Ein flexibles Gerät zur Tätigkeitskodierung per Beobachtung Anforderungen und Ergebnisse einer Erprobung



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Transkript:

GfA, Dortmund (Hrsg.) VerANTWORTung für die Arbeit der Zukunft Beitrag B.1.12 1 Ein flexibles Gerät zur Tätigkeitskodierung per Beobachtung Anforderungen und Ergebnisse einer Erprobung Markus KOPPENBORG, Andy LUNGFIEL, Birgit NABER, Peter NICKEL, Michael HUELKE Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA), Alte Heerstraße 111, D-53757 Sankt Augustin Kurzfassung: Im Rahmen von Tätigkeitsanalysen können Häufigkeit, Dauer und Ablauf von Arbeitstätigkeiten, sowie Bedingungsvariablen per Beobachtung erfasst werden. Hierbei kann ein geeignetes Aufnahmegerät die Datenerfassung erleichtern, so denn es gewissen Anforderungen genügt. Im Beitrag werden einige dieser Anforderungen beschrieben und ein entsprechendes Aufnahmegerät vorgestellt, das am Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) erstellt wurde. Dieses zeichnet sich besonders durch seine flexible Gestaltungsmöglichkeiten und universelle Einsetzbarkeit aus. Das Gerät wurde in einer Pilotstudie eingesetzt, um Arbeitstätigkeiten auf einer Baustelle per Beobachtung zu kodieren. Diese Kodierung wurde anschließend mit der Kodierung einer Videoaufzeichnung derselben Situation durch dieselbe Person verglichen. Anhand einer Intra-Rater-Reliabilitätsanalyse wird die Übereinstimmung zwischen beiden Erhebungen ermittelt, und so die Eignung der Person mit dem Gerät abgeschätzt. Die zugehörige Software kann von den Autoren kostenlos bezogen werden. Schlüsselwörter: Tätigkeitsanalyse, Beobachtungssoftware, Reliabilitätsanalyse 1. Einführung Tätigkeitsanalysen sind in der Arbeitswissenschaft eine weit verbreitete Analysemethode, anhand derer sich Häufigkeiten, Bearbeitungszeiten, sowie Abläufe bestimmter Arbeitstätigkeiten und Bedingungsvariablen darstellen lassen. Diese Werte können unter anderem dazu genutzt werden, um Arbeitsprozesse zu optimieren, Belastungsfaktoren zu erfassen, Produkte und Arbeitsmittel hinsichtlich ihrer ergonomischen Gestaltung zu bewerten oder um Gefährdungen zu erfassen (Kannheiser 2006). Für die Gewinnung der Daten eignen sich unterschiedliche Methoden, z.b. Befragungen, automatisiertes Logging bei computergestützten Tätigkeiten, oder Videoanalysen, wobei jedoch eine Erfassung per Beobachtung für viele Anwendungen vorzuziehen ist. Zum Beispiel ist hierbei vorteilhaft, dass die Beobachtungsperson einen Überblick über die gesamte Arbeitssituation behält und relevante Ereignisse erfassen kann. Für ein Projekt zur Untersuchung von Arbeitstätigkeiten mit Hydraulikbaggern (Koppenborg et al. 2014) sollten u.a. solche Baggerbewegungen erfasst werden, die zu Kollisionen mit Personen oder Objekten auf der Baustelle führen und damit als Gefährdung eingeschätzt werden können. Die Datenerfassung sollte per direkter Beobachtung im regulären Arbeitsbetrieb auf Baustellen stattfinden. Erforderlich für eine genaue und umfassende Datenerfassung war ein geeigneter Aufnahmeapparat, der

GfA, Dortmund (Hrsg.) VerANTWORTung für die Arbeit der Zukunft Beitrag B.1.12 2 einer Beobachtungsperson ermöglicht, vorab definierte Tätigkeitskategorien zu kodieren. Aus diesem Grund wurde eine Recherche zu kommerzieller Beobachtungssoftware durchgeführt. Diese Programme erfüllten jedoch nicht alle Anforderungen, die sich aus dem Projekt ergaben, wie z.b. die Möglichkeit Arbeitstätigkeiten mobil zu kodieren und die grafische Darstellung der Kategorien frei einstellen zu können. Daher wurde am Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) ein entsprechendes Aufnahmegerät erstellt. Aufgrund seiner Eigenschaften ist sein Einsatz neben dem genannten Projekt auch für eine Vielzahl anderer Anwendungen denkbar. Für den Beitrag wird eine Auswahl an relevanten Anforderungen herausgegriffen und aufgelistet. Außerdem werden das Aufnahmegerät und Ergebnisse einer Erprobung vorgestellt. 2. Anforderungen an Hardware und Software Für das oben erwähnte Projekt sollte die Hardware folgenden Anforderungen genügen: - Die Mobilität der Beobachtungsperson ist wenig eingeschränkt. - Es kann eine möglichst große Anzahl an Kategorien grafisch dargestellt werden. - Die Hardware ist möglichst vielseitig einsetzbar und verfügt über eine Akku- Laufzeit von acht Stunden. - Latenzzeiten zwischen Beobachtung und Kodierung sollten gering ausfallen. In Bezug auf die Software wurde als grundsätzliches Merkmal eine Benutzungsoberfläche mit Schaltflächen (Buttons) gewählt, welche den zu definierenden Tätigkeiten entsprechen. Darüber hinaus sollte das Programm den folgenden Anforderungen genügen: - Größe der Oberfläche, sowie Größe, Form, Anordnung und Beschriftung der Buttons sind flexibel anpassbar, um diese den Anforderungen der Beobachtungsperson, dem Analysezweck und der Arbeitsumgebung anpassen zu können. - Die Zuordnung beobachteter Tätigkeiten zu Buttons kann durch die Einbindung von Grafiken erleichtert werden. Dies trifft sowohl für den Hintergrund der Oberfläche zu (z.b. um den ganzen Arbeitsplatz darzustellen) als auch für einzelne Buttons (z.b. um Tätigkeiten oder Werkzeuge zu illustrieren). - Es können Gruppen sich gegenseitig ausschließender Tätigkeiten gebildet werden. - Die gewonnenen Daten werden mit Zeitstempel und Kategorienname gespeichert und können mit gängigen Programmen weiterverarbeitet werden. - Die Kodierung wird durch ein visuelles und auditives Feedback erleichtert; das Feedback wird bei Betätigen der Buttons generiert und ist ebenfalls flexibel anpassbar. - Das Programm sendet bei Betätigen der Buttons einen definierbaren Tastenbefehl. (Diese Anforderung war relevant, da das Programm anfangs im Sinne einer Ergänzung als Oberfläche zur Software Observer XT der Firma Noldus (Wageningen, NL) eingesetzt werden sollte. Somit konnte die Kodiertätigkeit mit dem Programm, die Datenverarbeitung hingegen mit Observer XT durchgeführt werden. Dieser Punkt könnte für andere Anwendungen weniger relevant sein).

GfA, Dortmund (Hrsg.) VerANTWORTung für die Arbeit der Zukunft Beitrag B.1.12 3 3. Methode Um zu überprüfen, in wie weit das Aufnahmegerät eine genaue Kodierung ermöglicht, wurde es als Tablet-Computer mit Touchscreen-Funktion auf einer Baustelle im regulären Arbeitsbetrieb erprobt, indem Arbeitstätigkeiten mit einem Bagger erfasst wurden. Da hier viele und rasch wechselnde Tätigkeiten in einem dynamischen Kontext zu erwarten waren, sollte eine Auswahl solcher Tätigkeiten getroffen werden, die für den Untersuchungszweck zielführend wären. Hierfür wurden ausgehend von einer Aufgabenanalyse (Koppenborg et al. 2014) zehn Tätigkeitskategorien für die Arbeit mit Baggern definiert. Diese bildeten typische Baggerbewegungen und typische Abschnitte eines Arbeitstages (Pausen, Vorbereitungen, Wartezeiten, etc.) ab. Es wurde sichergestellt, dass die Beobachtungsperson ein eindeutiges Verständnis der Bewertungskriterien hat. Außerdem wurde die Kodierungstätigkeit im Vorfeld für etwa 10 Stunden trainiert. Die Oberfläche des Programms war so eingestellt, dass Beginn und Ende jeder Tätigkeitskategorie erfasst werden konnten. Somit war es möglich, Häufigkeit, Zeitpunkt, sowie Dauer der Tätigkeiten zu ermitteln. Ein Button diente zur Markierung von Fehleingaben, bei denen zwar korrekt beobachtet, aber versehentlich falsch kodiert wurde. Mit Hilfe dieser Markierung wurden diese fehlerhaften Kodierungen nachträglich korrigiert. In einem weiteren Schritt sollten die erhobenen Daten mit einer Referenz verglichen werden, um die Genauigkeit der Erfassung zu ermitteln und damit die Eignung des Geräts einzuschätzen. Daher wurde nach der direkten Beobachtung derselbe Zeitabschnitt mit denselben Tätigkeitskategorien von derselben Person von einer Videoaufzeichnung kodiert. Das aufgezeichnete Video bildete die interessierenden Arbeitstätigkeiten stets gut ab. Die Kodierung erfolgte hier per Computer-Tastatur. Danach wurde per Sichtung sichergestellt, dass bei dieser Kodierung alle gezeigten Tätigkeiten, die einer Kategorie entsprechen, auch kodiert wurden. Daraufhin wurden die Daten der direkten Beobachtung mit jenen der Videokodierung in einer Intra- Rater-Reliabilitätsanalyse verglichen. Übereinstimmungen zwischen direkter Beobachtung und Videoanalyse in Prozent wurden in vier Varianten durchgeführt: in Bezug auf die Häufigkeit, sowie die Dauer der Arbeitstätigkeit, jeweils mit und ohne Berücksichtigung des genauen Zeitpunktes der Kodierung. Cohens Kappa wurde als statistischer Kennwert für die Übereinstimmung berechnet (Jansen et al. 2003). 4. Ergebnisse 4.1 Aufnahmegerät In Bezug auf die Hardware wurde ein leicht zu tragender Tablet-PC mit 10,1 Zoll Touch-Bildschirm, Microsoft Windows 7 als Betriebssystem und einer Auflösung von 1366 mal 768 Pixeln gewählt. Im erstellten Programm sind die oben erwähnten Anforderungen über eine Microsoft Excel -Tabelle einstellbar und variierbar, sodass es für viele Anwendungen anpassbar ist. Abbildung 1 zeigt den Tablet-PC und eine Gestaltungsmöglichkeit der Benutzungsoberfläche, wie sie für das oben erwähnte Projekt eingesetzt wurde. Bild- und Tondateien können frei gewählt werden um die Kodierung zu unterstützen. Die Oberfläche ist nach dem Start immer im Vordergrund, sodass bei entsprechend eingestellter Größe parallel andere Programme bearbeitet werden können, ohne dass dies die Datenerfassung einschränken würde. Das Programm speichert alle Button-Betätigungen mit einem frei wählbaren Kategorienname

GfA, Dortmund (Hrsg.) VerANTWORTung für die Arbeit der Zukunft Beitrag B.1.12 4 mit Datum und Zeitstempel in einer Textdatei. Außerdem sendet es bei Betätigung eines Buttons einen frei definierbaren Tastenbefehl. Somit ist das Programm eine sinnvolle Ergänzung zu anderen Beobachtungsprogrammen, falls diese eine anpassbare Benutzungsoberfläche nicht bieten und dies aber erwünscht ist. Abbildung 1: Tablet-PC und Ausschnitt der Benutzungsoberfläche, wie sie für die Erfassung von Arbeitstätigkeiten mit einem Hydraulikbagger erstellt wurden. Alle grafischen Parameter sind frei definierbar. 4.2 Güte der Tätigkeitserfassung Innerhalb des Beobachtungszeitraums von zwei Stunden wurden die oben genannten Tätigkeitskategorien in der Videokodierung insgesamt 631 Mal kodiert, davon 47 Fahr- und 564 Schwenkbewegungen. Die Ergebnisse der Reliabilitätsanalyse mit sechs Vergleichsmethoden und κ (Kappa) als Kennwert für die Übereinstimmung werden in Tabelle 1 aufgeführt. Es zeigt sich, dass per direkter Beobachtung mit dem Aufnahmegerät 90,4% der per Videoanalyse erhobenen Tätigkeiten erfasst werden konnte, während die Dauer jener Tätigkeiten zu 96,4% erfasst wurde (Vergleichsmethode a. und b.). Bei diesen beiden Vergleichen werden allerdings nicht die Zeitpunkte der Kodierung berücksichtigt. Unter Berücksichtigung des Zeitpunkts der Tätigkeiten zeigt sich, dass (innerhalb eines Toleranzbereichs von 1 s) mit dem Gerät 87,1% der per Videoanalyse erfassten Tätigkeiten auch per direkter Beobachtung erfasst wurden (Vergleichsmethode c.), während es beim Vergleich der Dauer zu einer Überschneidung von 98,2% kommt (Vergleichsmethode d.). Cohens Kappa weist für die vier Analysen Werte zwischen 0,84 und 0,98 mit p< 0,001 auf. 5. Diskussion Zur Untersuchung von Arbeitstätigkeiten mit Baggern sollten solche Baggerbewegungen erfasst werden, die eine Gefährdung für Personen darstellen könnten. Hierfür wurde ein Aufnahmegerät gemäß der oben beschriebenen Anforderungen erstellt und in einer Pilotstudie erprobt. Bei dem Gerät sind besonders die vielfältigen Anpassungsmöglichkeiten hervorzuheben, die eine Anwendung für eine Vielzahl an Fragestellungen in unterschiedlichen Arbeitsumgebungen möglich machen.

GfA, Dortmund (Hrsg.) VerANTWORTung für die Arbeit der Zukunft Beitrag B.1.12 5 Tabelle 1: Ergebnisse der Reliabilitätsanalyse (videogestützte im Vergleich zu direkter Beobachtung) Vergleichsmethode Übereinstimmung κ p a. Häufigkeit (gesamt) 90,4% 0,85 0,00 b. Dauer (gesamt) 96,4% 0,95 0,00 c. Häufigkeit (Überschneidung)* 87,1 % 0,84 0,00 d. Dauer (Überschneidung)* 98,2% 0,98 0,00 Anmerkung: *) Bei diesen Vergleichen wurde der genaue Zeitpunkt innerhalb eines Toleranzbereichs von 1 s berücksichtigt. Bei den 631 Tätigkeiten, die während der zwei Stunden kodiert wurden, handelte es sich zum Großteil um Fahr- und Schwenkbewegungen des Baggers, welche im Einzelnen weniger als 10 Sekunden dauerten. Für eine Einschätzung der Exposition durch gefährdende Baggerbewegungen erscheint das Aufnahmegerät damit zunächst geeignet. Zur genaueren Beurteilung wurde die Übereinstimmung zwischen videogestützter und direkter Beobachtung mittels Intra-Rater-Reliabilitätsanalyse ermittelt. Bei Betrachtung der prozentualen Angaben zeigt sich, dass rund 90% aller gezeigten Tätigkeiten per direkter Beobachtung erfasst werden konnten. Diese Abweichung von 10% macht 3,6% der Dauer der Tätigkeiten aus (Vergleichsmethode b. in Tabelle 1). Unter Berücksichtigung der genauen Start- und Endzeiten der Tätigkeiten macht diese Ungenauigkeit etwa 1,8% der Dauer der gezeigten Tätigkeiten aus (Vergleichsmethode d. in Tabelle 1). Somit konnte die Beobachtungsperson mit dem Aufnahmegerät die Dauer der ausgewählten Tätigkeiten mit einer vergleichsweise hohen Genauigkeit erfassen. In Studien zu Expositionen, Gefährdungen oder Belastungsfaktoren können solche Werte sinnvoll eingesetzt werden. Häufigkeiten wurden hingegen mit einer größeren Ungenauigkeit erfasst. Für Untersuchungen, die eine Einschätzung der Häufigkeiten erfordern erscheint das Aufnahmegerät daher eingeschränkt geeignet. Nicht untersucht wurde, wie genau sich Abläufe einzelner Tätigkeiten erfassen lassen. Für Untersuchungen, bei denen der exakte Zeitpunkt der Tätigkeit ausschlaggebend ist, könnte das Aufnahmegerät für eine erste Einschätzung herangezogen und eine anschließend präzisere Analyse per Video durchgeführt werden. Bei Betrachtung des statistischen Kennwerts für die Übereinstimmung κ ergibt sich für jede der vier Analysen eine gute Übereinstimmung (Greve & Wentura 1997). Dabei sollte jedoch erwähnt werden, dass dieser Wert nicht eindeutig auf die Eignung der Person mit dem Aufnahmegerät hinweist, da er von weiteren Faktoren beeinflusst wird. So wurde für den Vergleich zwischen direkter und videogestützter Beobachtung ein Ausschnitt einer Arbeitsschicht von nur zwei Stunden herangezogen. Dies und die Tatsache, dass Beobachtungsergebnisse von nur einer Person berücksichtigt wurden, schränken den Kennwert in seiner Eindeutigkeit und Aussagekraft ein. Andererseits war die Häufigkeit der erfassten Tätigkeiten relativ hoch und ihre Dauer relativ kurz. Es ließe sich argumentieren, dass die Beobachtungsperson mit dem Gerät zu noch besseren Ergebnissen kommt, wenn seltener auftretende Tätigkeiten mit längerer Dauer kodiert würden. Ähnlich würde sich vermutlich ein struktu-

GfA, Dortmund (Hrsg.) VerANTWORTung für die Arbeit der Zukunft Beitrag B.1.12 6 rierterer Kontext auswirken, wo Witterung, Störeinflüsse und das Gefährdungspotential für die Beobachtungsperson geringer ausfallen. Insgesamt betrachtet erbrachte das Aufnahmegerät für das oben genannte Projekt alle notwendigen Daten mit hinreichender Genauigkeit und soll hierfür weiter verwendet werden. Das zugehörige Programm steht kostenlos zur Verfügung. Anfragen zum Download können per E-Mail an den Erstautor erfolgen. Fragen zur praktischen Handhabung können u.u. jedoch nicht beantwortet werden. Zusätzliche Leistungen, wie Support oder Gewährleistung sind ausgeschlossen. 6. Literatur Greve W, Wentura D (1997) Wissenschaftliche Beobachtung. Eine Einführung. Weinheim: Psychologie Verlags Union. Jansen R, Wiertz L, Meyer, E & Noldus, L (2003). Reliability analysis of observational data: Problems, solutions, and software implementation. Behavior Research Methods, Instruments, & Computers, 35(3), 391-399. Kannheiser W (2006) Methoden für die Planung, Gestaltung und Evaluation von Mensch-Maschine- Systemen. In: Zimolong B, Konradt U (Ed) Enzyklopädie der Psychologie, Ingenieurspsychologie. Göttingen: Hogrefe, 283-316. Koppenborg M, Naber B, Nickel P (2014) Unfallprävention bei Baumaschinen: Analyse der Informationsaufnahme von Baggerführern. In: GfA (Hrsg) Gestaltung der Arbeitswelt der Zukunft, 60. Kongress der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft. Dortmund: GfA-Press, 61-63.