Die (Teil-)Privatisierung der Alterssicherung in Deutschland



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Transkript:

Pensionen: Fakten statt Panikmache! Die (Teil-)Privatisierung der Alterssicherung in Deutschland BR-Konferenz, Wien, 13.6.2016

Reformschritte der (Teil-)Privatisierung 2001 - Altersvermögensgesetz (AVmG/AVmEG) : - Beitragssatzziel in GRV (20% bis 2020 / 22% bis 2030) - Absenken des Rentenniveaus (netto nach Steuern von 70 auf etwa 64 Prozent in 2030) - Kompensation durch private und betriebliche Vorsorge (Teilprivatisierung - Riester-Rente ) 2004 - RV-Nachhaltigkeitsgesetz: - verschärfte Absenkung Rentenniveau (netto vor Steuern von 52,9 auf etwa 43 44 % in 2030) - Verhältnis Beitragszahlende zu Rentenbeziehende

Entwicklung Rentenniveau 56% 54% 52% 50% 48% 46% 44% 42% 2000 2001 2002 2003 Mindestsicherungsniveau 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 Eigene Darstellung Quelle / Grundlage: Rentenversicherung in Zeitreihen 2015 und Rentenversicherungsbericht 2015. Annahmen für Riester-Rente: - 4 Prozent verzinst - 10 Prozent Verwaltungskosten - Sparrate von 4 Prozent des Bruttolohns (ab 2008; davor steigend von 1 auf 4 Prozent) - Während Rentenbezug sinkt Sicherungsniveau weiter. Niveau mit Riester

Versprechen der Riester-Reform "So notwendig und schmerzlich es in der Vergangenheit war, darauf hinweisen zu müssen, dass die Sozialversicherungsrente allen den Lebensstandard nicht sichert... können wir heute sagen: Wer sich beteiligt und mitmacht, wird im Alter hinsichtlich seiner Gesamtversorgung deutlich besser stehen. Das wollten und werden wir erreichen." Walter Riester, damaliger Bundesarbeitsminister und früherer zweiter Vorsitzender der IG Metall Bundestagsdebatte am 26.1.2001 (nach Plenarprotokoll auf Bundestagsdrucksache 14/147, Seite 14428ff.)

Tatsächliche Riester-Verträge und Förderung Angaben für das Jahr 2012 (jüngere Jahre nur unvollständige Daten) Anzahl Verträge 1) 15.781.000 geförderte Personen 2) Zulagen und/oder steuerliche Förderung 10.810.000 nur steuerliche Förderung 165.000 Zulagenempfänger 10.645.000 Personen mit annähernd Soll-Sparquote 3) rund 6.600.000 darunter Personen mit voller Zulage Rund 5.870.000 Personen die exakt Sockelbetrag von 60 zahlen 4) rund 1.200.000 1) BMAS 2016: Entwicklung der Riester-Verträge; enthalten sind ruhendgestellte und in Auszahlung befindliche Verträge http://www.bmas.de/de/themen/rente/zusaetzliche-altersvorsorge/statistik-zusaetzliche-altersvorsorge.html 2) Angaben der DRV Bund. Noch teilweise vorläufig (fehlen nur wenige Datensätze) 3) Personen die wenigstens 90 Prozent der Grundzulage erhalten; also mind. 3,6% ihres Bruttolohns (inkl. Zulagen) gespart haben (aber mindestens 54 Euro p.a. Mindesteigenbeitrag geleistet haben); Zahlen der DRV Bund 4) Sockelbetrag von 60 Euro muss mind. geleistet werden um volle Zulagen zu bekommen (große Teilidentität mit der Gruppe Pensionen: annährend Fakten Soll-Sparquote ). statt Panikmache!, Annelie nicht öffentliche Buntenbach, Zahlen Bundesvorstand der DRV des Bund. DGB, 13.6.2016

Haushalte mit niedrigem Einkommen Riestern seltener

Fazit Private Vorsorge kann Versorgungslücke nicht schließen: Zu geringe Verbreitung Förderung trifft die Falschen Hohe Verwaltungskosten und schlechte Renditen Regelmäßig nur Altersrente Erwerbsminderung und Tod nicht abgesichert Während der Auszahlungsphase regelmäßig keine Dynamisierung Sozialpolitische Folge: Höhere Beitragslast und mehr Risiken für die Beschäftigten Handlungsalternativen -> Stärkung der GRV und/oder der betrieblichen AV

Gesetzliche Rente nach 40 Beitragsjahren Beruf und Branche Wochenstunden Altenpflegehelfer/-in, öffentlicher Dienst Krankenschwester/- pfleger, öffentlicher Dienst Chemikant/-in, chemische Industrie Einzelhandelskaufmann/- frau, Einzelhandel Bundesland / Gebiet Lohn Rentenhöhe bei Rentenniveau von: 47,5% (heute) ~44% (2030) 52,9% (2000) West 39 h 2.311 829 765 968 West 38,5 h 2.741 983 907 1.148 Nordrhein 37,5 h 3.081 1.105 1.019 1.290 NRW 37,5 h 2.206 791 730 923 Fischverpacker/-in Cuxhaven 38 h 1.696 608 561 710 Gebäudeinnenreiniger/-in Industriekaufmann/-frau, Süßwarenindustrie Verkäufer/-in, Einzelhandel West inkl. Berlin 39 h 1.709 613 566 716 BaWü 38 h 2.673 959 884 1.120 NRW 37,5 h 2.105 755 697 882

DGB-Modell Stabilisierung des Rentenniveaus ist schon innerhalb der politisch gesetzten Beitragssatzziele machbar! Beitragssatz in % 21,2% 21,7% 22,0% 47,4% Nettorentenniveau vor Steuern in % 47,3% 47,7% 20,7% 20,2% 19,7% 19,2% 18,7% 44,1% 2015 2020 2025 2030 geltendes Recht DGB-Modell 2015 2020 2025 2030 geltendes Recht DGB-Modell Entwicklung bei vollständiger Erstattung der Mütterrente aus Steuermitteln, Festschreibung eines Rentenniveaus von 47,7 % und jährlicher Steigerung des Beitragssatzes auf 22 % in Schritten eines halben Prozentpunktes. (Quelle: Interne Berechnungen der DRV Bund, Juli 2015)

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! Annelie Buntenbach DGB Bundesvorstand Kontakt: Büroleiter André Schönewolf Henriette-Herz-Platz 2 10178 Berlin Telefon (+49) (0) 30/ 24060 610 Mobil (+49) (0) 160 / 88 39 648 E-Mail andre.schoenewolf@dgb.de