Der flexible Wiedereinstieg nach Krankheit: Modelle aus der internationalen Praxis



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Transkript:

Der flexible Wiedereinstieg nach Krankheit: Modelle aus der internationalen Praxis Thomas Leoni Wien 3. September 2014 Fragestellung Welche Modelle und Maßnahmen sind im internationalen Umfeld vorzufinden, die den (flexiblen) Wiedereinstieg in den Beruf nach einem Krankenstand erleichtern können? 1

Hintergrund OECD (2010): Too many workers leave the labour market permanently due to health problems [ ] This is a social and economic tragedythat is common to virtually all OECD countries. Until the recent recession struck the labour market in 2008, disability was much more prevalent than unemployment [ ] and spending on disability benefits was typically twice as high as spending on unemployment benefits. Der (flexible) Wiedereinstieg in die Arbeit Seit Mitte der 1990er-Jahre international zahlreiche Initiativen und Reformbemühungen mit dem Ziel: Verkürzung von Krankenständen Unterstützung bei der Rückkehr zum Arbeitsplatz Vermeidung von Invalidität 2

Große Vielfalt im internationalen Umfeld Teils ausgeprägte Unterschiede in Konzeption und Umsetzung von Strategien. Zwei grundsätzliche Ansätze bzw. Strategiekomponenten: Aktivierungund Disability Management Aktivierungsstrategien : Hintergrund Abgeleitet von der aktivierenden Arbeitsmarktpolitik Hilfsbedürftigkeitdurch Erhalt von Beschäftigung überwinden Zentrale Rolle der Anreize Arbeit als Quelle von Wohlfahrt und Wohlbefinden 3

Aktivierungsansatz bei gesundheitlichen Problemen Arbeitsfähigkeit/-unfähigkeit nicht "binär" => Möglichkeit, teilweise arbeits(un)fähig zu sein. Bei bestimmten Krankheitsbildern: regelmäßige Betätigung durch adäquate Arbeitkann für Rehabilitation förderlich sein. => Teilkrankenstand, stufenweiser Wiedereinstieg Disability Management und Unterstützung bei der (Wieder)Eingliederung Aktivierung und entsprechende Anreize oft nicht ausreichend DisabilityManagement: Der Umgang mit (temporären und bleibenden) gesundheitlichen Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit => arbeitsplatzbezogene Maßnahmen, Eingliederungsmanagement 4

Maßnahmen im Rahmen des Disability Managements Arbeitsplatzanalyse und -evaluierung Anpassung der Arbeitszeiten und/oder Arbeitsinhalte Übergangsarbeitsplätze Eingliederungskoordination, Case Management Multidisziplinäre Rehabilitationseingriffe Reformschritte im internationalen Umfeld In der Praxis viele Abstufungen und Kombinationen möglich Je Land unterschiedlicher Mix von Aktivierungs- und Eingliederungskomponenten 5

Internationale Beispiele: Teilkrankenstandsmodelle => Starke Verbreitung v.a. in den nordischen Ländern => Unterschiede in Ausgestaltungund Ausmaß der Inanspruchnahme Schweden Norwegen Dänemark Finnland Internationale Beispiele: Hamburger Modell und BEM in Deutschland Seit 2004 neues Gesetz zum betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) Aufwertung des Arbeitsplatzesals Schlüsselstelle rehabilitativer Prozesse Verpflichtungfür Arbeitgeber länger erkrankten Beschäftigten ein BEM-Verfahren anzubieten 6

Das Hamburger Modell der stufenweisen Wiedereingliederung Etabliertes Modell: Graduelle Rückführungins Arbeitsleben Schrittweise Veränderung der Arbeitszeit und Arbeitsbelastung => Stufenplan zur Wiedereingliederung Dauerzwischen wenigen Wochen und mehreren Monaten (max. 78 Wochen in 3 Jahren) AN gilt als arbeitsunfähig erkrankt, erhält Krankengeld bzw. Übergangsgeld Seit Einführung des BEM stärkere Verbreitung Internationale Beispiele: Revision der IV- Versicherung in der Schweiz Schweiz: Teilzeitkrankenstand möglich Mehrfache Revision der Invalidenversicherung(IV), Fokus auf Vermeidung bleibender Arbeitsunfähigkeit Seit 2008 stärkere gesetzliche Verpflichtung für Beschäftigte, aktiv an Maßnahmen teilzunehmen 7

Internationale Beispiele: Revision der IV- Versicherung in der Schweiz Bausteine des Case Managements in der Schweizer IV Abschluss des Verfahrens Früherfassung (FE) Frühintervention (FI) Integrationsmaßnahme (IM) Zwischenergebnis Berufliche Maßnahme Rentenprüfung Q: Bundesamt für Sozialversicherungen (2012). Internationale Beispiele: Niederlande - Privatisierung der Krankheitsrisiken Paradigmatische Verschiebung Ausweitung der Lohnfortzahlung AG und AN müssen Aktionsplan erstellen 8

Wirksamkeit der vorgestellten Modelle: Was sagt die empirische Evidenz? Bisher v.a. kurz- und mittelfristige Zielgrößen untersucht Teilzeitkrankenstandsmodellein DK, NO und FI weitgehend positiv evaluiert Vielschichtige Ergebnisse zu arbeitsplatzbezogenen Eingliederungsmaßnahmen und Disability Management Strategische Bedeutungvon Krankenstandsmonitoring, frühzeitiger Kontaktaufnahme, Stakeholder-Koordination Unterschiede in den Ergebnissen nach Krankheitsbild Schlussfolgerungen Breites Spektrum an Modellen Unterschiedliche Schwerpunkteu.a. in Hinblick auf Verteilung von Verantwortung und Kompetenzen Ermutigende Ergebnisse, weitere Evidenz notwendig Status quo in Österreich: Reformbedarf Allerdings 9