Bilanz- und Unternehmensanalyse



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Bilanz- und Unternehmensanalyse Prof. Dr. Stefan Thiele Bergische Universität Wuppertal Fachbereich B Schumpeter School of Business and Economics Gaußstraße 20 42119 Wuppertal Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 1 Gliederung Kapitel 1 Kapitel 1 - Grundlagen der Bilanzanalyse 11 Begriff und Ziel der Bilanzanalyse 12 Die Datenbasis der Bilanzanalyse 13 Die Interessenten der Bilanzanalyse 15 Die Teilbereiche der Bilanzanalyse im Überblick Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 2

11 Begriff und Ziel der Bilanzanalyse Der Begriff der Bilanzanalyse Unter Bilanzanalyse versteht man die methodische Untersuchung von Jahresabschluss (bzw. Konzernabschluss) und Lagebericht (bzw. Konzernlagebericht) mit dem Ziel, ein Urteil über die gegenwärtige und künftige wirtschaftliche Lage eines Unternehmens zu gewinnen. Bilanzanalyse vs. Jahresabschlussanalyse vs. Konzernabschlussanalyse vs. Geschäftsberichtsanalyse vs. Unternehmensanalyse Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 3 11 Begriff und Ziel der Bilanzanalyse Das True and fair-view -Prinzip Generalnorm des 264 Abs. 2 HGB: Der Jahresabschluss (JA) einer Kapitalgesellschaft hat unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (wirtschaftliche Lage) zu vermitteln. Aber: Die Rechnungslegungsvorschriften sind zu beachten, z. B. Realisationsprinzip mit Anschaffungskosten/ Herstellungskosten (AK/HK)-Prinzip. Das bedeutet: Informationsbegrenzung, z.b. keine aktuellen Marktwerte für vor Jahren erworbene Grundstücke und Aktien, sondern nur fortgeführte historische AK/HK oder niedrigere Marktwerte (imparitätisches fair value-konzept). Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 4

11 Begriff und Ziel der Bilanzanalyse Rechnungslegung als Abbildungsvorgang Wirtschaftliche Lage Transformation Realebene Geschäftsvorfälle Rechnungslegungsnormen Bilanzanalyse Abbildungsebene Jahresabschluss und Lagebericht Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 5 11 Begriff und Ziel der Bilanzanalyse Interessen von Eigenkapital- und Fremdkapital-Gebern Inhaber von Festbetragsansprüchen (FK-Geber) Finanzielle Stabilität Ertragskraft Inhaber von Restbetragsansprüchen (EK-Geber) Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 6

11 Begriff und Ziel der Bilanzanalyse Analyseziele und Teilbereiche der Bilanzanalyse Wirtschaftliche Lage des Unternehmens Erfolgslage Vermögenslage Finanzlage Ertragskraft Finanzielle Stabilität Erfolgswirtschaftliche Analyse Finanzwirtschaftliche Analyse Analyse des Jahresabschlusses Wie ist die tatsächliche wirtschaftliche Lage? Wie ist die Ertragskraft des Unternehmens? Wie ist die finanzielle Stabilität des Unternehmens? Ziele des Bilanzanalytikers Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 7 Gliederung Kapitel 1 Kapitel 1 - Grundlagen der Bilanzanalyse 11 Begriff und Ziel der Bilanzanalyse 12 Die Datenbasis der Bilanzanalyse 13 Die Interessenten der Bilanzanalyse 15 Die Teilbereiche der Bilanzanalyse im Überblick Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 8

12 Die Datenbasis der Bilanzanalyse Unternehmenspublikationen als Datenbasis der Bilanzanalyse Jahresabschluss und Lagebericht nach HGB Konzernabschluss und Konzernlagebericht nach HGB Konzernabschluss nach IFRS ergänzende Pflichtpublikationen freiwillige Publikationen Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 9 Gliederung Kapitel 1 Kapitel 1 - Grundlagen der Bilanzanalyse 11 Begriff und Ziel der Bilanzanalyse 12 Die Datenbasis der Bilanzanalyse 13 Die Interessenten der Bilanzanalyse 15 Die Teilbereiche der Bilanzanalyse im Überblick Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 10

13 Die Interessenten der Bilanzanalyse Systematisierung der Interessenten der Bilanzanalyse nach der Art der rechtlichen Beziehung Organmitglieder (Geschäftsführung bzw. Vorstand sowie Aufsichtsrat) Kapitalgeber Eigenkapitalgeber Fremdkapitalgeber sonstige Vertragspartner Arbeitnehmer Kunden und Lieferanten Staat Aufsichtsbehörden Fiskus interessierte Öffentlichkeit Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 11 13 Die Interessenten der Bilanzanalyse Interessenten der Bilanzanalyse Aufsichtsbehörden Fiskus Aufsichtsrat Wirtschaftsprüfer Vorstand bzw. Geschäfts- führung Fremdkapitalgeber Eigenkapital- geber Interessierte Öffentlichkeit Lieferanten Kunden Arbeitnehmer Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 12

13 Die Interessenten der Bilanzanalyse Systematisierung nach der Verfügbarkeit von Unternehmensinformationen Externe Bilanzanalytiker Interne Bilanzanalytiker Beschränkung auf publizierte Informationen Aktionäre Kreditgeber Lieferanten Kunden Arbeitnehmer Konkurrenz - unternehmen Presse Zugang zu erweiterten Informationen Großkreditgeber Rating-Agenturen Finanzanalysten Unternehmenskäufer Unternehmensleitung (Vorstand, Geschäftsführung) Gesellschafter von PersG oder GmbH, Beteiligungscontroller Kontrollorgane (Aufsichtsrat, Beirat, Jahresabschlussprüfer) Finanzverwaltung Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 13 Gliederung Kapitel 1 Kapitel 1 - Grundlagen der Bilanzanalyse 11 Begriff und Ziel der Bilanzanalyse 12 Die Datenbasis der Bilanzanalyse 13 Die Interessenten der Bilanzanalyse 15 Die Teilbereiche der Bilanzanalyse im Überblick Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 14

Schritte der Bilanzanalyse Festlegung des Analyseziels Datensammlung Aufbereitung der Daten Auswahl und Bildung von Kennzahlen Analyse der Bilanzpolitik Interpretation von Kennzahlen Urteilsbildung Kenntnis von Vergleichs- bzw. Solldaten Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 15 Analyseziele von EK- und FK-Gebern Analyse aus Sicht der Eigenkapitalgeber Equity Analysis Analyse aus Sicht der Fremdkapitalgeber Debt Analysis Entscheidung über die Überlassung von Eigenkapital Entscheidung über die Überlassung von Fremdkapital Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 16

Ausgewählte wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen Wirtschaftliche Rahmenbedingungen makroökonomische Entwicklung (z. B. Zinsen, Inflation, Konjunktur) Konkurrenz- und Branchenverhältnisse Kundenstruktur Alter und Größe des Unternehmens Beschaffungs- und Absatzmärkte Mitarbeiterzahl und Produktionsprogramm Rechtliche Rahmenbedingungen Rechtsform der Gesellschaft Kapitalgeberstruktur Zusammensetzung der Gesellschaftsorgane Beziehungen zu verbundenen Unternehmen rechtliche Verhältnisse auf den Absatz- und Beschaffungsmärkten Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 17 Ziele und Probleme der Datenaufbereitung Ziel der Aufbereitung ist die Beseitigung oder zumindest Verringerung erkennbarer Informationsmängel des JA und die Vorbereitung des JA für Vergleiche und weitergehende Auswertungen. Problem: Informationsmängel durch: bilanzielle Ansatz- und Bewertungswahlrechte Ermessensspielräume Sachverhaltsgestaltungen Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 18

Zwecke der Datenaufbereitung materielle Vergleichbarkeit (Beseitigung bzw. Verringerung der Auswirkungen der Bilanzpolitik) formelle Vergleichbarkeit (Vereinheitlichung des Ausweises etc., Beseitigung rechtsformspezifischer Unterschiede) Verbesserung des Jahresabschlusses im Hinblick auf des verfolgte Analyseziel Aufbereitung der Posten der Bilanz und der GuV vor der eigentlichen Kennzahlenbildung mit Informationen aus dem Anhang, dem Lagebericht sowie den übrigen Informationen des Geschäftsberichts und allen weiteren zur Verfügung stehenden Quellen. Grundsatz der Vollständigkeit der Datenerfassung Strukturbilanz/Struktur-GuV Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 19 Formen der Datenaufbereitung Aufbereitung der Daten von Bilanz und GuV Umgliederung Umbewertung Umgruppierung (gleiche Bilanzseite) Aufspaltung Saldierung Zusammenfassung Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 20

Arten von Kennzahlen Kennzahlen Absolute Kennzahlen Relative Kennzahlen (=Verhältniszahlen) Gliederungszahlen Beziehungszahlen Indexzahlen Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 21 Anforderungen an relative Kennzahlen sachliche Entsprechung von Zähler und Nenner zeitliche Entsprechung von Zähler und Nenner wertmäßige Entsprechung von Zähler und Nenner Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 22

Bildung von Arbeitshypothesen Im Rahmen der Bilanzanalyse sind (möglichst) Arbeitshypothesen zu bilden, die angeben, ob hohe oder niedrige Kennzahlenwerte positiv oder negativ zu beurteilen sind. (Ohne Arbeitshypothese nur Deskription - keine Analyse!) Bei einigen Kennzahlen, z. B. Intensitätskennzahlen können im Hinblick auf das Analyseziel keine plausiblen Hypothesen aufgestellt werden. Die Kennzahlen sind dennoch sinnvoll, um das Unternehmen besser beschreiben zu können. Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 23 Arten von Kennzahlenvergleichen Betriebsvergleich: Der ermittelte Ist-Kennzahlenwert wird dem Ist-Wert eines Unternehmens der gleichen Branche oder einem Ist-Wert der gesamten Branche gegenübergestellt (evtl. auch der 10 % der Branchenbesten). Zeitvergleich: Der ermittelte Ist-Kennzahlenwert eines Unternehmens wird dem Ist-Wert derselben Kennzahl zu einem anderen Zeitpunkt oder aus einer anderen Periode gegenübergestellt. Soll-Ist-Vergleich: Dem ermittelten Ist-Kennzahlenwert wird ein normativer Soll- Wert gegenübergestellt. Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 24

Bildung eines Gesamturteils über die wirtschaftliche Lage (I) Zur Gesamturteilsbildung sind folgende Schritte notwendig: Bildung von Teilurteilen über die Teillagen, wobei die entsprechenden Kennzahlen zu analysieren sind Untersuchung der Ursachen für beobachtete Veränderungen Beurteilung, ob die Abweichungen dauernd oder nur einmalig sind Rückgriff auf die Informationen über die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen (1. Schritt) im Sinne eines Feedbacks. Informationen liegen häufig nur in verbaler Form im Lagebericht und im Anhang vor (qualitative Bilanzanalyse). Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 25 Bildung eines Gesamturteils über die wirtschaftliche Lage (II) Fällen jeweils eines Teilurteils für die beiden Teilbereiche der Bilanzanalyse, die finanzwirtschaftliche Analyse und die erfolgswirtschaftliche Analyse, unter Zuhilfenahme der qualitativen Bilanzanalyse und der Informationen über die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen. Hilfsmittel: Checklisten (auf Basis eines Scoring-Modells) und mathematischstatistische Verfahren (auf Basis empirischer Daten) Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 26

Arten von Kennzahlensystemen Analytisch-deduktive Kennzahlensysteme Empirisch-induktive Kennzahlensysteme Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 27 Analytisch-deduktive Kennzahlensysteme Eine als besonders wichtig erachtete, aussagekräftige Spitzenkennzahl wird aufgrund analytischer Überlegungen in mehrere Unterkennzahlen zerlegt, wodurch eine Kennzahlenpyramide oder Kennzahlenhierarchie entsteht, z.b. DuPont-ROI- Schema (siehe Kapitel 4). Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 28

Das DuPont-Schema Return on Investment (ROI) = Periodenerfolg Gesamtvermögen Umsatzrentabilität x Gesamtkapitalumschlagshäufigkeit Periodenerfolg : Umsatzerlöse Umsatzerlöse : Gesamtvermögen Umsatzerlöse - Aufwand Umlaufvermögen + Anlagevermögen Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 29 Empirisch-induktive Kennzahlensysteme Mit Hilfe mathematisch-statistischer Verfahren werden auf Basis einer statistisch ausreichenden Menge empirischer Daten einzelne Kennzahlen aus einem großen Kennzahlenkatalog ausgewählt und unter Berücksichtigung von Gewichtungsfaktoren zu einem synthetischen Kennzahlenwert verdichtet. Beispiel: Multivariate Diskriminanzanalyse (MDA): Aus Tausenden von JA wird ermittelt, aufgrund welcher Kennzahlen sich bestandsgefährdete und nichtbestandsgefährdete Unternehmen unterscheiden. D = a 0 + a 1 * x 1 + a 2 * x 2 +... + a m * x m mit: x 1,, x m : Kennzahlen a 0,, a m : Gewichte und absolutes Glied Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 30

Die Bildung eines Gesamturteils als Ziel der Bilanzanalyse (I) Ziel einer jeden Bilanzanalyse muss es sein, ein objektives, d. h. intersubjektiv nachprüfbares Gesamturteil über die wirtschaftliche Lage des analysierten Unternehmens zu fällen. Ziel der Bilanzanalyse: Ermittlung eines objektiven Gesamturteils über die wirtschaftliche Lage Neutralisierungsprinzip Ganzheitlichkeitsprinzip Objektivierungsprinzip Kennzahlensystem Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 31 Die Bildung eines Gesamturteils als Ziel der Bilanzanalyse (II) Zu diesem Zweck muss der Bilanzanalytiker versuchen, Kennzahlen zu bilden, die die Bilanzpolitik neutralisieren (konterkarieren). Zum Beispiel könnte er bei Rentabilitätsanalysen Cash-Flow-Größen den sonst üblichen Erfolgsgrößen vorziehen (Neutralisierungsprinzip). sollte der Bilanzanalytiker Kennzahlen aus möglichst allen Informationsbereichen des Jahresabschlusses in seine Urteilsbildung einbeziehen (Ganzheitlichkeitsprinzip). sollte das Verfahren, mit dem der Bilanzanalytiker zu einem Gesamturteil kommt, intersubjektiv nachprüfbar sein, d.h. ein Dritter sollte bei demselben Analyse-Verfahren zum gleichen bilanzanalytischen Gesamturteil kommen (Objektivierungsprinzip). Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 32

Gliederung Kapitel 1 Kapitel 1 - Grundlagen der Bilanzanalyse 11 Begriff und Ziel der Bilanzanalyse 12 Die Datenbasis der Bilanzanalyse 13 Die Interessenten der Bilanzanalyse 15 Die Teilbereiche der Bilanzanalyse im Überblick Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 33 15 Die Teilbereiche der Bilanzanalyse im Überblick Wesentliche Teilgebiete der Bilanzanalyse Bilanzanalyse Finanzwirtschaftliche Analyse Erfolgswirtschaftliche Analyse Analyse der horizontalen Bilanzstruktur Vermögensstrukturanalyse Kapitalstrukturanalyse Zahlungsstromorientierte Analyse der Finanzlage Aufwandsstrukturanalyse Rentabilitätsanalyse Ergebnisquellenanalyse Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 34

15 Die Teilbereiche der Bilanzanalyse im Überblick Teilgebiete der bestandsgrößenorientierten finanzwirtschaftlichen Analyse AKTIVA Bilanz PASSIVA Anlagevermögen Umlaufvermögen Eigenkapital Fremdkapital Analyse der horizontalen Bilanzstruktur Vermögensstrukturanalyse Kapitalstrukturanalyse Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 35 15 Die Teilbereiche der Bilanzanalyse im Überblick Teilgebiete der erfolgswirtschaftlichen Analyse Gewinn- und Verlustrechnung Betriebliches Ergebnis Finanz- und Verbundergebnis Ergebnisquellenanalyse Außerordentliches Ergebnis Bewertungsergebnis Jahresergebnis Aufwandsstrukturanalyse Rentabilitätsanalyse (in Verbindung mit der Bilanz) Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 36

Gliederung Kapitel 1 Kapitel 1 - Grundlagen der Bilanzanalyse 11 Begriff und Ziel der Bilanzanalyse 12 Die Datenbasis der Bilanzanalyse 13 Die Interessenten der Bilanzanalyse 15 Die Teilbereiche der Bilanzanalyse im Überblick Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 37 Systematisierung der Grenzen der Bilanzanalyse Grenzen der Bilanzanalyse aufgrund der Natur der externen Rechnungslegung aufgrund spezieller handelsrechtlicher Regelungen aufgrund der Beeinflussbarkeit des Jahresabschlusses durch Bilanzpolitik aufgrund fehlender Kenntnisse über Ursache- Wirkungs- Beziehungen Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 38

Grenzen aufgrund der Natur der externen Rechnungslegung (I) Vergangenheitsbezug JA enthält Daten der Vergangenheit (vergangenes Geschäftsjahr, vergangener Bilanzstichtag). Keine zeitnahe Analyse des JA möglich, da JA erst innerhalb bestimmter gesetzlicher Fristen aufgestellt bzw. offengelegt werden muss. Daher doppelte Veralterung Geringer Detaillierungsgrad Kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften dürfen einen JA und einen Lagebericht mit einem wesentlich geringeren Detaillierungsgrad aufstellen. Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 39 Grenzen aufgrund der Natur der externen Rechnungslegung (II) Unvollständigkeit der externen Rechnungslegung Fehlen qualitativer Informationen über Managementqualitäten, Branchenkonjunktur, Auftragslage, Produktportfolio etc. Keys to success wie technisches Know-How, Marktstellung, Qualität der Produkte, F&E-Projekte etc. können aus dem JA nicht erkannt werden. JA spiegelt die wirtschaftliche Lage des Unternehmens nur partiell wider. Begrenzte Objektivität Einfluss zukunftsbezogener und damit unsicherer Werte Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 40

Spezielle handelsrechtliche Regelungen Verzerrung des JA durch die gläubigerschützenden GoB Durch bestimmte GoB (vor allem durch das Imparitätsprinzip) gibt der JA zu wenig Informationen über die künftige wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens. Verfälschung des JA durch steuerbilanzpolitische Einflüsse (bis zur Anwendung der durch BilMoG geänderten Vorschriften!) Trotz Anhangangaben sind die den JA verfälschenden Einflüsse regelmäßig nicht klar zu identifizieren. Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 41 Systematisierung der bilanzpolitischen Maßnahmen Bilanzpolitik auf der Abbildungsebene auf der Sachverhaltsebene Bilanzpolitik im engeren Sinne bilanzpolitisch motivierte Sachverhaltsgestaltungen Ausübung von Wahlrechten Ausübung von Ermessenspielräumen Ansatzwahlrechte Bewertungswahlrechte Ausweiswahlrechte Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 42

Ansatzwahlrechte als bilanzpolitisches Mittel Ansatzwahlrechte nach HGB (Aktiva): Disagio auf Verbindlichkeiten als aktivischer Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) nach 250 Abs. 3 HGB aktive latente Steuern nach 274 Abs. 1 Satz 2 HGB Ansatzwahlrechte nach HGB (Passiva): bestimmte Pensionsrückstellungen nach Art. 28 EGHGB Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 43 Bewertungswahlrechte als bilanzpolitisches Mittel im HGB-Abschluss Umfang der Herstellungskosten ( 255 Abs. 2 HGB) Anwendung von Bewertungsvereinfachungsverfahren ( 256 HGB) Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 44

Ermessensspielräume Schätzung der Nutzungsdauern zur Bestimmung der planmäßigen Abschreibung Bestimmung der Abschreibungsmethode ( 253 Abs. 3 Satz 2 HGB) Bewertung der Rückstellungen Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 45 Begrenzung der bilanzpolitischen Möglichkeiten Gebot der Stetigkeit der einmal angewandten Ansatz- und Bewertungsmethoden ( 246 Abs. 3 und 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB) gesetzliche Anhangangabepflichten bei Abweichungen ( 284 Abs. 2 Nr. 3 HGB) Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 46

Wahlrechte im IFRS-Abschluss keine expliziten Ansatzwahlrechte einige Bewertungswahlrechte Neubewertung des Sachanlagevermögens (IAS 16) und des immateriellen Vermögens (IAS 38) erfolgswirksame oder erfolgsneutrale Erfassung von Wertänderungen bei der Folgebewertung von Finanzinstrumenten (IAS 39) Neubewertung von Finanzimmobilien (IAS 40) Ermessensspielräume ähnlich wie im HGB-Abschluss Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 47 Bilanzpolitisch motivierte Sachverhaltsgestaltung Vielzahl von Gestaltungen bei der Bilanzierung nach HGB: Sale-and-lease-back-Maßnahmen Factoring Special Purpose Entities... Sogenannte faktische Wahlrechte bei der Bilanzierung nach IFRS Gegenmaßnahme: Bildung intelligenter Kennzahlen (z. B. bei Sale-and-leaseback-Maßnahmen) Stefan Thiele Bilanzanalyse SS 2011 Folie 48