurde darauf auch nicht verzichtet, so wird der Bank in der Regel ein Rücktrittsrecht vorbehalten. Ebenso sehen die Übernahmeverträge standardmässig ein Rücktrittsrecht vor bei Verzug des Verkäufers. 6. Lock-up; weitere Bestimmungen Wenn der Verkäufer nicht seine sämtlichen Aktien verkauft, wird die Bank typischerweise auf einem Lock-up, d.h. auf einer Halteverpflichtung des Verkäufers für den Restbestand seiner Aktien zum Marktschutz bestehen. Dadurch soll verhindert werden, dass der Aktienkurs kurzfristig unter (weiteren) Druck gerät und es soll die Volatilität vermindert werden. Im Übrigen enthalten die typischen Verträge manchmal Verkaufsbeschränkungen (Selling Restrictions), insbesondere hinsichtlich der USA. Dort werden auch etwa so genannte Investor Representation Letters (Big Boy Letters) verwendet. Häufig wird ausserdem vereinbart, dass die Bank berechtigt (aber nicht verpflichtet) sein soll, im zulässigen Rahmen Stabilisierungsmassnahmen am Markt zu ergreifen. 13

Matthias Wolf Schliesslich sehen Platzierungsverträge meist eine Gerichtsstandsklausel vor, wobei (ähnlich wie in Underwriting Agreements) der Bank ein Recht vorbehalten wird, Rückgriffsklagen an anderen Gerichten zu erheben, vor denen sie beklagt ist. 29 IV. Mitwirkung der Gesellschaft 30 1. Anlass und Arten der Mitwirkung Die Gesellschaft kann auf verschiedene Weise in den Transaktionsprozess eingebunden sein. Der Anlass bzw. die Motivation der Beteiligten für die Mitwirkung der Gesellschaft besteht im Wesentlichen darin, von Gesellschafts- und Geschäftsinformationen für die Due Diligence und allenfalls die Erstellung von Angebotsunterlagen zu profitieren, sich die Unterstützung der Gesellschaft bei allfälligen Vermarktungsbemühungen zu sichern sowie Risiken und/oder Kosten von der Gesellschaft (statt von den Vertragsparteien) tragen zu lassen. Vor diesem Hintergrund wird klar, dass es für die platzierende Bank von grosser Bedeutung sein kann, ob und in welcher Form die Gesellschaft eine Transaktion unterstützt. Neben diesen Interessen der Beteiligten können aber durchaus legitime und gewichtige Interessen der Gesellschaft selbst bestehen, welche Anlass zur Mitwirkung geben und diese rechtfertigen können. Typische Formen der Mitwirkung umfassen etwa Zulassung einer (beschränkten) Due Diligence Prüfung, die Teilnahme an Road Shows oder Investorengesprächen, die Mitarbeit beim Erstellen von Marketingdokumenten, die Kostenübernahme sowie die Risikoübernahme durch Abgabe von Gewährleistungen oder Freistellungen. Verfügt die Gesellschaft über eigene Aktien, so kommt auch ein Lock-up der Gesellschaft in Frage. 29 30 Siehe dazu (im Rahmen von Underwriting Agreements) etwa WALLER (FN 2), 261 f. Vgl. zu Folgendem eingehend SCHLEIFFER/WOLF (FN 6), 297 ff. 14

Blocktrades 2. Gesellschaftsrechtliche Problematik Die Zulässigkeit solcher Mitwirkungshandlungen ist rechtlich in verschiedener Hinsicht problematisch, vor allem darum, weil anders als bei einer Emission der Gesellschaft aus der Transaktion keine Mittel zufliessen. Ins Auge sticht einmal der Aspekt der Gleichbehandlung der Aktionäre durch den Verwaltungsrat (Art. 717 Abs. 2 OR). Indem der Verwaltungsrat die Gesellschaft bei der Transaktion mitwirken lässt, lässt er dem verkaufenden Aktionär eine gewisse Vorzugsbehandlung zukommen. Weiter kann in der Offenlegung von Geschäftsinformationen ein Verstoss gegen die Treue- und Sorgfaltspflicht des Verwaltungsrates liegen. Schliesslich, und das ist vor allem für eine Kosten- und Risikoübernahme durch die Gesellschaft bedeutungsvoll, ist die Rechtsgeschäftsfähigkeit der Gesellschaft und die Vertretungsfähigkeit ihrer Organe gemäss Art. 718a Abs. 1 OR auf gesellschaftszweckkonforme Geschäfte beschränkt und Leistungen an Aktionäre denen keine angemessene Gegenleistung gegenübersteht können als verdeckte Ausschüttungen bzw. soweit in das geschützte Eigenkapital eingegriffen wird als unzulässige Einlagerückgewähr qualifizieren. 31 3. Zulässigkeit Etwas verallgemeinernd kann wohl gesagt werden, dass nach weitgehend übereinstimmender Meinung Mitwirkungshandlungen und Kosten- oder Risikoübernahmen der Gesellschaft ein rechtfertigendes Eigeninteresse der Gesellschaft und/oder angemessene Gegenleistungen voraussetzen und dass der Verwaltungsrat die Vorteile (bzw. die Abwendung drohender Nachteile) sorgfältig gegen die Kosten und Risiken der Mitwirkungshandlungen abzuwägen hat. 32 Ein Eigeninteresse der Gesellschaft lässt sich häufig in einer Verbreiterung der Aktionärsbasis und der Vergrösserung des Free Float und erhöhter Liquidität des Aktientitels sehen. Bei Unterstützungshandlungen von relativ tiefer Intensität wie z.b. der Mitwirkung bei Road Shows und 31 32 Vgl. im Einzelnen SCHLEIFFER/WOLF (FN 6), 307 ff., m.w.h. SCHLEIFFER/WOLF (FN 6), 307 ff., m.w.h.; GERHARD (FN 1), 261 f.; WALLER (FN 2), 220 (für Gewährleistungen in Underwriting Agreements bei Sekundärplatzierungen), m.w.h. 15

Matthias Wolf Investorengesprächen dürfte ein rechtfertigendes Eigeninteresse regelmässig schon darin liegen, dass die Gesellschaft die Beziehungen zu Investoren pflegen darf und soll. 33 Die Zulassung einer Due Diligence Prüfung im Rahmen eines Blocktrades dagegen wird ein erhebliches und besonderes Eigeninteresse der Gesellschaft voraussetzen, wobei dies von der Tiefe und dem Umfang des Informationszugangs abhängt. 34 Haftungsübernahmen (Gewährleistungen und Freistellungen) der Gesellschaft im Rahmen eines üblichen Blocktrades dürften nur ausnahmsweise gerechtfertigt sein. 35 V. Prospektpflicht und Prospekthaftung 1. Keine Prospektpflicht Weder nach dem Obligationenrecht noch nach dem Kotierungsreglement der SIX Swiss Exchange besteht eine Pflicht, im Zusammenhang mit der Umplatzierung von bestehenden und kotierten Aktien einen Prospekt zu erstellen und zu publizieren. 36 Zum einen entfällt die Prospektpflicht darum, weil ausschliesslich bestehende und bereits kotierte Aktien angeboten werden. Zum zweiten ist man in der Regel bemüht, ein öffentliches Angebot im Sinne von Art. 652a OR zu vermeiden. Wenn auch der Begriff der Öffent- 33 34 35 36 SCHLEIFFER/WOLF (FN 6), 304 f. (solange keine vertrauliche oder kursrelevante Informationen offen gelegt werden). SCHLEIFFER/WOLF (FN 6), 304 ff. SCHLEIFFER/WOLF (FN 6), 308. Anders wohl bei grösseren Sekundärplatzierungen und insbes. beim IPO. SCHLEIFFER PATRICK/FISCHER DAMIAN, Prospektfreie Platzierungen, in: REUTTER/ WERLEN (Hrsg.), Kapitalmarkttransaktionen V, EIZ Bd. 107, Zürich/Basel/Genf 2010, 121 ff., 128 ff., m.w.h. Für öffentliche Sekundärangebote wird in der Lehre zum Teil eine Prospektpflicht vertreten (NOBEL PETER, Schweizer Wertpapierprospektrecht, in: HOLZBORN (Hrsg.), Kommentar zum Wertpapierprospektgesetz mit EU-Prospektverordnung und weiterführenden Vorschriften, Berlin 2008, N 7; WAT- TER ROLF, Die Festübernahme von Aktien, speziell beim Initial Public Offering, in: VON BÜREN (Hrsg.), Aktienrecht 1992-1997: Versuch einer Bilanz, Zum 70. Geburtstag Rolf Bär, Bern 1998, 387 ff., 399 f. 16

Blocktrades lichkeit im schweizerischen Recht etwas unklare Konturen aufweist, 37 so ist zumindest bei kleineren Blocktrades ein öffentliches Angebot in der Regel aufgrund der individuellen Ansprache von qualifizierten Investoren nicht gegeben. Zwar kann die Zahl der angesprochenen Investoren bei Blocktrades recht hoch sein, so handelt es sich aber praktisch immer um einen begrenzten Adressatenkreis institutioneller Investoren, die einzeln angesprochen werden. 2. Prospekthaftung Von der Frage der Prospektpflicht ist die Frage nach einer Prospekthaftung gemäss Art. 752 OR abzugrenzen. Art. 752 OR statuiert eine Verantwortlichkeit für Personen, die bei Ausgabe von Wertpapieren unrichtige, irreführende oder unvollständige Angaben gemacht haben. Anknüpfungspunkt für die Haftung ist die Erstellung eines Prospektes oder einer prospektähnlichen Mitteilung. 38 Nach wohl überwiegender Auffassung erstreckt sich die Prospekthaftung auch auf freiwillige Prospekte. 39 Wie erwähnt werden zuweilen auch bei Blocktrades kürzere Marketingdokumente, Präsentationen und ähnliche Dokumente verwendet. Diese dürften als freiwillige, prospektähnliche Dokumente qualifizieren. Haftungsbegründend sind in diesem Fall unrichtige oder irreführende Angaben, während eine Haftung aus Unvollständigkeit entfallen muss, da es keinen gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt gibt. 40 Ein Risiko einer Prospekthaftung für Dokumente, welche bei der Investorenansprache allenfalls verwendet werden, ist 37 38 39 40 SCHLEIFFER/FISCHER (FN 36), 132 ff., m.w.h. für eine Zusammenfassung der Lehre und Rechtsprechung. BSK OR II-WATTER/NOTH, Art. 752 OR, N 5. SCHLEIFFER/FISCHER (FN 36), 181 ff., m.w.h. auf die Lehre; abweichend aber BÖCKLI PETER, Schweizer Aktienrecht, 4. Aufl., Zürich 2009, 18 N 26a. WATTER/NOTH (FN 38), Art. 752 OR, N 5. Kritisch dazu: BERTSCHINGER URS, Kommentar zum Schweizerischen Obligationenrecht, KREN KOSTKIEWICZ/NOBEL/ SCHWANDER/WOLF (Hrsg.), 2. Aufl., Zürich 2009, Art. 752 OR, N 20. 17

Matthias Wolf also nicht auszuschliessen. Immerhin ist man sich weitgehend einig, dass nur schriftliche Mitteilungen zu einer Prospekthaftung führen können. 41 Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang natürlich auch das Risiko einer Haftung nach ausländischem Recht sowie das Risiko einer Haftung auf anderer Grundlage als der spezifischen Prospekthaftung von Art. 752 OR. VI. Offenlegungspflichten, Insiderrecht und Marktaufsichtsrecht 1. Börsengesetzliche Meldepflicht Art. 20 BEHG schreibt für wesentliche Veränderungen bei bedeutenden Beteiligungen an kotierten schweizerischen Gesellschaften eine Meldepflicht vor. Blocktrades können verschiedene Offenlegungstatbestände auslösen. a) Meldepflicht des Veräusserers und des Erwerbers Im Vordergrund stehen die Meldepflichten des verkaufenden Aktionärs, wenn er durch den Verkauf unter eine Meldeschwelle fällt bzw. der kaufenden Investoren, wenn sie eine solche erreichen oder überschreiten. b) Meldepflicht der platzierenden Bank Nicht ganz so klar ist zuweilen, ob auch die platzierende Bank eine Offenlegungspflicht trifft. Dies ist bei typischen Blocktrades meist vermeidbar und wäre auch kaum sinnvoll, denn selbst wenn die Bank als Käufer auftritt, kauft sie ja nur zum unmittelbaren Weiterverkauf. Bei kommissionsweiser Platzierung oder direkter Stellvertretung durch die Investmentbank ist diese selbst m.e. nicht wirtschaftlich Berechtigte im Sinne von Art. 9 der BEHV- FINMA und schon darum nicht meldepflichtig. Kauft hingegen die Bank auf eigene Rechnung (obschon zum Weiterverkauf) wie beim Bought Deal, dann würde bei Erreichen oder Überschreiten eines Grenzwerts grundsätzlich eine 41 SCHLEIFFER/FISCHER (FN 36), 183 f. 18

Blocktrades Meldepflicht ausgelöst. Auch eine Backstop-Vereinbarung beinhaltet eine Verpflichtung der Bank, die Aktien unter Umständen auf die eigenen Bücher zu nehmen und würde daher grundsätzlich eine Meldepflicht auslösen. 42 In den meisten Fällen steht allerdings eine gesetzliche Ausnahme zur Offenlegungspflicht zur Verfügung. Einerseits die Ausnahme für Intraday- Geschäfte aufgrund von Art. 9 Abs. 4 BEHV-FINMA, wenn wie dies häufig der Fall ist der Weiterverkauf noch am selben Börsentag stattfindet. Andererseits sehen Art. 18 Abs. 1 lit. a bzw. lit. c BEHV-FINMA Ausnahmen für Banken und Effektenhändler vor für Aktien, welche diese im Handelsbestand halten (bis zu 5% der Stimmrechte) sowie bis zu drei Börsentagen zum Zweck der Abwicklung (bis zu 10% der Stimmrechte zusammen mit allfälligen anderen Aktien, die gemäss Art. 18 Abs. 1 lit. a oder b BEHV-FINMA gehalten werden). Die zusätzliche Voraussetzung gemäss Art. 18 Abs. 2 BEHV-FINMA, dass keine Absicht besteht, die Stimmrechte auszuüben oder anderweitig auf die Geschäftsführung des Emittenten Einfluss zu nehmen, ist beim Blocktrade regelmässig erfüllt. Die Ausnahme für Underwriter, welche in der Mitteilung der Offenlegungsstelle 1/09 vorgesehen ist 43 und welche eine Offenlegung in einem Prospekt ermöglicht, setzt demgegenüber einen Prospekt voraus und steht daher bei Blocktrades in der Regel nicht zur Verfügung. Eine Inanspruchnahme der in Art. 24 Abs. 1 BEHV-FINMA vorgesehenen Möglichkeit, um eine Ausnahme von der Offenlegungspflicht zu ersuchen, ist möglich, doch nach der Erfahrung des Verfassers meist unnötig. c) Handeln in gemeinsamer Absprache Unterstützungshandlungen eines Blocktrade durch die Gesellschaft 44 im Rahmen der Informationsvermittlung und/oder der Vermarktung und auch eine Übernahme von Risiken und Kosten durch die Gesellschaft führen in der Regel nicht zu einer Gruppenbildung im offenlegungsrechtlichen Sinne. Dafür wäre vorausgesetzt, dass die Beteiligten ihre Verhaltensweise im Hin- 42 43 44 Wohl gl.m. GERHARD (FN 1), 270. Mitteilung der Offenlegungsstelle vom 7. April 2009, Ziff. 4. Siehe oben, IV. 19

Matthias Wolf blick auf den Erwerb oder die Veräusserung von Beteiligungspapieren oder die Ausübung von Stimmrechten durch Vertrag oder andere organisierte Vorkehren abstimmen. Für ein solches abgestimmtes Verhalten bedarf es einer gewissen Intensität und Organisiertheit, wobei eine Ausrichtung auf ein gemeinsames Ziel durch den Einsatz gemeinsamer Mittel und die Unterordnung der Entscheidungsfreiheit der Beteiligten hinsichtlich Erwerbs- bzw. Veräusserungstransaktionen oder der Stimmrechtsausübung vorauszusetzen ist. 45 Daran fehlt es bei den oben erwähnten Unterstützungshandlungen durch die Gesellschaft. Gleiches gilt für das Eingehen von üblichen Lock-up Verpflichtungen des verkaufenden Aktionärs oder der Gesellschaft selbst. 46 Mehrere Aktionäre, die sich im Hinblick auf einen Blocktrade zusammenschliessen oder abstimmen, qualifizieren als Gruppe im offenlegungsrechtlichen Sinne. 47 2. Ad hoc-publizität Für die betroffene Gesellschaft stellen sich Fragen der Ad hoc-publizität. Nach Art. 53 Abs. 1 Satz 1 KR muss der Emittent den Markt über kursrelevante Tatsachen informieren, welche in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten sind. Es gibt dabei keine abschliessende Liste von potenziell kursrelevanten Tatsachen. 48 Als kursrelevant gelten nach Art. 53 Abs. 1 Satz 2 KR Tatsachen, die geeignet sind, zu einer erheblichen Änderung der Kurse zu führen. Von der Ad hoc-publizität nicht erfasst wird dabei eine Tatsache, die zwar das Unternehmen betrifft, aber den Ursprung ausserhalb des Unternehmens hat. 49 Ist die Gesellschaft in die Transaktion nicht wesentlich invol- 45 46 47 48 49 SCHLEIFFER/WOLF (FN 6), 316; WATTER ROLF/DUBS DIETER, Anchor Shareholders und Grossaktionäre: Ihr Einstieg, ihre vertragliche Einbindung und ihre Information, in: TSCHÄNI (Hrsg.), Mergers & Acquisitions XII, EIZ Bd. 103, Zürich/Basel/ Genf 2010, 33 f. Näher dazu SCHLEIFFER/WOLF (FN 6), 316 f. Ebenso wie mehrere Banken, die sich die Platzierung teilen, doch wird in der Regel eine Ausnahme zur Verfügung stehen, siehe oben, IV. Kommentar zur Ad hoc-publizitäts-richtlinie (Kommentar zur RLAhP) der SWX vom 1. Mai 2005, abrufbar unter: <www.six-exchange-regulation.com/regulation/ comments_de.html> (besucht am 11. Februar 2011), Rz 3, N 1. Kommentar zur RLAhP (FN 48), Rz 3, N 8. 20