Gefährdungsanalyse für Veranstaltungen Prof. Dr.-Ing. H.W. Brenig Fachhochschule Köln Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr Nov. 2011; Bundesfachtagung
Ziel Sind Ansätze und Vorgehensweisen aus der Anlagensicherheit zur Erstellung von "Sicherheitsberichten" (BImSchG) und aus dem Baurecht zur Erstellung von "Brandschutzkonzepten" (MBO 2002) auf das "Schutzkonzept" ( 43 SBauVO) für die Veranstaltungssicherheit übertragbar? Definition von qualitativen/quantitativen Schutzzielen Anlagensicherheit (BImSchG, StörfallVO): Baurecht (Bauordnung, Sonderbau): Veranstaltungen (SBauVO): Sicherheitsbericht Brandschutzkonzept Sicherheitskonzept 2
Gliederung Risikomanagement bei Veranstaltungen Risikobegriff Gefahren/Szenarien * Anlagensicherheit * Brandschutz Gefährdungsanalyse für Veranstaltungen Fazit 3
Risikobewertung/Veranstaltungssicherheit "Wie sicher ist sicher genug? Die Frage nach einem akzeptablen Risiko stellt sich dann, wenn man zur Einsicht gelangt, dass keine absolute Sicherheit existiert. Bei der Durchführung von Veranstaltungen kann die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines künftigen Schadens nie mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden. Bei der Beurteilung der Akzeptabilität einer Gefahrensituation müssen neben objektiven Kriterien auch subjektive Faktoren der Risikowahrnehmung berücksichtigen werden. Somit gehört die Bestimmung eines akzeptablen/tolerierbaren Risikos in den als Risikomanagement bezeichneten gesellschaftspolitischen Prozess. 4
Risiko- bzw. Gefährdungsbeurteilung Die Grundlage aller sicherheitsrechtlichen Einschätzungen (behördenwie veranstalterseits) soll neben der Beurteilung aufgrund rechtlicher Vorgaben stets eine Risikobeurteilung sein. Die beiden maßgeblichen Faktoren in diesem Verfahren sind mögliche Schadensfälle und die Eintrittswahrscheinlichkeit dieser. Die Ergebnisse der Risikobeurteilung seitens des Veranstalters stellen die Grundlage seines Sicherheitskonzeptes dar... Quelle: Sicherheitsrechtliche Beurteilung und Vorbeugender Brand- und Gefahrenschutz bei Großveranstaltungen ; Eine Handreichung für Sicherheitsbehörden, Polizei und Brandschutzdienststellen; Landeshauptstadt München (2011) 5
Gliederung Risikomanagement bei Veranstaltungen Risikobegriff Gefahren/Szenarien * Anlagensicherheit * Brandschutz Gefährdungsanalyse für Veranstaltungen Fazit 6
Risiko Das Risiko sollte, wie von Blaise Pascal (1623-1662) gefordert, zu sowohl Wahrscheinlichkeit als auch Schadensausmaß proportional sein. Dies führt zu der in der Literatur üblichen Definition des Risikos R als Produkt von Wahrscheinlichkeit P und Schadensausmaß C. Dieses Produkt kann als Erwartungswert des Schadens als Folge eines Ereignisses aufgefasst werden und wird daher gelegentlich auch mit Schadenserwartung bezeichnet. R P C 7
(doppellogarithmische Darstellung) 8
Quelle: SFK-GS-41 9
Schutzziel Ein Schutzziel ist eine normative Festlegung, welche basierend auf qualitativen und quantitativen Werten allgemein den kritischen vom nicht kritischen Bereich im Rahmen der Risikobewertung trennt Toleranzgrenze Akzeptanzgrenze 10
Gliederung Risikomanagement bei Veranstaltungen Risikobegriff Gefahren/Szenarien * Anlagensicherheit * Brandschutz Gefährdungsanalyse für Veranstaltungen Fazit 11
Anlagensicherheit Zwölfte Verordnung zur Durchführung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes (Störfall-Verordnung - 12. BImSchV) 3 Betreiberpflichten (1) Der Betreiber hat die nach Art und Ausmaß der möglichen Gefahren erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um Störfälle zu verhindern... (2) Bei der Erfüllung der Pflicht nach Absatz 1 sind 1. betriebliche Gefahrenquellen, 2. umgebungsbedingte Gefahrenquellen, wie Erdbeben oder Hochwasser, und 3. Eingriffe Unbefugter zu berücksichtigen, es sei denn, dass diese Gefahrenquellen oder Eingriffe als Störfallursachen vernünftigerweise ausgeschlossen werden können. (3) Über Absatz 1 hinaus sind vorbeugend Maßnahmen zu treffen, um die Auswirkungen von Störfällen so gering wie möglich zu halten. 12
Betrachtung von auslösenden Ereignissen Mit einem Störfall braucht "vernünftigerweise" nicht mehr gerechnet zu werden, wenn ein Ereignis selten eintritt oder sich durch Einwirkungen von außen oder menschliches Versagen jeder Vorhersehbarkeit oder über statistische Wahrscheinlichkeitsaussagen hinausgehender Berechenbarkeit entzieht. Von einem "praktisch ausgeschlossenen" Ereignis kann dann die Rede sein, wenn seine Eintrittswahrscheinlichkeit so nahe bei Null liegt, dass der Abstand nur noch mathematisch ausdrückbar ist, in der Realität jedoch nicht mehr zum Tragen kommt. Hat ein Umstand in der Praxis bereits einmal zu einem Störfall geführt, so ist damit erwiesen, dass er als Störfallursache grundsätzlich in Betracht kommt. Ein solches Ereignis ist nicht lediglich durch eine Wahrscheinlichkeitsaussage darstellbar, sondern es ist in der Realität vorgekommen, es kann daher nicht mehr von vornherein als Störfallursache ausgeschlossen werden. Quelle: OVG Lüneburg, DVBl. 1984, 890 f. - Flüssiggasterminal 13
Quelle: SFK-GS-26 14
Gliederung Risikomanagement bei Veranstaltungen Risikobegriff Gefahren/Szenarien * Anlagensicherheit * Brandschutz Gefährdungsanalyse für Veranstaltungen Fazit 15
Brandschutzkonzept Quelle: Brandschutzleitfaden (BMVBW) 16
Bemessungsbrand-Szenarien (design-fire scenarios): Qualitative Beschreibung der Zündart und der weiteren möglichen Entwicklung des Feuers in einem Raum oder Gebäude. Zusätzliche Angaben betreffen Raum-Gebäude-Struktur, Ventilationsbedingungen, Einfluss Brandmelde-/ Sprinkleranlage, das Verhalten von Personen und Feuerwehrkräften. Bemessungsbrände (design-fires): Quantitative Beschreibung des möglichen Brandverlaufs in Form von zeitabhängigen spezifischen Parametern (Wärmefreisetzungsrate, Flammenhöhe, Rauchentwicklungsrate,..). In den meisten Fällen handelt es sich um brandlastgesteuerte Verbrennung mit unbeschränkter Luftzufuhr. Quelle: Bemessungsbrände für Brandsimulationen und Brandschutzkonzepte; VdS 2827 17
Gliederung Risikomanagement bei Veranstaltungen Risikobegriff Gefahren/Szenarien * Anlagensicherheit * Brandschutz Gefährdungsanalyse für Veranstaltungen Fazit 18
Risikobeurteilung (Gefährdungsanalyse) Quelle: ISO 31010 19
Risikobeurteilung (ISO 31010) 5.2 Risk identification Risk identification methods can include: evidence based methods, examples of which are check-lists and reviews of historical data systematic team approaches where a team of experts follow a systematic process to identify risks by means of a structured set of prompts or questions inductive reasoning techniques such as HAZOP. die ISO 31010 beschreibt 30 Verfahren zur Risikobeurteilung 20
Risikobeurteilung (Beispiele Checklisten) Sicherheitskonzepte für Versammlungsstätten Checkliste bzw. Inhaltsstichpunkte zur Aufstellung eines Sicherheitskonzeptes gemäß 43 MVStättV für Versammlungsstätten ARBEITSGEMEINSCHAFT DER LEITER DER BERUFSFEUERWEHREN In der Bundesrepublik Deutschland Sicherheitsrechtliche Beurteilung und Vorbeugender Brand- und Gefahrenschutz bei Großveranstaltungen Eine Handreichung für Sicherheitsbehörden, Polizei und Brandschutzdienststellen; Landeshauptstadt München (2011) 21
Fazit (1) Das Sicherheitskonzept ist die Dokumentation der Risikobeurteilung einer Veranstaltung durch den Betreiber/ Veranstalter Das Sicherheitskonzept bildet die Basis: für das Genehmigungsverfahren für die Fach- und Detailplanungen für die Information der Besucher (Auszug) 22
Fazit (2) Thesen zur Analogie zum Sicherheitsbericht/Brandschutzkonzept Mit dem Sicherheitskonzept wird der Nachweis geführt, dass vernünftigerweise nicht auszuschließende Ereignisse bzw. Szenarien mit ausreichender Zuverlässigkeit durch den Veranstalter beherrscht werden Mit dem Sicherheitskonzept wird der Nachweis geführt, dass für die "Dennoch Ereignisse" ausreichende Maßnahmen zur Begrenzung der Auswirkungen durch den Veranstalter getroffen wurden und die notwendigen Informationen für die externe Gefahrenabwehr bereit gestellt wurden 23
Prof. Dr.-Ing. H.W. Brenig Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr Fachhochschule Köln Tel.: 0221 8275-2209 E-mail: heinz_willi.brenig@fh-koeln.de 24