Banken und Mittelstand 6 Erfolgsgeschichten aus Baden-Württemberg

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Transkript:

Banken und Mittelstand 6 Erfolgsgeschichten aus Baden-Württemberg

FINANZIERUNGSMODELLE INHALT Inhalt Vorwort Ministerium für Finanzen und Wirtschaft 04 Baden-Württemberg Finanzplatz Stuttgart 06 TII Scheuerle Fahrzeugtechnik 08 Kids Fashion Group 12 Datagroup 16 EVG Lufttechnik 20 Vaude 24 E+R Laserblechtechnik 28 Kontakt & Impressum 32 02

03

FINANZIERUNGSMODELLE VORWORT Vorwort Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg Die Banken- und Finanzkrise hat deutlich gemacht, dass eine unzureichende Regulierung zu erheblichen volkswirtschaftlichen Verwerfungen führen kann. Deshalb war es richtig, sich auf allen Ebenen für eine wirksame und angemessene Regulierung der Finanzmärkte einzusetzen. Stichworte sind Bankenunion und Finanzmarktregulierung. Die Finanzwirtschaft nur auf das mit Finanzgeschäften verbundene einzelwirtschaftliche und systemische Risiko zu reduzieren, würde der komplexen Verschränkung von Gesellschaft und Finanzwirtschaft nicht gerecht werden. Die Gesellschaft ist in vielerlei Zusammenhängen auf effiziente und verlässliche Finanzdienstleistungen angewiesen. Dazu gehören Zahlungstransaktionen, private Anschaffungen wie Wohneigentum, Absicherung gegen Risiken oder der Vermögensaufbau zur Altersvorsorge um nur einige Beispiele zu nennen. Auch Unternehmen brauchen verlässliche Partner für ihre Unternehmensfinanzierung. In Baden-Württemberg gibt es rund 492.000 mittelständische Unternehmen mit weniger als 250 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Auf diese mittelständischen Unternehmen entfallen 46 Prozent des gesamtwirtschaftlich erzielten Umsatzes und über die Hälfte aller Arbeitsplätze in Baden-Württemberg. Zwar erreichten mittelständische Unternehmen laut dem KfW-Mittelstandspanel 2014 eine Eigenkapitalquote von fast 29 Prozent, nachdem diese Anfang der 2000er Jahre noch unter 20 Prozent lag, aber ohne zusätzliche Außenfinanzierungsoptionen lassen sich viele betriebliche Vorhaben nicht umsetzen. Seit 2010 wächst die baden-württembergische Wirtschaft stetig. Damit verbundene Betriebs- und Kapazitätserweiterungen, neue Geschäftsideen und Investitionen in ein verbessertes betriebliches Angebot zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf - zum Beispiel zur Kinderbetreuung - brauchen eine solide Finanzierung. Eine zentrale Rolle spielt hier im Unterschied zu den angelsächsischen kapitalmarktorientierten Finanzierungsmodellen ein breites für Mittelständler zugängliches Angebot an regionalen Finanzierungspartnern. Die von Stuttgart Financial vorgelegte Broschüre Banken und Mittelstand - 6 Erfolgsgeschichten aus Baden-Württemberg dokumentiert eindrucksvoll, wie eine partnerschaftliche Zusam- 04

FINANZIERUNGSMODELLE VORWORT menarbeit zwischen Unternehmen und Finanzwirtschaft in Baden-Württemberg funktioniert. Sie ist gleichzeitig Beleg für die realwirtschaftliche Ausrichtung des Finanzplatzes Baden-Württemberg und für das damit verbundene Selbstverständnis, in erster Linie Dienstleister für Unternehmen zu sein. Dies zeigt sich auch an der Entwicklung der Kreditvergabe an Nicht-Banken. Während zwischen 2008 und 2014 die Kreditvergabe an Nicht-Banken - also an Unternehmen, die nicht in der Finanzwirtschaft agieren - in Deutschland um circa zwei Prozent abnahm, verzeichnete Baden-Württemberg im gleichen Zeitraum eine Zunahme von fast zwölf Prozent. und bewährten Finanzsektor. Wir haben leistungsfähige Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen, die größte deutsche Landesbank, eine der europaweit führenden Börsen für Privatanleger, starke Förderinstitute und bedeutende Bausparkassen. Eine Stärke des Finanzplatzes Baden- Württembergs liegt in der Breite seines Angebots, das von den klassischen Bank-, Versicherungs- und Bauspargeschäften bis hin zu Unternehmensanleihen, Wagniskapital, Leasing- und Factoringfinanzierungen reicht. Diese Vielfalt des Finanzplatzes und die Kombination aus real- und finanzwirtschaftlicher Standortstärke spiegeln sich in den von Stuttgart Financial präsentierten Erfolgsgeschichten. Dr. Nils Schmid MdL Stellvertretender Ministerpräsident und Minister für Finanzen und Wirtschaft des Landes Baden-Württemberg Baden-Württemberg verfügt erfreulicherweise über einen gewachsenen 05

FINANZIERUNGSMODELLE FINANZPLATZ STUTTGART Eng verzahnt mit der Realwirtschaft Eine Studie von Stuttgart Financial dokumentiert die regionalwirtschaftliche Bedeutung der Finanzwirtschaft. Finanz- und Versicherungsdienstleistungen sind unentbehrlich für die Anpassungs- und Wachstumsprozesse der Wirtschaft. Denn sie wirken wie Schmiermittel für die Realwirtschaft und tragen somit direkt und indirekt dazu bei, Beschäftigung zu sichern. In einer umfassenden Studie analysiert Stuttgart Financial die regionalwirtschaftliche Bedeutung des Finanzsektors für die Region Stuttgart. Baden-Württemberg verfügt demnach über einen gewachsenen Finanzsektor, der sich durch eine große Nähe zur Realwirtschaft auszeichnet. Wie die Studie ergeben hat, wird die Wirtschaftsleistung dieser Branche in Baden-Württemberg für 2013 mit 13,9 Milliarden Euro angesetzt, was einem Anteil von 4,05 Prozent an der gesamten Wertschöpfung entspricht. In der Region Stuttgart liegt der Anteil des Finanzsektors an der gesamten Bruttowertschöpfung bei 5,22 Prozent und in der Landeshauptstadt bei 8,96 Prozent. Der Beitrag zur Bruttowertschöpfung ist damit insbesondere auf Ebene der Stadt Stuttgart beeindruckend hoch. Darüber hinaus generieren die Stabilität und die Leistungsfähigkeit der hiesigen Finanzbranche vor allem dadurch einen großen Mehrwert, in dem sie eine verlässliche Basis für die Finanzierung der Realwirtschaft bilden. Diese Impulse wirken sich wiederum positiv auf die Zuversicht der Unternehmen sowie die der Bürgerinnen und Bürger und letztendlich auf den Arbeitsmarkt aus. Landesweit beschäftigt die Finanzbranche rund 138.000 Personen, davon sind fast 97.000 den Finanzdienstleistungen und etwas mehr als 23.000 den Versicherungen zuzuordnen. Finanz- und Versicherungsdienstleistungen sind generell als unentbehrlich für die Anpassungs- und Wachstumsprozesse der Wirtschaft einzustufen. Ein modernes Finanzsystem stellt neben der Kapitalversorgungsfunktion der Wirtschaftsakteure auch Versicherungen sowie mit Finanzen und Versicherungen verbundene Dienstleistungen zur Verfügung. Durch vor- und nachgelagerte Tätigkeiten werden insbesondere in den Regionen verstärkte Wachstumsimpulse freigesetzt. Die regionalwirtschaftliche Bedeutung eines Finanzplatzes wird also zusätzlich zu den bei Banken, Versicherungen und Bausparkassen Beschäftigten durch indirekte Beschäftigungswirkungen deutlich, welche aus der lokalen Präsenz von Finanz- und Versicherungsunternehmen resultiert. 06

FINANZIERUNGSMODELLE FINANZPLATZ STUTTGART Nach den Ergebnissen der Studie von Stuttgart Financial hat sich der Sektor der Finanz- und Versicherungsdienstleistungen in Baden-Württemberg gemessen an der Bruttowertschöpfung seit dem Tiefpunkt zur Finanzmarktkrise wieder erholt. Zwar konnte in keinem Fall der Höchststand von 2004 wieder erreicht werden. Doch von 2008 bis 2011 legte die Branche sowohl im Bund als auch im Land wieder zu. Mit plus 18,6 Prozent auf 5,04 Milliarden Euro fiel der Zuwachs in der Region Stuttgart allerdings vergleichsweise geringer aus. Damit trug die Branche 2011 in Baden- Württemberg 4,05 Prozent zur Gesamtbruttowertschöpfung bei, in der Region Stuttgart 5,21 Prozent und allein in der Stadt Stuttgart 8,96 Prozent. Indessen ist die Zahl der Beschäftigten der Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, deren Entwicklung die Studie für 2008 und 2013 betrachtet, gesunken. In der Region Stuttgart nahm die Zahl um 3,56 Prozent auf 49.707 ab; in der Stadt Stuttgart liegt der Rückgang bei 4,89 Prozent auf 29.852 Beschäftigte. Werden die Werte jedoch ab dem zweiten Quartal 2013 betrachtet, deutet sich eine positive Entwicklung an. Betrachtet man nun die regionalen Anteile an den Beschäftigten der Finanz- und Versicherungswirtschaft im Bundesgebiet, zeigt sich, dass der Beitrag der Region Stuttgart zur gesamten Beschäftigung mit 3,81 Prozent leicht über dem Wert der Region München und nahezu gleichauf mit dem Anteil der Region Frankfurt liegt. Und wenn man den Beschäftigungsbeitrag der jeweiligen Stadtkreise zur Region ins Verhältnis setzt, weist die baden-württembergische Landeshauptstadt mit 33,6 Prozent im bundesweiten Vergleich der Großstädte den geringsten Wert aus. Dies spricht für die Stärke des Umlands und verdeutlicht, dass in der Region Stuttgart die wirtschaftsstarken Regionen aus dem Umkreis einen signifikanten Beitrag zur Beschäftigung leisten. Detaillierte Aufstellungen über die Regionalwirtschaftliche Bedeutung des Finanzsektors für die Region Stuttgart entnehmen Sie bitte der gleichnamigen Studie, die unter https://www.stuttgartfinancial.de/info/studien/ erhältlich ist. Die enge Verzahnung zwischen gewerblicher und Finanzwirtschaft sowie die Leistungsfähigkeit der Banken werden auf den folgenden Seiten anhand konkreter Finanzierungsfälle exemplarisch beschrieben. 07

FINANZIERUNGSMODELLE TII GROUP Wie ein Lotse auf fremden Märkten Auslandsfinanzierung und Wegbegleitung durch die Bürokratie in Indien Am Ende musste alles ganz schnell gehen. Als sich nach früheren Versuchen für die TII Group (Transporter Industry International GmbH) aus Heilbronn ab Herbst 2014 doch plötzlich ein Zeitfenster eröffnete, um ihren Wettbewerber in Indien übernehmen zu können, wollten die Heilbronner rasch den Sack zu machen, wie Geschäftsführerin Susanne Rettenmaier sagt. Dazu bedurfte es jedoch eines verlässlichen Bankenpartners, der sowohl die Regulatorik des indischen Finanzierungsmarktes beherrscht als auch die internationalen Zahlungsströme zu steuern weiß. Mit Hilfe der Deutschen Bank, zu der eine jahrzehntlange vertrauensvolle Verbindung besteht, ist es der TII Group schließlich gelungen, die Transaktion wie geplant abzuwickeln, so dass das Unternehmen inzwischen über eine eigene Produktionsstätte in Indien verfügt. 08

FINANZIERUNGSMODELLE TII GROUP Wenn weltweit Schwerlasten von bis zu 15.000 Tonnen bewegt werden, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit die TII Group mit Sitz in Heilbronn und Produktion unter anderem im hohenlohischen Pfedelbach mit von der Partie. Ob es um den Transport von Windkraftrotoren, ganzen Bohrinseln oder kompletten Industrieanlagen geht - rund 70 Prozent aller Transporte über 3.000 Tonnen und 90 Prozent über 5.000 Tonnen werden mit Fahrzeugen der TII Group durchgeführt. Die seit dem Jahr 1988 von Senator Otto Rettenmaier zusammengeführte und weiterentwickelte Unternehmensgruppe ist mit einem Umsatz von 250 Millionen Euro und rund 1.000 Mitarbeitern Weltmarktführer in der Herstellung von Schwerlastfahrzeugen mit hydraulisch abgestützten Pendelachsen. Die Gruppe setzte sich bisher aus der Scheuerle Fahrzeugfabrik GmbH in Pfedelbach, der Nicolas Industrie S.A.S. in Champs-sur-Yonne (Frankreich), der Kamag Transporttechnik GmbH & Co. KG in Ulm sowie der TII Energy in Dessau-Roßlau zusammen. Darüber hinaus hatte sich TII bereits 2011 zur Erhöhung ihres Marktanteils in Indien sowie in weiteren asiatischen Ländern um die Übernahme des Wettbewerbers Tratec Engineers Pvt Ltd, des führenden Herstellers für Schwerlasttransporter nahe Delhi in Indien, bemüht. Doch zunächst schien dafür die Zeit noch nicht reif. Und so machten sich die Heilbronner daran, mit der 2013 erfolgten Gründung der TII India eine eigene Fertigungsstätte aufzubauen. Die Deutsche Bank, die frühzeitig involviert wurde, stellte über den deutschen Group Relationship Manager einen lokalen Kontakt zu einem Deutsche Bank Experten vor Ort zur Verfügung, der sich um die Eröffnung eines indischen Kontos kümmerte und Verbindungen zum eng geknüpften Netzwerk des Instituts auf dem Subkontinent ermöglichte. Als sich dann im Herbst 2014 kurzfristig ein Verhandlungsfenster öffnete, war die Chance zur Übernahme von Tratec plötzlich wieder da. Also wollten wir die Gunst der Stunde nutzen, sagt die Tochter des Unternehmensgründers, Susanne Rettenmaier. Um das Projekt nicht zu gefährden oder eine Strafzahlung seitens der Aufsichtsbehörden zu riskieren, durfte TII dabei keine Fehler machen. So ist der indische Finanzierungsmarkt aus der Historie heraus stark reguliert, weshalb das Unternehmen einen leistungsfähigen Bankpartner gebraucht hat, der sich mit den Besonderheiten ausländischer Finanzmarktregulatorik und den Umständen vor Ort bestens auskennt. Dabei hätten sich einmal mehr die langjährigen Beziehungen zur Deutschen Bank aufs Beste bewährt, sagt Rettenmaier. Der indische Finanzierungsmarkt ist stark reguliert, weshalb wir einen leistungsfähigen Bankpartner gebraucht haben, der sich mit den Besonderheiten ausländischer Finanzmarktregulatorik und den Umständen vor Ort bestens auskennt. Dabei haben sich einmal mehr die langjährigen Beziehungen zur Deutschen Bank aufs Beste bewährt. Susanne Rettenmaier, Geschäftsführerin der TII Group, Heilbronn 09

FINANZIERUNGSMODELLE TII GROUP In Indien gilt es für einen ausländischen Unternehmer hohe bürokratische Hürden zu beachten, weiß Thomas Keller, Sprecher der Geschäftsleitung der Deutschen Bank in Stuttgart. Ja, Indien sei geradezu überreguliert, meint er. So müssen etwa die Kapitalbestandteile Weil wir nicht als Offshore Bank operieren, sondern eine eigene indische Banklizenz haben, können wir sämtliche Finanzdienstleistungen anbieten, über die auch eine heimische Bank verfügt. Axel Hepelmann, Leiter des Marktgebiets Nordwürttemberg der Deutschen Bank in Heilbronn eines Investments nicht nur in ihrem Charakter als Eigen- und Fremdkapital oder Gesellschafterdarlehen als solche deklariert werden. Nein, diese Komponenten müssen sich auch noch in einem bestimmten, vorgeschriebenen Verhältnis befinden. Außerdem muss die bestimmungsgerechte Verwendung der Mittel sichergestellt werden, das heißt für Sachinvestitionen vorgesehene Mittel dürfen auch nur für diese und nicht zweckentfremdet verwandt werden etwa für Working Capital. Für letztere existieren separate Töpfe. Daher galt es in einem ersten Schritt die indische Tochtergesellschaft richtig zu konzipieren. Sollten dem ausländischen Investor hier Fehler unterlaufen, drohten Penalties von Seiten der Aufsicht. Um solche komplizierten regulatorischen Hürden überwinden zu können, brauchen Sie Expertise vor Ort, sagt dazu Axel Hepelmann, Leiter des Marktgebiets Nordwürttemberg der Deutschen Bank in Heilbronn, der mit seinem Team für die globale Kundenbeziehung zur TII zuständig ist. Er weist auf die breite Basis seines Instituts in Indien hin. Mit einem Netzwerk von mehr als 9.800 Mitarbeitern in 17 Niederlassungen stellt der Subkontinent eine der größten Auslandsmärkte dar, in denen das Institut in der Asien-Pazifik-Region präsent ist. Die Deutsche Bank operiert dabei nicht als Offshore Bank, sondern arbeitet mit einer eigenen indischen Banklizenz, weshalb sie auch der Aufsicht durch die Reserve Bank of India unterliegt. Daher können wir sämtliche Finanzdienstleistungen anbieten, über die auch eine heimische Bank verfügt, so Hepelmann. Hinzu kommen das weltweite Netzwerk der Deutschen Bank sowie die Verbindung in ihren Heimatmarkt. Auf das Zusammenspiel mit Letzterem kam es dann auch an, als Hepelmanns Team in Heilbronn zusammen mit den Kollegen der Deutschen Bank in Delhi und dem Management der TII Group in Heilbronn die eigentliche Zahlung des Kaufpreises für Tratec im Juli 2015 durchführen musste. Nun galt es, die Zahlungsströme entsprechend der regulatorischen Vorgaben und den Wünschen des Käufers exakt zu steuern. Denn für das Closing des Kaufvertrags war inzwischen ein gewisser Zeitdruck entstanden, dessen Ursachen beim Verkäufer lagen. Nach Erfüllung der Vertragsbedingungen durch die Verkäuferseite war für den zeitnahen Abschluss der Transaktion zur Einhaltung unserer Planung ein rascher Eingang des Kaufpreises entscheidend, erzählt Rettenmaier. Außerdem galt es, das Fremdwährungsrisiko Euro zur indischen Rupie zu beachten, was die 10

FINANZIERUNGSMODELLE TII GROUP Deutsche Bank mit einer bestimmten Form von Terminkontrakten, so genannten NDFs (Non-deliverable forwards), abgesichert hat. Und tatsächlich: Das Geld war gleichtägig in indischen Rupien pünktlich auf dem Konto des Empfängers, sagt Rettenmaier. Der Eigentumsübertragung an die TII Group stand nun nichts mehr im Wege. Dass dies alles so reibungslos geklappt habe, sei das Resultat der engen Zusammenarbeit zwischen Pfedelbach, Heilbronn und Delhi gewesen, so Keller, und nicht zuletzt des Umstandes, dass TII die Transaktion sehr sorgfältig vorbereitet habe. Seit dem erfolgreichen Abschluss der Transaktion ist die Tratec in die TII India eingebracht und zählt somit zu den Standbeinen der Gesamtgruppe. Da der Unternehmenskauf in Form eines Asset Deals erfolgt ist, sind sämtliche Wirtschaftsgüter des Civil Business, der Markenname Tratec und der Fertigungsstandort in Bawal übertragen worden, so dass das deutsche Unternehmen in Indien keine eigene Produktion mehr aufbauen muss, wie ursprünglich geplant, sondern mit einer bestehenden Fertigungsanlage durchstarten kann. Für die TII Group stellt dies einen großen Vorteil dar. Wir haben mit Tratec nicht nur einen in Asien eingeführten Markennamen erworben, sondern können wegen des Erwerbs der Produktionsanlagen auch deutlich schneller an den Markt gehen als zunächst vorgesehen, freut sich Geschäftsführerin Rettenmaier. Bürokratische Hürden, wie sie beim Erwerb von Tratec vorgekommen sind, sollten indessen nach Überzeugung von Keller bei einem Auslandsengagement, von dem man als Unternehmer überzeugt ist, kein Grund sein, die Flinte vorschnell ins Korn zu werfen. Man müsse sich der anderen Umstände, die jenseits der Grenzen herrschten, einfach nur bewusst werden. Oder anders ausgedrückt: Wer ins Ausland gehe, müsse sich eben darauf einstellen, dass manches anders sei als zu Hause. Das heißt nicht, dass es besser oder schlechter ist, nur eben anders, resümiert Keller. Und: Wenn man über die Grenze geht, füllt man vor allem auch seinen persönlichen Rucksack mit viel neuem Erfahrungswissen. Bürokratische Hürden sollten bei einem Auslandsengagement nicht dazu führen, die Flinte ins Korn zu werfen. Man muss sich der anderen Umstände, die jenseits der Grenzen herrschen, einfach nur bewusst werden. Thomas Keller, Sprecher der Geschäftsleitung der Deutschen Bank in Stuttgart 11

FINANZIERUNGSMODELLE KIDS FASHION GROUP Flexibel bleiben mit einem Klassiker der Finanzierung Sockelfinanzierung durch Betriebsmittelkredit und Akkreditive fürs internationale Geschäft Seit einigen Jahren legt die Kanz Financial Holding ein hohes Wachstumstempo vor. Durch den Aufkauf von anderen Firmen und Markenrechten, aber auch durch organisches Wachstum ist das Unternehmen zu einem führenden Anbieter für Kinderbekleidung avanciert. Und das soll noch nicht das Ende der Fahnenstange bedeuten, wie der geschäftsführende Gesellschafter Harald Hepperle sagt. Doch das starke Wachstum und die Besonderheiten langer Wertschöpfungszyklen wollen auch von Kreditinstituten verstanden und finanziert sein. Die Commerzbank ist ein solcher Bankpartner und greift dafür unter anderem auf das bewährte Instrument des Betriebsmittelkredits zurück. Damit schafft sie die Flexibilität, wie sie für den Wachstumskurs von Kanz benötigt wird. 12

FINANZIERUNGSMODELLE KIDS FASHION GROUP Lange Zeit galt die 1949 in Neufra gegründete Josef Kanz GmbH & Co. KG als einer der führenden, reinen Hersteller von Babybekleidung, weshalb ihr Gründer, Josef Kanz, auch gerne Stramplerkönig genannt wurde. Aufgrund dieser einseitigen Ausrichtung aber geriet das Unternehmen im Lauf der Zeit immer mehr unter Druck. 2009 gab schließlich der Sohn des Gründers, Markus Kanz, die Geschäftsführung und seine Geschäftsanteile an Özgür Kemal Bender ab, mit dessen Unternehmen Bekanteks bereits fünf Jahre zuvor mit Kanz ein Joint Venture für Produktion und Vertrieb in der Türkei gegründet worden war. Als im Anschluss Harald Hepperle als externer Berater ins Unternehmen geholt wurde, war diesem rasch klar, dass sich Kanz vom reinen Hersteller zu einem Multilabel-Unternehmen würde entwickeln müssen, um erfolgreich zu sein. Die Firma brauchte ein kompetentes Angebot im Kinderkleidungsbereich, das mehrere attraktive Marken umfasst, sagt er, der 2011 schließlich als geschäftsführender Gesellschaft bei Kanz eingestiegen ist, rückblickend. Diese Strategie umzusetzen, ist Hepperle und Bender innerhalb weniger Jahre gelungen. So werden unter der Kanz Financial Holding mit Sitz in Pliezhausen inzwischen fünf Subholdinggesellschaften geführt, die insgesamt 14 verschiedene Marken steuern darunter Steiff, Bellybutton und Marc O Polo Junior. Auch die Spielwaren Kurtz GmbH, die mit ihrer 180-jährigen Geschichte jedem Stuttgarter bekannt sein dürfte, gehört mittlerweile zur Kanz-Gruppe. Wir haben uns damit vom Mono-Marken-Unternehmen, das Kanz einst war, zum marktführenden Multilabel-Spezialisten für das Thema Alles rund ums Kind entwickelt, sagt Hepperle. An neun der Marken hat das Unternehmen das Eigentum erworben. Die anderen stehen Kanz gegen eine Lizenzgebühr für eine bestimmte Zeit zur Verfügung, in der Produkte designed, produziert und vertrieben werden können. Entscheidender Vorteil dieses Multibrand-Ansatzes ist, dass durch die Zentralisierung der Unternehmensbereiche IT, kaufmännische Dienste, Design, Produktion, Distribution oder Verkauf, online wie offline, erhebliche Synergien gehoben werden konnten. Wir sehen uns daher als Shared-Service-Organisation, sagt Hepperle, dem der Erfolg Recht gibt. Seit dem Geschäftsjahr 2008/2009 hat sich der Umsatz der Kanz Financial Holding mehr als versechsfacht und noch ist kein Ende in Sicht. In den nächsten Jahren soll der Umsatz weiter auf nahezu 200 Millionen Euro steigen, wovon 25 bis 30 Prozent Fremdfinanzierungsbedarf darstellt. Ohne die Fremdfinanzierung der Banken wäre ein solch rasantes Wachstum, wie sie Kanz erfahren hat, nicht möglich gewesen. Voraussetzung dafür war und ist ein überzeugendes Geschäftsmodell und das Verständnis seitens der Banken für den zyklischen Geschäftsverlauf der Modebranche. Harald Hepperle, geschäftsführender Gesellschafter der Kanz Financial Holding 13

FINANZIERUNGSMODELLE KIDS FASHION GROUP Natürlich entstehen mit jedem Wachstumsschritt von Kanz auch neue Anforderungen an die Finanzierung, die wir fortlaufend in unser Finanzierungskonstrukt einbauen. Patrick Greuter, Niederlassungsleiter der Mittelstandsbank der Commerzbank in Reutlingen Dass eine derartig große Dynamik auch finanziert sein will, ist dem Management natürlich klar. Wir konnten jeden Entwicklungsschritt mit Eigenmitteln begleiten, so Hepperle. Aber ohne die Fremdfinanzierung der Banken sei ein solch rasantes Wachstum, wie sie Kanz erfahren hat, nicht möglich gewesen. Voraussetzung dafür war und ist ein überzeugendes Geschäftsmodell und das Verständnis seitens der Banken für den zyklischen Geschäftsverlauf der Modebranche. Weist doch die Wertschöpfungskette bei Kanz vom Design über die Entwicklung der Kollektion, den Verkaufsstart, die Produktion bis zum Verkauf in den eigenen Filialen eine Dauer von rund 18 Monaten auf. Hinzu können weitere elf Monate für die Zweitvermarktung des Restbestands kommen. Ein weiteres Merkmal der Kanz schen Strategie sind eine Reihe von Zukäufen, die manchmal auch zügig über die Bühne gebracht werden müssen. Ich weiß, wir verlangen hier unseren Bankpartnern manchmal einiges ab, sagt Hepperle und erzählt, dass bereits vier Übernahmen jeweils am 23. Dezember, dem Vortag des Heiligen Abends, stattgefunden hätten. Die zur Fremdfinanzierung eines Unternehmens wie Kanz erforderliche Flexibilität bringt nach Worten von Hepperle die Commerzbank auf, mit der das Unternehmen langjährige, vertrauensvolle Beziehungen pflegt. Natürlich entstehen mit jedem Wachstumsschritt von Kanz auch neue Anforderungen an die Finanzierung, die wir fortlaufend in unser Finanzierungskonstrukt einbauen, sagt Patrick Greuter, Niederlassungsleiter der Mittelstandsbank der Commerzbank in Reutlingen. Aber schließlich sei man von dem Geschäftsmodell und dem Management bei Kanz überzeugt und wisse daher, wie das Unternehmen tickt. Außerdem gibt es bei unseren Finanzierungen keine starren Strukturen, so Greuter, weshalb sein Institut in der Lage sei, bei Bedarf die Finanzierung einer Übernahme zügig auf die Beine zu stellen. Das starke Wachstum von Kanz wurde bisher von der Commerzbank über klassische, sofort verfügbare Betriebsmittelkredite finanziert, ausnutzbar für Barinanspruchnahme, Akkreditive und Avale untypisch und unsexy, wie Greuter schmunzelnd sagt. Aber die Methode sichert die notwendige Flexibilität, die der Kunde 14

FINANZIERUNGSMODELLE KIDS FASHION GROUP benötigt. Denn klassischerweise würde für die enorme Wachstumsfinanzierung von Kanz eigentlich eine Venture-Capital- Situation entstehen. Um diese zu strukturieren aber wäre in der Regel die Zeit zu knapp. Denn Kanz hat gerade bei Übernahmen einen sehr kurzfristigen Finanzierungsbedarf, erläutert Greuter. Da müsse man, gerade als Mittelstandsbank, im Sinne des Kunden auch mal untypisch und nicht nach Lehrbuch handeln. Deshalb haben wir die flexible Lösung über den Betriebsmittelkredit gewählt, so Greuter. Im Kern basiert die Fremdfinanzierung von Kanz auf einer Kombination aus mehreren Bausteinen. Die Hausbanken, unter denen die Commerzbank das größte Engagement hält, stellen dafür eine Linienfinanzierung zur Verfügung, mit der zum einen die Fixkosten und zum anderen die Betriebsmittel für den Wareneinkauf abgedeckt werden. Hinzu kommt die Begleitung im internationalen Geschäft über die Zurverfügungstellung von Akkreditiven für Warenfinanzierungen. Einen weiteren Baustein stellen Währungssicherungsgeschäfte dar, die für den in US-Dollar abgerechneten Einkauf in Asien anfallen. Des Weiteren gibt es eine direkte Linienfinanzierung seitens der Commerzbank für die Kanz-Tochter in Hongkong, abgestellt auf die Muttergesellschaft in Deutschland. Insgesamt stellt das Institut dem Unternehmen Kreditlinien in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrags zur Verfügung, wovon gut ein Drittel die Akkreditive ausmachen. Auf diese Weise deckt Kanz seinen Fremdfinanzierungsbedarf für die rund anderthalbjährigen Phasen einer Kollektion ab. Aufgrund der Erfordernisse an Waren-, Liefer- oder Vorfinanzierungen oder den Rohstoffeinkauf entstehen immer wieder Finanzierungsspitzen. Daher brauchen wir eine atmende Kreditlinie, wie Hepperle sagt. Hinzu kommt immer mal wieder die Option eines Unternehmenszukaufs. Vor diesem Hintergrund wisse er es zu schätzen, wenn man es mit Partnern wie die Commerzbank zu tun hätte, die die Bedürfnisse des Kunden gut kenne und flexibel reagieren könne. Deshalb sind wir auch ständig im Dialog, sagt Greuter. So beschäftige Man muss sich in einer Partnerschaft zwischen Bank und Kunde auch was gönnen können, sonst gibt es zu viele Grabenkämpfe und man kommt nicht voran. Harald Hepperle, geschäftsführender Gesellschafter der Kanz Financial Holding er sich immer wieder intensiv aufs Neue mit der Wertschöpfungskette des Kunden und zwar rückwärts vom Produkt bis zur Beschaffung, erläutert er. Wir schauen uns genau an, was wieviel kostet und wie lange es dauert, so Greuter. Bestimmte Finanzierungsbausteine seien zwar Standards, bei anderen aber müsse man immer wieder genau hinschauen und neu konfigurieren. Der Umstand, dass die Commerzbank hierzu vor Ort Präsenz zeige, sei in diesem Kontext sicher von Vorteil. Diesen Nutzen der kurzen Wege bestätigt auch Hepperle. Auch bei Banken kann man sich als Kunde Vertrauen verdienen, meint er. Und im Übrigen müsse man in einer Partnerschaft zwischen Bank und Kunde auch gönnen können, wie er sagt, sonst gibt es zu viele Grabenkämpfe und man kommt nicht voran. 15

FINANZIERUNGSMODELLE DATAGROUP Flexibel und individuell einsetzbar Der Schuldschein kann die Sicherheiten- und Finanzierungsstruktur auf völlig neue Beine stellen Auf die Finanzierungsform des Schuldscheins lässt Max H.-H. Schaber nichts kommen. Mit diesem Instrument hat der Vorsitzende des Vorstands der Datagroup AG im März 2013 die bis dato kurzfristige Finanzierungsstruktur des Unternehmens auf einen mittel- und langfristigen Sockel gestellt und damit nur gute Erfahrungen gemacht, wie er sagt. Nun steht Datagroup davor, die erste, dreijährige Tranche des Schuldscheindarlehens im März 2016 abzulösen. Und wieder soll der Arrangeur des Ganzen die LBBW sein. 16

FINANZIERUNGSMODELLE DATAGROUP Als es Mitte 2012 bei der börsennotierten Datagroup AG in Pliezhausen darum ging, die Anschlussfinanzierung für einen Bridge-Kredit zu finden, mit dem die bisher größte Akquisition über 17 Millionen Euro weiter finanziert werden konnte, hat das Unternehmen zunächst eine Reihe von Refinanzierungsalternativen abgewogen. Hauptziel war es, die Hauptfinanzierungslast des Unternehmens von einer kurzfristigen auf eine mittelund langfristigere zu stellen. Schaber und sein Team verwarfen dabei unter anderem die Idee einer Anleihe-Emission wegen zu hoher Kosten. Auch die Möglichkeiten eines Konsortialkredits oder die Fixierung auf einen Kreditgeber schieden aus, so dass man sich bald mit der Begebung eines Schuldscheindarlehens anfreundete. Mit der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), die als eines der bundesweit führenden Institute in diesem Bereich gilt, war der Arrangeur für die Transaktion rasch gefunden. Um nun die Eigenkapitalanforderungen der LBBW erfüllen zu können, musste Datagroup zuvor ihr Eigenkapital um zehn Prozent durch die Begebung neuer Aktien erhöhen. 4,5 Millionen Euro wurden auf diese Weise in die Kassen gespült. Damit hatte Datagroup ihre Schuldscheinfähigkeit erreicht, erläutert Karl-Heinz Bühner, Head of Corporate Private Placement Origination bei der LBBW. Denn einen Schuldschein kann ein Unternehmen nur dann begeben, wenn es ein Investment Grade aufweist, also eine Bonitätsnote von mindestens BBB-. Schließlich, so Bühner, stelle der Schuldschein einen Blankokredit dar, bei dem keine Sicherheiten zur Verfügung gestellt würden, weder dem Schuldscheingläubiger noch einem anderen Kreditgeber. Daher benötige ein Unternehmen, das einen Schuldschein begebe, stets eine hohe Bonität, sagt Bühner, der diese Finanzierungsform unter anderem bei Akquisitionen, Sprunginvestitionen oder als Bodensatz fürs Working Capital für sinnvoll erachtet. Und die Belohnung für eine gute Bonität sind gute Konditionen, wie Schaber Die Belohnung für eine gute Bonität sind gute Konditionen. Max H.-H. Schaber, Vorsitzender des Vorstands der Datagroup AG meint, dessen Datagroup im März 2013 schließlich ein Schuldscheindarlehen mit einem Volumen von 23,5 Millionen Euro emittiert hat. Zuvor hatte die LBBW als Arrangeur und Dirigent des Prozesses eine Reihe von Banken und Sparkassen eingeladen, die als Schuldscheinnehmer fungieren könnten, um mit ihnen zu diskutieren, unter welchen Konditionen sie bereit wären, sich an einer solchen Finanzierungsform zu beteiligen. Schließlich waren Hausbanken, Geschäftsbanken sowie Sparkassen und Volksbanken aus der Region als Schuldscheinzeichner mit von der Partie. Im Endeffekt sei damit eine Art syndiziertes Schuldscheindarlehen entstanden, das nicht öffentlich vermarktet worden ist, sagt Schaber. 17

FINANZIERUNGSMODELLE DATAGROUP Die Zinssätze der drei Tranchen des Schuldscheindarlehens bewegen sich über drei, fünf und sieben Jahre von derzeit 2,008 Prozent (variabel) bis 3,738 Prozent. Das Honorar für die arrangierende Bank ist laut Bühner abhängig von dem Aufwand und der Das Beispiel Datagroup zeigt, wie ein Unternehmen bei guter Bonität und steilem Wachstumskurs seine Sicherheiten- und Finanzierungsstruktur auf völlig neue Beine stellen kann. Karl-Heinz Bühner, Head of Corporate Private Placement Origination bei der LBBW 18 Bonität des Schuldners. Die Honorarbandbreite im klassischen Mittelstand bewegt sich zwischen 0,5 und 1,5 Prozent des Schuldscheinvolumens. Bei der Betreuung durch die LBBW habe jedenfalls alles gepasst. Die Abwicklung ist zügig und professionell erfolgt, sagt Schaber. Die Datagroup AG, die sich als eines der führenden deutschen IT-Service- Unternehmen sieht und einen steilen Wachstumskurs verfolgt, hat sich dabei ausbedungen, dass ihr Schuldscheindarlehen nicht gehandelt wird, sondern bei ihren Hausbanken und den regionalen Instituten, wo es platziert worden ist, verbleibt. Eine Weitergabe kann nur mit unserer Zustimmung erfolgen, erklärt Schaber. Diesen Umstand hat sich Datagroup allerdings mit etwas schlechteren Konditionen erkauft. Dafür aber ist man vor Überraschungen gefeit. Es wird nie ein bis dato unbekannter Gläubiger mit am Tisch sitzen, erläutert Schaber den Punkt, auf den es ihm ankommt. Sollte das emittierende Unternehmen die so genannten Covenants reißen, also Kennzahlen wie Eigenkapitalquote und Nettofinanzverschuldung, die vereinbarungsgemäß eingehalten werden müssen, würden die Alarmglocken angehen und den Gläubigern entstünde ein Kündigungsrecht. In der Praxis ist davon auszugehen, dass man von diesem zumindest nicht sofort Gebrauch machen würde, sondern sich die Beteiligten zusammensetzen, um eine Lösung für die Situation zu suchen. Die Entwicklung geht aber eher in die andere Richtung. Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Erfolge hat sich auch die Ertragssituation von Datagroup verbessert, so dass sich die Bonität des Unternehmens weiter verbessert hat und damit auch die Aussichten auf ein Upgrade beim Rating. Ich denke, bei den meisten Banken geht es für uns zwei Nots nach oben, ist Schaber zuversichtlich. Bei einem derartigen Rating liegt die Ausfallwahrscheinlichkeit für die Banken bei unter einem Prozent. Vor diesem Hintergrund dürften die beteiligten Institute des Datagroup- Schuldscheinsyndikats auch daran interessiert sein, bei der Refinanzierung der ersten Tranche, die im März 2016 fällig wird, wieder mit dabei zu sein. Wir reden jedenfalls bereits miteinander, so Schaber. 8,5 Millionen Euro müssen dann zurückgezahlt werden und so, wie es aussieht, will der Vorstandschef diese Tranche wieder mit einem Schuldschein refinanzieren. Allerdings erwägt Schaber das

FINANZIERUNGSMODELLE DATAGROUP Gerade für Unternehmen, die erstmals eine breiter angelegte Finanzierungsstruktur suchen, ist das Schuldscheindarlehen das ideale Instrument flexibel, einfach, individuell einsetzbar und eine hohe Nachfrage von Investorenseite, um nur einige Vorteile zu nennen. Karl Manfred Lochner, Vorstandsmitglied der LBBW Volumen auf 17 Millionen Euro zu verdoppeln, damit er was in der Kriegskasse habe, wie er sagt. Dabei ist er zuversichtlich, dass alle Banken und Sparkassen wieder zeichnen werden. Bei den Laufzeiten verfolgt Datagroup dabei ein rollierendes System, weshalb die neue Tranche dann wieder nach sieben Jahren fällig werden soll. Das Ansinnen einer erneuten Refinanzierung per Schuldschien zeigt jedenfalls, wie zufrieden Schaber mit dieser Finanzierungsform ist, bietet sie ihm doch eine langfristige, sichere Basis, so dass wir ruhig schlafen können. So ist das Schuldscheindarlehen etwa nicht an einen Verwendungszweck gebunden, wie dies beim Akquisitionsdarlehen der Fall ist. Das erhöht die unternehmerische Freiheit beispielsweise mit Blick auf Working Capital und Akquise-Möglichkeiten, sagt er. Für Bühner von der LBBW zeigt das Beispiel Datagroup indessen, wie ein Unternehmen bei guter Bonität und steilem Wachstumskurs seine Sicherheiten- und Finanzierungsstruktur auf völlig neue Beine stellen kann. Das Unternehmen setzt nach seinem Dafürhalten etwas in die Praxis um, das Vorbildcharakter hat: Die Finanzierungsstrategie folgt der Unternehmensstrategie. Insgesamt ist zu beobachten, dass der Trend zur Diversifikation von Finanzierungsquellen bei mittelständischen Unternehmen und Großkonzernen weiter anhält. Vor diesem Hintergrund stellt nach Überzeugung von Karl Manfred Lochner das Schuldscheindarlehen aufgrund seiner Flexibilität hinsichtlich Betragshöhe und Laufzeit einen wichtigen Finanzierungsbaustein dar. Gerade für Unternehmen, die erstmals eine breiter angelegte Finanzierungsstruktur suchen, sagt das für das konzernweite Unternehmenskundengeschäft zuständige Vorstandsmitglied der LBBW, ist das Schuldscheindarlehen das ideale Instrument flexibel, einfach, individuell einsetzbar und eine hohe Nachfrage von Investorenseite, um nur einige Vorteile zu nennen. In der Regel wollten Mittelständler auch für diese Finanzierungssäule nachhaltige Investoren gewinnen. Deswegen definiert die LBBW, abhängig von den Vorstellungen des Kunden, gemeinsam die Zielinvestoren. Und als langjähriger Marktführer stehen wir dem Mittelstand und auch Großkonzernen mit unserer Expertise zur Diversifikation mittels Schuldscheindarlehen und unter Berücksichtigung individueller Kundenbedürfnisse weiterhin gerne zur Seite, resümiert Lochner. 19

FINANZIERUNGSMODELLE EVG LUFTTECHNIK Intelligentes Finanzierungspaket als Basis für den Neustart Die Ausbalancierung der Risiken eröffnet neue Möglichkeiten und sorgt für eine Reduktion des Zinsaufwands Im Jahr 2010 stand die Zukunft der EVG Lufttechnik GmbH auf des Messers Schneide. Während die langjährige Hausbank das Unternehmen in Eberdingen-Hochdorf als Sanierungsfall angesehen hatte und gesundschrumpfen wollte, verfolgte der neue CEO und Gesellschafter, Frank Häusler, ganz andere Pläne. Er, der erst vor kurzem in den Betrieb eingestiegen war, sah für das Unternehmen große Chancen in einem global ausgerichteten Wachstumskurs. Dazu bedurfte es aber eines neuen Finanzpartners, der den Expansionskurs der EVG, eines Spezialisten für Ventilatoren-Technik, mitträgt. Mit der Volksbank Stuttgart wurde dieser Partner schließlich gefunden. 20

FINANZIERUNGSMODELLE EVG LUFTTECHNIK Frank Häusler, Jahrgang 1964, wollte es noch einmal wissen. 2008 hatte er bereits rund 30 Jahre Führungserfahrung aus der Automobilbranche auf dem Buckel, zuletzt als Vice President Sales bei Webasto, als er sich Mitte 2008 auf die Suche nach einer neuen Herausforderung begab. Über die Internetplattform Nexxt-Change, eine Unternehmensnachfolgebörse, die nachfolgeinteressierte Unternehmer und Existenzgründer zusammen bringen will, stieß er bald auf die EVG Lufttechnik GmbH in Eberdingen-Hochdorf, einen Spezialisten für leistungsfähige Radial- und Axialventilatoren, die vor allem für die Prozessluft in Fertigungsbetrieben sorgen. Häusler hatte schnell erkannt, dass der Unternehmensgründer Augustin Haas, der 1977 mit der Entwicklung und dem Vertrieb von Industrieventilatoren begonnen hatte und nun auf der Suche nach einem Nachfolger war, die Internationalisierung der Firma mit seiner sehr breit aufgestellten Produktpalette noch nicht angegangen hatte. Es drängte sich geradezu auf, die Globalisierung des Unternehmens voranzutreiben, sagt er rückblickend. Doch zuvor galt es noch eine ganze Reihe anderer Hürden aus dem Weg zu räumen. Zunächst musste die EVG aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten eines bis dato potenten Kunden aus Österreich massive Auftragseinbrüche um bis zu 40 Prozent hinnehmen und das just in einer Zeit, als das Unternehmen in Erwartung eines Auftragsschubs von diesem Kunden die eigenen Fertigungsflächen stark ausgeweitet hatte. Darüber hinaus galt es für Häusler, mittlerweile Gesellschafter und CEO von EVG, ein funktionsfähiges Controlling aufzubauen und die eigene IT auf Vordermann zu bringen. Auch das ganze Produktmanagement war eine Großbaustelle. Hinzu kam, dass die auf acht Jahre viel zu kurzfristig angesetzte Finanzierung von der beiden großen Standorterweiterungen einen Großteil des Cash Flows auffraß, weshalb die Kasse noch verstärkt durch die Wirtschaftskrise schnell ständig leer war, wie es Jürgen Kratzer, der CFO, ausdrückt. Er und sein neues Team hatten zwar erkannt, an welchen Stellschrauben sie drehen mussten, um umzusteuern. Wir hatten nach zwei Jahren bereits 50 Prozent an Neukunden gewinnen können und den Turnaround im Blick, so Häusler. Doch die Zeit, die es gebraucht hätte, um die Internationalisierung vor allem Richtung China - voranzutreiben und wieder in die schwarzen Zahlen zu kommen, wollte ihnen nun die altangestammte Hausbank nicht mehr gewähren. War doch die EVG nach Sichtweise des Instituts ein Sanierungsfall, der bei Schließung des Stammhauses auf den Standort Petersberg in Thüringen reduziert werden sollte. Ein solches Downsizing- Konzept aber wäre einer Wertevernichtung gleichgekommen. Wir hatten schließlich in Hochdorf bereits eine Reihe an High-Tech-Innovationen entwickelt, sagt Häusler. Auf den Standort in Thüringen reduziert, wie von der Wir mussten schauen, wie wir das Risiko in vertretbarem Maße auf alle Finanzierungsbeteiligten aufteilen können. Werner Lochscheider, Regionaldirektor der Volksbank Stuttgart 21

FINANZIERUNGSMODELLE EVG LUFTTECHNIK Hausbank intendiert, hätte die EVG nur mehr noch Standardprodukte herstellen können und die EVG in eine Me- Too-Strategie ohne jegliche Perspektive getrieben. Was Häusler in einer solchen Situation brauchte, war ein Finanzierungspartner, der von der Wachstumsstory der EVG überzeugt sein würde und das Unternehmen nicht als Sanierungsfall betrachtete. Über seinen Schwiegervater Rudolf Wild, einem überzeugten Anhänger des genossenschaftlichen Bankenwesens, kam 2011 schließlich ein Kontakt zur Volksbank Stuttgart eg zustande. Es galt zunächst, eine harte Nuss zu knacken, erinnert sich Werner Lochscheider, zuständiger Regionaldirektor der Volksbank Stuttgart. In einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Unternehmenskonzept, den Erfolgsund Risikofaktoren des Unternehmens befassten er und seine Kollegen sich mit der EVG, bis sie sich schließlich von dem Wachstumskonzept der Firma überzeugt konnten nicht zuletzt dank des Engagements von Häusler und seinem Team, die alle mit Herzblut bei der Sache sind. Nachdem man sich gefunden hatte, galt es, eine Finanzierungsstrategie in Etappen zu zimmern, denn immer noch lagen alle Sicherheiten bei der bisherigen Hausbank, die nun vor ihrer Ablösung stand. 22 In der heißen Phase der Übergangszeit, wie es Lochscheider nennt, eröffnete die Volksbank der EVG daher für ein halbes Jahr 2012/2013 eine Betriebsmittelkreditlinie, die von der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg abgesichert wurde, bis im Rahmen einer Gesamtumfinanzierung die Sicherheiten von der ursprünglichen Hausbank an die Volksbank übertragen werden konnten. Dann galt es, ein Finanzierungspaket zu schnüren, das für alle Seiten eine befriedigende Lösung würde darstellen können. Oder, wie es Wir reden miteinander auf Augenhöhe sozusagen von Mittelständler zu Mittelständler. Frank Häusler, CEO EVG Lufttechnik GmbH Lochscheider ausdrückt, wir mussten schauen, wie wir das Risiko in vertretbaren Maße auf alle Finanzierungsbeteiligten aufteilen können. Dabei beantragte die Volksbank ein ERP-Investitionsprogramm für die Entwicklung neuer Produkte und Verfahren bei der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau), das sich in eine Fremdkapitaltranche und eine Nachrangtranche aufteilt. Die Fremdkapitaltranche wiederum ist zum Teil durch eine Ausfallbürgschaft der R + V, des zur genossenschaftlichen Finanzgruppe gehörenden Versicherers, abgesichert. Das Paket komplett macht ein Betriebsmittelkredit von der Volksbank Stuttgart. Unterm Strich konnte so der Zinsaufwand um einen sechsstelligen Betrag pro Jahr gesenkt werden. Und weil darüber hinaus die Tilgung von acht auf 18 Jahre gestreckt wurde, konnte die monatliche Belastung des Cash Flow spürbar reduziert werden. Damit haben wir eine Risikobalance zwischen uns, der KfW, unserem Verbundpartner R+V und der EVG selbst gefunden, resümiert Lochscheider. Auf dieser Basis wurde ein intelligentes Finanzierungspaket geschnürt, das die Risiken auf mehrere Schultern verteilt und die Grundlage für den Wachstumskurs der EVG, eines hidden champions im Ventilatorenbau in Deutschland, bildet.

FINANZIERUNGSMODELLE EVG LUFTTECHNIK Durch die tiefe Verwurzelung in unserem Marktgebiet kennen wir die Bedürfnisse des Mittelstands sehr genau und klappen auch bei schlechtem Wetter nicht gleich wieder den Regenschirm zu. Hans Rudolf Zeisl, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Stuttgart Als die neue Finanzierung stand und die Unternehmenszahlen 2012 wieder ordentlich in die Gewinnzone drehten, war die Erleichterung für Häusler greifbar. Für mich war es wie ein Befreiungsschlag, erinnert er sich, der mit der EVG persönlich mit einem hohen Betrag im Risiko steht. Gehalten werden die Gesellschafteranteile an der EVG je zur Hälfte von den Familienstämmen Haas und Häusler-Wild. Inzwischen ist die Zahl der 95 Mitarbeiter, die Gründer Augustin Haas, der immer noch als Berater im Unternehmen tätig ist, beschäftigt hat, auf rund 170 angewachsen, und der Umsatz soll sich bis 2020 von 20 (2015) auf rund 35 bis 40 Millionen Euro praktisch verdoppeln. Als wichtigsten Wachstumsmotor erachtet Häusler dabei mit erster Priorität Asien den chinesischen Markt, weshalb die EVG in Shanghai seit 2009 eine Niederlassung mit mittlerweile 40 Mitarbeitern betreibt. Weitere Standorte in Indien und der Türkei sind geplant. Ihr breites Produktspektrum ermögliche der EVG dabei einen leichten Marktzugang, hat Häusler erfahren. Die Hauptaufgabe ist hier zunächst die richtigen Partner für den Markteintritt zu finden, oder, falls das nicht funktioniert, gegebenenfalls eine eigene Gesellschaft zu gründen. Das hätte dann natürlich auch Auswirkungen auf das Wachstum, sagt Häusler. Zum Verhältnis zwischen gewerblicher Wirtschaft und Kreditwirtschaft meint der CEO, dass sich das Erfolgsmodell des deutschen Mittelstands auch in seiner klein- und mittelständischen Bankenlandschaft widerspiegle. Die- ser Umstand fördere das gegenseitige Verständnis, ist er überzeugt. Wir reden miteinander auf Augenhöhe sozusagen von Mittelständler zu Mittelständler, sagt Häusler. Von den Banken erwarte er, dass sie sich in die Geschäftsmodelle der Unternehmen hineindenken könnten, um Finanzierungslösungen entwickeln und gute Sparringspartner abgeben zu können so, wie er es bei der Volksbank Stuttgart erfahre. Hans Rudolf Zeisl, Vorstandschef des Instituts, sieht sich damit in der regionalen Ausrichtung seiner Bank bestätigt. Durch die tiefe Verwurzelung in unserem Marktgebiet kennen wir die Bedürfnisse des Mittelstands sehr genau und klappen auch bei schlechtem Wetter nicht gleich wieder den Regenschirm zu, so Zeisl. 23

FINANZIERUNGSMODELLE VAUDE Finanzierungssicherheit in der Seilschaft Mit dem Konsortialkredit können Risiken auf mehrere Schultern verteilt werden Der für seine nachhaltige Ausrichtung bekannte Bergsportausrüster Vaude in Tettnang hat seine Finanzierungsstruktur der eigenen Unternehmensphilosophie angepasst: Beides ist nun langfristig ausgerichtet. Dazu hat eine Seilschaft von sieben Banken beigetragen, die in einem Konsortium die Risiken auf mehrere Schultern verteilt zum Nutzen aller Beteiligten. 24

FINANZIERUNGSMODELLE VAUDE Erwin Gutensohn hatte ein klares Ziel vor Augen. Der für Finanzen zuständige Geschäftsführer der Vaude Sport GmbH & Co. KG in Tettnang wollte die Finanzierung des Unternehmens, das zu den führenden Herstellern für Bergsportausrüstung in Europa zählt, auf ein neues Fundament stellen. Die Kapitalbasis von Vaude sollte gestärkt und die Planbarkeit erhöht werden mit anderen Worten: Nachhaltiger sollte die Finanzierungsstruktur gestaltet werden, ganz so, wie es auch dem Anspruch der auf Umweltverträglichkeit ausgerichteten Philosophie des Unternehmens entspricht. Bis Ende 2014 hatte Vaude mit fünf Banken und Sparkassen jeweils bilaterale Vereinbarungen zur Kontokorrentfinanzierung gehabt, die auf drei Jahre ausgelegt war in den Augen von Gutensohn nicht langfristig und nicht stabil genug, um seinen Vorstellungen zu genügen. Wir haben einen Beautycontest durchgeführt, in dessen Rahmen die bisherigen Institute Vorschläge für längerfristige, nachhaltige Finanzierungsmodelle erarbeiten sollten, erläutert Gutensohn. Daraus resultierte schließlich der Gedanke einer Konsortialfinanzierung. Also ließ er die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW )als Konsortialführer (Mandated Lead Arranger) eine Reihe von Instituten ansprechen, um sich über eine neue Finanzierungsbasis den Kopf zu zerbrechen. Der bisherige Hausbankenkreis aus LBBW, Sparkasse Bodensee, Volksbank Allgäu West und Commerzbank Friedrichshafen wurde in diesem Zuge um die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen und die Südwestbank in Stuttgart erweitert. Ein sehr austarierter Bankenkreis mit viel Verständnis und Gespür für den Mittelstand, so wie es unserer Philosophie entspricht, wie Gutensohn meint. Das Resultat der Bankenrunde im November 2014 war der Abschluss der neuen Konsortialfinanzierung zum 1. Januar 2015 mit einem Gesamtumfang von 44,45 Millionen Euro, die sich auf die sieben beteiligten Institute verteilen, und Laufzeiten von fünf und zehn Jahren unter Einbeziehung der Wir haben einen sehr austarierten Bankenkreis mit viel Verständnis und Gespür für den Mittelstand, so wie es unserer Philosophie entspricht. Erwin Gutensohn, Finanzchef der Vaude Sport in Tettnang Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Bei den KfW-Mitteln im Volumen von insgesamt zehn Millionen Euro handelt es sich um Darlehen aus dem Programm 181 KfW-ERP, die sich in eine klassische Fremdkapitaltranche über fünf Millionen Euro aufteilen und eine Nachrangtranche jeweils zur Finanzierung von Forschungs- und Entwicklungsausgaben. Die Miteinbeziehung der KfW-Mittel stellt so etwas wie das kreative Element in dieser Konstruktion dar, sagt Matthias Veit, Kundenbetreuer der Südwestbank für Vaude. Damit stehen dem Hersteller von Outdoor-Ausrüstung langfristiges Fremdkapital über fünf Millionen Euro zur Verfügung und weitere fünf Millionen Euro mit ebenfalls zehnjähriger Laufzeit, die aufgrund ihrer Nachrangigkeit das Eigenkapital des Unternehmens stärken. Unser Ziel, 25

FINANZIERUNGSMODELLE VAUDE eine längerfristige Planbarkeit zu erreichen sowie die Eigenkapitalquote zu stärken und damit die Bilanz zu stabilisieren, ist damit erreicht worden, erläutert Gutensohn. Neben den KfW-Darlehen bestehen bei den beteiligten Banken Betriebsmittelkreditlinien von insgesamt 34 Millionen Euro, davon fünf Millionen Euro als Reserve. Die Inanspruchnahme ist hier sowohl als klassischer Kontokorrentkredit als auch als kurzlaufender Festkredit möglich. Das Kreditvolumen, das Vaude in Anspruch nehmen kann, richtet sich immer nach einem gewissen Prozentsatz des Umlaufvermögens, der so genannten Borrowing Base. Mit diesem Konzept wurde die Betriebsmittelfinanzierung des Unternehmens für die nächsten Jahre sichergestellt und die Basis für weiteres Wachstum gelegt, sagt das bei der Südwestbank AG zuständige Vorstandsmitglied für Unternehmenskunden, Wolfgang Jung. Das Reporting erfolgt bei Vaude einmal pro Quartal Als Covenants, die einmal jährlich zum Bilanzstichtag gemessen werden, dienen der Verschuldungsgrad und die Eigenkapitalquote. Ergänzend werden der EBITDA und die Borrowing Base anhand der Quartalszahlen gemessen. Darüber hinaus hält das Unternehmen seine 26 Kreditgeber in einem Roundtable- Gespräch über die Geschäftsstrategie auf dem Laufenden. Uns ist wichtig, dass die Institute unser auf Nachhaltigkeit ausgelegtes Geschäft verstehen, sagt Gutensohn. Früher sei das nicht immer der Fall gewesen. Inzwischen aber sei jedem klar, dass man als Unternehmen um das Kriterium der Nachhaltigkeit nicht mehr herumkomme. Vor diesem Hintergrund entwickelt Vaude just mit Unterstützung des angesprochenen KfW-Programms sein Green Shape Label weiter, mit dem sich das Unternehmen weiter als ökologisch ausgerichtete Marke unter den Outdoor-Herstellers profilieren möchte. Das zweite Forschungsprojekt, für das die ERP-Mittel gebraucht werden, ist die Entwicklung umweltfreundlicher Mittel und Verfahren zur Imprägnierung von Stoffen gegen Wasser und Schmutz bei gleichzeitiger Atmungsfähigkeit also einer Ausrüstung ohne PFC (Per- und polyfluorierte Chemikalien). Ausbezahlt werden die Darlehen entsprechend des Fortschritts der Projekte. Gutensohn erinnert sich, dass die Regelungen über die zu früheren Zeiten von Vaude getroffenen, bilateralen Kreditvereinbarungen auf nicht einmal 30 Seiten gepasst haben. Für das neue Finanzierungspaket mit den sieben Banken bedurfte es dagegen eines von Fachanwälten ausgearbeiteten Regelwerks, das 150 Seiten Platz in Anspruch nimmt. Zunächst sei ihm ein solches Regelwerk recht aufwändig und komplex erschienen, gesteht er heute. Doch inzwischen ist dem Finanzchef klar, dass detaillierte Vereinbarungen, die man am Anfang ausar- Durch die Konsortialregeln entsteht dem Kreditnehmer ein hohes Maß an Finanzierungssicherheit. Wolfgang Jung, Vorstandsmitglied Südwestbank