Grundlagen der Mediation



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Grundlagen der Mediation Übersicht 1. Begriffsklärung 2. Anwendungsfelder 3. Ziele 4. Konfliktformen 5. Kreativität 6. Ein Prozess mit sechs Phasen 7. Literaturverzeichnis 1

1. Begriffsklärung lat.: mediazion = Vermittlung Mediation ist ein außergerichtliches Verfahren der Streitbeilegung durch Mediatoren. 2. Anwendungsfelder Rechtspflege Politik Wirtschaft und Arbeitswelt Umweltfragen Familienrecht Schule Je nach Inhaltsfeld gibt es unterschiedliche Mediationsverfahren. 2

3. Ziele nachhaltige Bereinigung des Konflikts durch Aufdeckung der Tiefenstruktur (statt rasche Beilegung des Problems) Erwerb generalisierbarer Kompetenzen, Erwerb neuer Einsichten über sich selbst und weisere Betrachtung von Problemen Leitgedanke der Mediation: Konsensfindung und autonome Übereinkunft der Konfliktparteien 4. Konfliktformen man unterscheidet: - intrapsychische (persönliche) Konflikte - intersubjektive (soziale) Konflikte (Konfliktgegener können natürliche und juristische Personen sein) 3

4.1 Konfliktanlass a) Unvereinbarkeit von Zielen (können objektiv und subjektiv sein) b) Beeinträchtigungen und Bedrohungen c) Vermutete Absicht und Verantwortlichkeit 4.2. Unvereinbarkeiten als Problem Nicht alle Unvereinbarkeiten nehmen wir als Problem wahr. Probleme entstehen erst dann, wenn eigene Anliegen (z.b. Besitz, Sozialprestige, Autonomie, Gesundheit etc.) betroffen sind. Meist liegt eine gegenseitige Beeinträchtigung, Bedrohung oder Verletzung vor. 4

4.2.1 Was ist ein Problem? - Problemtyp 1: Es besteht eine Differenz zwischen aktuellem Ist- und erwünschtem Sollzustand. - Problemtyp 2: Man ist zwar unzufrieden mit dem Ist-Zustand, es fehlen aber klare Soll- oder Zielvorstellungen. - Problemtyp 3: Der (erwünschte) Ist-Zustand wird gefährdet oder bedroht. 4.2.2 Probleme durch soziale Konflikte sind gegeben, wenn ein Subjekt eines seiner Anliegen durch andere beeinträchtigt sieht. Diese Beeinträchtigungen können durch - Behinderungen - Verweigerungen - Nötigungen - Bedrohungen gegeben sein. 5

4.3 Die Struktur von Konflikten a) Konkurrenz um dasselbe Ziel b) Unvereinbarkeit verschiedener Anliegen c) Oberflächen- und Tiefenstrukturen von Konflikten d) Nicht anwesende Dritte 4.4 Konfliktinhalte a) Sachinhalte b) Glaubensinhalte (kulturell/ethnische, religiöse, ideologische etc.) c) Wertüberzeugungen und Interessen d) Wertorientierungen e) Eigeninteressen f) Ansprüche g) Normen h) Beziehungskonflikte (drei unterschiedliche Bedeutungen ) Konflikte sind auch zwischen verschiedenen Kategorien möglich! 6

4.5 Gemachte Konflikte Konflikte, die bewusst herbeigeführt oder in Kauf genommen werden. Dies kann z.b. sein - eine Strategie zur Durchsetzung eigener Interessen, - die Verteidigung des Sozialstatus, - eine Strafe für ein Fehlverhalten - ein Akt der Selbstbehauptung oder Gesichtswahrung etc. 4.6 Konflikte als Entwicklungschancen Konflikte können führen zu: - Selbsterkenntnis - Verbesserung der Fähigkeit zur Rollen- und Perspektivenübernahme - Erwerb neuer Kompetenzen - Zugewinn von Weisheit - Nachhaltige Gewinne (für künftige Konflikte) 7

4.7 Empirische Konfliktforschung Die experimentelle Konfliktforschung ist seit den 60er Jahren von der Spieltheorie beeinflusst. In den Spielen werden spezifische soziale Dilemmasituationen dargestellt, indem der soziale Austausch drastisch gesenkt wird. Der Spieler muss seine eigenen Züge als Antwort auf oder in Erwartung von Zügen der Gegenspieler entscheiden. In diesen Spielen wird da man davon ausgeht, dass jeder gewinnen will auch soziale Konflikte simuliert. 4.7 Empirische Konfliktforschung Experimentelle Paradigmen a) Preisverhandlungen b) Das Gefangenendilemma c) Allmendeklemme Untersucht wird nur die Entscheidungssituation, nicht die Konflikte, die entstehen. 8

4.8 Grenzen der experimentellen Konfliktforschung Bei den Experimenten ist die ökologische Validität (= Gültigkeit) fraglich, denn sie repräsentieren nur Bruchteile realer Konflikte. 5. Kreativität - meint die Fähigkeit, to produce work that is both novel [ ]] and appropriate [ ] (Sternberg & Lubart,, 1999, p. 3). - ist abzugrenzen von Intelligenz und Problemlösen - Unterscheide: Kreativität als Disposition (= Persönlichkeitseigenschaft) Kreativität als Zustandsvariable (Förderung durch sog. Kreativitätstechniken möglich) 9

5.1 Kreativität in der Mediation ist notwendig, um - das Problem auf alternative Weise zu rekonstruieren - Barrieren zwischen Ist- und Soll-Zustand zu erkennen und zu überwinden - Strategien zur Lösungsfindung und bewertung anzuwenden, die den verengten Lösungsraum erweitern und so bislang nicht erkannte Lösungsalternativen in Betracht zu ziehen - förderliche Faktoren (wie personale oder situative Ressourcen) zur Lösung auszumachen 5.2 Voraussetzungen Um Kreativitätstechniken anwenden zu können, müssen bestimmte personale und situative Voraussetzungen geschaffen werden: - Förderung der intrinsischen (inneren) Motivation - Schaffung einer positiven Gruppenatmosphäre durch angenehme Rahmenbedingungen - Einhaltung eines klaren Regelwerks 10

5.3 Kreativitätstechniken a) Assoziationstechniken - Brainstorming - Brainwriting - Mindmapping 5.3 Kreativitätstechniken b) Methoden der Bedingungsvariation meint das Aufbrechen alter Denkmuster und Generieren weiterer Ideen durch die Aufnahme bislang nicht beachteter Informationen und die neue Anordnung bekannter Informationen. bekannteste Technik: Osbornsche Checklisten (Osborn,, 1963) 11

5.3 Kreativitätstechniken c) Analogietechniken Förderung kreativer Prozesse über Analogien oder bildhafte Vorstellungen. 5.3 Kreativitätstechniken d) Reizwortmethoden Methode der Zufallsanregung spielt in der Praxis kaum eine Rolle 12

5.3 Kreativitätstechniken e) Komplexe Kreativitätsmethoden Sie integrieren verschiedene Techniken der Ideengenerierung und ihrer anschließenden Bewertung. z.b.: SIL Methode (Sukzessive Integration von Lösungselementen) 6. Ein Prozess mit sechs Phasen I. Vorbereitung II. Probleme erfassen und analysieren III. Konfliktanalyse IV. Konflikte und Probleme bearbeiten V. Mediationsvereinbarung VI. Evaluation und Follow up 13

zu I. Vorbereitung 1. Orientieren 2. Parteien zusammenstellen 3. Ziele klären 4. Rechtsbelehrung 5. Regeln festlegen 6. Rahmenbedingungen klären 7. Vertrag abschließen zu II. Probleme erfassen und analysieren 8. Probleme artikulieren 9. Probleme analysieren 10. Erhoffte Gewinne durch den Konflikt klären 14

zu III. Konfliktanalyse 11. Tiefenstrukturen aufdecken 12. Bedingungen des Konflikts aufdecken zu IV. Konflikte und Probleme bearbeiten 13. Lösungsoptionen generieren 14. Anliegen bewusst machen 15. Reflexion der Anliegen Dritter 16. Bewertung der Optionen 15

zu V. Mediationsvereinbarung 17. Lösung auswählen und umsetzen 18. Kontrolle der Implementation festlegen 19. Einigung vertraglich festlegen zu VI. Evaluation und Follow-up 20. Lösungsumsetzung kontrollieren 21. Summative Evaluation 16

7. Literaturverzeichnis Montada,, L. / Kals,, E. (2001): Mediation: Lehrbuch für Psychologen und Juristen. 1. Aufl. Weinheim: Beltz 17