Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen Frank Ulrich Montgomery Konsultativtagung 2013 Oberbozen, 5. Juli 2013-1-
Ausgangspunkt Was ist eigentlich Korruption bei Ärzten? Angestellte und beamtete Ärzte Niedergelassene Ärzte als Unternehmer Der Arzt darf seine medizinischen Entscheidungen für den Patienten nicht unter das Primat seines wirtschaftlichen Vorteils stellen -2-
Ausgangspunkt In regelmäßigen Abständen gibt es in Deutschland öffentliche Kampagnen, die sich mit der Korruption von Ärzten befassen.. 1990er Jahre: Herzklappen-Skandal 2003er Jahre: ratiopharm-skandal -3-
Ausgangspunkt Herzklappenskandal: Zuwendungen wegen des Einkaufs von Klappen und Pacern.. Über 5.000 Ermittlungsverfahren Weniger als 100 Prozesse Nur zwei Ärzte wurden verurteilt -4-
Ausgangspunkt Ratiopharmskandal: Zuwendungen an Ärzte, die generische Präparate der Firma ratiopharm verschrieben, die innerhalb der zugelassenen Festbeträge lagen Über 2.000 Ermittlungsverfahren Weniger als 10 Prozesse Nur ein Arzt wurde verurteilt und eine Pharmareferentin -5-
Ausgangspunkt Durchgriffsmöglichkeit des ärztlichen Berufsrechts Information Ermittlung Bestrafung -6-
Ausgangspunkt Die Frage der Strafbarkeit des niedergelassenen Vertragsarztes nach der Vorschrift des 299 StGB bzw. nach den Amtsträgerdelikten der 331 ff. StGB war in der juristischen Literatur und Rechtsprechung lange umstritten. -7-
299 StGB - Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (1) Wer als Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebs im geschäftlichen Verkehr einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. -8-
332 StGB - Bestechlichkeit (1) Ein Amtsträger, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. -9-
Der große Senat für Strafsachen des BGH hat durch seinen Beschluss vom 29. März 2012 nunmehr entschieden: Ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt handelt bei der Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben weder als Amtsträger im Sinne des 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB (und damit im Sinne der Straftaten im Amt gem. 331 ff. StGB) noch als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des 299 StGB. Vertragsärzte machen sich bei einer Vorteilsnahme nicht wegen Bestechlichkeit im Sinne des Strafgesetzbuches strafbar. -10-
Wesentliche Begründung des BGH Vertragsärzte üben ihren Beruf in freiberuflicher Tätigkeit aus. Der Vertragsarzt ist nicht Angestellter oder bloßer Funktionsträger einer öffentlichen Behörde; er wird im konkreten Fall nicht aufgrund einer in eine hierarchische Struktur integrierten Dienststellung tätig, sondern aufgrund der individuellen, freien Auswahl der versicherten Person. -11-
Das Verhältnis des Versicherten zum Vertragsarzt wird wesentlich bestimmt von Elementen persönlichen Vertrauens und einer der Bestimmung durch die Krankenkassen entzogenen Gestaltungsfreiheit. Vertragsärzte und Krankenkassen begegnen sich im kooperativen Zusammenwirken und damit auf einer Ebene der Gleichordnung. -12-
Hinweis des BGH auf Gesetzgeber Der BGH hat sich bei seiner Entscheidung darauf beschränkt, zu entscheiden, ob korruptives Verhalten von Vertragsärzten und Mitarbeitern von Pharmaunternehmen nach geltendem Recht strafbar ist. Die Beurteilung, inwieweit und welches korruptive Verhalten strafwürdig ist und wie ein solches Verhalten ggf. durch Schaffung entsprechender Straftatbestände geahndet werden könne, sei Sache des Gesetzgebers. -13-
Wie ging es weiter? Diskussion in den Ärztekammern zur Lösungsmöglichkeit über das Berufsrecht Viele unterschiedliche Gesetzesvorschläge Zwei konkrete Vorschläge: Regierung: Lösung über das SGB V Opposition: Lösung über das StGB -14-
Stellungnahme der Bundesärztekammer 1. Schaffung eines Straftatbestandes zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen; 2. Dabei Erfassung aller Akteure im Gesundheitswesen, keine lex specialis für Ärzte! 3. Kein Übermaß bei Ermittlung, Verfolgung, Bestrafung 4. Ergänzung der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) zur Verfolgung von Berufsvergehen; 5. Schaffung von Transparenz über ökonomische Verpflichtungen im Gesundheitswesen (physicians sunshine act) -15-
Wie geht es weiter? Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Korruption über das SGB V ist an das Präventionsgesetz angehängt: Positiver Beschluss des Bundestages Bundesrat stimmt am 20. September ab Diskontinuität? -16-
Vielen Dank für Ihre Zeit! -17-