Gewährleistungen in Grundstückkaufverträgen mit professionellen Investoren



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Gewährleistungen in Grundstückkaufverträgen mit professionellen Investoren 1269 Inhaltsübersicht Maja Baumann Dr. iur., LL.M., Rechtsanwältin, Zürich I. Einleitung II. Heutiger «Schweizer Standard» III. Gründe für spezifische, auf den Einzelfall abgestimmte Gewährleistungen IV. Schranken der Vertragsfreiheit V. In der Praxis relevante Gewährleistungen und Zusicherungen 1. Eigentum am Grundstück und beschränkte dingliche Rechte 2. Gewährleistung für Altlasten 3. Mängel und Instandstellungsarbeiten 4. Mietverträge 5. Konformität der Baute mit den anwendbaren Vorschriften und Bewilligungen 6. Nutzung des Kaufobjekts und Landreserven 7. Rechtsstreitigkeiten und administrative Verfahren 8. Steuern und Gebühren 9. Vollständigkeit und Korrektheit der Due Diligence Unterlagen VI. Wegbedingung weiterer Gewährleistungen VII. Vertragliche Bestimmungen zu Rügefrist und Verjährung VIII. Fazit I. Einleitung Ich danke Beat Kühni, LL.M., Fürsprecher, für die kritische Durchsicht des Manuskripts sowie Marcel Kobel, BLaw, für die formale Bereinigung der Fussnoten. Definiert man den Schweizer Immobilienmarkt als die Gesamtheit des bebauten Landes (inklusive der darauf stehenden Bauten) und der noch unverbauten Bauflächen, so ergibt sich hieraus ein Markt von erheblichem Wert, der nach Darstellung der auf dem Hypothekarmarkt aktiven Grossund Kantonalbanken den grössten Wertposten der Schweiz darstellt. Es ist vor diesem Hintergrund nicht erstaunlich, dass der Immobilienmarkt seit Jahrzehnten im Fokus von inländischen und im Gleichschritt mit der stufenweisen Liberalisierung der Lex Koller namentlich in Bezug auf Betriebsstättegrundstücke zunehmend auch von ausländischen professionellen Investoren steht. Doch während beispielsweise im Bereich der Unternehmenstransaktionen in den letzten fünfzehn Jahren der Standard der Vertragsredaktion im Gleichschritt mit dem zunehmenden Transaktionsvolumen auch in der Schweiz eine beeindruckende Entwicklung und Professionalisierung durchlebt hat, ist solches im Bereich von Immobilientransaktionen in der Schweiz kaum feststellbar; im Unterschied zum benachbarten Ausland hat sich in der Schweiz der übliche Standard von Kaufverträgen selbst für bedeutende Immobilientransaktionen mit mehrstelligen Millionenbeträgen kaum entwickelt. Grundlage der Vertragsredaktion stellen unverändert die aus der Notariatspraxis der einzelnen Kantone entwickelten Standard urkunden dar, welche mit punktuellen Anpassungen den Ansprüchen für den Erwerb von privatem Wohneigentum genügen mögen, aber in zunehmenden Widerspruch zu internationalen Marktstandards und berechtigten Erwartungen insbesondere von professionellen Investoren (die ihrerseits Anlegerschutzinteressen verpflichtet sind) geraten. Diese erwarten zu Recht die kaufvertragliche Umsetzung der durch die Parteien vereinbarten Risikoallokation zwischen Käufer und Verkäufer, insbesondere in der Form von auf den konkreten Fall und die bestehenden Risiken zugeschnittenen, spezifischen Gewährleistungen. Die entsprechende Umsetzung kann allerdings in der Praxis im Kontakt mit den zuständigen Notariaten und Grundbuchämtern auf Widerstände stossen und dadurch betreuungs- und kostenintensiv werden. Es darf jedoch davon ausgegangen werden, dass sich auch der Schweizer Markt dieser Entwicklung insbesondere für grössere kommerzielle Immobilientransaktionen nicht verschliessen will und kann. Vor diesem Hintergrund wird sich die Praxis in der Redaktion von Immobilienkaufverträgen mit einem wachsenden Spezifizierungs- und letztlich Professionalisierungsbedürfnis vorab von professionellen Investoren konfrontiert sehen. Am Beispiel der Gewährleistungen soll nachfolgend ausgeführt werden, aus welchen Überlegungen eine Professionalisierung auch bei Schweizer Grundstückkaufverträgen sinnvoll und sachgerecht ist und wie spezifische Gewährleistungsbestimmungen in Immobilienkaufverträgen konkret umgesetzt werden können.

M a j a B a u m a n n 1270 II. Heutiger «Schweizer Standard» Im «klassischen» schweizerischen Grundstückkaufvertrag, wie er von verschiedenen Notariaten als Muster verwendet wird, wird unter «Weitere Bestimmungen» auch der Punkt «Gewährleistungen» abgehandelt. In der Praxis wird beim Verkauf von Altbauten (worunter alle fertig erstellten und bezogenen Gebäude fallen) vielfach anstelle von Gewährleistungen eine generelle Freizeichnungsklausel eingefügt 1. Selbst wenn ausnahmsweise eine meist sehr vereinfachte Regelung der Gewährleistung unter dem entsprechenden Titel vorgesehen ist, finden sich weitere in dieser Hinsicht relevante Bestimmungen an anderen Stellen des Vertrags (z.b. unter «Miet- und Pachtverträgen»), was weder der Leserlichkeit der Vereinbarung noch der Systematik (und damit der Klarheit der Auslegung des vertraglichen Willens der Parteien) zuträglich ist. Wird eine Freizeichnungsklausel vereinbart, so bestehen keine Gewährleistungen von Seiten des Verkäufers, soweit nicht zwingendes Recht entgegensteht. Dies mag gegebenenfalls bei einfachen Verhältnissen, in denen sich der Käufer durch eine Inspektion von Gebäude und Umschwung ein gutes Bild vom Kaufgegenstand machen und sein Kaufangebot entsprechend anpassen kann, passend sein. Beim Verkauf einer grösseren Renditeimmobilie ist es jedoch kaum sachgerecht, mit einer Freizeichnungsklausel zu arbeiten. Vielmehr lohnt sich bei Transaktionen von diesem Umfang eine den konkreten Umständen gerecht werdende Allokation der Risiken zwischen den Parteien, namentlich in der Form von spezifischen Gewährleistungen. III. Gründe für spezifische, auf den Einzelfall abgestimmte Gewährleistungen Professionelle Immobilieninvestoren besitzen in der Regel ein Portfolio, welches Liegenschaften in verschiedenen Ländern umfasst, und sind daher mit den heute üblichen Standards von Grundstückkaufverträgen in grenzüberschreitenden Immobilientransaktionen bestens vertraut. Erstmals konfrontiert mit dem «Schweizer Standard» von Grundstückkaufverträgen zeigen sich international erfahrene Investoren dementsprechend irritiert. Sie erwarten neben der Durchführung einer technischen, kommerziellen und rechtlichen Due Diligence auch eine die Ergebnisse dieser Due Diligence widerspiegelnde Allokation einzelner mit dem Kaufobjekt zusammenhängender Risiken, namentlich in der Form von im Kaufvertrag detailliert umschriebenen Zusi- cherungen, Gewährleistungen und gegebenenfalls Schadloshaltungsverpflichtungen des Verkäufers. Zusicherungen und Gewährleistungen umfassen generell den üblichen Katalog von in der Due Diligence geprüften Themenbereichen (z.b. durch den Verkäufer vor der Eigentumsübertragung zu erledigende Reparaturarbeiten), aber auch Aspekte, die sich nicht oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand im Rahmen der Due Diligence überprüfen lassen (z.b. keine hängigen oder angedrohten Mietstreitigkeiten). Durch die Einräumung von Zusicherungen und Gewährleistungen lassen sich die Kosten für die Due Diligence in einem angemessenen Rahmen halten und können Risiken, welche der Käufer aufgrund seines Wissens oft gut abschätzen kann, deren Überprüfung für den Verkäufer aber unmöglich oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand möglich ist, in einer diesen Umständen gerecht werdenden Weise wirtschaftlich effizient alloziert werden. Dies kommt nicht nur dem Käufer, sondern auch dem Verkäufer zu Gute, da letzterer diejenigen Risiken, welche ihm in der Regel aufgrund seiner bisherigen Eigentümerstellung bekannt sind und welche der Käufer nicht oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand abschätzen könnte, übernehmen und dadurch eine entsprechende Reduktion des Kaufpreises verhindern kann. Hier ist der Verkäufer der ökonomisch richtige «Risk Taker». Lehnt er die vertragliche Übernahme solcher Risiken gegenüber dem Käufer ab, wird ein rational handelnder Käufer auf einem in der Regel überschiessenden Kaufpreiseinschlag bestehen, was nicht im Interesse des Verkäufers sein kann. Umgekehrtes gilt indessen für Risiken, die der Käufer ebenso gut oder unter Umständen gar besser einschätzen kann als der Verkäufer. Der Käufer ist mithin in diesen Fällen der für beide Parteien ökonomisch bessere «Risk Taker». Hinzu kommt, dass unter Umständen Vertreter von Immobilienfonds oder ähnlichen Einrichtungen durch Anlegerschutzgesetzgebungen oder Investitionsrichtlinien dazu verpflichtet sind, nur Verträge einzugehen, welche einen gewissen Minimalstandard betreffend Gewährleistungen erfüllen. Diese wichtige Investorengruppe wird regelmässig auf vertraglichen Risikoallokationen beharren müssen, welche von der heutigen Usanz auf dem Schweizer Immobilienmarkt abweichen. IV. Schranken der Vertragsfreiheit Bei den obligationenrechtlichen Bestimmungen zur Gewährleistung bei Grundstückkaufverträgen 2 handelt es sich grundsätzlich um dispositives Recht 3, so dass die Parteien 1 Vgl. Ullin Streiff/Bruno Pellegrini/Adrian von Kaenel, Vertragsvorlagen, 4. A., Zürich 2008, 68; Urs Bürgi, Gewährleistung beim Immobilienkauf, ST 2005, 392. 2 Art. 219 OR und Art. 221 OR i.v.m. Art. 192 ff. OR und 197 ff. OR. 3 Vgl. Pierre Tercier/Pascal G. Favre/Marie-Noëlle Zen- Ruffinen, in: Pierre Tercier/Pascal G. Favre (Hrsg.), Les

1271 Ferner gilt es zu beachten, dass Klauseln, welche die Gewährleistung des Verkäufers beschränken oder ausschliessen, im Zweifel einschränkend und somit zu Gunsten des Käufers auszulegen sind 8. Bei floskelhaften Klauseln kann sich gar die Frage stellen, ob die Wegbedingung als gänzlich unbeachtlich zu betrachten ist oder deren Wirkung sich zumindest auf «gewöhnliche Mängel», d.h. solche, mit denen vernünftigerweise zu rechnen ist, beschränkt 9. Bei der Wegbedingung von Gewährleistungen in Grundstückkaufverträgen sind auch die Normen des öffentlichen Rechts, insbesondere des Umweltschutz-, Abgabe-, Raumplanungs- und Baurechts, zu beachten. Wenngleich diese zwingende Bestimmungen 10 enthalten, ist es zulässig, die Gewährleistung des Verkäufers für auf öffentlichem Recht beruhende Rechts- oder Sachmängel des Kaufgegenstandes wegzubedingen 11. Für eine rechtsgültige und gerichtlich durchsetzbare Freizeichnung ist jedoch wichtig, dass aufgrund der im vorstehenden Abschnitt beschriebenen Grundsätze die wegbedungenen Gewährleistungen ausdrücklich aufgeführt werden. Vermutlich ist jedoch bei professionellen Investoren davon auszugehen, dass sie auf Themen wie Altlasten und Abgaben sensibilisiert sind und daher eine Wegbedingung im Rahmen einer generellen Freizeichnungsklausel wohl nicht völlig ausserhalb dessen liegt, womit der Käufer hätte rechnen müssen 12. Dennoch empfiehlt es sich, zur Vermeidung von Unsicherheiten bei der Vertragsredakeine eigene, von den gesetzlichen Normen abweichende, Regelung vorsehen können. Dementsprechend muss es ihnen im Rahmen der Vertragsfreiheit unbenommen bleiben, in Bezug auf einzelne (oder alle) Aspekte des Grundstücks bzw. der darauf errichteten Baute spezifische Gewährleistungen einzuräumen oder gegebenenfalls auch wegzubedingen oder spezifische Zusicherungen des Verkäufers über körperliche, rechtliche oder wirtschaftliche Eigenschaften des Kaufgegenstandes vorzusehen. Die Vertragsfreiheit der Parteien wird jedoch dahingehend beschränkt, dass eine vollumfängliche Wegbedingung von Gewährleistungen nicht zulässig ist, wenn der Mangel vom Verkäufer arglistig verschwiegen wurde 4. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt ein arglistiges Verschweigen vor, wenn trotz Bestehen einer Aufklärungspflicht der Verkäufer den Käufer nicht über das Fehlen einer vorausgesetzten Eigenschaft des Kaufgegenstandes informiert 5. Eine Aufklärungspflicht auf Grund eines Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien wird namentlich bei Vertragsverhandlungen bejaht. Dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung folgend können demnach die verhandelnden Parteien nach Treu und Glauben verpflichtet sein, einander in gewissem Masse abhängig von den Umständen des Einzelfalls über Tatsachen zu informieren, welche den Entscheid der Gegenpartei über den Vertragsabschluss oder die Bedingungen hierfür beeinflussen können 6. Zudem werden von der Freizeichnungsklausel nur Mängel erfasst, welche im Zeitpunkt des Nutzen- und Gefahrübergangs bereits tatsächlich vorhanden waren und die bei objektivierter Auslegung nicht völlig ausserhalb dessen lagen, womit ein Käufer vernünftigerweise rechnen musste 7. contrats spéciaux, 4. A., Genf/Zürich/Basel 2009, 13 N 891; Heinrich Honsell, in: Heinrich Honsell/Nedim Peter Vogt/ Wolfgang Wiegand (Hrsg.), Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht I, Art. 1 529 OR, 4. A., Basel 2007, Vor Art. 197 210 N 4; Rainer Schumacher/ Erich Rüegg, in: Alfred Koller (Hrsg.), Der Grundstückkauf, 2. A., Bern 2001, 5 N 131 und 309 (allerdings mit der Anmerkung, dass die Wegbedingung der Rechtsgewährleistung dem im allgemeinen Rechtsbewusstsein verwurzelten Prinzip der Vertragstreue zuwiderläuft und in sich widersprüchlich sei). 4 Art. 192 Abs. 3 und Art. 199 OR. In der Lehre ist umstritten, ob Art. 199 bzw. 192 Abs. 3 OR als lex specialis die Anwendung von Art. 100 Abs. 1 OR ausschliesst und das Bundesgericht liess diese Frage bis heute offen (vgl. hierzu u.a. Tercier/ Favre/ Zen-Ruffinen [FN 3], 13 N 905; BSK-Honsell [FN 3], Art. 199 N 1; Hans Giger, in: Arthur Meier-Hayoz (Hrsg.), Berner Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Bd. VI, 2. A., Bern 1979, Art. 199 OR N 6; Erich Rüegg, Wirksamkeit und Tragweite von Freizeichnungsklauseln in Grundstückkaufverträgen, in: Jusletter 4. Juli 2005, Rz. 6 f.; je m.w.h.). 5 Vgl. BGE 116 II 431 E. 3a, 434; 4C.16/2005 E. 1.5. 6 Vgl. BGE 106 II 346 E. 4a, 351; 116 II 431 E. 3a, 434; 4C.16/2005 E. 1.5. 7 Vgl. BGE 126 III 59 E. 4a, 67; 130 III 686 E. 4.3.1, 689; Schumacher/Rüegg (FN 3), 5 N 319, m.w.h. 8 BGE 126 III 59 E. 5, 67; 109 II 24 E. 4, 24. Wobei jedoch bei Zweifeln auch die Unklarheitenregel beizuziehen ist, d.h. derjenigen Bedeutung wird Vorrang gegeben, welche für den Verfasser der unklaren Bestimmung weniger günstig ist (vgl. Rainer Schumacher/Erich Rüegg [FN 3], 5 N 320). 9 Vgl. BGE 130 III 686 E. 4.3.1, 689; BSK-Honsell (FN 3), Art. 199 N 3; Hans Giger (FN 4), Art. 199 OR N 10; Derselbe, in: Heinz Hausheer (Hrsg.), Berner Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Band IV, Bern 1997, Art. 219 N 16 ff. 10 Z.B. betreffend unmittelbare gesetzliche Grundpfandrechte für Steuern und Abgaben, Einhaltung der Bauvorschriften oder Kostentragung bei Sanierung belasteter Standorte. 11 Vgl. Andreas Binder/Meinrad Vetter, Freizeichnung von Gewährleistungsansprüchen beim Grundstückkauf unter besonderer Berücksichtigung öffentlich-rechtlicher Normen, AJP/ PJA 6/2007, 687 ff. Allerdings bringt Karin Scherrer, Handlungs- und Kostentragungspflichten bei der Altlastensanierung, Diss. Bern 2005, 230, den Gedanken auf, dass im Bereich des Umweltrechts eine Wegbedingung der Gewährleistung mit Schadloshaltungsklausel zu Gunsten des Verkäufers nicht als widerrechtlich i.s.v. Art. 20 OR und damit als nichtig zu qualifizieren ist, da dadurch das Verursacherprinzip, ein Grundprinzip des Umweltrechts, ausgehöhlt wird. Geht man jedoch davon aus, dass es sich um geschäftsgewandte Parteien handelt, sollte die Überwälzung des Risikos entsprechend in die Preisfestlegung eingeflossen sein, so dass auch der Verkäufer indirekt (zumindest teilweise) die Kosten für eine Altlastensanierung trägt. 12 Vgl. BGE 130 III 686 E. 4.3.1, 689; Scherrer (FN 11), 217; Rüegg (FN 4), Rz. 8.

M a j a B a u m a n n 1272 tion die Wegbedingung von Gewährleistungen für Altlasten und anderen auf öffentlichrechtlichen Normen beruhenden Haftungen explizit aufzuführen. Bei einem rechtsgültigen Ausschluss der Gewährleistung des Käufers für auf öffentlichem Recht basierende Gewährleistungen stellt sich zudem die Frage, ob, wenn die Behörden Kosten aufgrund öffentlichrechtlicher Bestimmungen (wie beispielsweise Kosten für Altlastensanierungen) dem Verkäufer auferlegen, dieser beim Käufer hierfür zivilrechtlich Regress nehmen kann 13. Nach der hier vertretenen Auffassung berechtigt die Wegbedingung der Gewährleistung des Verkäufers allein nicht zum Regress, da sie nur die Haftung des Verkäufers ausschliesst für den Fall, dass der Käufer an Stelle des Verkäufers belangt werden sollte. Sollte also im Fall der Auferlegung von Kosten auf den Verkäufer dieser einen Anspruch haben, sich dafür am Käufer schadlos zu halten, so ist dies explizit und zusätzlich zur entsprechenden Gewährleistungswegbedingung zu regeln. V. In der Praxis relevante Gewährleistungen und Zusicherungen Je bedeutender der Immobilienkauf, desto detaillierter und mehr auf den Einzelfall zugeschnitten sind in der Regel auch die Gewährleistungen und Zusicherungen. Welche Gewährleistungen und Zusicherungen im Immobilienkaufvertrag enthalten sind, bestimmen neben den besonderen Anliegen und der Verhandlungsposition der Parteien insbesondere die spezifischen Eigenschaften des Kaufobjekts, wie beispielsweise das Alter, der Zustand und die Nutzweise von Bauten, und die Ergebnisse der Due Diligence. In der Praxis sind insbesondere die nachfolgend aufgeführten Gewährleistungen wesentlich: 1. Eigentum am Grundstück und beschränkte dingliche Rechte Grundsätzlich ergeben sich der Eigentümer des Grundstücks sowie der Bestand und die Inhaber beschränkter dinglicher Rechte daran aus dem Grundbuch. Soweit das eidgenössische Grundbuch, wie vom Gesetzgeber bei der Schaffung des ZGB beschlossen, eingeführt wurde, gilt das Prinzip des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs 14. Für die bis 13 Gem. dem Bundesgerichtsentscheid vom 9. Januar 1996, 1A.158/1995, E. 3.b.cc., auszugsweise abgedruckt in ZBl 98 (1997), 280 ff., schliesst die Auferlegung der Kosten durch eine Behörde nicht aus, dass der Belastete zivilrechtlich gegenüber einem Dritten Regress nimmt, sofern er glaubt, einen Anspruch darauf zu haben. 14 Art. 973 ZGB; vgl. auch Daniela Bänziger-Compagnoni, Die Öffentlichkeit des Grundbuches de lege lata rechtsvergleichend de lege ferenda, Diss. Zürich 1993, 11 ff.; Diezur Einführung des eidgenössischen Grundbuchs relevanten kantonalen Grundregister oder Grundprotokolle bzw. auf die kantonalen Übergangsregister findet das Prinzip des öffentlichen Glaubens nicht Anwendung, es sei denn, der Bundesrat genehmigte den Aufschub der Einführung des eidgenössischen Grundbuchs aufgrund genügender kantonaler Einrichtungen 15. In diesem Fall kommt den kantonalen Registern die Wirkung des eidgenössischen Grundbuchs zu 16. In anderen Kantonen, wie beispielsweise Zürich, wurde das eidgenössische Grundbuch noch nicht flächendeckend eingeführt 17 und besteht keine Genehmigung zum Aufschub durch den Bundesrat, so dass sich der Erwerber bei Grundstücken aus Gemeinden, bei denen das eidgenössische Grundbuch noch nicht eingeführt wurde, nicht auf das Prinzip des öffentlichen Glaubens verlassen kann. Insbesondere können vor dem 1. Januar 1912 18 entstandene Dienstbarkeiten oder andere beschränkte dingliche Rechte ohne Eintragung in den kantonalen Registern bestehen 19. Daneben besteht die Gefahr, dass nach dem Datum des durch die Käuferschaft geprüften Grundbuchauszugs noch Eintragungen im Grundbuch erfolgen. Um diesem Problem beizukommen, kann einerseits bei Grundbuchämtern, die auch das Amtsnotariat beherbergen, nochmals anlässlich der Unterzeichnung des Kaufvertrages der Grundbucheintrag (und, sofern möglich, auch das Tagebuch) vor Ort geprüft werden. Andererseits sind Gewährleistungen von Seiten des Verkäufers im Kaufvertrag anzubringen, dass er alleiniger und rechtmässiger Eigentümer des Grundstücks ist und dass mit Ausnahme der zum Zeitpunkt des geprüften Grundbuchauszugs bestehenden Grundpfandrechte, Grundlasten und Dienstbarkeiten keine weiteren beschränkten dinglichen Rechte am Grundstück bestehen. Da zudem Bauhandwerkerpfandrechte bis zu drei Monate nach Fertigstellung der Arbeiten im Grundbuch eingetragen werden können 20, ist eine Regelung betreffend Bauhandwerkerpfandrechte, die erst nach der Eigentumsübertragung eingetragen wurden, aber auf durch den Verkäufer (bzw. ter Zobl, Grundbuchrecht, 2. A., Zürich/Basel/Genf 2004, N 123 ff.; Pascal Simonius/Thomas Sutter, Schweizerisches Immobiliarsachenrecht, Basel/Frankfurt a.m. 1995, 8 N 60 ff.; je m.w.h. 15 Art. 46 Abs. 1 SchlT ZGB. 16 Art. 46 Abs. 1 SchlT ZGB; dies ist in den Kantonen Basel- Stadt, Genf, Neuenburg und Schwyz der Fall (vgl. Simonius/ Sutter [FN 14], 6 N 28). 17 Vgl. zum Stand der Einführung des eidgenössischen Grundbuchs im Kanton Zürich: <http://www.notariate.zh.ch/gru_all_ ein_sta.php> (zuletzt besucht am 23. Juli 2010). 18 Vgl. Art. 61 SchlT ZGB. 19 Ab Inkrafttreten des ZGB konnten solche Rechte nur noch gemäss den sachenrechtlichen Bestimmungen des ZGB und somit nicht mehr ohne Eintragung in den entsprechenden kantonalen Einrichtungen entstehen. 20 Art. 839 Abs. 2 ZGB.

1273 Mieter oder Pächter) zuvor in Auftrag gegebenen Arbeiten beruhen, im Kaufvertrag vorzusehen. 2. Gewährleistung für Altlasten Die Sanierung eines mit Altlasten belasteten Grundstücks bedeutet einen erheblichen Aufwand an Zeit und Kosten. Neben einer sorgfältigen Due Diligence betreffend mögliche Belastungen anhand von Auszügen aus dem Kataster der belasteten Standorte bzw. dem Altlastenverdachtsflächenkataster und Berichten zu umwelttechnischen Untersuchungen ist es daher besonders wichtig, diesen Punkt auch bei den Gewährleistungen eindeutig zu regeln. Einerseits kann festgehalten werden, welche Belastungen dem Käufer bekannt sind, was im Hinblick auf Art. 200 Abs. 1 OR Klarheit schafft 21. Andererseits kann die Kostentragung, insbesondere wenn bekannt ist, dass eine Altlastensanierung in absehbarer Zukunft notwendig sein wird, zwischen den Parteien geregelt werden. Dadurch werden die anfallenden finanziellen Belastungen für beide Parteien klar und können bei der Kaufpreisverhandlung entsprechend einfliessen. Welche Regelung hier sinnvoller ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Hat der Verkäufer beispielsweise die Vorbereitungsarbeiten für die Sanierung getätigt, macht es in der Regel mehr Sinn, wenn er auch die Sanierung durchführt und entsprechende Gewährleistungen gegenüber dem Käufer abgibt. 3. Mängel und Instandstellungsarbeiten Bei der Due Diligence grösserer Immobilien werden in der Regel verschiedene, grössere und kleinere, Mängel entdeckt. Durch eine entsprechende Auflistung als Anhang zum Vertrag kann festgehalten werden, welche Mängel dem Käufer beim Erwerb bekannt waren. Institutionelle Investoren als Käufer werden zudem wünschen, dass der Verkäufer eine Zusicherung abgibt, dass keine weiteren offenen oder versteckten Mängel als die aufgelisteten bestehen. Diese Zusicherung kann dahingehend modifiziert werden, dass der Verkäufer nur zusichert, keine Kenntnis von weiteren Mängeln zu haben, und/oder dass neben den aufgelisteten auch alle aus den Due Diligence Unterlagen hervorgehenden Mängel als dem Käufer bekannt gelten. In Bezug auf die aufgeführten Mängel können die Parteien zudem regeln, ob diese durch den Verkäufer auf eigene Kosten vor oder innerhalb einer bestimmten Zeit nach der Eigentumsübertragung zu beheben sind (was dieser entsprechend zusichert) oder ob der Käufer das Grundstück mit den 21 Vgl. hierzu auch den Hinweis auf die Pflicht zur Prüfung der kantonalen Altlasten-Kataster durch den Käufer in: Jörg Schmid, Gewährleistung beim Grundstückkauf Ausgewählte Fragen unter Berücksichtigung von Altlasten, in: ZBGR 81 (2000), 371. entsprechenden Mängeln übernimmt (was sich in der Regel entsprechend auf den Kaufpreis auswirken wird). Insbesondere wenn in Bezug auf einen Mangel noch Rechte gegenüber Dritten, namentlich Bauhandwerkern, bestehen, empfiehlt es sich in der Regel aufgrund der hier nicht weiter vertieften Problematik der Abtretung von Mängelrechten 22, dass der Verkäufer sich gegenüber dem Käufer verpflichtet, die Mängelbehebung vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen. 4. Mietverträge Unabhängig von der von professionellen Investoren antizipierten Haltedauer einer Immobilie stellen die aus der Immobilie erwirtschafteten Mieterträge in der Regel den wirtschaftlichen Kern des Investments dar. Dementsprechend hohe Bedeutung kommt den Mieteinnahmen beim Kaufentscheid zu. Die Gewährleistung betreffend Mietverträge enthält in der Regel als Hauptelement eine Zusicherung, dass die in einer an den Kaufvertrag anzuhängenden Liste aufgeführten Mietverträge zum Zeitpunkt der Eigentumsübertragung existieren, ungekündigt sind und in der Liste korrekt und vollständig wiedergegeben werden bzw. dass keine weiteren Mietverträge existieren. Je nach Verhandlungsposition und Interessenlage der Parteien werden auch Gewährleistungen betreffend die aktuellen Mietzinsen, die Bonität und Zahlungsmoral der Mieter, die Nebenkostenabrechnungen und/oder die Mietsicherheiten aufgenommen. Ebenso sind die im Rahmen der rechtlichen Due Diligence erlangten Erkenntnisse des Käufers gegebenenfalls entsprechend zu adressieren. Mietrechtsstreitigkeiten werden entweder in dieser Gewährleistungsbestimmung oder in derjenigen zu den Rechtsstreitigkeiten erfasst. 5. Konformität der Baute mit den anwendbaren Vorschriften und Bewilligungen Bei komplexen Bauten können die relevanten gesetzlichen Bestimmungen und Bewilligungsvorschriften und -auflagen mehrere Bundesordner füllen. Deren Überprüfung durch den Käufer bedeutet einen immensen Aufwand. Hat hingegen der Verkäufer den Bauprozess begleitet, so hat er sich mit diesen Vorschriften bereits detailliert auseinandergesetzt und sollte zudem allfällige behördliche Beanstandungen kennen. Dementsprechend kann es im Hinblick auf die eingangs besprochene Risikoallokation Sinn machen, dass der Verkäufer zusichert, dass die auf dem Kaufgrundstück errichteten Bauten (zumindest nach seiner Kenntnis) den anwendbaren öffentlich- und privatrechtlichen Vorschriften, inklusive den 22 Vgl. hierzu, statt vieler, Peter Gauch, Der Werkvertrag, 4. A., Zürich 1996, N 2437 ff.; Roger Brändli, Die Nachbesserung im Werkvertrag, Diss. Zürich 2007, N 1110 ff.

M a j a B a u m a n n 1274 Bestimmungen und Auflagen der Baubewilligung, entsprechen. Sofern bereits administrative Verfahren in dieser Hinsicht hängig sind, ist dies ebenfalls in dieser Bestimmung oder in der Gewährleistungsbestimmung zu Rechtsstreitigkeiten und administrativen Verfahren zu erfassen. 6. Nutzung des Kaufobjekts und Landreserven Die Gewährleistung des Verkäufers betreffend Nutzung des Kaufobjekts und Landreserven ist im Hinblick auf die Lex Koller 23 für ausländische Investoren von Relevanz. Neben der aktuellen Nutzung der Immobilie als Betriebsstättegrundstück im Sinne der Lex Koller 24 ist auch wichtig, dass das Grundstück keine im Sinne der Lex Koller relevanten Landreserven aufweist 25. Aufgrund der drastischen Konsequenzen bei Verletzung der Bewilligungspflicht unter der Lex Koller 26, ist auf diesen Punkt auch schon im Rahmen der Legal Due Diligence besonderes Augenmerk zu richten. 7. Rechtsstreitigkeiten und administrative Verfahren Neben den vorne bereits erwähnten Rechtsstreitigkeiten mit Mietern bzw. hängigen Verfahren bei Baubehörden werden im Rahmen dieser Gewährleistung in der Regel auch Zusicherungen betreffend Streitigkeiten mit Bauhandwerkern, nachbarrechtliche Verfahren und andere mit dem Kaufobjekt zusammenhängende Rechtsstreitigkeiten und Verfahren abgegeben. Der Umfang (z.b. auch bloss angedrohte Streitigkeiten) und allfällige Qualifizierungen der Gewährleistung (d.h. Beschränkung auf die dem Verkäufer bekannten Verfahren) werden auch hier aufgrund der Verhandlungen zwischen den Parteien bestimmt. 8. Steuern und Gebühren Neben der Regelung der Zuteilung der aufgrund des konkreten Rechtsgeschäftes anfallenden Steuern und Gebühren zu Lasten einer oder beider Parteien und der Festlegung des Verfahrens betreffend Mehrwertsteuer können auch Gewährleistungen zu Steuern und Gebühren in Grundstückkaufverträgen relevant sein. Hierbei wird von der Käuferschaft 23 Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG). 24 Siehe Art. 2 Abs. 2 lit. a BewG; Merkblatt des Bundesamtes für Justiz vom 1. Juli 2009 betreffend den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland, 5. 25 Siehe Art. 18a Abs. 1 lit. c Verordnung über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewV); Merkblatt des Bundesamtes für Justiz vom 1. Juli 2009 betreffend den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland, 5. 26 Siehe Art. 25 ff. BewG. in der Regel eine Zusicherung des Verkäufers verlangt, dass alle mit dem Kaufgrundstück zusammenhängenden (fälligen) Steuern und Gebühren vollumfänglich bezahlt sind. Beweggrund hierfür ist vor allem, dass in zahlreichen Kantonen gesetzliche Grundpfandrechte zur Sicherung der mit Grundstücken zusammenhängenden Steuern und/oder Gebühren bestehen. Im Grundstückkaufvertrag kann dies eventuell auch bei der Gewährleistung betreffend Unbelastetheit des Grundstücks adressiert werden, doch kann auch eine spezifische, umfassendere Gewährleistung zu Steuern und Gebühren sinnvoll sein. 9. Vollständigkeit und Korrektheit der Due Diligence Unterlagen Wie bei der vorhergehend beschriebenen Bestimmung handelt es sich bei der Gewährleistung zur Vollständigkeit und Korrektheit der Due Diligence Unterlagen um eine Standardklausel im Bereich der Unternehmensakquisitionen. Da auch bei Immobilienkäufen verschiedene Dokumente dem Käufer zur vorgängigen Prüfung vorgelegt und eine (mehr oder weniger umfangreiche) Due Diligence durchgeführt wird, auf welcher der Kaufentscheid beruht, ist diese Bestimmung auch bei Grundstückkaufverträgen von Relevanz. VI. 27 Siehe Art. 219 Abs. 3 OR; vgl. BSK-Honsell (FN 3), Art. 219 N 10. Wegbedingung weiterer Gewähr leistungen Um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, ist neben der Auflistung konkreter Gewährleistungen eine Regelung betreffend weitere Mängel der Kaufsache, welche sich nicht unter eine der konkreten Gewährleistungen subsumieren lassen, zu treffen. Vielfach werden alle weiteren Gewährleistungen wegbedungen. Denkbar wäre auch ein Verweis auf dispositives Recht betreffend dieser weiteren Gewährleistungen, abhängig von der Verhandlungsstärke der Parteien. VII. Vertragliche Bestimmungen zu Rügefrist und Verjährung Das Schweizer Obligationenrecht sieht bei Gewährleistungen für «Mängel eines Gebäudes» eine Verjährungsfrist von fünf Jahren ab Erwerb des Eigentums, d.h. ab Eintragung des neuen Eigentümers im Grundbuch, vor 27. Diese Frist gilt jedoch nicht nur für Mängel des Gebäudes, sondern für alle Rechts- und Sachmängel des Grundstücks und für sämtliche Zusicherungen betreffend das Grundstück, unabhängig da-

1275 von, ob das Grundstück bebaut ist oder nicht 28. Das Grundstück und das darauf stehende Gebäude sind gemäss gesetzlicher Regelung «sobald nach dem üblichen Geschäftsgang tunlich» zu prüfen und die entsprechende Mängelrüge ist danach unverzüglich bzw. bei verdeckten Mängeln sofort nach deren Entdeckung beim Verkäufer anzubringen 29. Obschon Art. 219 Abs. 3 OR nicht ausdrücklich auf die Möglichkeit anderslautender vertraglicher Regelung hinweist, kann gemäss herrschender Lehre und Praxis die fünfjährige Verjährungsfrist durch die Parteien sowohl verlängert als auch verkürzt werden, wobei jedoch eine Verlängerung nur bis zu maximal zehn Jahren zulässig sein soll 30. Gerade im Bereich der Altlasten erscheint jedoch eine solche Höchstgrenze für vertragliche Verlängerungen von Verjährungsfristen als nicht passend. Diese starre Grenze wird denn auch in der Literatur zu Recht kritisiert 31. Auch Art. 201 OR ist dispositiver Natur, so dass die Parteien die Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten modifizieren, verschärfen, mildern oder gar gänzlich wegbedingen können 32. So ist es namentlich möglich, klare Fristen für die Prüfung des Grundstücks und der Baute und die Erhebung einer Rüge nach Entdeckung eines Mangels festzusetzen, die Kontrolle des Kaufobjekts einem Dritten zu überlassen oder die Konsequenzen einer verspäteten Rüge abweichend vom Gesetzeswortlaut zu regeln. Durch längere Fristen kann beispielsweise erreicht werden, dass mehrere Rügen gemeinsam erhoben und abgearbeitet werden können, was für beide Parteien in der Regel einen Effizienzgewinn bedeutet. Die konkrete vertragliche Ausgestaltung der Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten hängt von der konkreten Liegenschaft sowie von den Bedürfnissen und der Verhandlungsmacht der Parteien ab. Jahren weiterentwickelt hat. Gerade bei grösseren, komplexen Grundstücken rechtfertigt sich der Aufwand für die Ausarbeitung und Verhandlung von auf den Einzelfall abgestimmten Gewährleistungen und Zusicherungen, da diese zu einer im Vergleich zu einer reinen Wegbedingung oder einer Haftung nach den Regeln des Gesetzes sachgerechteren Risikoallokation führt, was beiden Parteien zugute kommt. Anhand der konkreten Umstände bestimmt sich, welche Gewährleistungen in welcher Ausgestaltung bzw. mit welchen Qualifizierungen abgegeben werden. Die vorne aufgeführten Gewährleistungen sollen beispielhaft Möglichkeiten dieser auf den Einzelfall abgestimmten Regelungen aufzeigen. Eine Weiterentwicklung und Professionalisierung hinsichtlich Gewährleistungen, aber auch bei anderen Aspekten der Grundstückvertragsredaktion, in der Schweiz ist wünschbar und soll mit diesem Beitrag angeregt werden. VIII. Fazit In Anbetracht des Wertes und der Bedeutung von Immobilien in der Schweiz ist es beachtlich, wie wenig sich die Vertragsredaktion in diesem Bereich in den letzten fünfzehn 28 Vgl. BGE 104 II 265 E. 3, 270 (= Pra. 68 [1979] Nr. 45 E. 3, 125); Heinrich Honsell, Schweizerisches Obligationenrecht, Besonderer Teil, 8. A., Bern 2006, 174; BSK-Honsell (FN 3), Art. 219 N 10; Tercier/Favre/Zen-Ruffinen (FN 3), 16 N 1098; a.m.: Giger (FN 9), Art. 219 N 69 und N 79 ff.; und Schumacher/Rüegg (FN 2), 5 N 130 und 309 (betreffend Rechtsgewährleistung). 29 Siehe Art. 221 i.v.m. Art. 201 OR. 30 Vgl. BGE 99 II 185 E. 2a, 189; Giger (FN 9), Art. 219 N 95; Schumacher/Rüegg (FN 2), 5 N 301; BSK-Honsell (FN 3), Art. 210 N 5; Schmid (FN 21), 383. 31 Vgl. Schumacher/Rüegg (FN 2), 5 N 301; Schmid (FN 21), 383. 32 Vgl. BSK-Honsell (FN 3), Art. 201 N 13; Giger (FN 9), Art. 201 N 56 ff. Bien que l immobilier représente probablement le premier poste de richesse de la Suisse, les contrats usuels de vente immobilière en Suisse affichent une simplicité étonnante. Ce qui peut éventuellement convenir à la vente d une maison individuelle de moindre importance n est pas adapté à la vente de biens immobiliers plus grands et complexes entre parties qui agissent souvent à titre professionnel. Dans ce contexte, une professionnalisation ainsi que des dispositions plus détaillées et adaptées au cas concret sont donc une démarche importante, attendue depuis longtemps. Ainsi par exemple, des garanties qui tiennent compte du cas d espèce permettent de répartir les risques de manière appropriée et efficace, ce qui est dans l intérêt des deux parties. Le présent article présente à l aide d exemples concrets les possibilités offertes par ces dispositions de garantie adaptées au cas particulier. (trad. LT LAWTANK, Berne)