Kohlenhydrate. Elmar Heinzle, Technische Biochemie



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Transkript:

Kohlenhydrate Elmar Heinzle, Technische Biochemie

Klassen von Biomolekülen Proteine Nucleinsäuren Lipide Kohlenhydrate Isoprenoide

Kohlenhydrate Aldehyde / Ketone mit mehreren Hydroxylfunktionen häufigste organische Verbindungen auf der Erde Energiespeicher Brennstoffe Metabolite Strukturelemente (Zellwände, Cellulose) Grundgerüst DNA / RNA Glycoproteine / Glycolipide Schlüsselrolle bei Zell-Zell-Erkennung

Monosaccharide Aldehyde oder Ketone mit zwei oder mehr Hydroxylfunktionen Aldosen / Ketosen einfachste Vertreter: Triosen; höhere Vertreter: Tetrosen, Pentosen, Hexosen Asym. C-Atom: Stereochemie / Enantiomere

Stereochemie der Monosaccharide Klassifizierung nach Stereochemie des am weitesten von der Aldehyd- / Ketofunktion entferntesten asym. C-Atoms

Stammbaum D-Aldosen

Diastereomere n asymmetrische Zentren = 2 n Stereosiomere Diastereomere sind keine Enantiomere nicht wie Bild / Spiegelbild

Epimere Spezielle Form von Diastereomeren: unterscheiden sich nur in einem C-Atom (z.b.: C2)

Epimere Epimere

Stammbaum D-Ketosen D-Xylulose

Epimere Epimere Epimere Epimere Epimere

Pentosen und Hexosen cyclisieren GGW zwischen offener Form und Ringform in Lösung: hauptsächlich Ringform Pentosen: Furanosen Hexosen: Pyranosen

Halbacetalbildung

Halbketalbildung

Glucose: intramolekulare Halbacetalbildung Zyklisierung zu Pyranose Entstehung eines weiteren asym. C-Atoms (C1): a / ß-Form Anomeres C-Atom in Lsg.: Mutarotation reduzierende Gruppe OH/C1: unterhalb Ringebene OH/C1: oberhalb Ringebene

Reduktion durch Zucker Pyranose in GGW mit ringoffener Form freie Aldehydgruppe: reduzierend Fehling-Probe Silberspiegel-Probe

Fructose: intramolekulare Halbketalbildung Zyklisierung zu Furanose Fructose: liegt hauptsächlich in Pyranoseform vor a / ß-Form: C2 anomer Haworth-Projektion

freie Fructose: in Lsg. hauptsächlich Pyranose-Form ihre Derivate: hauptsächlich in Furanose-Form

Isomere Isomere sind chemische Verbindungen mit gleicher Summenformel Konstitutions- oder Strukturisomere Unterschiedliche Bindungen Stereoisomere Gleiche Bindungen, aber unterschiedliche räumliche Anordnung Enatiomere: Bild-Spiegelbild Diastereomere: Auch Cis-trans-Isomere Nicht Bild-Spiegelbild Epimere Anomere Konformationsisomere (Drehung um Einfachbindung)

Konformation von Pyranosen axiale / äquatoriale Substituenten

äquatoriale Substituenten: weniger sterische Hinderung

Konformation von Furanosen envelope-form Furanosen wechseln Konformation schneller als Pyranosen möglicher Grund für Selektion in DNA/RNA (?)

Glycosidische Bindungen Verknüpfung mit Alkoholen oder Aminen O- / N-glycosidische Bindungen Verknüpfung mit anderen Zuckern Polysaccharide

Weitere Zuckerderivate

Monosaccharide Disaccharide

Saccharose: Rohr- bzw. Rübenzucker, nicht reduzierend Lactose: Milch ß-D-Galactose und a-d-glucose 1-4-glycosidisch Spaltung: Bakterien: ß-Galactosidase Human: Lactase Milch-Unverträglichkeit bei 3% der Erwachsenen Durchfall Maltose: 1-4-a-glycosidisches Dimer aus a-d-glucose entsteht bei Hydrolyse von Stärke Spaltung: Maltase

Saccharose Rohrzucker / Tafelzucker Dimer aus a-d-glucose / ß-D-Fructose 1-2-glycosidische Bindung besitzt daher keine freie Aldehydgruppe! / nicht reduzierender Zucker Spaltung (Hydrolyse): Saccharase alter Name: Invertase (dreht optische Aktivität (von rechts- nach linksdrehend))

Mucosazellen im Dünndarm: Mikrovilli: auf Außenseite der Plasmamembran: Lactase / Maltase, Saccharase: verdauen Disaccharide

Quervernetzung durch 1-6- glycosidische Bindung In Glycogen und Amylopektin

Polysaccharide (Glycane)

Speicherzucker: Glycogen / Stärke mobilisierbare Glucosespeicher verzweigte Zucker: a-1,4- und a-1,6-verknüpfung von Glc tierische Zellen: speichern Zucker in Form von Glycogen (10 6 bis 10 7 Dalton) Pflanzen: Stärke (Amylose und Amylopektin)

Stärke Energiespeicher in Pflanzen 2 Formen: Amylose: unverzweigt Amylopektin: 1,6-Verzweigungen, etwa alle 30 Glc-Einheiten Dextrane Speicherpolysaccharide in Hefen und Bakterien fast ausschließlich a-1,6-glycosidisch in Abhängigkeit von Spezies: Verzweigung a-1,2, a-1,3, a-1,6

Cellulose strukturbildend am häufigsten in der Biosphäre auftretende org. Verbindung ungef. 10 15 Kg / Jahr Glucose: ß-1,4-glycosidisch Ringe um 180 0 gegeneinander verdreht bildet Fibrillen durch parallel angeordnete Ketten extreme Zugfestigkeit Säuger: besitzen keine Cellulasen: kein Verdau möglich Protozoen und Pilze produzieren Cellulasen Termiten hängen von Protozoen ab (Symbiose)

Glucosaminoglykane anionische Polysaccharidketten aus repetitiven Disaccharideinheiten oft auf Zelloberfläche Hemmt Blutgerinnung In Knorpel In Knorpel, Hornhaut und Bandscheiben Bindegewebe, Glaskörper Auge

Transfer von Phosphat auf Zucker Phospho-Zucker Quelle des P i : ATP Hexokinasen Glycolyse Strategie: Bildung von 3er-Zuckern, die Phosphatgruppen auf ADP übertragen können: Nettosynthese von ATP Zucker nach Phosphorylierung: anionischer Charakter pk-werte: pk 1 = 2.1, pk 2 = 6.8 bei intrazellulärem ph von 7.4 trägt Phosphozucker etwa 1.8 neg. Ladungen neg. Ladungen verhindern Diffusion über Membranen Zucker wird im Innern der Zelle gehalten Zuckerphosphorylierung: Erzeugung reaktiver Zwischenprodukte Pyrimidinnucleotid-Biosynthese

Glykosylierung von Proteinen Bedeutung Zell-Erkennung Zell-Anheftung Lebensdauer von Proteinen

Glycosyltransferasen

Siehe Lipide! Blutgruppenantigene

High-Mannose Typ Oligosaccharid

Komplexes Oligosaccharid

Transport eines Proteins in das ER

N-Glykosylierung beginnt in ER und wird in Golgi fertiggestellt O-Glykosylierung findet vollständig in Golgi statt

Synthese von Oligosacchariden an Dolicholphosphat Außerhalb ER (Cytoplasma) Innerhalb ER

Mannose 6- phosphat - Marker für Transport von Proteinen zu Lysosom Abbau

In ER Qualitätskontrolle bei der Proteinfaltung Golgi Chaperone Nur richtig gefaltete Proteine gelangen in den Golgi- Komplex

Sequenzierung von Kohlehydraten: Massenspektrometrie Trennung mit HPLC

Lectin-Bindung Lectine Proteine, die an Zuckerstrukturen binden Zellerkennung

Lectin-Kohlenhydrat-Interaktion